Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

(Julian Barlen, SPD: Nein, ein Rassist ist …)

Ein Rassist, richtig. Entschuldigung, ein Rassist.

Damit soll natürlich jede sachliche Diskussion sofort abgetötet werden.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Nach Hanau wurde der gegen die AfD geführte Ausgrenzungsprozess nochmals kräftig befeuert. Dieser hat inzwischen das Format einer Staatshetze angenommen, der sich jeder, „der Haltung hat“, anschließen soll. Hier zeigt die Kampagne zweifelsfrei totalitäre Züge.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Diese fürchterliche Tat eines von bizarren Wahninhalten getriebenen Menschen wurde und wird wider besseres Wissen von den anderen Parteien im politischen Diskurs auf eine ausschließlich rassistische Tat eines Rechtsextremisten reduziert. Damit soll es möglich sein, der AfD eine irgendwie geartete Mitschuld anzuhängen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Während bei Taten psychisch kranker Islamisten oder Migranten das Geschehen in kürzester Zeit der medialen Aufmerksamkeit durch die Diagnose „Einzelfall eines psychisch kranken Täters“ entzogen wird, handelt man hier komplett anders. Oder haben Sie noch was davon

gehört, von dem Fall, wo die Mutter mit ihrem Kind vor den Zug gestoßen wurde? Das ist nach zwei Tagen erledigt.

Die von Anfang an bestehenden gravierenden Anhaltspunkte für eine schwere psychische Erkrankung wurden nur langsam und eher am Rande erwähnt. In das Bewusstsein der Bürger soll das Verbrechen allein als eine rassistische Tat implantiert werden, damit man darauf gestützt gegen die AfD hetzen kann. Diesem geistig verwirrten Täter politische Ziele in der Nähe zur Programmatik meiner Partei zu unterstellen, ist intellektueller Unfug,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

und, was schlimmer ist, es ist eine infame Instrumentalisierung dieser entsetzlichen Tat, um dem politischen Konkurrenten zu schaden.

Werte Kolleginnen und Kollegen – und nochmals genau Sie von der CDU –, mit Ihrer Abgrenzungsstrategie werden Sie scheitern. Wenn man keine Mehrheit hat, dann muss man sich diese suchen. Und das kann nur inhaltlich und nicht ideologisch gelingen, und zwar egal, auf welcher Seite sich eine inhaltliche Übereinstimmung findet.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Ihre Partei hat sich – Erfurt legt es gnadenlos offen – mit ihrer Abgrenzungsstrategie in eine Selbstfestung begeben, aus der sie ohne Blessuren nicht mehr herauskommt.

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Wie wäre es, wenn Sie mal die eigene Partei bewerten und nicht immer die anderen?)

Und nun zu meiner Partei: Wie wollen Sie die auf der kommunalen Ebene längst stattfindende Zusammenarbeit bei unvermeidlich inhaltlicher Übereinstimmung verhindern? Und wollen Sie das wirklich, oder trainieren Sie schon jetzt die Unterwerfung unter die rot-rot-grüne Mehrheit?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD – Heiterkeit bei Ann Christin von Allwörden, CDU)

Und glauben Sie mir, uns dauerhaft zu beschimpfen, hilft da auch nicht weiter. Die Leute wissen doch genau, dass viele CDU-Mitglieder und viele Ihrer ehemaligen Wähler zu uns übergelaufen sind. Genau die haben dabei ihre Grundüberzeugungen eben nicht geändert

(Susann Wippermann, SPD: Na ja! Na ja!)

und sind nicht zu Rassisten mutiert.

Zum Schluss mein Appell an alle Fraktionen, die sich so gern demokratisch nennen:

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Weil sie es sind.)

Kehren Sie exakt zu den demokratischen Prinzipien zurück! Respektieren Sie die Wahlen und die demokratisch gewählten Parteien und stellen Sie Ihre offenen

oder subtilen Verleumdungskampagnen gegen meine Partei und speziell hier gegen meine Fraktion ein!

(Heiterkeit bei Ann Christin von Allwörden, CDU)

Erteilen Sie dem sogenannten „Schweriner Weg“, den DIE LINKE, die mit Gewalt gegen Sachen überhaupt kein Problem hat und die gewaltbereite Antifa offen unterstützt,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

erteilen Sie diesem Weg, den DIE LINKE so gern wiederbeleben möchte, eine klare Absage, und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ja die ganze Zeit bei der Rede meines Vorredners darauf gewartet, ob denn irgendwann mal auch auf den tatsächlich hier vorliegenden Antrag eingegangen wird – ganz zum Schluss hat er das Wort „Schweriner Weg“ dann ja noch mal in den Mund genommen –, deswegen will ich dann vielleicht gleich etwas mehr zu dem Antrag in der Sache sagen, als das der Einbringer getan hat.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, gestatten Sie mir einen Satz, weil es hier eben lang und breit angesprochen worden ist, die Wahl des Ministerpräsidenten, der ganze Prozess, der da stattgefunden hat in Thüringen um Herrn Ramelow, um Herrn Mohring, um Herrn Kemmerich und wer da alles sonst noch eine Rolle gespielt hat. Ich will das, ich will das Verhalten – und die Konsequenzen hat ja zum Beispiel Herr Mohring, wenn ich das richtig gesehen habe, inzwischen auch selbst gezogen –, die will ich hier gar nicht bewerten, aber was ich natürlich schon bewerten möchte, und das ist der qualitative Unterschied auch der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der CDU in Thüringen, auch der Kolleginnen und Kollegen der FDP, der LINKEN, der SPD in Thüringen und auch der AfD: Selbst Herrn Kemmerich, der sich vielleicht nicht besonders intelligent verhalten hat bei der ganzen Angelegenheit, unterstelle ich an keiner Stelle – und ich glaube, das kann ich auch hier sagen für die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen DIE LINKE, SPD und CDU –, unterstelle ich an keiner Stelle, dass er die Wahl des Ministerpräsidenten zu einer Farce machen wollte, die Wahl eines der wichtigsten und herausgehobensten Posten, die es überhaupt in einem Bundesland gibt neben Landtagspräsident/-in, Ministerpräsident/-in, vielleicht noch Präsident/-in des jeweiligen Landesverfassungsgerichtes, das zu einem Spielball zu machen, um parlamentarische Demokratie vorzuwerfen. Das unterstelle ich Herrn Kemmerich nicht!

