Und dann, glaube ich, darf man nicht mit diesen falschen Anreizen, Sanktionen streichen et cetera, hier dazwischengehen.
Wir haben die höchste Zahl der Erwerbstätigen seit dem Jahr 2000. Wir haben erstmals im April jetzt unter 60.000 Arbeitslose gehabt. Die Zahl lag bei 58.600, 7,1 Prozent Arbeitslosenquote. Wir haben Teile, gerade hier in Westmecklenburg, da gehen wir ja wirklich fast schon in den Bereich Vollbeschäftigung irgendwann. Das hat auch viel mit dem Thema Pendler zu tun. Und deswegen, glaube ich, an der Stelle müssen wir uns in der Tat eher Gedanken machen, wie wir diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen auch weiter unterstützen, wie wir die stärken, wie wir sie auch entlasten,
beispielsweise hier im Land durch das Thema „beitragsfreie Kita“, durch andere Maßnahmen beim Thema Wohnen. Aber jetzt hier andauernd wieder dieses Gespenst „Hartz IV“ durchs Land zu treiben –
ich glaube, das wird auch einfach der Lebenswirklichkeit in unserem Land an der Stelle nicht gerecht und deswegen können Sie das natürlich jetzt bringen.
Und, Herr Kollege Foerster, Sie haben gesagt, das hat natürlich nichts mit Wahlkampf zu tun. Trotzdem haben Sie jetzt drei-, viermal versucht, Sozialdemokraten hier vorzuführen. Das entlarvt Sie auch ein bisschen. Beim letzten Mal war noch die knackige Überschrift „Hartz IV muss weg“, jetzt haben Sie es aufgedröselt, fordern Arbeitsgruppen und wissenschaftliche Untersuchungen. Ich weiß noch nicht, ob das jetzt irgendeinem Hartz-IVEmpfänger an der Stelle weiterhilft. Deswegen glaube ich, gibt es kein System, was man nicht verbessern kann, aber jetzt das grundsätzlich abzulehnen, keinerlei Sanktionen mehr hier vorzuhalten, das wird es mit der CDU nicht geben. Das sage ich hier ganz klipp und klar.
Und ich glaube, da spreche ich auch für die deutliche Mehrheit der Menschen in unserem Land. Und deswegen lehnen wir Ihren Antrag heute auch ab. – Vielen Dank.
Herr Heydorn, wenn Sie keine Zwischenfrage zulassen, dann muss ich es eben vom Rednerpult aus richtigstellen. Ich bitte darum, wenn Sie zitieren, richtig und kontextorientiert zu zitieren. Ich hatte gesagt, dass es von vielen Menschen, die vom Arbeitslosengeld I zu Hartz IV absteigen, nicht verstanden wird, dass eine manchmal zwanzigjährige oder mehr Erwerbsbiografie keine Rolle spielt. Das wird von denen wie ein Almosen mit der ganzen Sozialprüfung, also als soziales Geschenk verstanden und nicht als Würdigung der Erwerbsbiografie, die da dahintersteht. Das hatte ich gesagt und nicht, dass Hartz IV ein soziales Geschenk sei. Ich wollte das nur mal richtigstellen für die Außenwirkung. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen jetzt eigentlich vier Fälle vorstellen zum Komplex Hartz IV.
Fall Nummer 1, den wir alle aus dem Leben kennen, wo ich auch ganz konkret jemanden vor Augen habe: Ein älterer Arbeiter, der sein Leben lang harte Knochenarbeit verrichtet hat, rutscht nach längerer Krankheit in die Arbeitslosigkeit, in Hartz IV und sieht das Risiko vor sich, dass er am Schluss das mühsam erworbene kleine Häuschen dann auch noch verscherbeln muss.
im übertragenen Sinne –, der sein Leben lang noch keinen Finger krumm gemacht hat, der auch Hartz IV bekommt.
Fall 3 ist die alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern, die mitten im Leben steht, sich um die Kinder kümmert, aber nicht arbeiten kann.
es muss ja nicht gerade der kürzlich in der „Bild-Zeitung“ vorgestellte Syrer mit drei Frauen und 14 Kindern sein –, der ganz normale Migrant mit Frau und Kindern.
Alle werden unter dem Gesichtspunkt der Bedürftigkeit gleichbehandelt und erhalten Grundsicherung. Herr Glawe sprach – wahrscheinlich versehentlich – davon, unverschuldet in Hartz IV zu rutschen. Auf Verschulden kommt es überhaupt nicht an, es kommt nicht auf das Vorleben an, es kommt allein auf die Bedürftigkeit an. Das Prinzip ist eben, nach dem Fürsorgeprinzip wird hier eine steuerfinanzierte Hilfe gewährt, die allein darauf abstellt, ob der Betroffene bedürftig ist. Es findet also keinerlei Berücksichtigung der bisherigen Lebensleistung statt. Das war mit der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe so gewollt. Das war kein Versehen.
