Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt kommt das! Jetzt kommt das!)

auch Stichwort „Antisemitismusbeauftragter“, was wir gleich beraten werden –, dass man bei solchen Themen, die hier durchaus unterschiedlich gesehen werden, miteinander vorher spricht. Das muss man nicht machen, aber ich glaube, es wäre der Ernsthaftigkeit des Themas, und die Debatte wird hier auch sehr ernsthaft geführt, durchaus gerecht geworden.

Ich bin ebenso ein Stück weit über Ihren Titel Ihres Gesetzentwurfes gestolpert, denn Sie haben hier ausdrücklich den Feiertagstitel, auch den Gedenktagstitel im Land gelobt, nämlich als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges, und schreiben das auch so in dem Gesetzentwurf. Aber in der Tat, da hat Kollege Förster recht, wenn man dann die Problemstellungen liest, steht dann wieder drin „Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus“. Das ist tatsächlich dann die Formulierung und der Feiertag, wie er am 8. Mai 1950 von der Volkskammer für die DDR beschlossen wurde. Hier würde ich mir etwas mehr Stringenz wünschen, wenn man sich schon so an dem Titel reibt.

Sie haben es, und deswegen konnte ich mir den Zwischenruf auch nicht verkneifen an der Stelle, Sie haben es schon angesprochen. Das sagt auch ein bisschen was aus über das Zusammenspiel von Landesverband und Landtagsfraktion bei Ihnen. Das will ich jetzt gar nicht bewerten. Aber wenn hier in einer Regelmäßigkeit von verschiedenen Kollegen, Frau Bernhardt hat hier vor einigen Monaten sehr engagiert für das Thema „Kindertag als Feiertag“ geworben, der Kollege Koplin, und wenn der Landesvorsitzende sich äußert, so ist es bei uns zumindest, gut, das ist Personalunion, da ist es vielleicht

ein bisschen einfacher, aber wenn der Landesvorsitzende sich äußert, dann ist da nicht irgendein Hinterbänkler der Partei, sondern er hat Gewicht zusammen mit seiner Co-Vorsitzenden, und wenn die dann am 8. März fordert, wir sollten uns nach dem Beispiel der Berliner richten und der 8. März müsste zum Feiertag werden, da war ich schon darauf vorbereitet, dass wir in der letzten Landtagsdebatte das Thema haben. Die Rede war quasi schon gedanklich vorgeschrieben. Nun kam es nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, da haben wir Sie aber enttäuscht, was?!)

Sie haben gerade durchblicken lassen, woran es lag.

Jetzt kommen Sie mit diesem Thema, also dann ist natürlich der Vorwurf, und den mache ich Ihnen auch, dass Sie das Thema „Feiertage in Mecklenburg-Vorpommern“ einer gewissen Beliebigkeit preisgeben. Ich glaube, das können Sie nicht von der Hand weisen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den LINKEN. Deswegen finde ich es sehr bedauerlich, dass gerade dieser so wichtige Gedenktag hier der Beliebigkeit preisgegeben wird, Herr Ritter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen Sie sich mal an, was im Land gemacht wird! Da können Sie sich gerne Ihre Kleine Anfrage aus dem April 2015 anschauen. Da haben Sie seinerzeit gefragt, was das Land zum Jubiläum „70 Jahre“ macht. Daraus will ich jetzt gar nicht alles zitieren, aber da sind natürlich diverse Aktivitäten benannt, wie eine Kranzniederlegung am Mahnmal „Die Mutter“ in Raben Steinfeld, verschiedene Veranstaltungen, Tagungen, Gedenkkonzerte in Neubrandenburg, Gedenkausstellungen, Veranstaltungen in Demmin, in Wöbbelin, wo es das Konzentrationslager gab. Da hat die Landesregierung Ihnen bereits mitgeteilt, was dort passieren wird. Ich gehe davon aus, dass das im kommenden Jahr ähnlich sein wird.

Über das Thema der Beflaggung wird man sicherlich auch mal reden können an der Stelle, aber ansonsten, glaube ich, sind wir gut beraten, diesen Gedenktag, den wir haben – ich glaube, hinter dem haben Sie alle sich hier versammelt –, mit Leben zu erfüllen, vielleicht auch mit gemeinsamen Veranstaltungen. Aber das jetzt noch mal als Feiertag extra, ich glaube, das wird der Sache nicht gerecht. Deswegen werden wir Ihren Antrag und auch die Überweisung ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst für die gute Debatte bedanken, die, glaube ich, dem Anliegen mit dem Hintergrund unseres Antrages durchaus gerecht geworden ist.

