Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Antrag der Fraktion der AfD Subsidiaritätsbedenken nach Art. 12b des Vertrages über die Europäische Union (EUV) zum Vorschlag für eine Verordnung der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Rahmens für die Verwirk- lichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 (Europäisches Klimagesetz), KOM-Nr. (2020) 80 – Auf dem Holzweg in die Steinzeit – Drucksache 7/4984 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht tatsächlich um eine Verordnung der EU-Kommission für eine Verordnung des EU-Parlamentes und des Rates zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität. Weil das viel zu sperrig ist, im Text immer wieder zu verwenden, nenne ich das jetzt einmal kurz Europäisches Klimagesetz.

Das vorliegende EU-Klimagesetz soll sowohl Klimaschutz als auch die Anpassung an einen Klimawandel

regeln. Das Ziel der Treibhausgasneutralität der gesamten EU bis 2050 soll damit verbindlich für alle EU-Länder festgeschrieben werden. Die Emissionen sollen bis 2050 damit auf null netto reduziert werden.

Wie soll das gehen im Einzelnen? Es soll keine fossilen und nuklearen Energieträger mehr geben, keine Anbaubiomasse für energetische Zwecke. Es soll eine Verpressung von Kohlendioxid im Untergrund stattfinden. Es soll keine Schiefergasförderung durch Fracking stattfinden. Durch den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien sollen die Treibhausgasemissionen aus dem Energiesektor Strom, Wärme und Verkehr auf null sinken.

Zentraler Baustein dieses planwirtschaftlichen Ökowahns einer vollständig regenerativen Energieversorgung soll die Erzeugung von Wasserstoff durch Wasserelektrolyse mithilfe von erneuerbarem Strom sein. Wir haben es eben gehört, die technischen Potenziale, um den gesamten Strombedarf von rund 3.000 Terawattstunden pro Jahr national überwiegend aus Wind- und Fotovoltaikanlagen zu erzeugen, sollen durch die weitere Zerstörung und Zerstückelung unserer Natur kontinuierlich geschaffen werden.

Der Energiebedarf im Verkehrsbereich soll trotz des prognostizierten Verkehrsanstieges auf 624 Terawattstunden, übrigens inklusive der Seeschifffahrt, gesenkt werden. Das soll durch Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und -verlagerung sowie Effizienzsteigerungen erreicht werden. Wie genau, weiß niemand, aber es bedeutet in jedem Fall Einbußen der persönlichen Freiheit und bringt eine Verteuerung der Preise für alle Bereiche mit sich. 57 Prozent der circa 66 Millionen Kraftfahrzeuge in Deutschland sollen dann elektrisch fahren.

Weiterhin ist geplant, dass sich der Fleischkonsum in der EU bis 2050 auf das Niveau reduziert, das einer gesunden Ernährung entspricht, und dass sich die Menge der Lebensmittelabfälle um die Hälfte verringert.

Bei der Bioenergieerzeugung mit CO2-Abscheidung und Speicherung soll das bei der Verbrennung von Biomasse frei werdende CO2 aus den Rauchgasen abgeschieden, um zum Beispiel in tiefe geologische Schichten wie ehemalige Erdgas- oder Erdöllagerstellen verpresst werden.

Der Anbau von Bioenergiepflanzen funktioniert dann nach den Vorstellungen der Ökologen wie ein CO2Staubsauger aus der Atmosphäre in die Erdkruste. Die EU-Kommission will darüber hinaus sogar in regelmäßigen Abständen die Vereinbarkeit der nationalen Energie- und Klimapläne sowie der zweijährigen Fortschrittsberichte mit den Zielen des Klimagesetzes prüfen. Und dieser sogenannte Green Deal soll dann auch noch 1.000 Milliarden Euro kosten.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz wird verheerende Folgen für unsere Wirtschaft, unsere Umwelt, unseren Wohlstand und jeden einzelnen Menschen in diesem Bundesland haben. Umso erstaunlicher ist dann die Erkenntnis, dass unser Mecklenburg-Vorpommern sich gerade anschickt, auf einem derart sensiblen Gebiet wie der Energie- und Umweltpolitik entweder unbemerkt oder gar vorsätzlich die eigene Gesetzgebungskompetenz preiszugeben, denn mit dem Klimaschutzgesetz hat der Bund nach Artikel 74 Grundgesetz von seiner Gesetzgebungsbefugnis im Bereich der konkurrierenden

