Protokoll der Sitzung vom 08.03.2017

Aber ich kann noch eins hinzufügen: Ein AfD-Kreisvorstand aus Salzwedel sprach sich auf Facebook dafür aus, die Todesstrafe wieder einzuführen, damit die politische Führung in Deutschland an die Wand gestellt werden kann. Auch dazu fordere ich Sie auf, Stellung zu beziehen

(Thomas Krüger, SPD: Tja.)

und sich bei denjenigen zu entschuldigen, die hier gemeint sind.

Sie als AfD, zumindest einige von Ihnen von der bundespolitischen bis zur kommunalen Ebene, scheuen sich nicht, die Sprache der Nationalsozialisten zu benutzen. Da ist es geradezu naiv zu glauben, dass Sie anders als diese mit Ihren politischen Feinden verfahren würden, gewönnen Sie die Macht in diesem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und da bin ich Herrn Kokert sehr dankbar: Warum nur über andere reden, wir sollten doch über uns reden. Eingeübt und vorgemacht wird diese Debattenunkultur nicht zuletzt im parlamentarischen Raum, also hier zwischen uns, den Abgeordneten des Landtages. Daher ist zuallererst festzustellen, dass Bürgerschelte einem Parlament nicht zusteht, dass es zweifelhafte Debattenkultur pflegt. Es sei zum Beispiel an Diskussionen mit Initiatoren, Unterstützerinnen und Unterstützern und auch über Ziele von Volksinitiativen erinnert.

Exemplarisch steht hierfür auch die Unsitte der Regierungskoalition, gegen alle Anträge der Opposition zu stimmen, egal wie durchdacht, wie sozial und notwendig sie sind. Statt sich inhaltlich mit der Arbeit der Opposition auseinanderzusetzen, gipfelten nicht wenige Argumente der Großen Koalition letzten Endes in der Formel: Selbstverständlich lehnen wir Ihren Antrag ab, weil er nicht von uns selbst kommt.

(Sebastian Ehlers, CDU: Das haben Sie bei Rot-Rot anders gemacht, ne?)

Diese Arroganz der Macht hat entscheidend dazu beigetragen, dass bei den Bürgern in den letzten Jahren das Gefühl entstanden ist, ihre Wahlentscheidung interessiere letzten Endes sowieso niemanden mehr.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ministerpräsident Sellering hat in seiner Regierungserklärung zu Beginn der Legislaturperiode angekündigt, dass diese Art der Missachtung beendet werden soll. Die Umsetzung ist die Koalition bisher schuldig geblieben.

(Thomas Krüger, SPD: Nee, nee! Nein! Nein, das ist nicht wahr! – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Zur Missachtung des Parlaments gehört übrigens auch, Anträge aus anderen Landesparlamenten eins zu eins abzuschreiben und als Eigenleistung auszugeben, Anträge doppelt zu stellen, Abgeordnete in Reden persönlich anzugehen oder sich im Sitzungssaal wie im eigenen Wohnzimmer zu bewegen. Zur Missachtung gehört auch, dass sich an der Sacharbeit in Ausschüssen nur mangelhaft beteiligt wird. Man weiß ja, dass die Ausschüsse nicht öffentlich sind. Und last, but not least gehört zur Missachtung auch, auf Anträge der Opposition mit der immer gleichen Behauptung zu reagieren, nicht die Situation im Land sei kritisch, sondern diejenigen, die Kritik äußern, seien notorische Miesmacher, Schwarzmaler.

(Torsten Renz, CDU: Das ist wohl noch der Rede- beitrag aus der letzten Legislaturperiode, was?)

Das alles führt zwangsläufig zu dem Schluss, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landes gar nicht anders können, als das Agieren im Parlament über weite Teile als respektlos und selbstgefällig zu empfinden. Das ist kein Wunder, dass sich einige dies zum Vorbild nehmen. Wenn wir eine Rückkehr zum politischen Sachargument statt hysterischer Pauschalbehauptung wollen, müssen wir zuerst an uns selbst und am hysterischen Klima arbeiten. Dazu müssen wir uns selbst verändern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Komning.

(Thomas Krüger, SPD: Na, nun stellt er ja was klar.)

Geehrtes Präsidium! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Bürger dieses Landes! Das politische Klima ist kälter geworden, der politische Kampf um Themen und um Wählerstimmen härter, vor allem aber für die Altparteien, denn mit dem Aufkommen neuer erfolgreicher Parteien und insbesondere der AfD schwinden die Macht und der Einfluss bisher politisch Etablierter. Da man in solchen Situationen natürlicherweise härtere Bandagen anlegt, ist nur verständlich, dass sich die Neuen aber nicht kampflos geschlagen geben, sondern ebenfalls nach effektiven Kampfmitteln suchen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Kampfmitteln?)

Kampfmitteln, ja, Mitteln im politischen Kampf, das kann man so nennen.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Beide Seiten rufen bei wirksamen Treffern nach Fairness und Sachlichkeit im politischen Umgang. Dabei sollte eine sachliche und thematische Auseinandersetzung eigentlich Selbstverständlichkeit und Grundlage des politischen Wettstreites sein. Wir haben es von meinen Vorrednern gehört, da sind wir uns offensichtlich einig.

