Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, im Kern sind wir uns bei diesem Thema sicherlich alle einig.
Wen sollte es geben, dem das Wohl der Kinder nicht am Herzen liegt? Kinder brauchen vor allem Geborgenheit und Liebe und Bedingungen, unter denen sie gut gedeihen können und aufwachsen können. Und das wird am ehesten in den Familien gewährleistet oder auch nicht, und dort, wo ein Ton, ein Klima herrscht, was aus unserer Sicht nicht kinderfreundlich ist, da, wissen wir alle, ist es schwer, das zu ändern. Mit staatlichen Mitteln kann
man diese familiären problematischen Hintergründe sehr schwer nur aufbessern. Im Übrigen, die beste Beschwerdestelle ist die Oma bekanntermaßen,
sozusagen unter dem Motto, ich habe Probleme mit deiner Tochter oder mit deinem Sohn, dass das Kind dann bei der Oma sich so anmeldet.
Aber mir geht es eigentlich um was anderes, nämlich um die Frage, ob es sinnvoll ist, die Kinderrechte in die Verfassung einzubringen beziehungsweise überhaupt die Verfassung laufend zu ändern. Ich bitte Sie, einen Augenblick zuzuhören, sich bewusst zu machen, dass man das losgelöst jetzt vielleicht erst mal von den Kinderrechten sehen muss. Die Verfassung ist eigentlich, das haben wir heute Morgen ja gehört, etwas, was nicht ganz in Blei gegossen ist, aber doch ziemlich in Stein gegossen ist
und was nicht ständig geändert werden soll. Die Grundrechte haben ja auch eine lange Tradition, Geschichte, sind ja nicht so beliebig mal am Wochenende ausgedacht worden. Sie sind zusammengefasst worden und in dieser Größenordnung ins Grundgesetz gekommen, weil das so vernünftig ist.
Die Gleichberechtigung steht da auch drin als Beispiel, da ist dann auch die Gleichstellung, wenn man die meint daraus ablesen zu können, zusätzlich reingekommen. Das ist ja vielleicht, muss man nicht unbedingt richtig finden, aber an der Stelle ist schon die Sollbruchstelle. Und dann gibt es viele andere Wünsche oder Vorstellungen, die sich so im Laufe der Zeit ergeben haben, die einem wichtig sind: der Umweltschutz, der Klimaschutz, gleiche Lebensbedingungen Stadt/Land, auch jetzt so ein Thema, und jetzt die Kinderrechte und morgen der Tierschutz. Das sind alles Anliegen, die je nachdem, wie der Blickwinkel ist, enorm wichtig sind und die man meint dann nur wirklich verwirklichen zu können, wenn die denn ins Grundgesetz kommen.
Selbst wenn die Kinderrechte im Grundgesetz stehen würden, es würde sich an den realen Bedingungen nichts, aber auch gar nichts ändern,
aber eins – und das ist die Gefahr –: dass die Verfassung an Wertigkeit verliert. Die Verfassung kann nicht je nach dem Zeitgeist oder je nachdem, was gerade in Mode ist und was plötzlich allen ganz wichtig erscheint, wie der Klimaschutz zum Beispiel, dann geändert werden. Dabei läuft eine Verfassung Gefahr, dass sie in diesem Bereich inflationär wird und dass sie eine Verfassung der Beliebigkeit wird. Und das ist ja nicht eine Schnapsidee von mir, es gibt maßgebliche Verfassungsrechtler, die davor warnen.
Das möchte ich hier auch tun und nur mal zum Nachdenken geben. Die Frau Süssmuth hat ja heute den guten Satz geprägt, dass ihr Vater immer gesagt hat, denk mal drüber nach, vielleicht hat der andere ja doch recht. Also völlig unabhängig davon, wie man zu den Kinderrechten, zum Wohl der Kinder steht, denken Sie mal darüber
nach, ob Sie je wirklich nach, ich will nicht sagen nach Laune, aber das, was jetzt auf der Agenda ganz oben steht, ob es wirklich richtig ist, die Verfassung fortlaufend zu ändern und quasi neue Grundrechte reinzuschreiben, die eigentlich im Kern schon in einem anderen Grundrecht verankert sind. – Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4310. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Die Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4310 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE, bei Ablehnung durch die Fraktionen der CDU, SPD sowie den fraktionslosen Abgeordneten Herrn Arppe und Enthaltung durch die Fraktion der AfD abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 38: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Vollständiger Rückbau und Entsorgung von Windenergieanlagen, Drucksache 7/4298.
