Herr Renz, wie Sie wissen, war das beides, sowohl wirtschaftlich als auch politisch, und ich will das nicht weiter kommentieren. Das ist ja mit einem Gutachten unterlegt worden, aber das war eine Fehlentscheidung.
So, jetzt habe ich einiges zu verkünden: Gerade wurde ich gefragt, ob man nicht grüßen muss, wenn man eine Zwischenfrage stellt. Sollte man schon tun. Ich glaube, das war in diesem Falle der Nichtanrechnung der Redezeit geschuldet, aber trotzdem ist der Hinweis von Professor Dr. Weber richtig. Auch da muss man die Form wahren.
Und aufgrund meiner Hinweise muss ich Ihnen jetzt verkünden, dass der Minister durch die Beantwortung der Zwischenfrage seine angemeldete Redezeit um anderthalb Minuten überschritten hat.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem, was wir eben gerade gehört haben, würde sich eigentlich eine weitere Diskussion erübrigen. Allerdings gibt es durchaus noch einige Informationen, die mindestens einen öffentlichen Zugang brauchen.
Das Erste – und da fange ich mal von hinten an –, was bei den Diskussionen, die über die Pressemitteilungen im Sommer in meinem konkreten Umfeld passierte, ist, dass ich in meiner Gemeinde erfahren habe, dass drei Betriebe sich entschieden haben, die Schweinehaltung zum Ende August beziehungsweise Anfang September aufzugeben. Die unmittelbaren Auswirkungen dieser Entscheidung, der Schließung der Schweinestrecke in Teterow auf eine Gemeinde, wo Arbeitskräfte nun wirklich nicht allzu groß gesät sind, wo die Schweinehaltung in den landwirtschaftlichen Betrieben ein wichtiges Fundament gewesen ist bisher, können wir noch gar nicht abschätzen. Also die kleinräumigen Auswirkungen, unabhängig jetzt mal von den ganz großen, sind wirklich elementar. Und das zeigt uns ganz deutlich, dass es eben nicht einfach nur um die Schweinestrecke geht, dass es nicht ganz einfach nur um irgendwelche Veredlungslinien geht, sondern im existenziellen Bereich betroffener Menschen wirkt sich das unmittelbar aus.
Zum Zweiten bin ich natürlich von vornherein sehr irritiert gewesen, als ich von dieser Entscheidung gehört habe und mir dann, ja, sagen wir mal, vorgestellt habe, was wirklich alles an Betroffenheit existiert. Der Minister hat das eben sehr gut aufgelistet, Herr Kliewe hat darüber geredet: Es ist nicht nur der Schweinehalter, der Schwei
nemäster, es ist nicht nur der Ferkelproduzent. Es sind eben auch die regionalen Fleisch- und Wurstwarenhersteller und -betriebe wie Greifen-Fleisch, Rostocker, die ihre Schweinehälften zum großen Teil bisher aus Teterow bezogen haben. Also es geht nicht nur um die Transportwege der Landwirte, sondern eben auch der anderen, die im Lebensmittelbereich agieren und jetzt natürlich ebenfalls wesentlich größere Fahrtstrecken in Kauf nehmen müssen für das, was angeliefert wird.
Bereits gestern in der Fragestunde hat Herr Dr. Backhaus darüber geredet, welche Bedeutung beispielsweise die bei uns im Land ansässige Zucht hat. Der Hybridschweinezuchtverband, das ganze Know-how, was dort existiert, wenn das verlorengeht, ist das ein Kulturverlust, nicht einfach nur etwas Ökonomisches oder etwas Technisches.
Die Länge der Lebendtiertransporte, all das, was mit dem Wohlbefinden der Nutztiere zu tun hat und wo es ja auch gesetzliche Regelungen gibt, schauen wir uns das mal an. Sie können das alle nachverfolgen, Sie haben möglicherweise auf Ihrem Smartphone Google Maps. Allein von der Insel Rügen bis nach Weißenfels haben wir eine Minimalfahrzeit von fünf Stunden. Ja, mit dem Pkw, aber nicht mit dem Lkw. Und wenn man dann obendrein auch noch berücksichtigt, dass die Ladezeiten und die Entladezeiten dazukommen, dann kommen wir bei einem solchen Schweinetransport von West-Rügen bis nach Weißenfels ganz gut mal gerne auf sechs bis sechseinhalb Stunden. Das geht überhaupt nicht, das ist technisch nicht möglich. Und dazu kommt ja auch noch, dass die Produktionskosten der Schweinebauern die Transportkosten mitaufgebürdet bekommen.
