Die Geschichte mit dem Nettozahler hatte ich ja eben schon gesagt. Natürlich ist Mecklenburg-Vorpommern nicht jetzt der große Nettozahler, sondern wahrscheinlich eher das Gegenteil, aber Mittel, die im Bund fehlen, die fehlen uns auch indirekt natürlich selbst. Und schließlich, wenn es denn so wäre, dass es allen Ländern dann nur schlechter geht, die ohne die EU zurechtkommen müssen – und das sage ich jetzt auch noch mal an Ihre Adresse, Herr Schulte –: Denken Sie an die Schweiz, denken Sie an Norwegen!
(Jochen Schulte, SPD: Da könnte ich Ihnen jetzt auch Fragen zu stellen, aber, Herr Grimm, das will ich Ihnen nicht antun.)
Diesen Ländern geht es nicht schlechter und die haben ganz eigene Freihandelsabkommen. Also wird es nicht so sein, dass die Engländer hier die großen Verlierer sind.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, sehen Sie, so sind wir. Wir bieten Ihnen jede Bühne, Ihre Gedanken hier zu äußern, frei.)
Ich sage aber zu Herrn Kolbe, es ist zu früh, hier Bilanzen zu ziehen oder Schlussfolgerungen. Die Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern, wir werden das sehen, es wird uns sicherlich Geld kosten, und für die Engländer, dabei bleibe ich, wird es ein Erfolg. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Mal zurück zu den Fakten und zum Thema: Im Dezember letzten Jahres hat das britische Unterhaus dem Austrittsvertrag zugestimmt. Nachdem das Europäische Parlament gestern das Austrittsabkommen ratifiziert hat, kann Großbritannien morgen, also sprich am 31. Januar, die Europäische Union verlassen. Laut dem Austrittsabkommen beginnt dann zum Ende dieses Jahres eine Übergangszeit. Großbritannien ist dann nicht mehr EU-Mitglied und die britischen Abgeordneten scheiden aus dem Europäischen Parlament aus.
Während der Übergangszeit gilt das EU-Recht in Großbritannien fort, in der Zwischenzeit soll das künftige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ausgehandelt werden. Dieses soll weit über ein klassisches Freihandelsabkommen hinausgehen und in einer umfassenden Partnerschaft bestehen. Angesichts der verbleibenden Zeit ist das ein sehr ambitioniertes Ziel. Für die Verhandlungen war bereits die Zeit seit dem ursprünglich vorgesehenen Austrittstermin im März 2019 zu kurz gewesen. Durch das politische Chaos in Großbritannien infolge des Brexit-Referendums hat sich diese Verhandlungszeit weiter reduziert. Selbst bei einer um maximal zwei Jahre möglichen Verlängerung des Übergangszeitraumes ist offen, ob die Verhandlungen rechtzeitig zum Abschluss gebracht werden können.
Damen und Herren Abgeordnete, vom britischen Referendum bis zum eigentlichen Austritt Großbritanniens hat es dreieinhalb Jahre gedauert. In dieser Zeit konnte sich die britische Regierung gerade mal auf ein Austrittsabkommen festlegen. Das war bereits ein Kraftakt. Die Gestaltung der künftigen Beziehungen ist wesentlich umfangreicher und komplexer. Die Europäische Union will ein gutes Verhältnis zu Großbritannien. Einen erleichterten Zugang zum europäischen Binnenmarkt darf es aber nur geben, wenn die britische Regierung keinen Unterbietungswettbewerb, insbesondere bei sozialen Standards, anstrebt.
Die EU und Großbritannien müssen nun mit Hochdruck daran arbeiten, die Grundlagen für ihre künftige Partnerschaft zu vereinbaren. Bisher ging es in solchen Verträgen immer darum, wie die EU und ein Drittstaat enger und besser zusammenarbeiten. Standards angleichen und sich aneinander annähern – hier ist jetzt das Gegenteil der Fall, das heißt, auch am Ende des Jahres 2022 kann immer noch ein harter Brexit stehen. Doch auch im Falle eines harten Brexits können die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern relativ überschaubar bleiben.
Ja, ich komme da jetzt zu. Ich werde es Ihnen erklären, weil wir haben hier Zahlen, die sind belastbar, und wir wollen ja hier nicht in der Glaskugel lesen.
Die Gesamtausfuhr aus Mecklenburg-Vorpommern erreichte 2018 ein Volumen von rund 7,2 Millionen Euro. Großbritannien stand mit 324 Millionen Euro bei den Ausfuhrländern an siebter Stelle.
Die Einfuhr nach Mecklenburg-Vorpommern erreichte 2018 einen Wert von insgesamt 6,6 Milliarden Euro, wobei Großbritannien bei den Einfuhrländern mit 172 Millionen auf Rang 13 lag.
Unabhängig vom Austritt Großbritanniens aus der EU gilt es, weiter an einem sozialen Europa zu arbeiten.
Für die SPD gehören dazu unter anderem länderspezifische Mindestlöhne in allen Mitgliedsstaaten und adäquate Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme in den jeweiligen EU-Staaten.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Das sah der Europaminister ein bisschen anders.)
Kein Vollzeitlohn in der EU darf unter den nationalen Armutsschwellen liegen. Auch sollten die sozialen Grundrechte aller EU-Bürger durch eine verbindliche europäische Sozialagenda sichergestellt werden.
Zusätzlich sollte die Sozialagenda die Kosten für Sozialwohnungen und Mindestlöhne in allen EU-Ländern sowie Sozial- und Arbeitsschutzstandards abdecken. Ebenso sollte ein europäischer Fonds als Rückversicherung für die Finanzierung von Sozialleistungen eingeführt werden, der von allen Mitgliedsstaaten gefüllt wird. Während einer Beschäftigungskrise können hieraus Mittel beansprucht werden. Nach der Krise führen sie das Geld zurück in den Fonds.
Vor ihrer Wahl hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europäischen Parlament ihre politischen Prioritäten vorgestellt. In Bezug auf ein soziales Europa gingen diese in die gleiche Richtung. Nach ihr sollte jeder Mensch, der Vollzeit arbeitet, einen Mindestlohn erhalten, der ihm einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. Dafür sollte ein Rahmen entwickelt werden, der den verschiedenen Arbeitsmärkten Rechnung trägt. Diejenigen, die ihre Arbeit durch eine Wirtschaftskrise verlieren, will sie durch eine EU-weite Arbeitslosenrückversicherung schützen.
Sie hat sich ebenfalls für eine sogenannte europäische Kindergarantie ausgesprochen, damit jedes Kind in Europa, das von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht ist, Zugang zu Leistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung hat.
So bedauerlich der Brexit auch ist, die Gestaltung eines solidarischen und sozialen Europas dürfte in einer Europäischen Union ohne Großbritannien im Grundsatz einfacher werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
wenn hier in diesem Landtag über die große weite Welt schwadroniert wird und hier einige Leute den Grie…, den Briten, den Briten jetzt erzählen wollen, was sie alles falsch gemacht haben und wie sie es eigentlich hätten ganz anders,
Ich bin mir absolut sicher, dass die Briten diese Herausforderung des Brexits, die natürlich bedauerlich ist im Großen und Ganzen, meistern werden, so, wie sie in ihrer Geschichte, in der britischen Geschichte schon ganz andere Sachen gemeistert haben. Und es wird – da gebe ich dem Kollegen Grimm recht – am Ende ein Erfolg für die Briten, die werden uns noch alle das Fürchten lehren, vor allen Dingen jene arroganten und überheblichen Moralapostel, die jetzt meinen,