Protokoll der Sitzung vom 25.09.2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Motto unserer Fraktion lautet, Kultur ist systemrelevant, meine Damen und Herren.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Und in Vorbereitung auf diese Aussprache habe ich mich mal mit meiner Frau zusammengesetzt und habe mal den Kalender von 2019 durchgeguckt, was wir alles so an Events besucht haben und an Veranstaltungen. Bereich Theater: 13 Veranstaltungen in Schwerin, dreimal Vorpommersche Landesbühne, davon zweimal in Anklam, einmal im Zinnowitz, einmal Volkstheater Rostock, sechsmal im Nachbarbundesland Brandenburg, einmal in Hamburg im Deutschen Schauspielhaus. Museen: Schwerin, Schwaan, Hamburg, Dresden. Festspiele MV: zwölf Veranstaltungen quer durchs Land.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben ja Zeit! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD)

Ich weiß jetzt nicht, was das für ein Einwand war.

Das war die Bilanz 2019, nur um einmal zu verdeutlichen, welche Verluste wir in 2020 hinnehmen müssen im kulturellen Bereich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber exemplarisch dafür, meine Damen und Herren, dass auch in Vor-Corona-Zeiten im Kulturbetrieb einige Problemzonen existiert haben, möchte ich eigentlich zwei Sachen benennen: Das ist einmal der immer noch nicht zum Abschluss gebrachte Theaterpakt mit einem drei viertel Jahr Verspätung. Ich weiß jetzt nicht, ob es im Moment immer noch am fehlenden Impfstoff liegt oder woran das ist.

Und für den Bereich Museen, meine Damen und Herren, möchte ich mir mal erlauben, auf die Kunstmühle Schwaan hinzuweisen. Ich habe dort ein interessantes Gespräch mit dem Chef des Hauses, Herrn Brunner, gehabt, und er hat mir eigentlich sein Leid geklagt dahin gehend, dass er weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben muss, weil die Anerkennung als Haus von überregionaler und internationaler Bedeutung zwar in Fachkreisen unstrittig ist, aber vonseiten der Landesregierung ihm hier die Türen nicht geöffnet werden an dieser Stelle und die Stadt als Träger hier nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat. Also so viel dazu, dass wir auch schon vor Corona Probleme hatten, die wir hier nicht verschleiern sollten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, wir reden über Kultur und damit über ein weites Feld. Im Englischen gab es lange für die Kultur übrigens keinen eigenen Begriff. Es wurde dafür Zivilisation benutzt. Auf Immanuel Kant geht folgende differenzierte Beschreibung zurück, ich erlaube mir zu zitieren: „Wir sind im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft kultiviert. Wir sind zivilisiert bis zum Überlästigen, zu allerlei gesellschaftlicher Artigkeit und

Anständigkeit. Aber uns schon für moralisiert zu halten, daran fehlt noch sehr viel. Denn die Idee der Moralität gehört noch zur Kultur, der Gebrauch dieser Idee aber, welcher nur auf das Sittenähnliche in der Ehrliebe und der äußeren Anständigkeit hinausläuft, macht bloß“ – Anmerkung: im Sinne von „erst“ – „die Zivilisierung aus.“

(Thomas Krüger, SPD: Was wollen Sie uns damit eigentlich sagen? – Heiterkeit bei Nadine Julitz, SPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich wollte Ihnen damit sagen, dass zu einem zivilisierten und kulturvollen Umgang miteinander, gerade Ihrer Fraktion, dass es dazu schon mal gehört, dass man sich höflich grüßt, wenn man sich hier auf den Gängen begegnet.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Guten Morgen!)

Guten Morgen! Ich meine auch nicht Sie persönlich damit, Herr Krüger.

(Thomas Krüger, SPD: Danke!)

Zum Beispiel der Genosse Barlen, der guckt immer betreten weg, wenn er einen von uns sieht.