Natürlich war die Berichterstattung sehr aufgewühlt im August und auch gegenwärtig noch, aber was ist älter als die Zeitung von gestern? Im Moment ist für mich die Aufregung in den Medien doch ziemlich leise. Das mag damit zusammenhängen, dass auch in der Orientierung auf die Auswirkungen einige sich erst mal neu sortieren müssen. Und auch wenn es aus meiner Sicht, aus meiner persönlichen Sicht etwas länger gedauert hat oder zu lange gedauert hat, bis sich das Agrarministerium den Hut aufgesetzt hat – der Bauernverband war ja gleich in der Spur –, begrüßt meine Fraktion außerordentlich, dass das, was jetzt von dem Ministerium angeschoben wurde, auf den Weg gebracht wurde. Aber die Suche nach einer Lösung wird durch die Dramatik der Geschwindigkeit der Negativspirale ganz genau eigentlich in Richtung Aufgabe vieler Schweinehalter getrieben.
Aber lassen Sie mich bei der Gelegenheit eine Frage stellen. Wem ist wohl folgendes Zitat zuzuordnen? „Bis 2030 soll der CO2-Fußabdruck eines Kilogramms Schweinefleisch halbiert und bis 2050 die gesamte Wertschöpfungskette möglichst auf eine klimaneutrale Produktion umgestellt werden. ,Wir sind der Überzeugung, dass sich ein enormer Markt für nachhaltiges Fleisch auftun wird. Diesen Markt möchten wir gewinnen und uns als Marke positionieren, die uns als den nachhaltigsten Produzenten von Lebensmitteln auf Fleischbasis ausweist.ʻ“
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Zitat stammt vom Geschäftsführer der Firma Danish Crown.
An dieser Stelle ist in der Tat die Frage dann berechtigt, wie sollen wir den Aussagen über den Fortbestand der jetzt noch in Teterow existierenden Strecken und Vorhaben und Investitionsvorhaben trauen.
Danish Crown operiert international, ist einer der weltweit größten, in Europa auf jeden Fall einer der größten Produzenten von Schweinefleisch, aber die Schweineschlachtung ist ja schon in Dänemark selbst in die Schieflage geraten. In Großbritannien, im Mutterland verschiedener Schweinehalter, ist hier die Entwicklung einer Konzernlogik geopfert worden. Bevor wir, Herr Renz, uns jetzt darüber streiten, ob es einfach nur Kapitalismus ist oder Marktwirtschaft, auf jeden Fall hat sich hier der Sachverhalt so entwickelt, dass man sich doch vom Sozialen und vom Nachhaltigen eindeutig entfernt hat. Und dabei ist es völlig egal, wie wir den Hintergrund dabei definieren. Der Standort Teterow bleibt zurück, die Beschäftigten bleiben zurück, kleine/kleinste Lieferanten bleiben zurück, die ökologische Schweineproduktion rings um Teterow bleibt zurück. Insofern ist also doch der Feststellungsteil in den beiden Anträgen, die hier vorliegen, korrekt.
Das war mir gar nicht so bewusst. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege! Liebe Anwesende!
Sie haben ja eben angemerkt, dass es aus Ihrer Sicht, so habe ich es rausgehört, eine Diskrepanz jetzt in dem Gesellschaftssystem, in dieser konkreten wirtschaftlichen Situation, was so einen Schlachthof betrifft, gibt. Meine Frage: Sollte die Politik jetzt politisch dort aus Ihrer Sicht eingreifen?
Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren – und da kommen wir natürlich schon auf die Anträge, die vorliegen –, hatte ich bereits gesagt, ist das Anliegen der Anträge natürlich zu unterstützen, allerdings, sehr geehrte Kollegen von den Freien Wählern/BMV, das, was da gefordert wird, gesetzliche Rahmenbedingungen zu ändern bis hin zur Aufweichung von Tierschutz- und Umweltstandards et cetera, das geht überhaupt nicht, und insofern ist das aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.
