Also, Frau Dr. Schwenke, ich habe zwei Aussagen getan, die mit dem Klimawandel gar nichts zu tun haben. Und wenn ich über den Klimawandel rede, rede ich nicht erst über den Klimawandel, seitdem wir uns hier im Landtag darüber unterhalten, sondern seit 1995 schon. Da ging es nämlich um die Bäume, um die Erweiterung der Forstwirtschaft im Zuge eines Klimawandels. Da, seit der Zeit rede ich über den Klimawandel, ja?! Und nicht erst seit jetzt!
Sehr geehrte Damen und Herren, entschuldigen Sie, aber ich bin in der Geschichte ein bisschen emotional angefasst.
Die zweite Geschichte ist, Mitte der 90er-Jahre wurde von einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Naturschutz bei Tauchgängen im Greifswalder Bodden eine Art der Armleuchteralge festgestellt. „Armleuchteralgen“ wird einigen ja was sagen, es gibt verschiedene Arten davon.
Auf alle Fälle ist die Armleuchteralge ein Anzeiger für qualitativ sehr sauberes und gutes Wasser. Das war Mitte der 90er-Jahre. Also ging auch die Qualität des Wassers im Greifswalder Bodden in die positive Richtung. Anfang der 2000er-Jahre wurde mir von einem Professor des Bundesamtes für Naturschutz erzählt, er ist froh, dass die Seegraswiesen, die übrigens als Heringslaichsubstrat gelten, sich um 30 Prozent erhöht haben, auch ein Anzeichen für qualitativ sehr, sehr gutes Wasser.
Jetzt frage ich mich: Warum sind jetzt die immer besser werdenden Bedingungen schuld daran, dass der Hering zurückgeht, dass wir kaum noch Weißfisch haben, dass der Hecht zum Beispiel in die Gräben geht, wo er früher nicht zum Laichen hingegangen ist, dass heute Hering
gefischt wird an Stellen, wo niemals Hering gefischt worden ist? Ist es vielleicht möglich, dass durch bestimmte Maßnahmen des Menschen auf den Naturhaushalt etwas durcheinandergekommen ist? Diese Fragen stellen sich mir, ohne dass der Mensch irgendwie oder der Fischer irgendwelchen Einfluss darauf hatte.
Es ist ja so, dass die Fischerei – gerade die Reusen-, die Stellnetzfischerei, auch die Langleinenfischerei – schon immer als ökosystemgerecht und naturgerecht eingestuft worden ist. Und ich denke, dass unsere Fischer sehr, sehr sorgfältig damit umgehen. Und sie wissen, was sie fangen, und sie wissen auch, dass der Fisch da ist, denn auch bei der Demonstration, die wir in Sassnitz hatten, Herr Dr. Backhaus, haben mir die älteren Fischer erzählt, dass sie Fisch nicht mehr an der Stelle fischen, wo sie ihn vorher gefischt haben, sondern an anderen Stellen jetzt auch sehr viel Hering gefischt wird, so, wie auch Herr Zimmermann festgestellt hat, dass es vor Usedom neuerdings Heringsaufkommen gab, die seit Langem da nicht mehr gefischt worden sind.
Was mich auch ein bisschen wieder stutzig macht, dass der Hering jetzt in Gewässern laicht, in der Peene, im Achterwasser, wo laut Physik und Meteorologie und auch Meereskunde die Wassertemperaturen noch höher sind als im Greifswalder Bodden, weil die wesentlich flacher sind. Da gibt es also Widersprüche, die sich mir nicht erklären.
Herr Dr. Weiß, wie wollen wir die Küstenfischer retten? Der Minister hat gesagt, dass wir alles schon getan haben mit bestimmten Förderrichtlinien, die Abwrackprämie, das haben wir alles gemacht. „Alternative Einkommen“, wenn ich den Begriff höre, bei den Fischern – was glauben Sie denn, was die schon seit Jahren versuchen?! Die versuchen schon jahrelang, alternativ Einkommen zu erschließen. Jeder Fischer vermarktet so viel, wie es geht, schon an die eigene Gastronomie. Das funktioniert nicht. Wir reden hier seit zehn Jahren über diese Geschichte, zusätzliche Einkommen schaffen, Vermarktung, eigene Vermarktung an die Gastronomie. All das passiert schon. Wir drehen uns hier im Kreis.
Meine Damen und Herren, tut mir leid, aber das ist für mich eigentlich ein Thema, wenn man fast täglich mit diesen Leuten redet, und Fischerei ist etwas Traditionelles, das gehört an unsere Küste. Was erzählen Sie den Touristen, wenn sie in ein Geschäft gehen und wollen im Sommer Fisch essen? Was kriegen sie auf den Teller?
Lachs aus Norwegen, Dorade aus dem Mittelmeer, aus dem Atlantik, Seehecht aus dem Atlantik, Rotbarsch aus dem Atlantik, Zander aus Kasachstan. Ja, ab und zu ist da vielleicht noch mal ein Hecht dabei, wenn einer sich auskennt und den ohne Gräten gut runterkriegt, ansonsten ist vom eigenen Fisch bei uns in der Gastronomie ganz, ganz wenig zu finden, gerade in der Sommersaison.
Und davor, im Frühjahr und im Herbst, da ist es etwas anderes, da kommt zum Glück noch der Hering, da kommt der Hornhecht. Ja, es gibt noch ab und zu einen Barsch. Aber welcher Gast isst einen einfachen Barsch? Da kommt er auch mit den Gräten nicht zurecht.
Meine Damen und Herren, ich möchte aufhören mit dem Aufzählen der Beispiele. Wir haben schon so viel gemacht.
