Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Ja, es geht offensichtlich weniger um die Sache, mehr um die Öffentlichkeit.

Warum, sehr geehrte Frau Kollegin und Herren Kollegen der AfD, warten Sie nicht die Antworten auf die Fragen im Finanzausschuss ab? Die AfD-Fraktion hatte durch ihren Redner, Herrn de Jesus Fernandes – das ist vorhin bereits benannt worden –, diese Initiative von uns aus dem Dezember vergangenen Jahres ausdrücklich gelobt. Wir meinten, für die Sachaufklärung sind doch zunächst die Fachausschüsse zuständig. Wenn man dort nicht weiterkommt, weil zum Beispiel die Fragen durch die Landesregierung nicht oder nur unzureichend beantwortet werden, dann und erst dann ist das schärfste Schwert der Opposition gefragt. Die AfD wollte aber nicht warten, wie sich zeigt.

Umso kurioser wirken die Worte des Redners, Herrn de Jesus Fernandes, in der letzten Landtagssitzung, ich darf zitieren: „Wir werden alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese bizarren und skandalösen Zustände, wie zum Beispiel bei der AWO in Mecklenburg-Vorpommern, restlos aufzuklären.“ Tatsache ist jedoch, nicht eine einzige parlamentarische Möglichkeit hat die AfD bislang ausgeschöpft, nicht eine einzige.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Und wenn wir uns dann mal Ihren Antrag angucken mit der Ziffer 5 Ihres Antrages – Sie versuchen heute, ihn etwas zu modifizieren, aber im Duktus bleibt er gleich –, der hat die Qualität einer Kleinen Anfrage,

(Jochen Schulte, SPD: Nicht mal das. – Rainer Albrecht, SPD: Schwach ist das.)

die Qualität einer Kleinen Anfrage.

(Jochen Schulte, SPD: Schamlos übertrieben.)

Mit dem Untersuchungsausschuss fallen Sie gleich mit der Tür ins Haus. Da sagen wir seitens der LINKEN, ernsthaft betriebene Aufklärung sieht anders aus, meine Damen und Herren.

Drittens. Warum arbeitet die AfD-Fraktion mit Pauschalierungen und Vorverurteilungen? Mit dem Änderungsantrag versuchen Sie, eine Vorverurteilung, die Sie bereits vorgenommen hatten, zu kaschieren. Eine andere bleibt noch drin. Selbstverständlich müssen Ungereimtheiten, personelle Verquickungen oder gar strafbare Handlungen rückhaltlos aufgeklärt werden. Das gilt für die Sozialverbände genauso wie für alle anderen Bereiche, die mit öffentlichen Mitteln wirtschaften. DIE LINKE will und wird selbstverständlich aufklären, aber wir wollen und werden die Sozialverbände nicht unter Generalverdacht stellen. Wir wollen und werden niemanden vorverurteilen. Wir wollen und werden es nicht zulassen, dass Verfehlungen Einzelner dazu benutzt werden, alle anderen in den Dreck zu ziehen.

(Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!)

Die Vereine und Verbände der Freien Wohlfahrtspflege leisten eine wichtige Arbeit. Wer, wie die AfD, die Sozialverbände mit der Mafia oder einem Kartell vergleicht, weiß nicht, was er sagt, oder schlimmer noch, er weiß wider besseres Wissen, was er sagt, und tut das also absichtsvoll.

(Rainer Albrecht, SPD: Richtig.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die AfD kann den Untersuchungsausschuss ohne die Stimmen der anderen Fraktionen einsetzen. Meine Fraktion wird sich der Stimme enthalten. Diesem Antrag können wir beim besten Willen nicht zustimmen, auch dem Änderungsantrag nicht, hier werden wir ein gleiches Stimmverhalten abgeben. Da muss noch einiges geändert werden. Ich möchte Ihnen bereits heute mitteilen, was aus unserer Sicht die Schwerpunkte sind, auf die wir bei der Arbeit des Ausschusses abzielen werden. Wir beurteilen und untersuchen die Sachverhalte vor allem aus dem Blickwinkel der Hilfebedürftigen. Folgende Fragen bewegen uns dabei:

Erstens. Kommt das öffentliche Geld in jedem Fall wirklich dort an, wo es gebraucht wird? Mit anderen Worten: Verhindern klebrige Hände Einzelner, dass das Geld nicht bedarfsgerecht eingesetzt wird?

Zweitens. Wie kann das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler effektiver und wirksamer eingesetzt werden? Herr Holm, es geht an dieser Stelle im Übrigen nicht um Wettbewerb im sozialen Bereich.

(Leif-Erik Holm, AfD: Doch!)

Auch da unterscheiden wir uns. Es geht um soziale Gerechtigkeit, es geht um Bedarfsgerechtigkeit, nicht um Wettbewerb.

Drittens. Werden gegebenenfalls intransparente Strukturen finanziert und wie bekommen wir Licht ins Dunkel? In diesem Zusammenhang wollen wir auch wissen, welche Kontrollmöglichkeiten es überhaupt gibt und wie die Kontrollpraxis ist.