Problematisch wird es allerdings, wenn diejenigen, die an der Macht der Altetablierten rütteln, vorneweg, und zwar bereits kurz nach ihrer Gründung, pauschal und ohne jegliche thematische Auseinandersetzung in eine Ecke gestellt werden, die der allgemeingültige Konsens bisher als schmuddelig empfand. Wird allerdings das Schmud

delimage an sich von immer mehr Menschen infrage gestellt, die sehen, dass in dieser Ecke eben gesellschaftliche Prinzipien und Ansichten herrschen und vertreten werden, die lange verloren geglaubt waren, dann holt man die Nazikeule raus. Damit, liebe politische Konkurrenten der CDU, SPD und DIE LINKE, fing alles an. Nur, die Nazikeule ist abgenutzt und verschlissen,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

nachdem sich immer mehr Menschen in Deutschland wieder gegen ausufernden neoliberalen und unsozialen Globalismus, hin zu mehr Nationalstaatlichkeit, Eigenverantwortung, Souveränität und Subsidiarität bekennen, mutige Menschen, die trotz anhaltender Diffamierungen aufrecht gehen und eben keine Angst mehr haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Unserer AfD wird vorgeworfen, nicht die Spielregeln des politischen Wettstreites zu beachten und mit Populismus und Begriffen unterhalb der gesellschaftlichen Gürtellinie zu agieren. Zunächst erscheint mir unsere Art des politischen Auftretens und Agierens sehr erfolgreich. Wir unterscheiden uns von den Altparteien dadurch, dass wir Dinge konkret beim Namen nennen, manchmal eben auch mit spitzer Zunge und zugegebenermaßen manchmal auch recht laut und unkonventionell. Aber wir wollen keinen herumeiernden Politikersprech, den das Volk nicht versteht.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Wir wollen mit der Stimme des Volkes sprechen. Dies ist so manches Mal gewöhnlicher als das abgehobene und aussagelose Lamentieren von manchem Spitzenpolitiker.

(Thomas Krüger, SPD: Ach, deswegen der Tweet von Herrn Arppe hier?! Alles klar!)

Wenn es bei den Politikern meiner Partei, Herr Krüger, mal den einen oder anderen Ausreißer gibt,

(Andreas Butzki, SPD: Das sind Ausreißer?! Das sind Ausreißer?!)

so sollte man sich bei durchaus berechtigter und lauter Kritik aber auch mal an die eigene Nase fassen,

(Thomas Krüger, SPD: Das ist die Grundüberzeugung.)

denn wer im Glashaus sitzt, der sollte eben nicht mit Steinen schmeißen.

(Thomas Krüger, SPD: Das hat Herr Holm begonnen.)

Herr Holm hat vorhin darauf hingewiesen, so mancher Zwischenruf von erfahrenen Abgeordneten in diesem Hohen Hause entspricht dem Niveau einer Grundschulklasse und eben nicht dem eines Landtagsplenums.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Mein Kollege Holm sagte schon, wir waren darüber zu Anfang sehr verwundert, aber ich glaube, wir müssen lernen, dass es wohl zum politischen Geschäft gehört, den Redner aus dem Konzept zu bringen, sei es eben

mit noch so gewöhnlichen oder dümmlichen Kommentaren, wie wir sie in der Vergangenheit mehrfach gehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Die Intelligenz haben Sie gepachtet.)

Denn wenn selbst gewählte Landtagsabgeordnete meiner Fraktion aus den Reihen der Regierungsfraktionen in diesem Plenum als „Vollpfosten“ betitelt werden, so muss man sich über die politische Verhärtung nicht wundern.

(Tilo Gundlack, SPD: Die Sprache des Volkes.)

Polarisierungen, harte Werturteile und eine spitze Wortwahl sind in der politischen Auseinandersetzung unverzichtbar, denn damit wird die parteipolitische Abgrenzung deutlich, aber – und ich glaube, da sind wir uns auch alle einig – Diffamierungen, Stigmatisierungen und Beleidigungen des politischen Gegners haben auf der politischen Bühne nichts zu suchen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das gilt eben nicht nur für meine Partei, sondern das gilt auch für jeden anderen hier im Plenum.

Und schließlich: Wer Sachlichkeit und fairen, fachpolitischen Wettbewerb fordert, der sollte seine Entscheidungsfindungen im politischen Gestaltungsprozess – Herr Holter hat es mit Recht angesprochen –, der sollte diese Entscheidungsfindungen nicht davon abhängig machen, ob eine politisch gute Idee aus den eigenen Reihen oder aus den Reihen einer anderen Partei kommt, denn dann geht es eben um die Sache. Einer Sache sind wir alle verpflichtet: dem Wohle unseres deutschen Volkes.

(Thomas Krüger, SPD: Und darüber hinaus.)

Sehr geehrter Herr Kollege Kokert, wir nehmen Ihr Angebot zur fairen und zur sachlichen Auseinandersetzung gerne an, wenn Sie uns als gleichberechtigte politische Konkurrenten wahrnehmen. – Vielen Dank.