Aber wir waren gerade bei Kant, der den Zusammenhang von Kultur, Zivilisation und Moral hergestellt hat. Und gerade Kant wird auch von bis zu überlästigen, hypermobilisierten Kreisen gerade diskreditiert.

Und damit kommen wir über die Übermoral direkt zu einer von diesem Zeitgeist getriebenen unseligen Spielart der Kultur, der Cancel Culture. Deren Vertreter haben schon versucht, Kant von seinem Sockel zu stoßen, und machen ja auch jetzt vor Beethoven nicht halt. Sie versuchen ihn gerade als typischen Vertreter einer weißen Machoelite zu diskreditieren. Oder, um den Landesbezug hier wiederherzustellen, müssen Schliemanns Erben eigentlich irgendwann darüber nachdenken, sein Erbe wieder zu verbuddeln, dort, wo er meinte, Troja ausgegraben zu haben?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ja, die Cancel Culture macht das Gegenteil von dem, was sie vorgibt. Sie möchte bunte Vielfalt erreichen und nimmt dabei gerne den Schutz von Minderheiten zum Vorwand, um in Wirklichkeit Meinungsvielfalt und Pluralismus mit den Mitteln massiver Diskreditierung zu unterdrücken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und ich weiß nicht, wieso mir hier jetzt gerade einige der jüngsten Reden hier in diesem Hause einfallen. Natürlich hat sich die Cancel Culture auch schon in den öffentlichrechtlichen Medien etabliert, und somit stellt sich ein weiterer Sachzusammenhang mit diesem Plenum her. Mit einer bedingungslosen Zustimmung zur Rundfunkbeitragserhöhung trägt auch dieses Haus dazu bei, dass die Meinungsfreiheit weiter eingeengt wird.

Meine Damen und Herren, zum Thema Kultur gäbe es noch sehr viel zu sagen, zum Beispiel, ob die Mauern um jeden Jahrmarkt und die verlorene Unbeschwertheit

eigentlich schon vom Kampf der Kulturen zeugen oder ob sie zur neuen Normalität gehören sollen, aber ich möchte meinen, wie ich finde, notwendigen Ausflug in das weite Feld der Kultur wieder auf das aktuelle Kernproblem zurückführen. Der Kulturbetrieb im Lande leidet Not. Hierzu möchte ich gerne aus Lessings „Emilia Galotti“ zwei Sätze eines Dialoges zwischen dem Prinzen Hettore, der ein Porträt seiner Geliebten Emilia beim Hofmaler Conti in Auftrag gegeben hat, zitieren, in dem er die ganze Situation des Kulturbetriebes ausmachen kann: „Guten Morgen, Conti. Was macht die Kunst?“ „Prinz, die Kunst geht nach Brot.“

Meine Damen und Herren, die Kultur im Lande leidet Not und braucht dringend Hilfe und Unterstützung, vor allem finanzieller Art. Unser Appell an die Landesregierung in diesem Zusammenhang ist: Geben Sie jede Unterstützung, die möglich ist, aber hinterlassen Sie bei den Kulturschaffenden, denen Sie Hilfe gewähren, nie den Eindruck, dass Sie dafür erwarten, dass Ihre fütternde Hand dafür geleckt wird! – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Wildt.

Guten Morgen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger!

Liebe Frau Kröger – wo ist Sie?

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Hier, hier! Ich bin anwesend.)

Da, ja. Sie haben ja sehr warmherzig in das Thema eingeführt, das ist ehrlich gesagt gar nicht mehr zu toppen. Das schenke ich mir jetzt auch. Sie können gewiss sein – und das wissen Sie auch –, dass auch die CDU-Fraktion das Thema „Kultur und Kunst“ sehr hoch wertschätzt. Und es muss nicht jedem immer alles gefallen. Das haben jetzt mehrere Vorredner schon gesagt, die Kulturszene oder die Kunst und Kultur insgesamt ist eben sehr, sehr vielfältig und der Geschmack ist unterschiedlich. Der eine hat eben Lessing als Lieblingsthema, der andere etwas anderes. Und wir freuen uns aber alle gemeinsam, dass wir diese vielfältige Kunst- und Kulturszene haben.

