Protokoll der Sitzung vom 26.01.2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 30. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gestatten Sie mir noch einen Hinweis: Die Beratung des Tagesordnungspunktes 34 entfällt, da der Antragsteller die Aussprache gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 unserer Geschäftsordnung zurückgezogen hat.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!)

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Wirtschaftliche Entwicklung durch Landesmarketing voranbringen, Drucksache 7/1593.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Wirtschaftliche Entwicklung durch Landesmarketing voranbringen – Drucksache 7/1593 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen guten Morgen von mir an dieser Stelle! Die Vereinigung der Unternehmensverbände stellte am 2. Januar 2018 ihren Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung MecklenburgVorpommerns vor.

(Marc Reinhardt, CDU: Ein Kernthema.)

Die Lage ist demnach insgesamt gut, aber der niedrige Anteil am verarbeitenden Gewerbe in Mecklenburg-Vorpommern trübt die positiven Aussichten etwas.

Die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist geprägt von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Mit Industriearbeitsplätzen ist Mecklenburg-Vorpommern unterdurchschnittlich gesegnet. Industrieskeptiker könnten jetzt sagen, dass das auch positive Wirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt haben kann. Denken Sie an die Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2007! Das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg schrumpfte damals um 6 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern hielten sich die Verluste mit knapp 1,3 Prozent deutlich geringer. Das hört sich erst einmal ganz beruhigend an, ich denke allerdings, dass Angst ein schlechter Ratgeber für einen wirtschaftlichen Aufholprozess ist, denn zwar treffen Konjunkturkrisen Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich weniger stark, umgekehrt profitiert Mecklenburg-Vorpommern aber von guten Konjunkturlagen ebenfalls weniger stark. Das sehen wir aktuell, wenn wir unsere Entwicklungen mit dem bundesdeutschen Durchschnitt vergleichen. Wir schließen langsamer zum bundesdeutschen Durchschnitt auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum ist das so? In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur 43 Industriearbeitsplätze auf 1.000 Einwohner. Von einer guten Exportsituation zum Beispiel spüren wir deswegen in Meck

lenburg-Vorpommern etwas weniger als im Rest der Republik. Allein das macht deutlich, wir brauchen mehr Industriearbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern.

Der erste Industriekongress der Industrie- und Handelskammern und der Vereinigung der Unternehmensverbände am 22. November, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatte das Ziel, Mecklenburg-Vorpommern als Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen. Wir brauchen eine Ansiedlungsoffensive, einschließlich eines Industriemarketings. Ein solches Industriemarketing sollte aber nicht nur von den Wirtschaftsbotschaftern, Initiativen des Wirtschaftsministeriums oder den Kammern und der Vereinigung der Unternehmensverbände getragen werden. Eine Ansiedlungsoffensive muss in aller Breite werblich greifen.

Arbeitgeberverbandspräsident Thomas Lambusch sagte deshalb vollkommen zu Recht, dass die Werbung um Investoren auf das nun wieder von der Ministerpräsidentin geführte Landesmarketing ausstrahlen müsse. Ohne Frage, das Landesmarketing ist ein kreativer Vermarkter des Profils unseres Landes. Die Ideen des Landesmarketings sorgen durchaus auch deutschlandweit für Aufsehen. Aber die Signale aus der Wirtschaft zeigen ebenfalls, Mecklenburg-Vorpommern ist mehr als nur ein Land zum Leben. Das Land zum Leben muss ebenso als attraktiver Wirtschaftsstandort wahrgenommen werden. Wir sind auch ein Land zum Arbeiten, zum Investieren. Hier gibt es noch Potenzial zur Nachjustierung. Das Land zum Leben muss ebenfalls als attraktiver Wirtschaftsstandort wahrgenommen werden.

Eine Ansiedlung in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren, lohnt sich. Aber sie lohnt sich nicht nur vorrangig deswegen, weil wir eine einzigartige Natur haben oder unsere Studentinnen und Studenten hier oben im Norden ohne den Stress einer Massen-Uni studieren. Damit zu werben, reicht nicht. Wir müssen Investoren als Zielgruppe des Landesmarketings besser erschließen. Mit dem Landesmarketing können wir hier mehr tun. Mecklenburg-Vorpommern hat eine hafennahe Infrastruktur, gut ausgebaute Gewerbegebiete. Wir haben weiche Infrastrukturvorteile wie ein bundesweit überdurchschnittliches Kitaangebot, attraktive Wohnumfelder inmitten einer einzigartigen Naturlandschaft und zahlreiche Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Das sind wichtige Faktoren für eine Standortentscheidung und mit denen muss die Zielgruppe potenzieller Investoren zukünftig besser als aktuell erschlossen werden. Dafür werben wir mit dem vorliegenden Antrag. Ich freue mich nun auf eine interessante Debatte. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen.