Antrag der Fraktion der AfD Vollständiger Rückbau und Entsorgung von Windenergieanlagen – Drucksache 7/4298 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es geht bei unserem Antrag um den Rückbau von Windenergieanlagen.
Die Lebenserwartung einer Windkraftanlage beträgt laut Herstellerangaben ungefähr 20 bis 25 Jahre. Der Abriss einer solchen Anlage kann aber auch vor Ablauf dieser Zeit erforderlich werden, etwa durch eine Beschädigung mit Totalschaden oder durch die Ersetzung mit einer neueren, leistungsfähigeren oder wirtschaftlicheren Anlage. Hinzu kommt, konkret läuft 2020 deutschlandweit die Förderung für über 5.700 Anlagen aus. In MecklenburgVorpommern sind bis zum Jahre 2025 871 Anlagen betroffen, aber immer, wenn eine Windenergieanlage beseitigt werden muss, wird es besonders teuer.
Zur Dimension des Problems der Entsorgungskosten hier nur ein Beispiel: Für eine Anlage Nordex N131 mit 164 Meter Höhe und einer Leistung von 3,3 Megawatt sind für den nötigen Rückbau Kosten in Höhe von 684.250 Euro zu kalkulieren. Diesem Betrag können Recyclingerlöse von etwa 71.400 Euro gegengerechnet werden. Ein Markt für gebrauchte Altanlagen ist praktisch nicht vorhanden. Recycling und Entsorgung der oberirdischen Anlagenteile sind unproblematisch, soweit es sich um Stahl, Kupferkabel oder andere Metalle handelt. Sondermüll sind aber die mit Glasfaser beziehungsweise
Kohlenstoff verstärkten, aus Kunststoff hergestellten Rotorblätter. Recyclingbetriebe dafür gibt es praktisch keine. Das Material kann vielleicht noch geschreddert als Zuschlag für den Straßenbau verwendet werden, aber auch das ist keine wirkliche Lösung, wenn nach Generationen die Straßen wieder erneuert werden sollen.
Man weiß, dass die Verbrennung der Kohlenstofffasern enthaltenden Kunststoffe auch hoch problematisch deshalb ist, weil das sind lungengängige winzige Fasern. Die Feuerwehr ist deshalb immer gut beraten, wenn kohlenstoffverstärkter Kunststoff brennt, dann den schweren Atemschutz rauszuholen.
Richtig problematisch und teuer ist aber der Rückbau des Betonbodenfundamentes. Die Flächeninanspruchnahme für das Fundament einer Windkraftanlage ist zwar relativ gering, für eine 1,5-Megawatt-Anlage mit Narbenhöhe von 95 Metern und einer Gesamthöhe von 130 Metern hat das Fundament abhängig vom Untergrund die Ausmaße eines Würfels von etwa 12 bis 16 Meter Kantenlänge.
Meine Damen und Herren, trotz der hohen Kosten vertreten wir die Auffassung, alle Anlagenteile und Flächenversiegelungen müssen vollständig beseitigt und entsorgt werden. Wer in die Natur eingreift, soll auch verpflichtet sein, diesen Eingriff wiedergutzumachen.
Es darf keine Ausnahme von diesem Grundsatz deshalb geben, weil Windkraftanlagen der Umwelt dienten. Ein Zurückbelassen von Beton im Untergrund ist deshalb inakzeptabel.
Seit den 90er-Jahren wurden nun in großer Zahl Windkraftanlagen gebaut, ohne dass man damals an Regelungen für den Rückbau gedacht hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Tonnenweise Stahl und Beton, Glasfaser bis zu 200 Meter Höhe und der Rückbau und die Entsorgung sind nicht geregelt!
Nun sehen wir zwei Problemgruppen: Zum einen, für Windkraftanlagen, die vor 2004 genehmigt wurden, gibt es bis heute keine gesetzliche Rückbauverpflichtung. Zum Zweiten, für Windparks, die nach 2004 im Außenbereich entstanden sind, gibt es eine gesetzliche Regelung durch den neu eingeführten Paragrafen 35 Absatz 5 des Baugesetzbuches. Viele Windparks sind aber auf der Grundlage qualifizierter Bebauungspläne entstanden. Diese Windparks befinden sich nicht im Außenbereich, sondern meist im Innenbereich, für den die eben genannte Regel nicht gilt. Für beide Fälle aber gilt, die Kosten für den Rückbau sollte in der Regel der Betreiber der Windkraftanlage übernehmen. Nur in Ausnahmefällen sollte auch der Eigentümer des Grundstückes in Anspruch genommen werden.