Die beitragsfinanzierte Arbeitslosenhilfe soll – es war auch so gedacht, und ist heute so gedacht – nur für eine Übergangszeit sein, ist eben beitragsfinanziert. Das Subsidiaritätsprinzip verlangt auch, dass diejenigen, die aufgrund von Vermögen oder Partnereinkommen selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, keine steuerfinanzierten Leistungen bekommen. Auch das ist prinzipiell so in Ordnung, und im Prinzip hat sich dieses System auch grundsätzlich bewährt, trotz aller Probleme im Einzelnen, die teilweise angesprochen wurden, wo Verbesserungen notwendig sind.
Nun aber im nächsten Schritt die unterschiedliche Sichtweise der Betroffenen: Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass keiner mit Hartz IV glücklich ist. Das ist keine Situation, mit der ein Mensch eigentlich zufrieden sein kann. Es widerspricht der menschlichen Natur – jedenfalls meine Meinung ist das – und es entspricht überhaupt dem Naturgesetz, kein Lebewesen kommt normalerweise mit Nichtstun über die Runden. Es ist so, glaube ich jedenfalls, wenn man versucht, sich da reinzuversetzen, dass man sich in gewisser Weise auch ausgegrenzt fühlt, nicht geachtet fühlt. Es ist ein menschliches Problem. Es entspricht der menschlichen Natur, eigenverantwortlich zu sein, sein eigenes Schicksal in die Hände zu nehmen und damit auch Erfolg zu erleben und teilzuhaben an der Gesellschaft.
Dennoch – auch das ist Realität, sie wurde schon angesprochen in den Vorreden, das muss ich gar nicht groß erläutern – gibt es auch andere, die sich da etabliert haben und sich gar nicht so unwohl fühlen, weil sie es wahrscheinlich auch realistisch sehen aufgrund ihrer mitgegebenen oder mitbekommenen Eigenschaften oder mangelnden Fähigkeiten, trotz Mühe vielleicht hier und da, die sehen, sie kommen, wenn sie auch arbeiten würden, mit einfacher Arbeit nie über diesen Level hinaus. Dann ist es nachzuempfinden, dass man da auch keine großen Anstrengungen anstellt.
Wie sehen die Betroffenen das jetzt untereinander? Ich denke mal, der Erste, der sein Leben lang gearbeitet hat, der wird sagen, es kann doch nicht sein, dass ich mit den anderen – die anderen Fälle, insbesondere Fall 2, der Alkoholiker und auch der Migrant –, dass ich mit denen nun gleichgestellt werde. Ich habe mein Leben lang gearbeitet und jetzt das. Das ist nachzuvollziehen, dass die Lebensleistung also überhaupt nicht berücksichtigt wird.
Der Fall 2, der Alkoholiker wird, na ja, wenn er sich und die Welt realistisch betrachtet, sagen, eigentlich kann ich nicht mehr erwarten. Die alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern, die mitten im Leben steht, aber versorgt ist und mit dem Geld ordnungsgemäß umgeht, die wird vielleicht auch hier und da im Grunde zufrieden sein und wird irgendwie Hoffnung haben, wenn die Kinder größer sind, kann ich wieder arbeiten gehen.
der Migrant wird im Zweifel auch zufrieden sein müssen, weil er – das brauche ich auch nicht zu vertiefen – aus
einer Gegend herkommt, wo man auch mit bester Bildung kaum so eine Rundumversorgung erreichen kann, wie er hier erhält, insbesondere auch in ärztlicher, medizinischer Hinsicht und so weiter.
So, aber irgendwie, meine ich, kommen wir nicht drum herum zu sehen, dass es ein bisschen ungerecht ist.
Und man müsste drüber nachdenken, ob man jetzt im Systembruch doch irgendwo die Lebensleistung, die sonstigen Umstände mitberücksichtigt. Und das wird ja auch erörtert. Ich meine, ein Grundeinkommen kann nicht ständig erhöht werden. Es muss so sein, wie es sich rechtfertigt für jemanden, der wirklich nichts tut. Aber im Fall 1, meine ich, wo dieser Mensch sein Leben lang gearbeitet hat, könnte man an gewisse Zulagen denken. Dasselbe gilt für die Mutter mit den Kindern.
Aber im Fall 4 ist es doch völlig klar, und wenn Sie vor diesen Realitäten die Augen versperren, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Na ja, ich wollte es ja auch nur noch mal deutlich machen, was Ihr Politikansatz ist. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
Und welche Verwerfung wäre zu erwarten? Welcher soziale Sprengstoff darin liegt, dass letztlich nach Ihrer Vision Millionen ins Land kommen, die dann genauso behandelt werden wie mein Fall 1 und Fall 2,