(Torsten Renz, CDU: Jawoll.)

Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat vonseiten der Landesregierung der Minister für Inneres und Europa in Vertretung der Ministerpräsidentin.

(Torsten Renz, CDU: Das ist gut.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich wurde von der Ministerpräsidentin gebeten, ihre Rede stellvertretend am heutigen Tag für sie zu halten, weil sie bekanntermaßen wie auch Herr Kokert in den Koalitionsverhandlungen in Berlin sitzt. Wir hoffen, dass sie möglichst viel für das Land Mecklenburg-Vorpommern erreichen. Insofern müssen Sie,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Genau.)

insofern müssen Sie heute mit mir vorliebnehmen.

An der Stelle

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Andreas Butzki, SPD: Jaja, jaja!)

werbe ich auch gleich dafür …

Wie Sie sehen, bin ich eine „Er“-Form und bin hier sozusagen als Mann stellvertretend.

Ich werbe an der Stelle gleich dafür, dass der eine oder andere Kollege von uns heute auch an den Verhandlungsgruppen in Berlin teilnimmt, und um Verständnis dafür, je mehr Kollegen wir in die Verhandlungsgruppen entsenden können, desto mehr erreichen wir auch für das Parlament. Deswegen bitte ich einfach um Verständnis, dass das eine etwas ungewöhnliche Situation ist. Die Bitte geht natürlich in erster Linie an unsere Kolleginnen und Kollegen in den Oppositionsfraktionen. Aber ich glaube, es ist guter politischer Stil, dass man dieses in dem Fall auch respektiert. Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Was kriege ich dafür?)

Meine Damen und Herren, herzlichen Dank an die Koalitionsfraktionen für den hier vorliegenden Antrag. Frau Ministerpräsidentin Schwesig hat es in ihrer Regierungserklärung vom Juli 2017 sehr klargemacht, Sie hat es bei vielen Gelegenheiten in den letzten Monaten immer wieder deutlich gemacht: Mecklenburg-Vorpommern soll ein Land zum Leben und zum Arbeiten sein. Unsere wichtigste Aufgabe besteht deshalb auch in Zukunft darin, Mecklenburg-Vorpommern wirtschaftlich voranzubringen. Wir müssen uns wirtschaftlich noch breiter aufstellen, damit Arbeitsplätze entstehen und gesichert werden, und zwar gute Arbeitsplätze mit fairen Löhnen und arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsbedingungen, denn trotz aller Fortschritte in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt hat unser Land immer noch Rückstand. Die Wirtschaftskraft und die Einkommen sind niedriger, Arbeitslosigkeit und Armutsrisiko sind höher als anderswo.

Wir sind lange vor allem als sympathisches Tourismusland wahrgenommen worden und natürlich wollen und sollen wir in jedem Fall diese Stärke bewahren. Mit unserer Ostseeküste, mit den Seen, mit einer wunderbaren Natur punktet unser Land seit Jahrzehnten, und natürlich auch mit dem landestypischen Merkmal, dem Strandkorb – schöne Bilder, starke Botschaften, die uns sehr geholfen haben in den zurückliegenden Jahren. Wahr ist aber auch, das erfolgreich aufgebaute Image im Tourismus überlagert zuweilen die Stärken und Potenziale, die unser Land in der Wirtschaft hat.

Über das Thema, was wir im Tourismus tun müssen, ist gestern sehr ausgiebig diskutiert worden, damit wir dieses Markenzeichen weiter in vorderster Front halten können. Strandkorb ist und wird auch in Zukunft wichtig bleiben, aber Strandkorb allein reicht nicht. Die Landesregierung und die Ministerpräsidentin wissen, wir können in vielen Bereichen an positive Entwicklungen anknüpfen, es gibt gute Grundlagen. Wir haben starke Wirtschaftszweige bei uns im Land: die erneuerbaren Energien, die Gesundheitswirtschaft, die maritime Industrie, das Handwerk und zum Beispiel auch die Automobil-, Luftfahrt- und Raumfahrtzulieferungsindustrie oder die wachsende Branche der Kreativwirtschaft. Wir brauchen sie alle, denn sie bringen Ideen einerseits und Innovationen andererseits mit sich. Sie machen unser Land attraktiv und lebenswert, modern und mit klarem Bewusstsein für unsere Traditionen. Sie stärken das Image unseres Landes. Unser Ziel und das der Ministerpräsidentin ist, dass wir als ein Land wahrgenommen werden, in dem man nicht nur zwei oder drei Wochen sehr gut Urlaub machen kann, sondern als ein Land, in dem man arbeiten und davon gut leben kann, und das an 365 Tagen im Jahr.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung ist fest davon überzeugt, ein gutes Bild, ein gutes Image unseres Landes ist eine der wichtigsten Bedingungen dafür, dass wir weiter gut vorankommen, denn es ist unbestritten, unser Land steht in einem harten Wettbewerb zu anderen Regionen, zu anderen Bundesländern, ein Wettbewerb um die besten Köpfe, um die besten Ideen. Eine gute Außendarstellung ist deshalb mit Blick auf die Wirtschaft eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass noch mehr Unternehmerinnen und Unternehmer sagen, in Mecklenburg-Vorpommern sehe ich sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten, da investiere ich. Das ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass noch mehr Menschen sagen, ja, wir wollen da leben, in Mecklenburg-Vorpommern gründen wir eine Familie, hier haben wir eine gute Zukunft. Nur dann werden die guten Fachkräfte, die wir brauchen, bei uns im Land bleiben beziehungsweise zu uns kommen.