Und was hier in Mecklenburg-Vorpommern fehlt, ist ein Erlass des Energieministeriums, der Näheres regeln könnte. Inhalt sollte dabei sein, den vollständigen Rückbau sämtlicher Anlagenteile nebst zugehöriger Anlagenteile und versiegelter Flächen verpflichtend anzuordnen. Genehmigungen für Anlagen für Windparks in B-Plänen könnten durch den Erlass seitens der Landkreise mit entsprechenden Rückbauverpflichtungen beauflagt werden, und zwar auf der Grundlage des BundesImmissionsschutzgesetzes. Im Falle der dauerhaften
Nutzungsaufgabe von Windkraftanlagen sind die unteren Bauaufsichtsbehörden nach Paragraf 80 Absatz 1 Landesbauordnung von Mecklenburg-Vorpommern ermächtigt, Beseitigungsanordnungen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände zu erlassen. Hier könnte der Ministererlass regeln, dass davon generell Gebrauch zu machen ist.
Derartige Erlasse sind schon längst in anderen Bundesländern vorhanden, genauer gesagt, sind es alle Bundesländer außer den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Leider gab es dazu bisher lediglich am 12. Juni 2019 eine erste Informationsveranstaltung des Energieministeriums. Mehr erfolgte – meines Wissens nach jedenfalls – bisher nicht.
Wir fordern daher: Der Anlagenbetreiber muss verpflichtet werden, die Windenergieanlagen nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und die Bodenversiegelungen zu beseitigen. Die Einhaltung der Verpflichtung sollte in der Regel über die Verknüpfung der Genehmigung mit einem Widerrufsvorbehalt oder sonstigen geeigneten Auflagen im Rahmen der Anlagengenehmigung sichergestellt werden.
Die Zulässigkeit der Errichtung von Windenergieanlagen im Wege des Repowering sollte zwingend vom Rückbau anderer Windkraftanlagen abhängig gemacht werden. Den Gemeinden soll darüber hinaus auch die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, dies über entsprechende, in einem Bebauungsplan zu treffende Regelungen festzulegen. Und nicht zu vergessen, Zuwiderhandlungen sind natürlich zu sanktionieren.
Meine Damen und Herren, die so skizzierten Möglichkeiten und Ziele für einen sachdienlichen Ministererlass zeigen die Notwendigkeit, zeitnah hier die Initiative zu ergreifen. Ich beantrage, unseren Antrag in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Schöne ist immer, wenn unter einer objektiven Überschrift in Wahrheit ein alter Lemming lauert. Ich gehe davon aus, dass es in Wahrheit der Lemming Windkraft ist, sozusagen der Dorn im Fleische der AfD, gestern einmal kurz bejubelt, da passte es ganz gut, ansonsten eher immer noch schwer anerkannt und akzeptiert.
Als Landesbauminister, sehr geehrte Herren der AfD, gibt es nicht einen einzigen Bürgermeister und nicht einen einzigen Landrat, der beklagt, ich habe zurzeit ein Problem mit einer Windkraftanlage, die da steht und nicht abgebaut wird, und der behauptet, es gibt ein bauordnungsrechtliches Problem, was ihr nicht gelöst habt. Wenn man also genauer hinschaut, dann geht es erneut um den Versuch zu sagen, die Windkraft ist eigentlich etwas ganz Böses, und weil man gegen diese moralische Mauer, dass man möglicherweise an nachfolgende Generationen denken sollte, deshalb Klimawandel bekämpfen und Klimaschutz betreiben muss, weil man dagegen nicht so gern anläuft, versucht man das Madigmachen über die Petitessen.
Meine Damen und Herren, am Ende des Tages bleibt es alter Wein in neuen Schläuchen. Es ist wieder die große Überschrift, Energiewende haben wir nicht so gern, und jetzt wird rumgepückert an den Einzelfragen.
Erste Kontrollfrage, nur so fürs Bauchgefühl, wenn man eine objektive Debatte wollte, nur mal hypothetisch vorangestellt, dann finde ich ja den Anspruch richtig zu sagen, wenn ihr mit erneuerbaren Energien werbt, dann muss es nach Möglichkeit eine nachhaltige Energieerzeugungsform sein, die wirklich rückstandslos abbaubar ist. Den Anspruch weise ich nicht von der Hand. Da steht die erste Frage im Raum: Wie viel kann man von Windkraftanlagen – von Biomasse und Fotovoltaik hat überraschenderweise jetzt keiner gesprochen –, aber wie viel kann man von Windkraftanlagen zurückbauen? Da sind wir bei weit über 90 Prozent, erst mal kein schlechtes Ergebnis.