Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/3590. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/3590 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 35: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Energiewende endlich sozial gestalten, Drucksache 7/3597.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Energiewende endlich sozial gestalten – Drucksache 7/3597 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

(Andreas Butzki, SPD: Das hatten wir ja lange nicht mehr, das Thema.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Eisbären, den Narwal, das Walross, die Ringelrobbe, den Tiger, den Großen Panda, den Kaiserpinguin oder das Korallenriff können sich unsere Urururenkel nur noch im Zoo auf künstlich angelegten Anlagen ansehen, wenn der Mensch so weitermacht wie bisher.

(Sandro Hersel, AfD: Sie schnüren ja schon wieder Ängste!)

Die globale Erwärmung, die Auswirkungen von Treibhausgasen,

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

der Wandel des Klimas und die Folgen daraus sind allen bekannt, außer vielleicht der AfD und Teilen der BMV.

Obwohl es der überwiegenden Mehrheit der Menschen bekannt ist und ebenso viele notwendige Schritte, werden diese Schritte nicht oder nur sehr zögerlich gegangen. Dafür gibt es Gründe, die banal klingen und trotzdem sehr real sind. Wer heute etwas gegen den Klimawandel unternimmt und Maßnahmen für eine Energiewende ergreift, investiert in die Zukunft. Das klingt gut, hat aber einen Haken. Diese Investitionen werden erst viele Generationen später zu schätzen wissen und, wenn man das so will, die Rendite dieser Investitionen einstreichen – zumindest bei uns auf der Insel der Glückseeligen, die die Auswirkungen des Klimawandels bisher nur marginal zu spüren bekommen im Unterschied zu Regionen auf dieser Erde, die vielen hier sehr weit entfernt und damit nicht so wichtig erscheinen.

Die Rendite ist, dass dieser Planet noch bewohnbar ist, dass es die jetzigen Küstenstädte noch gibt und sie nicht schon vom Meer verschlungen wurden, dass es noch eine große Artenvielfalt gibt, …

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das haben Sie schon vor 20 Jahren versprochen. Wir haben heute die Ostsee immer noch nicht bei Schwerin!)

Ihr Herumgebrülle, Herr de Jesus Fernandes, das können Sie sich wirklich mal sparen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist zaghaftes Rufen, das ist kein Brüllen! – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

… dass es noch eine große Artenvielfalt gibt und Eisbär und Co nicht nur hinter einer Plexiglasscheibe bestaunt werden können.

Trotz dieses Wissens, meine Damen und Herren, lesen wir täglich Meldungen wie: „Protest gegen Windräder“, „Keine neuen Anlagen mehr“, „Gemeinden drehen am Windrad“, „Gemeinsam markant gegen Windkraftanlagen“, „Demonstrationen gegen neue Windparks“. Bürgerinitiativen scheinen nach wie vor wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Und warum? Oft habe ich mich gefragt, wie das kommt. Glaubt man den Umfragen, nicht, weil die Menschen den Klimawandel neu leugnen, nicht, weil die Menschen per se gegen erneuerbare Energien und Windräder sind, zumindest die meisten nicht, nein, weil sie den Kanal voll davon haben, dass sie nur Belastungen ertragen müssen.

Ja, sicher, der Ausbau der Windenergie ist ein Beitrag zur Energiewende und damit zum Klimaschutz.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Die Menschen im Hier und Jetzt bezahlen die Investitionen, von deren Rendite sie erst einmal nichts haben. Das ist das Problem. Aber nein, es werden wieder und wieder dieselben Fehler gemacht, dieselben Fehler, die es vor der Energiewende schon gab,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

in der Zeit, als die großen Vier die Energiewirtschaft bestimmt haben. Sie haben riesige Subventionen kassiert und riesige Gewinne eingeheimst. Gewinne wurden privatisiert, Verluste werden sozialisiert. So ist das auch heute.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Die Energiewende muss sozialer werden. Die Energiewende kann auch sozialer werden. Die Politik muss endlich dafür sorgen, dass die Menschen etwas von der Energiewende haben, die vor ihrer Haustür stattfindet. Dabei meine ich nicht nur ein warmes und gutes Gefühl, etwas für den Klimaschutz getan zu haben, nein, ich meine ökonomische Vorteile.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Gleichzeitig müssen die bestehenden Benachteiligungen endlich abgeschafft werden. Die Menschen gehen zu Recht auf die Barrikaden, wenn sie auf ihre Stromrechnung schauen und feststellen, dass sie durch die Windräder, die sich vor dem Küchenfenster drehen, dreimal so hohe Netzentgelte bezahlen wie ihre Bekannten aus der Stadt und wie ihre Freunde in einigen westdeutschen Regionen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ganz neue Töne jetzt!)