Erfolgreich nach außen für unser Land zu werben, das ist eine Aufgabe, die wir gerade mit Blick auf die Wirtschaft gemeinsam mit vielen Partnern angehen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Industrieinitiative, die die IHKs gemeinsam mit den Unternehmerverbänden Ende 2017 mit der klaren Botschaft auf den Weg gebracht haben, Industrie passt sehr gut zu Mecklenburg-Vorpommern. Industrie, das sind gute Unternehmen, die nachhaltig und verantwortungsbewusst wirtschaften. Industrie geht dabei innovative Wege und bietet Perspektiven für Auszubildende einerseits und Fachkräfte andererseits, also Zukunft für unser Land.

Das ist ein starker Impuls. Er richtet sich an Unternehmen und Investoren, wo wir denen anderswo sagen, Mecklenburg-Vorpommern ist heute ein moderner Wirtschaftsstandort mit leistungsstarker Infrastruktur. Wir bieten moderne und gut erschlossene Gewerbeflächen, auch in den Seehäfen unseres Landes, direkt an der Kaikante. Wir sind ein investorenfreundliches Land. Bei uns spüren die Unternehmen, dass für die Landesregierung das wichtigste politische Ziel ist, die Wirtschaft zu stärken, damit gute Arbeitsplätze entstehen. Wir sind für Investoren das Land der kurzen Wege und schnellen Genehmigungsverfahren. Gemeinsam mit unserem Landesmarketing eröffnen sich durch Initiativen wie die Industriekampagne die Chancen, Fachkräfte anzusprechen, die

Mecklenburg-Vorpommern vielleicht mit schönem Urlaub verbinden, aber nicht mit der Chance auf hochwertige Industriearbeit, mit den Möglichkeiten, hier gut zu leben und zu arbeiten.

Unsere Landesmarketingkampagne will genau das sagen: Unser Land bietet noch immer sehr viel Freiraum, Freiraum, Neues anzufangen, Freiraum für Kreativität und Innovationsgeist. Hier bei uns in MecklenburgVorpommern kann man etwas bewegen und erreichen, leichter als anderswo. Nach außen mit Überzeugung zu werben, das setzt ein gutes Selbstbewusstsein voraus. Deshalb richtet sich die Aussage „Land zum Leben“ gleichzeitig an die Menschen hier bei uns im Land, an die Unternehmen: Seid mutig, traut euch auch etwas zu! Zeigt, wie gut ihr seid, dass es sich lohnt, in Mecklenburg-Vorpommern zu arbeiten und zu leben,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass hier etwas möglich ist! Wir wissen, es liegt uns im Norden nicht so, viel darüber zu reden, wie gut wir selbst sind, aber ich meine, an der Stelle wäre das falsche Bescheidenheit. Hier sollten wir noch offensiver auf unsere Stärken hinweisen.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für unsere Stärken zu werben auf allen Ebenen, das wollen wir gemeinsam voranbringen, nach außen und nach innen. Auch deshalb hat die Ministerpräsidentin sich gemeinsam mit dem Finanzminister dazu entschlossen, das Landesmarketing zurück in die Staatskanzlei zu holen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, so nennt man das, ja?!)

Landesmarketing ist aus unserer Sicht eine zentrale Aufgabe für die Landesregierung, eine koordinierende, übergreifende, für die wir uns in Zukunft noch breiter aufstellen werden. Die Leitidee „Land zum Leben“ weiterzuentwickeln, das heißt, Mecklenburg-Vorpommern selbstbewusst, sympathisch und weltoffen zu präsentieren in seiner ganzen Vielfalt als Land zum Arbeiten, zum Studieren, zum Forschen, zum Investieren und zum Genießen. Das ist das Land zum Leben. Das bringen wir mit dem Landesmarketing voran, das entwickeln wir weiter.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Ministerpräsidentin und ich bedanken uns für den Antrag und für Ihre Unterstützung auf diesem Weg. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD –

Was für eine inhaltsschwere Rede! –

Wegweisend! –

Ja,

wegweisend. Wir hätten alle noch Schilder