Sie haben auch angesprochen, dass ja eigentlich kein einziges Kulturangebot über die Klinge springen dürfte. Das sehe ich so ein bisschen anders. Es gibt immer ein Kommen und Gehen. Und gerade in der Kulturszene vergehen auch Angebote, es kommen wieder neue dazu. Wir sind nicht daran interessiert, an einem statischen Zustand, sondern wir wollen ja gerade auch in diesem Bereich die Dynamik auch erhalten. Das wäre für die ganze Wirtschaft nicht gut, wenn man versucht, alles einzufrieren, und das ist es für die Kulturszene auch nicht, nur so als kleiner Hinweis am Rande. Ich glaube, dass Sie das auch nicht unbedingt so gemeint haben.

Frau Martin hat schon darauf hingewiesen, was die Landesregierung alles unternommen hat, um die Kulturszene zu stützen in diesem Land, insbesondere der Kulturfonds. Und sie hat auch das Thema aufgegriffen, was

Sie auch genannt haben, dass wir in eine verstetigende Förderung kommen müssen zunehmend. Das gilt ja nicht nur für den Kulturbereich, sondern das gilt ja auch für viele andere Dinge, die einem da einfallen können, zum Beispiel die Schulsozialarbeiter. Also es gibt viele Themen, die immer wieder projektweise finanziert werden

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Leider!)

und wo wir eigentlich froh wären, wenn wir von diesen Projektfinanzierungen wegkämen, weil wir diese dauerhafte Perspektive auch brauchen, um bestimmte Themen und Angebote überhaupt verlässlich zu besetzen. Also auch da haben wir ein gewisses Einvernehmen, aber natürlich, am Ende muss immer alles irgendwie bezahlt werden.

Und deswegen möchte ich auf einen Punkt besonders hinaus, den Frau Martin kurz angesprochen hat, nämlich die Verbindung von Kunst, Kultur und Wirtschaft. Ich glaube, dass man den tatsächlich nicht zu hoch schätzen darf oder nicht zu gering schätzen darf, der ist unglaublich wichtig. Letzten Endes wollen ja auch die Künstler Geld verdienen. Das sind ja keine Altruisten, die einfach nur ihr Angebot abliefern, weil sie so gerne musizieren, sondern sie wollen auch Geld damit verdienen, und das ist auch absolut in Ordnung. Und ein guter Künstler soll davon auch leben können, und zwar auch anständig leben können. Und die Auswirkungen, die das für unser gesamtes Land hat, eine lebhafte Kunst- und Kulturszene – das hat Frau Martin angesprochen –, ist auch für den Tourismus zum Beispiel enorm wichtig. Und da möchte ich mal daran erinnern, dass wir nicht nur im Kulturministerium, sondern auch im Wirtschaftsministerium Anstrengungen unternehmen, um diesen Bereich zu stützen.

Ich denke hier auch mal an solche Themen wie die Störtebeker Festspiele und ähnliche Dinge, die wir ja im Land haben, die Hunderttausende von Touristen und von Gästen anziehen und auch glücklich stimmen. Und auch das ist eine Art von Kultur. Das ist jetzt vielleicht nicht die absolute Hochkultur, aber auch da spielen Schauspieler, Sänger, Musiker und eine große Mannschaft von unterstützenden Mitarbeitern dort mit.

(Egbert Liskow, CDU: Und die Veranstalter!)

Und natürlich die Veranstalter.

Das ist also ein wichtiges Zugpferd für MecklenburgVorpommern, für die eigene Bevölkerung genauso wie für unsere Gäste.

