Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Auch das nehmen Sie bitte zur Kenntnis! Also das – deswegen bin ich auch hochgelaufen –,

(Zurufe von Dr. Gunter Jess, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

das, was Sie hier an Fakten dargestellt haben,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

ist wirklich schrecklich, schrecklich, was Sie hier losgelassen haben.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Wenn er eingeführt wird.)

Insofern gehört für mich und für unsere Fraktion und letzten Endes auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern die Kutter- und Küstenfischerei natürlich zu einer der wichtigsten Branchen. Sie ist und bleibt auch kulturhistorisch eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für die Entwicklung der ländlichen Räume, des Tourismus, der Verarbeitung von Lebensmitteln

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

wie das Plattdeutsch, die Landwirtschaft, die Naturschätze und natürlich auch diese einzigartige Landschaft. Ich bin schon stolz darauf, dass gerade bei der letzten ForsaUmfrage die Menschen dieses Landes sagen, ja, sie sind glücklich, dass wir in den letzten Jahren so viel für Natur und Landschaft gemacht haben. Deutlich über 90 Prozent der Befragten haben das ausgedrückt.

Und auch diese 2.400 Seen mit einer Wasserfläche von 73.000 Hektar, 45.000 Kilometer Fließgewässer und eine über 1.000 oder exakt 1.945 Kilometer lange Küste sind natürlich eine Grundlage für andere Individuen. Den Nachweis zu erbringen, dass der Kormoran nun daran schuld sei, dass die Fischbestände so dezimiert worden sind, den Beweis müssen Sie mal bitte vorlegen. Da bin ich gespannt.

(Dirk Lerche, AfD: Der frisst ja auch alles.)

Im Übrigen, wir haben die Studien gemacht und wir wissen ziemlich genau, was da los ist.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Insofern ist die Situation der Hochsee- und Küstenfischer unseres Landes angespannt. Das ist nicht nur der Brexit. Ich sage es noch mal: Was Konservative, Rechtskonservative dort anrichten für Europa, ist eine Tragödie für Europa. Das Gleiche erleben wir jetzt in Österreich. Das sind ja Ihre Vorbilder und Leitbilder.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Machen Sie Ihren Wahlkampf woanders!)

Und das tut mir wirklich weh, in der Seele tut mir das weh. Das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Im Übrigen will ich damit auch unterstreichen, dass wir alles daransetzen müssen, dass wir die Kapazitäten, die wir in diesem Lande haben, jetzt stabilisieren, sowohl die Grundlagen der Fischerei, deren Bestandssicherung und -entwicklung als auch die Verarbeitung und Vermarktung. Deswegen glaube ich, Ihnen noch mal sagen zu müssen und zu dürfen, auch die Folgen des Klimawandels sind nicht zu übersehen. Dies führte gerade in den letzten Jahren zu massiven Fangeinschränkungen. Ich habe es eben angedeutet: Wenn Sie sich die Heringsquote anschauen – vor der Wende waren wir mal bei 130.000 Tonnen, die

hätten gefischt werden können, die sind nie ausgefischt worden, nie, auch zu DDR-Zeiten nicht.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Und wenn wir heute, quasi nach der Wende, praktisch jetzt, 68 Prozent verloren haben oder beim Dorsch 71 Prozent, dann wird deutlich, warum wir diese massiven Veränderungen haben. Es hat natürlich auch einen massiven Strukturwandel

(Dr. Gunter Jess, AfD: Nee, nee! Das hat damit beim besten Willen nichts zu tun.)

und ein Verdrängen der Fischerei und damit der Kapazitäten im Übrigen auch im Wesen – in Klammern – der Marktwirtschaft gegeben, dass unsere Kutterkapazitäten verkauft worden sind in andere Richtungen Europas.

(Dr. Gunter Jess, AfD: Genau.)

Das hat auch zu einer Veränderung geführt.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Insofern, glaube ich, darf man auch noch mal sagen, seit 1991 ist über unser Haus ein Gesamtinvestitionsvolumen von 410 Millionen Euro in die Kutter- und Küstenfischerei ausgelöst worden. Das können Sie zum Teil auch absehen bei den jüngeren Fischern, die in diesem Lande weitermachen wollen. So wurden im Übrigen auch zwischen den Jahren 2017 und 2018 an 133 Unternehmen, die zeitweilig ihre Stilllegung vorgenommen haben, in der Dorsch- und Heringsfischerei 2,6 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen durch die Europäische Union, nämlich durch den Europäischen Meeres- und Fischereifonds bereitgestellt.

Das ist im Übrigen fast ein hundertprozentiger Ausgleich für das, was sie an Anlagen dort vorgenommen haben. Auch für 2019 habe ich den Fischern zugesagt, weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir durch die beiden Sturmfluten und die Sturmfluten 2015 sauerstoffreiches Wasser bekommen haben in die Ostsee aus der Nordsee, dass wir gute zukünftige Jahrgänge haben – beim Dorsch zeichnet sich das ja schon ab, und ich hoffe, dass sich das beim Hering auch darstellen wird –, deswegen werden wir in diesem Jahr 2,3 Millionen Euro an Stilllegungsmitteln bereitstellen, um damit tatsächlich den Fischereiunternehmen weiter zu helfen.