Gesetzgebung Gebrauch gemacht. Dadurch wird die Gesetzgebungszuständigkeit des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern für die Bereiche „Recht der Energiewirtschaft“, Artikel 74 Grundgesetz, und „Klimaschutz“ beziehungsweise „Luftreinhaltung“, Artikel 74 Absatz 1 Nummer 24 Grundgesetz, aus dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz berührt.

Herr Pegel, für 2050 hoffe ich, dass Sie gesund Ihren Ruhestand genießen werden.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ihr Nachfolger im Jahre 2050 wird dann wahrscheinlich überflüssig, weil Ihren Job die EU-Kommission ausführt, nach diesen Plänen jedenfalls. Unser Antrag jedenfalls sollte das verhindern.

Nun ist aber Folgendes dazwischengekommen: Am Abend des 08.06.2020, also am vergangenen Montag, wies unsere Fraktion die sehr geehrte Frau Schlupp, die Vizepräsidentin, darauf hin, dass der Bundesrat zum EUKlimagesetz bereits am 5. Juni seine Stellungnahme beschlossen hat, ohne dabei Subsidiaritätsverletzungen zu rügen. Die Frist für die Erhebung von Subsidiaritätsrügen bei der Europäischen Kommission sei, so Frau Schlupp, am 5. Mai 2020 abgelaufen.

Nun verhält es sich aber so, dass unser Antrag bereits seit dem 18.05.2020 im Dokumentensystem der Landtagsverwaltung eingestellt ist. Es müsste der Landesregierung daher bekannt gewesen sein, dass bezüglich des EU-Klimagesetzes eindeutig parlamentarischer Debattenbedarf vorhanden war.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Wie konnte es dann zu der vorbehaltlosen Zustimmung am 05.06.2020 im Bundesrat kommen? Dass in Zeiten von Corona die Subsidiaritätsrügeverfahren mit ihren kurzen Fristen großzügig gehandhabt werden sollten, geht jedenfalls aus unserer Antragsbegründung hervor, meine Damen und Herren, denn mit Schreiben vom 8. April hatte Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Europäischen Kommission, in einem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Schäuble, darauf hingewiesen, dass den Entschließungen nationaler Parlamente, in denen Vorbehalte hinsichtlich der Vereinbarkeit eines Legislativvorschlages mit den Grund- sätzen der Subsidiarität oder Verhältnismäßigkeit geäußert werden, wann immer möglich, Rechnung getragen wird, auch wenn diese wegen der Covid-19-Krise erst nach Ablauf der Achtwochenfrist eingehen.

Meine Damen und Herren, der Vorgang wirft ein Licht auf die repressiven Regeln des EU-Vertrages, in dessen Artikel 5 Absatz 3 der sogenannte Subsidiaritätsalarm geregelt ist. Unsere Kritik als AfD-Fraktion gilt der viel zu kurzen Achtwochenfrist. In einem zentralistisch regierten Land wie Frankreich mag das zu schaffen sein, nicht jedoch in einem föderalen Bundesstaat wie der Bundesrepublik mit 16 Einzelstaaten, und das selbst ohne Corona-Bedingungen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Wir werden als AfD-Fraktion deshalb in Kürze einen Antrag stellen, der vorsieht, dieses Verfahren entsprechend zu ändern. Den heutigen Antrag nehmen wir zurück. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Ach Gott!)

Da der Antragsteller seinen Antrag zurückgezogen hat, erübrigt sich eine Aussprache.

Von daher rufe ich jetzt auf Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – 30 Jahre Nationalparks in Mecklenburg-Vorpommern – Erfolg und Verpflichtung zugleich, Drucksache 7/4933.