Und das Thema wurde auch angesprochen, der Klubs und der Livespielzentren. Auch dort ist unser Wirtschaftsminister schon aktiv, und es kommt insgesamt eine Summe von einem zweistelligen Millionenbetrag zustande, zusätzlich zu dem, was Frau Martin alles auch schon angeführt hat. Also zwei Ministerien kümmern sich sicherlich um eine etwas unterschiedliche Art von Kultur, aber Sie sehen daran, dass wir einen sehr hohen Stellenwert in der Landesregierung dieser Branche zumessen.

Und ich selber plädiere dafür, diesen Status sogar noch zu erhöhen, und möchte da mal ein Beispiel geben aus Spanien, von der Stadt Bilbao im Baskenland. Der Bilbao-Effekt wird ja wissenschaftlich schon seit gut

20 Jahren untersucht, und das ist ein ganz, ganz interessantes Thema. Die Stadt war eigentlich wirtschaftlich am Ende. Die Firmen gingen pleite, es gab eine riesige Arbeitslosigkeit in der Region und die Stadt selber hatte auch kein Geld. Trotzdem haben sie sich dort durchgerungen, 100 Millionen D-Mark waren das damals noch umgerechnet, zu investieren in das neue Guggenheim-Museum. Sie haben somit einen großen Teil dieser Guggenheim-Sammlung dann eben von New York nach Bilbao bekommen. Und das Ganze hat zu einem unglaublichen Wirtschaftsaufschwung in der Region geführt.

Ich will damit darauf aufmerksam machen, dass Wirtschaft eben nicht nur etwas ist, was man, wie Sie sagen, vielleicht in der Kür nebenbei noch ein bisschen machen könnte, sondern dass es genau richtig ist. Das gehört zu unseren Grundfesten, und zwar nicht nur, weil wir Menschen sind, sondern auch, weil wir wirtschaften wollen und weil wir das Land wirtschaftlich nach vorne bringen wollen. Und wenn Sie heute nach Bilbao fahren, dann sehen Sie da nicht nur das Guggenheim-Museum, ganz interessante Gebäude, von Gehry entworfen, sondern die ganze Stadt ist aufgeblüht. Es haben sich noch viele andere Kultureinrichtungen dazu angesiedelt.

Man hat auch gleichzeitig übrigens, Frau Martin, sehr interessant, auch sehr stark in die Bildung investiert. Also genau Ihre Bereiche, Bildung und Kultur, haben es tatsächlich geschafft, diese Region wieder nach vorne zu bringen. Und da ist auch ein ganzjähriger Tourismus, der damit in Gang gesetzt wurde, also auch etwas sehr Schönes, was wir uns ja wünschen, eine Verlängerung der Sommersaison in den Winter, in die Nebensaison hinein, wie das ja bei Städtetourismus in der Regel so ist. Das heißt, die Kultur ist in der Lage, auch wirtschaftlich einen signifikanten Beitrag zu leisten, um unser Land nach vorne zu bringen, wirtschaftlich und finanziell. Und ich sage das gerade deshalb so ausführlich, weil es ja darum geht, einen breiten Konsens zu bekommen, wenn man mehr Geld in diesen Bereich investieren möchte. Das schafft man eben eigentlich dann am besten, wenn man auch die Vorteile mal deutlich skizziert und mal ans Tageslicht bringt, was eigentlich für das Land alles daran hängen kann.

Kleines Beispiel auch noch mal aus diesem Bereich wäre zum Beispiel der Kussmund der AIDA-Schiffe. Das ist auch ein wirtschaftliches Logo, wenn Sie so wollen, weltbekannt, aber natürlich von Künstlern hier aus Mecklenburg-Vorpommern entworfen, also ein tolles Beispiel dafür, wie Kunst und Wirtschaft zusammenhängen und wie sie gemeinsam dazu führen, dass es, ja, wirtschaftlich nach vorne geht. Also ich hoffe sehr, dass wir unsere Programme, wie sie jetzt laufen, gut durchziehen können.