Ich glaube im Übrigen auch, dass es richtig ist, dass wir die Diversifizierung vorantreiben, das heißt, die Selbstvermarktung oder auch die Unterstützung der Erzeugerorganisationen. Ich hoffe, Sie haben das schon mal gesehen, dass wir in den letzten Jahren auch hier tatsächlich sehr, sehr gute Unternehmen haben aufbauen können. Das können Sie sich im Übrigen in der Binnenfischerei sehr schön in Waren an der Müritz beim Fischkaufhaus anschauen oder auch bei der Direktvermarktung durch unsere Kutter- und Küstenfischer, die auch hier tatsächlich gemeinschaftlich in Form vom Genossenschaftswesen das eine oder andere zusätzlich auf den Weg gebracht haben. Das kann man erkennen.

Was die Bürokratie anbetrifft, Sie haben das angesprochen, kann ich nur eins sagen, dass wir genau wissen müssen, dass es, um damit aus dem Tal – in Klammern: und vielleicht auch aus den Quotenzwängen – herauszu

kommen, notwendig ist, dass wir einen genauen Überblick haben. Im Übrigen, die Betriebe sind auch gezwungen und verpflichtet, ihre Anlandungen zu melden, und das heute mit Smartphone, das haben sie heute auch alle. Auch da hat es zunächst einen Aufschrei gegeben, aber heute nehme ich zur Kenntnis, dass wir ein gutes System haben, das mittlerweile eingefahren ist und dass innerhalb von 48 Stunden alle Fänge registriert werden und wir damit einen genauen Überblick haben. Auch die Logbuchpflicht für Fahrzeuge ab acht Metern ist für alle, für alle europäischen Fischereifahrzeuge bindend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben dann auch noch in Ihrem Antrag die Fischerei in den Nationalparken angesprochen. Da kann ich nur noch mal sagen, wer diese Schätze der Natur nicht schätzt und letzten Endes damit auch eine Perspektive für die nachfolgenden Generationen erarbeitet – morgen werden wir es erleben, auch wenn Sie das ja nicht gutheißen, wenn ich das richtig verstanden habe, dass, wenn junge Leute, ich achte das sehr, wenn junge Leute auf die Straße gehen und uns, die ältere Generation, bitten, sich stärker dem Naturschutz, dem Klimaschutz, aber auch der Artenvielfalt zu widmen –, da kann ich nur eins sagen, wer diese jungen Menschen nicht ernst nimmt, der verbaut uns in dieser Gesellschaft die Zukunft. Das sage ich sehr klar.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Ralph Weber, AfD: Wenn sie samstags auf die Straße gehen, kann man sie ernst nehmen. So sind es Schulschwänzer.)

Ich bin froh darüber, ich bin auch froh darüber, Herr Weber, wenn ich das sagen darf, dass diese jungen Menschen sich eben nicht nur am Freitagvormittag damit auseinandersetzen, sondern dass sie im Übrigen in der letzten Woche am Freitagnachmittag

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

20 Kubikmeter Müll – Müll! – gesammelt haben. Das muss man doch hier mal anerkennen, verdammt noch mal, was diese jungen Leute an Ideen haben.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Gucken Sie sich die Papiere mal an! Das sind zum Teil sehr realistische Forderungen an die Politik. Im Übrigen gehört auch der Kohleausstieg dazu. Ich finde das grundsätzlich wirklich bemerkenswert, dass junge Menschen sich wieder einbringen, in die gesellschaftspolitische Diskussion einbringen. Andere reden von Ideologie, ich kann da nur eins sagen, ich möchte, dass das nicht ideologiebehaftet wird,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

sondern wir in der Sache Menschen befähigen, sich mit der Gesellschaft und den Zukunftsthemen der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Ich finde das hervorragend.

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Insofern glaube ich, noch mal sagen zu dürfen, wir haben, ich habe ja entschieden, dass im Übrigen in der Nationalparkfischerei zurzeit eine intensive Analyse stattfindet. Ich bin auch der Auffassung, dass, wenn die Generationsfolge – das habe ich auch den Fischern gesagt –,

wenn die Generationsfolge gesichert ist, diejenigen, die in der zweiten, dritten, vierten, fünften Generation heute in diesen Gebieten fischen, denen habe ich auch gesagt, wir werden einen Weg finden, dass sie auch in der nächsten Generation, wenn sie das umsetzen, dass die nächste Generation die Kutter übernehmen, dass sie dann auch in den Nationalparken weiterfischen werden.

Insofern sage ich sehr klar, die Kutter- und Küstenfischerei, die Hochseefischerei und die Binnenfischerei haben für unsere Landesregierung einen hohen Stellenwert und auch die Angelei im Übrigen. Das ist für den Tourismus, für die Wirtschaftsentwicklung nach wie vor ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe nachzuholen, Ihnen zu sagen, dass der Ältestenrat eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vereinbart hatte. Ich bitte um Entschuldigung für die nachträgliche Information.

Die Aussprache hat der Minister eröffnet und hat dabei seine Redezeit um sechs Minuten überschritten. Diese Redezeit steht den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen bei Bedarf zur Verfügung.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Heimat bewahren“ –

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

ich gestehe es, ich hatte eine sehr glückliche Kindheit, allein schon deswegen, weil ich 300 Meter vom Hafen entfernt groß geworden bin. Hafen, Schiffe, nicht nur Überseehafen – mit dem Loch im Zaun, als ich fünf Jahre alt gewesen bin und meine Eltern haben mich gesucht, ich kannte das Loch im Zaun und war im Hafen. Fischkutter, der Duft, Teer, Tank, Geräuchertes, das machte meine Kindheit aus. Da geht mir das Herz auf. Natürlich kann ich mir und will ich mir auch keinen kleinen Fischereihafen in Kirchdorf auf Poel oder in Rerik, in Barth, ja, auch in Freest nicht, vorstellen ohne Fischerei. Aber „Heimat bewahren“?! Geht es nicht eine Nummer kleiner?