Ja, Sie haben recht, wir haben in der Problembeschreibung und in der Beschreibung der Alternativen unscharf formuliert, „Befreiung vom Hitlerfaschismus“, „Beendigung des Zweiten Weltkrieges“, im Gesetzestext dann richtig. Das nehme ich als Kritikpunkt an. Wenn man hier parlamentarisch arbeitet, dann muss man auch an der

entsprechenden Stelle sauber bleiben. Das will ich gern anerkennen.

Was ich nicht verstehe, wieder nicht verstehe, ist, dass aufgrund der vielen gestellten Fragen, eigentlich von allen Fraktionen, die hier aufgeworfen worden sind, Sie sich einer weiteren Behandlung des Gesetzentwurfes im Ausschuss verweigern, dass man dort die Fragen miteinander diskutieren kann und dann zu gemeinsamen Erkenntnissen kommt. Das ist eigentlich der parlamentarische Verlauf. Dann kann man davon ausgehen oder auch ich kann davon ausgehen, dass im Ergebnis einer Debatte, meinethalben im Rechtsausschuss, die Mehrheit zu der Überzeugung kommt, nein, der vorgelegte Gesetzentwurf der Linksfraktion ist nicht geeignet, beschlossen zu werden. Dann ruft man das in der Zweiten Lesung auf und die Mehrheit beschließt wiederum. Das kann man machen, das erwarte ich von einem Parlament.

Insofern finde ich trotz der Sachlichkeit in der Debatte das eine oder andere Argument als vorgeschoben. Ich kann ja nichts dafür, dass das Gesetz heißt „Sonn- und Feiertagsgesetz“. Das Gesetz heißt nicht „Sonn- und Trauertagsgesetz“. Da stelle ich jetzt mal die Fragen: Was feiern wir denn am Karfreitag?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Sehr gut!)

Was feiern wir am Ostermontag?

(allgemeine Unruhe)

Was feiern wir an Christi Himmelfahrt?

(allgemeine Unruhe)

Das sind keine Feiertage.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Doch!)

Das sind für die Menschen, die mit diesem Thema etwas verbinden, Gedenktage, Trauertage, Tage des Innehaltens.

(allgemeine Unruhe)

Nicht umsonst …

Ja, gut, wenn wir Herrentag mit Himmelfahrt verwechseln. Aber laut Gesetz ist,

(Unruhe bei Patrick Dahlemann, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Professor Weber, laut Gesetz heißt es: „Gesetzliche Feiertage sind: … Karfreitag, … der 1. Mai, … Christi Himmelfahrt…, der Pfingstmontag, … Tag der Deutschen Einheit“. Also man kann das hier auflisten. Was feiern wir an diesen Tagen? Sich deshalb an der Begrifflichkeit festzumachen, wir feiern am 8. Mai nicht, das halte ich für an den Haaren herbeigezogen,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

weil es in den Paragrafen 3 bis 6 Schutzvorschriften und Ausschlussgründe gibt, was an diesen im Gesetz genannten Feiertagen nie stattzufinden hat.

Ich stelle die Frage: Warum kann man das nicht auf einen Feiertag 8. Mai, auf einen einmaligen Feiertag 8. Mai genauso anwenden? Diese Erklärung sind Sie mir bislang schuldig geblieben. Indem Sie sich verweigern, diesen Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, bleiben Sie die Erklärung weiterhin schuldig. Das finde ich unfair. Ich finde, es ist dem Thema nicht angemessen, einen Grund herbeizuziehen und zu sagen, für uns ist der 8. Mai kein Feiertag, deswegen lehnen wir das ab, weil wir da nicht feiern wollen. Jeder hat seine Bezugspunkte zu diesem Tag. Da braucht man mir, der ich aus dem Bereich Demmin komme, der ich an unzähligen Diskussionen teilgenommen habe zu den schrecklichen Ereignissen am Kriegsende in Demmin, keine Belehrungen hier vorzugeben, dass man darüber nachdenken muss. Nein, das haben wir die ganzen Jahre getan, das haben wir in vielen Veranstaltungen getan. Wir haben uns vor allem in Demmin mit diesen schrecklichen Ereignissen am Kriegsende auseinandergesetzt.

Wenn man über Deserteure redet, die nach Kriegsende einer anderen Behandlung zugezogen wurden, dann muss man über die Deserteure der Wehrmacht reden, die noch kurz vor Kriegsende in Anklam verurteilt und erschossen worden sind. Ich empfehle allen einen Besuch im Friedenszentrum in Anklam, um dort mal zu sehen, was vor Kriegsende – vor Kriegsende – mit Deserteuren der Wehrmacht geschehen ist. Der 8. Mai ist ein Tag, der Anlass bietet, um genau über all das nachzudenken, nicht zu feiern. Ich sage noch mal, dass das Gesetz so heißt, Feiertagsgesetz, liegt nicht an mir. Deswegen finde ich es schade, dass das als Begründung genommen wird.