Antrag der Fraktion DIE LINKE 30 Jahre Nationalparks in Mecklenburg-Vorpommern ‒ Erfolg und Verpflichtung zugleich – Drucksache 7/4933 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Buchstäblich in letzter Minute vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik fasste der DDR-Ministerrat am 12. September 1990 den Beschluss, 14 große Naturlandschaften dauerhaft unter Schutz zu stellen. Das war ein Glücksfall der sehr wechselvollen Vereinigungsgeschichte, insbesondere für das damals noch nicht existierende Land Mecklenburg-Vorpommern.

Die friedliche Revolution in der DDR war eben zum Teil auch getragen von einer Umweltbewegung, die im Widerspruch und Widerstand zur damaligen Partei- und Regierungspolitik gegen die Umweltschädigung protestierte. Aus Sicht des Naturschutzes kann man heute den großen Staatsjagdgebieten, den Grenzstreifen zur BRD und einer Vielzahl von Truppenübungsplätzen zumindest etwas abgewinnen: Dort war die Natur noch relativ intakt. Das war der Grundstock für die beschlossenen Großschutzgebiete.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Bereits 1976 hatte ein Kreis von DDR-Botanikern um Lebrecht Jeschke, Michael Succow

(Burkhard Lenz, CDU: Professor!)

und Hans Dieter Knapp in Wesenberg ein Programm entwickelt, das auf die Errichtung eines DDR-weiten Systems von Großschutzgebieten zielte. Damals war das aber politisch weder gewollt noch durchsetzbar. Es brauchte erst die Wirrungen der Wendezeit, bis endlich ernsthaft daran gearbeitet werden konnte.

Mit der Ernennung von Michael Succow zum stellvertretenden Umweltminister der DDR am 11. Januar 1990 bot sich die Chance, Nägel mit Köpfen zu machen. In weniger als einem Jahr entwickelte im Umweltministerium der DDR ein Team, tatkräftig unterstützt durch Naturschützer aus den Regionen, das Nationalparkprogramm, eigentlich Großschutzgebietsprogramm, der DDR. Mit fünf Nationalparken, sechs Biosphärenreservaten, drei Natur

parken wurden etwa 4,5 Prozent der Landesfläche der DDR unter strengen Schutz gestellt. Solch ein Vorgang war in der deutschen Geschichte bis dahin einmalig.

Diese 14 Großschutzgebiete fanden mit einer Zusatzvereinbarung Eingang in den Einigungsvertrag. Durch Beschluss beider deutscher Parlamente am 3. Oktober wurde ihr Schutz dauerhaft besiegelt. Der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer bezeichnete diese Schutzgebiete gar als das „,Tafelsilber‘ der deutschen Einheit“. Wir verdanken den engagierten Umweltschützern der DDR das Erbe, um das es in unserem Antrag geht. Der MüritzNationalpark, der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und der Nationalpark Jasmund sowie die anderen Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern sind heute Teil der Identität unseres Bundeslandes.

Die Entwicklung ist dabei nicht stehengeblieben. Mittlerweile verfügt Mecklenburg-Vorpommern außer den drei Nationalparken über drei Biosphärenreservate, sieben Naturparke, mehrere große Naturschutzprojekte, wie das Peenetal-/Peenehaffmoor und das Nationale Naturmonument Ivenacker Eichen. Gleich zwei Welterbestätten des UNESCO Weltnaturerbes Deutsche Buchenwälder befinden sich in unserem Land.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Zahlreiche Biotope genießen nach dem Landesnaturschutzgesetz einen pauschalen Schutz vor menschlichen Eingriffen. Rund ein Drittel der Landesfläche sind als FFH oder Europäisches Vogelschutzgebiet rechtlich gesichert. Aktuell sind 284 Naturschutzgebiete eingerichtet und es gibt über 600 Naturdenkmale.

Meine Damen und Herren, wir können zu Recht stolz auf diese Statistik sein. Das ist großartig. Es ist aber auch eine große Verpflichtung für uns und für kommende Generationen. Dass unsere Großschutzgebiete nicht nur das Image des Landes mitprägen, sondern auch wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg des Landes mit beitragen, ist mittlerweile anerkannt und durch zahlreiche Studien ebenso belegt. Gerade die Verbindung von Naturschutz und Tourismus hat begonnen. Regionale Wertschöpfungen werden geschaffen, die der ortsansässigen Bevölkerung zugutekommen, und das Bedürfnis, naturnahen Tourismus zu erleben, wächst weiter.