Insofern ist also der Antrag der Koalition wesentlich günstiger formuliert. Er ist auch nicht mehr seit der kleinen Befragung von gestern früh aktuell. Und es wird auch nicht dadurch geheilt, dass jetzt hier mit den Anträgen 7/4123 und 7/4124 Änderungsanträge vorliegen, die die Landesregierung auffordern, im Agrarausschuss fortlaufend Bericht zu erstatten. Schauen Sie doch mal bitte ganz einfach in die Tagesordnung, in die feste. Das ist so was von überflüssig. Oder wollen Sie den Minister vorführen? Ich denke mal, das ist unangebracht.
Und wie Sie Herrn Dr. Backhaus kennen, würde er an dieser Stelle das sowieso machen, ob Sie ihn dazu auffordern oder nicht.
Für uns LINKE kommt es jetzt darauf an, kleine und kleinste Schweineproduzenten, ökologische Erzeuger, regionale und lokale Veredler nicht im Regen stehen zu lassen. In welcher Art und Weise man das macht, darüber müssen wir beraten.
Die Ausrichtung auf eine europäische und insbesondere auf eine internationale, auf eine globale Produktion, so, wie es bisher erfolgt, mit nur einem Schielen auf den Weltmarkt und auf Export reicht auf keinen Fall. Das haben wir mehrfach betont, das ist nicht unsere Strategie. Wir sind für regionale Stoffkreisläufe, wir sind dafür, dass wir in unserem Land vor allem das, was hier gegessen wird, auch hier produzieren und umgekehrt. Und all das, was uns der Altmeister von Thünen bereits an die Hand gegeben hat, der Ertrag klebt am Rad, ist heute so wahr wie im vorletzten Jahrhundert.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen wir gemeinsam heran. Wir werden den Antrag der Koalitionsfraktionen unterstützen und insofern im Agrarausschuss die richtige Basis finden, um eine vernünftige Lösung zu diskutieren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne den Frauenverein aus Tribsees. Ich hoffe, Sie sind gut angekommen, aber Sie brauchen ja die Behelfsbrücke nicht zu benutzen, vermute ich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vion und Tönnies in Weißenfels sind neben Teterow nur drei Standorte für Großschlachtungen in Ostdeutschland. In Teterow verbleibt die Rinderschlachtung. 50 osteuropäische Tagelöhner müssen gehen. 20 deutsche Beschäftigte haben schon neue Arbeitsplätze. Die ostdeutschen Bundesländer geraten immer mehr in größere Abhängigkeit vom Westen, insbesondere Niedersachsens, in landwirtschaftlicher Erzeugung und Verarbeitung.
Die internationale Konkurrenzfähigkeit deutscher Betriebe ist nicht gegeben, sowohl Übersee als auch Osteuropa sind billiger. Da der Westen die hohen Kapazitäten hat, die gefüttert werden müssen, weil Defizite von größeren Einheiten eine Existenzgefährdung darstellen, muss der Osten die Kapazitätsverringerungen hinnehmen. Es ist wie nach der Wende. Teterow ist ein Warnsignal, dass diese Entwicklung sich nicht nur auf die Verarbeitung, sondern auch auf die Erzeugung erstrecken könnte.
Die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht sonderlich divers aufgestellt. Eine autarke Versorgung der Menschen aus dem Land selbst ist nicht gegeben. Die Quote ist sowohl bei Erzeugung wie auch bei Verarbeitung von Lebensmitteln zu gering, insbesondere bei Geflügel und Rindfleisch. Der Westen schafft es innerhalb der deutschen Erzeuger und Verarbeiter, seine Kapazitäten auf beiden Feldern zu halten, während der Osten zunächst in der Verarbeitung, dann aber, das ist zu befürchten, auch in der Erzeugung zum Brachland werden könnte. Die Konzentrationsprozesse gehen ungehemmt weiter, und das nicht nur auf dem Gebiet der Schlachtung. Diese Entwicklung ist nicht neu. Bereits Ende der 90er-Jahre wurden Schlachthöfe in Mecklenburg-Vorpommern geschlossen, die teils nur drei Jahre vorher mit staatlicher Förderung errichtet worden waren. Das kann man in Anklam und in Neustrelitz besichtigen.