Protokoll der Sitzung vom 09.03.2022

zu einem wertvollen Kollegen für den Untersuchungsausschuss.

Aber nun zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss: Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss stellt sich zur Aufgabe, Vorgänge und Verfahren aufzuklären, die zum Teil seit Jahren zu immer wieder in der medialen Öffentlichkeit aufkeimenden Vorwürfen führen beziehungsweise geführt haben. Da ist die Rede von Missständen und Missmanagement zulasten der medizinischen Versorgungssicherheit und der Versorgungsqualität und es ist die Rede von Missständen der finanziellen Absicherung der Beschäftigten im Alter an der Universitätsmedizin Greifswald. Das ist schon gesagt worden, eigentlich von allen ist darauf schon eingegangen worden.

Im Untersuchungsausschuss soll dabei ein relativ umfangreicher Zeitraum – das hat ja auch schon zu Verwunderung geführt – von mehr als vier Legislaturperioden in den Blick genommen werden. Das ist zum einen Folge und Ausdruck der bisher bereits lang schwelenden Vorwurfskulisse, die für die Parlamentarier offenbar weder überzeugend noch transparent aufgeklärt wurde, zum anderen sind die Ursachen unter Umständen systematischer Natur, also nicht oder nicht nur im Zusammenhang mit individuellem Fehlverhalten zu sehen, sondern könnten Folge unzureichender organisatorischer Verhältnisse sein.

Im Jahre 2018 wurde durch die Bildungsministerin, die damalige Bildungsministerin, nach Einsetzung einer interdisziplinären unabhängigen Kommission der Auftrag erteilt, unter dem Gesichtspunkt einer medizinisch-ethischen und dieser Ethik verpflichteten Unternehmensführung und der zu erwartenden Vorbildwirkung Vorgänge, die medial sozusagen transportiert wurden, an den Universitätsmedizinen des Landes aufzuklären. Und ich sage hier – und es war ja von der Terpe-Kommission die Rede –, mir hat der Auftrag damals, das unter medizinisch-ethischen Gesichtspunkten der Unternehmensführung zu betrachten, sehr gut gefallen. Daraus ist auch ein Abschlussbericht entstanden. Und ich glaube den Ausführungen zu entnehmen, dass der auch öffentlich zugänglich ist oder war. So war es jedenfalls damals ausgemacht.

Über den langen Zeitraum, der untersucht werden soll, bis hin in die Zeit der vom Landtag beschlossenen Kooperation mit einer nicht universitären Klinik hat es Rechtsformänderungen der Universitätsklinika weg vom sogenannten Kooperationsmodell hin zu einem Integrationsmodell gegeben und die Aufsichtsstrukturen sind mehrfach durch Novellierung des Landeshochschulgesetzes verändert worden. Ich denke, dass wir aufklären werden, ob das tatsächlich auch so funktioniert hat, wie sich das vorgestellt wurde.

Außerdem hat es bisher eher erfolglose Initiativen zur praktischen und vertraglichen Umsetzung der angestrebten Kooperation, von der ich sprach, gegeben. Das ist im Übrigen der Grund, um es noch mal zu sagen, dass es so lange zurückgeht. Das wird auch punktuell nur so lange zurückzugehen brauchen, möglicherweise gerade für diese aktuelle Diskussion darum, ob die kinderklinische Versorgung an der Universitätsmedizin Rostock sichergestellt werden kann beziehungsweise den Qualitätsanforderungen entspricht.

Meldungen über eine objektiv gefährdete kinderklinische Versorgung sind natürlich ein Armutszeugnis für das Land und haben das Potenzial, den Ruf einer Universitätsmedizin nachhaltig zu beschädigen. Und ich möchte auch noch mal darauf hinweisen, dass nicht die Transparenz und der Aufklärungswille zu einer Rufschädigung führen, sondern das ist die beste Art, um den Ruf einer Einrichtung wiederherzustellen, weil man die Möglichkeit hat, schon auf dem Wege hin zum Untersuchungsergebnis Veränderungen anzubringen. Und das ist, glaube ich, auch eine große Chance, die wir mit dem Untersuchungsausschuss wahrnehmen können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Also das Letzte, der Ruf der Universitätsmedizinen allein, wäre Grund genug für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, den die drei Oppositionsfraktionen mit ihrem Minderheitenquorum durchsetzen. Wir finden es allerdings befremdlich, dass die Regierungskoalition mit einem Änderungsantrag die von uns vorgeschlagene Ausschussgröße von 13 auf 9 Mitglieder und stellvertretende Mitglieder verändern will.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Undemokratisch!)