Das ist überhaupt nicht neu. Wenn Sie mal zuhören würden, Herr de Jesus Fernandes,

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

dann würden Sie wissen, dass das nicht das erste Mal ist, dass ich dazu spreche.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Damit muss Schluss sein! Diese Ungerechtigkeit muss beseitigt werden. Da verstehe ich diese, freundlich formuliert, Untätigkeit des Energieministers nicht so richtig.

(Thomas Krüger, SPD: Er wird es Ihnen gleich erklären.)

Ich würde a) den Bundesrat mit diesem Thema immer und immer wieder nerven. Auch die Bundesregierung muss mitkriegen, das wir das ernst meinen. So würde ich b) nach Lösungen im eigenen Land suchen, bis es Mehrheiten auf Bundesebene gibt. Es gibt Möglichkeiten auf Landesebene, das hat die letzte Beratung im Energieausschuss zum Thema ergeben. Die Möglichkeiten müssen nur einmal durchgerechnet werden und dann muss es eine politische Entscheidung geben. Fertig! Das klingt ziemlich einfach.

Mecklenburg-Vorpommern hat mit dem Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz bewiesen, dass alles, was politisch gewollt ist, auch umsetzbar ist. Dieses Gesetz war ein erster Schritt, die Menschen, die die Anlagen vor der Nase haben, auch ökonomisch zu beteiligen. Ich frage mich, warum der Koalition an dieser Stelle der politische Wille fehlt. Den spreche ich Ihnen in dieser Angelegenheit tatsächlich ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Ehrlichkeit bei der Debatte um die Wälzung der Netzentgelte innerhalb unserer Landesgrenzen gehört, dass es nicht nur Gewinner geben wird. Aktuell ist es so, dass beispielsweise eine Familie in Pasewalk 350 Euro Netzentgelte im Jahr bezahlt, eine Familie in Rostock bezahlt hingegen nur 113 Euro Netzentgelte – ein Drittel also. Es ist logisch, dass eine solidarische Wälzung zur Folge hat, dass die Verbraucher in den ländlichen Räumen und in den Regionen mit hohem Netzausbau entlastet werden. Logisch ist aber auch, dass Verbraucher in den Städten Mehrkosten haben, aber die Mehrkosten werden aufgrund der großen Einwohnerzahl überschaubar sein. Trotzdem geht es auch hier darum, ehrlich zu sein.

Meine Damen und Herren, zwei weitere Punkte muss Mecklenburg-Vorpommern doch immer und immer wieder einfordern. Das ist zum einen die Absenkung der Stromsteuer, die im Übrigen eingeführt wurde, um die Energiekosten künstlich zu erhöhen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Abschaffen!)

Das brauchen wir doch nun heute wirklich nicht mehr. Senken wir die Stromsteuer zum Beispiel nur um 2 Cent, ist das für eine vierköpfige Familie eine Entlastung um 70 Euro im Jahr.

Der zweite Punkt sind die ausufernden Industrierabatte. 2018 haben 2.156 Unternehmen Rabatte für 110 Terrawatt erhalten. Das ist ein Fünftel des gesamten jährlichen Stromverbrauches in Deutschland. Bei diesen Strommengen kann nicht mehr von Ausnahmen gesprochen

werden. Auch wir wollen, dass stromintensive Unternehmen Entlastungen erfahren, damit sie wettbewerbsfähig bleiben, aber in Maßen und nicht ausufernd wie gegenwärtig, denn die Zeche zahlen ja auch hier wieder die Verbraucher.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Zechen gibt es bald nicht mehr.)

Eine restriktivere Handhabung würde der schon mehrfach erwähnten vierköpfigen Familie nochmals 35 Euro im Jahr bringen.

Meine Damen und Herren, wann hat die Landesregierung denn solche oder andere Schritte für eine soziale Energiewende mal lautstark eingefordert? Ich habe da zumindest sehr lange nichts gehört und das finde ich skandalös. Jetzt können Sie mir auch gerne wieder vorhalten, dass es im Bundesrat Mehrheiten braucht. Ja, selbstverständlich, das weiß ich. Aber es braucht doch keine Mehrheiten, um einen Antrag zu stellen. Und auch wenn ein Antrag abgelehnt wird, erzielt er doch Wirkung. Das kennen wir als Oppositionsfraktion nur zu gut. So läuft doch Politik, meine Damen und Herren!

Ich erwarte einfach mehr Biss von der Landesregierung für eine sozialere Energiewende und gegen die bestehenden Ungerechtigkeiten. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu oder überweisen Sie ihn! Lassen Sie uns aber zumindest schnell und bald wieder vorankommen, um die Akzeptanz zu wahren! Nichts zu unternehmen und die Probleme auszusitzen, gefährdet die Energiewende, und das wollen wir nicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Schwenke zeigt Zähne, zeigt Biss mit ganzer Kraft. Die Mikrofone sind noch heil.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)