Aber der Zielkonflikt zwischen Schutz der Natur und Wirtschaft besteht und ist meistens sehr konkret. Angriffe auf das Nationalparkgesetz wegen der Konflikte mit der Fischerei in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft oder die großen Widerstände im Vorfeld der Errichtung des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe-Mecklenburg-Vorpommern sind nur zwei Beispiele. Es geht bei solchen Auseinandersetzungen immer um die Frage: Wie viel Schutz ist nötig und wie viel und welche Nutzung ist noch erlaubt? Die Antworten müssen klug, abgewogen und standortbezogen ausfallen. Dafür brauchen wir ausreichenden Sach- und Fachverstand, mit anderen Worten, viele kluge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Naturschutzverwaltungen, mehr, als wir jetzt haben. Und sie müssen sich neuen Aufgaben stellen.

Dafür braucht es eben neben dem Personal auch größere finanzielle Ressourcen. Die Voraussetzungen dafür sind nach unserer Meinung mehr schlecht als recht gegeben. Bereits 2010 kritisierte der NABU Mecklenburg

Vorpommern: Es „besteht ein großer Fortbildungsbedarf der Ranger. Neue Programmbausteine zum Thema ‚Natur – Natur sein lassen‘ müssen erarbeitet und in den jeweiligen Teilgebieten angeboten werden. Aktuell fehlt die notwendige Finanzausstattung, um vorhandene Ausstellungen in Nationalparken nur zu erhalten. An eine Modernisierung oder Weiterentwicklung ist aktuell erst recht nicht zu denken.“ Ende des Zitats.

Wir sagen, wir haben in diesen Bereichen mehr statt weniger zu tun. Wenn wir aber zu wenige ausgebildete Ranger haben, die Besuchern genau erklären können, warum es gut ist unter Umständen an dem einen Ort, dass die Natur in manchen Gebieten auch verwildert aussehen kann, kann man nicht davon ausgehen, dass die Leute das verstehen. Der Personalabbau hat ein Maß erreicht, das eine qualifizierte Betreuung und Lenkung der Besucherströme nicht mehr möglich macht. Die Vereinbarkeit von Naturerleben und Naturschutz sehen wir in allen drei Nationalparken akut gefährdet.

Hinzu kommt, dass es wegen zu geringer Personalausstattung an der notwendigen Präsenz von Rangern an den Besucherschwerpunkten der Großschutzgebiete fehlt. Die saisonale Aufgabenvielfalt in den besucherstarken Monaten ist dann nicht mehr zu bewältigen. Die Wegweisung und Beschilderung ist vielfach in die Jahre gekommen, müsste ersetzt und verbessert werden – auch eine Aufgabe von Rangern.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Der ständige hohe Krankenstand in den Nationalparkverwaltungen ist ebenfalls Ausdruck der extrem hohen Belastung.

(Burkhard Lenz, CDU: Das liegt an den handelnden Personen!)

In Mecklenburg-Vorpommern sind in den letzten zehn Jahren etwa 30 Prozent der Naturschutzverwaltungen auf der obersten, oberen und mittleren Naturschutzverwaltungsebene, darunter auch in den Großschutzgebieten, abgebaut worden. Es war längst überfällig, das Personalkonzept der Landesregierung auszusetzen. Aber das gilt, soweit ich weiß, erst ab 2021. Bis zum Jahresende werden weitere Stellen, zum Beispiel im UNESCO Biosphärenreservat Schaalsee, abgebaut. Die notwendige Reduzierung der Öffnungszeiten des Infozentrums PAHLHUUS in Zarrentin wegen Personalmangel halten wir für einen Skandal.

Die finanzielle Ausstattung der Öffentlichkeitsarbeit der Nationalparkämter steht auch in keinem Verhältnis zu den Anforderungen. Es mangelt an Geld für Publikationen der Nationalparkverwaltungen. Eine Grundinformation zum Beispiel über den Müritz-Nationalpark in Form eines Flyers wird vom Förderverein bezahlt, weil das Nationalparkamt dazu finanziell nicht mehr in der Lage ist.