Und, Wolfgang, ein Wort noch, wer sich die Fischertraditionen angucken will, sollte in die Mönchguter Museen gehen. Da gibt es bereits Traditionskleidung und Traditionshandwerk, so, wie die Fischer früher bei uns gefischt haben.
Und, Herr Borschke, wo haben wir bei der Fischerei uns mit dem Koalitionspartner in den Haaren gehabt? Ich glaube, bei der Fischerei nicht.
Da haben wir wirklich an einem Strang gezogen. Für mich selber ist ein Sprichwort, was ich bei uns in Lauterbach gehört habe, langsam wird es zur Wahrheit: Die Fischerei ist eigentlich schon tot, sie ist bloß noch nicht beerdigt.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns jetzt wirklich nicht mit Druck nach Berlin wenden und auch auf die EU Einfluss nehmen, wird es in den nächsten Jahren keine aktiven Fischer mehr geben.
Im nächsten Jahr fischt von Lauterbach ein Fischer noch, mehr nicht, und wir hatten mal 30. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag vermittelt uns, dass zum einen keiner die Bedeutung der Kutter- und Küstenfischerei auf dem Zettel hat, und zum anderen, dass mal mit einem eben niedergeschriebenen Konzept geholfen ist, weil noch keiner gemerkt hat, dass es immer weniger Fischer werden. Wir haben gehört, dass es so nicht ist.
In unserer Koalitionsvereinbarung haben wir unter der Ziffer 189 festgeschrieben, dass wir die traditionelle Kutter- und Küstenfischerei und Binnenfischerei erhalten wollen. Daran arbeiten wir auch und daran halten wir auch zukünftig fest. Alle zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten, die im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union möglich sind, werden ausgeschöpft.
Wir haben es gehört, so wurde zum Beispiel die MSCZertifizierung unterstützt oder es stehen verschiedene Mittel für die Diversifizierungsvorhaben zur Verfügung. Für nachweisbare Fisch- und Fangausfälle der Reusen- und Stellnetzfischerei auf Hering, die durch Kegelrobben verursacht werden, kann nun auch eine Entschädigung erfolgen.
Auch wurden vonseiten des Ministeriums immer wieder Angebote unterbreitet, wie die Arbeit der Erzeugerorganisationen mit Mitteln des EMFF neu ausgerichtet werden kann. Die Zeiten, viel Fisch fangen, abgeben und ausreichend Geld bekommen, sind leider vorbei. Die Bestandsbewirtschaftung erfolgt im Rahmen des GFP. Die veränderten Rahmenbedingungen der EU, Fangverbot oder auch Quotenreduzierung erschweren die Umsetzung der Zielsetzung für die Kutter- und Küstenfischerei sehr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wem gehört eigentlich der Fisch? Das ist so eine Sache. Zunächst erst einmal gehört er der Allgemeinheit. Und fischen darf sie nur, wer eine Quote hat. Fangquoten geben die Menge an, die von einer Fischart in einem festgelegten Gebiet und in einem Zeitraum gefischt werden darf. Die Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union legt sie jährlich für jeden Mitgliedsstaat fest. Die Basis hierfür bilden die Vorschläge der Wissenschaft.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Quotenkürzungen für den Hering in der westlichen Ostsee auf ein historisches Tief im Jahr 2020 wird für dieses Jahr mindestens ein Rollover angestrebt. Von 2017 bis 2020 wurden an die Unternehmen der Küstenfischerei bei einer zeitweiligen Stilllegung ihrer Herings- oder Dorschfischerei sowie aufgrund von Covid-19 Überbrückungsbeihilfen gezahlt. Wir haben es gehört. Für 2020/21 stehen ja auch noch erhebliche Mittel zur Verfügung. Außerdem, auch das haben wir gehört, wird für eine endgültige Stilllegung die sogenannte Abwrackprämie, werden noch Mittel zur Verfügung gestellt, so denn die Entscheidungen in den nächsten Tagen hier auch getroffen werden. Weiterhin ist auch anzumerken, dass es bereits einen runden Tisch gibt beim Minister. Man ist also im Gespräch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, der Beruf der Fluss- und Seenfischer steht unter Druck. Fluss- und Seenfischerei wird in den Medien auch bereits als aussterbender Beruf bezeichnet. Aber es sind auch unsere Fischer, Fischerinnen und Fischer, die Kraft und Zuversicht haben, sich den Herausforderungen zu stellen. Dabei werden wir sie auch zukünftig unterstützen. Die natürlichen Ressourcen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bieten weiterhin die Möglichkeit dafür, Menschen eine Arbeit und eine Perspektive zu geben. Auch die Angler werden weiterhin den Großteil der natürlichen Gewässer bewirtschaften und pflegen, die Jugend für das Naturerlebnis begeistern und so manche gesunde schmackhafte Mahlzeit nach Hause bringen. In Zusammenarbeit und Solidarität der Fischereitreibenden – sie ist notwendiger denn je, auch die Zusammenarbeit mit der Politik.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie sich an meine Eingangsworte erinnern, da sprach ich über Erkenntnisse, Irrtümer und Wahrheiten. Nun haben wir hier einige Redner gehört und alle haben gewissermaßen Zustimmung signalisiert, dass das, was uns bewegt, richtig ist. Ist es also eine gemeinsame Wahrheit, unabhängig davon, wer wie lange, wie oft, an welcher Stelle und mit welchen Worten dieses Thema bereits berührt hat? Ich bin der Ansicht, wir sind an einer Stelle angekommen, wo alle diese Worte nicht mehr weiterhelfen. Wir brauchen eine neue Qualität der Entscheidung.