Viertens. Gibt es möglicherweise fragwürdige oder gar unzulässige Verquickungen zwischen Vertretern der Landespolitik beziehungsweise den Landesbehörden und den Sozialverbänden zum Nachteil der Hilfebedürftigen oder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler? Wir wollen damit auch wissen, welche direkten oder indirekten Finanzbeziehungen es zwischen politischen Entscheidungsträgern des Landes – im Übrigen nicht nur Regierungsmitglieder – und den Sozialverbänden gibt. Damit meinen wir keine Mitgliedschaften und Mitgliedsbeiträge. Das interessiert uns an der Stelle nicht, das geht uns auch nichts an. Uns geht es um andere finanzielle Zuwendungen, insbesondere auch um die, die in Vorwahlzeiten geflossen sind. In diesem Zusammenhang wollen wir auch wissen, ob und welche Querfinanzierungen in den Sozialverbänden bestehen.

Fünftens. Wir wollen hinterfragen, ob das bestehende Finanzierungssystem vielleicht den Missbrauch beziehungsweise die rechtswidrige Verwendung von Steuergeldern begünstigt oder erst ermöglicht. Brauchen wir konkrete gesetzliche Regelungen für die Mitfinanzierung der Freien Wohlfahrtspflege, zum Beispiel im Wege eines Wohlfahrtsgesetzes? Und wenn ja, welche?

Sechstens. Inwiefern müssen die rechtlichen Regelungen zukünftig so gefasst werden, dass die Verwendung von Landesmitteln besser geprüft werden kann?

Meine Damen und Herren, unsere Fragen sind nicht abschließend. Wir sind mit unseren Vorüberlegungen noch nicht am Ende. Bei uns gilt immer noch der Grundsatz: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Die AfD liebt mehr den Schnellschuss, wie sich zeigt, oder besser noch den Schuss in den Ofen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, meine Fraktion wird daher zu gegebener Zeit konkrete Änderungsvorschläge zum Untersuchungsantrag einbringen, denn, wie ich es bereits am Anfang der Rede sagte, die Bedeutung von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Da müssen Sie einen Änderungsantrag stellen.)

Für DIE LINKE bleibt daher der Untersuchungsausschuss das schärfste Schwert der Opposition, das aus gutem Grund nicht beliebig und voreilig eingesetzt werden darf.

(Unruhe bei Dr. Matthias Manthei, AfD, und Torsten Renz, CDU)

In den Händen der AfD-Fraktion, Herr Dr. Manthei, wird jedoch aus dem schärfsten Schwert leider ein stumpfes,

unbrauchbares Messer. Mit diesem stumpfen, unbrauchbaren Messer kann die AfD gern in der Gegend rumfuchteln, das sieht komisch aus, das ist ihr gutes Recht. Nur erwarten Sie bitte nicht, dass meine Fraktion bei dieser dürftigen und allzu durchsichtigen Vorstellung Beifall klatscht.

Wir werden noch einiges nachbessern müssen, deswegen wird meine Fraktion dem Einsetzungsantrag heute nicht zustimmen. – Schönen Dank fürs Zuhören.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Thomas Krüger, SPD – Zuruf von Dr. Matthias Manthei, AfD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Thomas de Jesus Fernandes für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrtes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Auch bei dieser Gelegenheit möchte ich es nicht versäumen, zuallererst denjenigen zu danken, die hier nicht den kleinsten Anlass zur Kritik liefern, sondern, ganz im Gegenteil, dafür sorgen, dass den Schwächsten unserer Gesellschaft das tägliche Leben etwas erleichtert wird.

(Zuruf von Dirk Friedriszik, SPD)

Ich möchte im Namen meiner Fraktion all denen danken, die fleißig und engagiert, aufrecht und einfühlsam jeden Tag die wahren Werte

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

eines menschlichen Miteinanders mit Leben füllen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Den Angestellten und ehrenamtlich Tätigen der vielen Sozialverbände gilt unser Dank und unsere Unterstützung.

(Martina Tegtmeier, SPD: Na, bitte. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

In den letzten Wochen hat sich dem Bürger eine interessante Wahrnehmungsspaltung präsentiert. Auf der einen Seite berichten die Medien seit Sommer von einer AWOAffäre, sie berichten über Untreuevorwürfe, über vermeintlichen Machtmissbrauch, über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, über schwere Wirtschaftskriminalität und über Anzeigen wegen Verleumdung und Falschaussagen. Und wie ist die Reaktion darauf? Wir haben es auch heute hier wieder gehört: Die Vertreter von LIGA und SPD sprechen von öffentlicher Stimmungsmache gegen die Wohlfahrtsverbände,

(Thomas Krüger, SPD: Ja, das sagen Sie.)

von Generalverdacht, Gerüchten und Behauptungen,

(Jochen Schulte, SPD: Das ist Herr Scriba gewesen.)

mit denen die Arbeit der Angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiter diskreditiert werden soll.

(Thomas Krüger, SPD: Das haben Sie doch gemacht. – Jochen Schulte, SPD: Sie tun das.)

Ich muss schon sagen, Sie alle haben ein eigenartiges Verständnis von Verantwortung, ein eigenartiges Verständnis von Transparenz

(Jochen Schulte, SPD: Und die Erde ist eine Scheibe.)

und ein eigenartiges Verständnis von Respekt und Vertrauen. Glauben Sie ernsthaft, die berechtigte Forderung nach Aufklärung und das Bemühen um Offenheit und Transparenz bei der Verwendung von Steuergeldern beschädigen das Ansehen der bei den Sozialverbänden beschäftigten, engagierten Mitarbeiter?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Gehen Sie doch mal hin und fragen Sie die mal! – Jochen Schulte, SPD: Sie, Herr Fernandes, haben diese Wohlfahrts- verbände als „Sozialmafia“ bezeichnet.)