Und natürlich, Flucht und Vertreibung, das gehört zur deutschen Geschichte in der Auseinandersetzung mit dazu. Man darf aber an der Stelle nicht vergessen, dass Flucht und Vertreibung ihren Ausgangspunkt in dem von Hitlerdeutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg hatten. Das darf man dann an der Stelle auch nicht trennen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Jeder, fast jeder von uns hat doch in seiner Familie solche Bezugspunkte. Mein Vater ist in Danzig geboren, meine Großmutter ist mit seiner jüngsten Schwester über die Ostsee über Dänemark geflohen vor der anrückenden Roten Armee. Mein Vater war zu der Zeit schon in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, sein älterer Bruder in englischer Kriegsgefangenschaft. Wir haben doch alle in unseren Familien solche Bezugspunkte. Ich denke, ein solcher Tag, den wir als Parlament einmalig zu einem Feiertag im Sinne des Gesetzes erklären, kann auch Anlass bieten, in unseren Familien, in unseren Bekanntenkreisen über diese Fragen miteinander zu diskutieren.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es gäbe genug Anlass, im Ausschuss, im Rechtsausschuss über den von uns vorgelegten Gesetzentwurf zu diskutieren und auch darüber nachzudenken, wie wir gemeinsam den 75. Jahrestag gestalten können. Ich nehme sehr wohl erfreut zur Kenntnis, dass es Vorschläge gibt, auch aus der AfD-Fraktion, von der CDU-Fraktion ist das aufgegriffen worden, dass, wenn unser Gesetzentwurf scheitert, wovon ich leider ausgehen muss, wir aber trotzdem darüber nachdenken, den 75. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in würdiger Form auch hier im Landtag zu begehen.

Wir haben jetzt eine spannende Diskussion hinter uns, wie wir die Wendeereignisse gemeinsam würdig miteinander gestalten. Da, das haben wir gemerkt, ist vieles mit der heißen Nadel gestrickt. Wir haben jetzt noch ein bisschen Zeit, diesen 75. Jahrestag miteinander vorzubereiten. Wenn das denn der Minimalkonsens sein kann, wenn Sie unseren Gesetzentwurf ablehnen, wäre ich schon ein Stück weit zufrieden. Dann sollten wir uns aber jetzt gemeinsam an die Arbeit machen oder vielleicht dieses Projekt schon jetzt in die Hände der Landeszentrale für politische Bildung geben, damit man uns zu einem rechtzeitigen Zeitpunkt die Vorschläge auf den Tisch legt, wie man mit diesem historischen Datum umgeht.

Nichtsdestotrotz bleibe ich dabei, ich bitte um die Überweisung unseres Gesetzentwurfes in den Rechtsausschuss, nicht nur aus formalen Gründen, sondern auch aus inhaltlichen Gründen, damit wir dort Gelegenheit haben, uns gemeinsam eine Position zu erarbeiten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3396 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer möchte diesem Überweisungsvorschlag zustimmen? – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, AfD und Freie Wähler/BMV und ansonsten Gegenstimmen der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Tätigkeitsberichtes des Petitionsausschusses gemäß Paragraf 68 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern – Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2018, auf Drucksache 7/3382.

Tätigkeitsbericht 2018 des Petitionsausschusses (1. Ausschuss) gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2018 – Drucksache 7/3382 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Herr Dachner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass ich Ihnen den Tätigkeitsbericht aus 2018 kurz vorstellen darf. Er liegt Ihnen auch schriftlich vor.

Das in der Landesverfassung verankerte Petitionsgrundrecht garantiert jedem Bürger, sich an seine Volksvertre

ter zu wenden mit Bitten, Beschwerden und auch Hinweisen. Davon haben 2018 zahlreich die Bürger Gebrauch gemacht. Es gingen beim Petitionsausschuss oder beim Landtag, wie wir auch wollen, 665 Petitionen ein. Das sind 63 weniger als im Jahr zuvor, aber dennoch haben sich insgesamt über 11.000 Menschen aus unserem Land und aus zwölf anderen Bundesländern beteiligt an diesem Recht, Petitionen einzubringen.

Die Petitionen, die aus zwölf anderen Ländern Deutschlands kamen, da waren insbesondere am häufigsten beteiligt – da muss ich selber mal gucken – unter anderem Berlin und Nordrhein-Westfalen. Das sind solche Petitionen, die sich mit Parkplätzen an Naturschutzgebieten beteiligen, die nicht nahe genug liegen,