(Horst Förster, AfD: Das war doch eine echte Mehrheit! Das hätte man doch machen können, ohne Ramelow!)

Aber Herrn Höcke,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Herrn Höcke und seinen Kollegen der AfD unterstelle ich genau das. Sie wollten das System, das parlamentarische System in Thüringen, in Erfurt diskreditieren,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

und sie haben einen Dummen gesucht und leider in der Person von Herrn Kemmerich gefunden.

Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich, lassen Sie mich dann tatsächlich hier auf den vorliegenden Antrag eingehen. Da fordert die AfD, dass der Landtag sich dazu bekennt, dass es hier im Landtag eine Zusammenarbeit aller im Landtag vertretenen Fraktionen und Abgeordneten im Rahmen der nach der Verfassung vorgegebenen Aufgaben und Zuständigkeiten gibt. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dieses Bekenntnis braucht man hier an dieser Stelle nicht abzugeben, weil es gibt keine einzige Stelle in der gesamten Wahlperiode, die inzwischen hinter uns liegt, auch im Umgang mit den Abgeordneten der AfD, im Umgang mit der Fraktion der AfD, wo es nur an einer einzigen Stelle dazu gekommen ist, dass man ihnen die verfassungsmäßigen Rechte, die ihnen zustehen, an irgendeiner Stelle abgesprochen hat.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Und ich sage das hier noch in aller Deutlichkeit: Ich werde mich als Parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion auch an jeder Stelle dagegen wehren, dass das so kommt, weil ich damit nicht die Rechte der AfDAbgeordneten verteidige, sondern die Rechte jedes anderen Abgeordneten und jeder Fraktion in diesem Haus, weil es gibt nun einmal die ungeteilten verfassungsmäßigen Rechte von Abgeordneten und Fraktionen in einem Parlament.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Aber, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, was man damit nicht, was man damit nicht verwechseln darf, ist die inhaltliche politische Auseinandersetzung mit einem Wettbewerber – ich will extra das Wort „Gegner“ nicht in den Mund nehmen –, mit einem Wettbewerber, den nicht nur einzelne, in einzelnen Fragen, in einzelnen Sachthemen Unterschiede in der politischen Auffassung trennen, so, wie es zwischen SPD und LINKEN, SPD und CDU, CDU und LINKEN natürlich der Fall ist, weil wir unterschiedliche Parteien, unterschiedliche Fraktionen sind, sondern wo es einen Graben gibt, der für meine Partei und, ich habe auch den Eindruck, für die Fraktionen von CDU und DIE LINKE nicht zu überschreiten ist. Wir lehnen eine inhaltliche politische Zusammenarbeit mit der Fraktion der AfD und den Abgeordneten dieser Fraktion vehement ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich muss das mal an dieser Stelle auch deutlich sagen, wir haben – ich vermute mal, das ist in den Fraktionen von

CDU und DIE LINKE ebenso gewesen –, wir haben nach der letzten Landtagswahl in meiner Fraktion lange darüber diskutiert, wie gehen wir mit der AfD um: Wollen wir den „Schweriner Weg“, den wir zwei Wahlperioden gegenüber der NPD angewandt haben, wollen wir diesen Weg auch mit der AfD oder gegenüber der AfD gehen, oder wie verhalten wir uns gegenüber der AfD? Und es ist eine bewusste Entscheidung in meiner Fraktion gewesen, es ist eine bewusste Entscheidung in meiner Fraktion gewesen, dass wir gesagt haben, nein, wir schauen uns konkret diese Fraktion in diesem Haus an, wie sie hier agiert, bevor wir uns tatsächlich dazu entscheiden, wie wir in der Perspektive weiter mit ihr umgehen, und wir haben gezielt eben nicht den „Schweriner Weg“ – da hat es auch durchaus Stimmen in meiner Fraktion für gegeben –, wir haben gezielt nicht den „Schweriner Weg“ gegenüber der AfD forciert oder befürwortet, wo es dann dazu gekommen wäre, dass tatsächlich zwischen den anderen Fraktionen von CDU, LINKE und SPD in der inhaltlichen Debatte hier nur einer auftritt, um sich mit der AfD auseinanderzusetzen.

Aber man muss es an dieser Stelle auch mal ganz deutlich sagen: Die AfD des Jahres 2020 ist nicht die AfD des Jahres 2013, als ein Herr Lucke und ein Herr Henkel die AfD als, ich sage jetzt mal, rechtsliberal-bürgerliche Partei gegründet haben. Da hat es auch inhaltliche Differenzen gegeben. Ich habe nie den Euro-Skeptizismus von Herrn Lucke geteilt,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)