Nehmen Sie den Spielraum des Organisationsermessens, den man hat, bitte verantwortlich wahr und stimmen Sie für unseren Vorschlag! Wir können ihn, das wissen wir, rechtlich nicht durchsetzen, aber es gibt für alle ein Organisationsermessen. Und das ist die Bitte, dieses eben von der Regierungskoalition wahrzunehmen und unserem Vorschlag zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Terpe!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP Frau BeckerHornickel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin ein Küstenkind, geboren am Strelasund,

und der Mittelpunkt meines Lebens war nie weiter als 15 Kilometer vom Ostseestrand entfernt. Warum sage ich das? Weil ich immer im Einzugsbereich der Klinika gelebt habe. Und um ein Bild zu bemühen – sagen wir ja sehr oft in Mecklenburg-Vorpommern –, wir suchen nach Leuchttürmen. Für mich waren die beiden Universitätsklinika die Leuchttürme. Und diese Leuchttürme haben an Glanz verloren. Und wie der Kollege Peters sagte, sie sind irgendwie momentan Baustellen. Das finde ich sehr traurig. Mir fehlen hier viele Kenntnisse, da ich ja hier relativ neu bin, aber die Presse, die im vergangenen Jahr uns sehr, sehr viel berichtet hat und nie erfreulich war, und viele Gespräche mit dem ärztlichen Vorstand und den Pflegevorständen der Klinika im Rahmen des Wahlkampfes haben doch aufgezeigt, dass die Probleme sehr groß sind und dringend sind.

Der beantragte Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat ungeahnte Dimensionen. Geschehnisse aus 25 Jahren sollen aufgearbeitet werden. Wenn Sie, Frau Ministerin, sagen, ja, das wird viele Ressourcen in Anspruch nehmen, Personal binden, dem will ich überhaupt nicht widersprechen. Ja, das wird so sein. Und ich kann mich auch – Presse gut verfolgt – daran erinnern, dass der Kollege Koplin im vergangenen September auch noch von Versäumnissen der Landesregierung sprach. Und ich denke, die kritischen Worte, die er hier heute gesagt hat, die sollten wir auch nicht vergessen. Wir sehen es als antragstellende Oppositionsparteien, wir sehen uns gezwungen, diese Missstände von 25 Jahren aufzuarbeiten, aufzuklären und zu verhindern, dass weitere Lückenhaushalte oder andere Überraschungen auftauchen.

Und ich möchte hier noch einmal sagen, wir ziehen in keinster Weise die Qualität der ärztlichen und pflegerischen Leistungen in Zweifel. Ich kann nur eines sagen – es ist ganz persönlich –, meinem Vater wurde vor Jahren in der Universitätsklinik in Greifswald das Augenlicht wiedergegeben. Mein verstorbener Mann, dem wurden durch die ärztliche Kunst der Herzchirurgie in der Uniklinik in Rostock zehn gute Jahre noch geschenkt. Das habe ich nicht vergessen. Auch meine Kinder haben die Kinderklinik in Anspruch nehmen müssen, keine Sachen, die Spaß gemacht haben, aber ich habe tiefstes Vertrauen zu den Uniklinika in unserem Land.

Und genau das, das weiß ich aus vielen Gesprächen, das ist beschädigt worden. Patienten fühlen sich nicht mehr sicher. Sie machen diesen Unterschied nicht. Die sagen, huch, was ist denn da los. Und dieses Vertrauen gilt es wiederherzustellen. Genau das hat Kollege Terpe gesagt. Dieser Untersuchungsausschuss wird kein Vertrauen beschädigen. Nein, es ist die beste Art, und ich denke auch, unausweichlich müssen wir das tun, um das Vertrauen wiederherzustellen, dass auch viele andere sagen, ja, ich war immer im Einzugsbereich dieser Klinika und ich habe Vertrauen gehabt, ich habe gewusst oder ich weiß, dass man mir dort helfen kann.

Die beiden Einrichtungen der Universitätsklinika erfüllen mehrere Dinge: Lehre, Forschung, ärztliche Untersuchungen. Und wir wissen auch, auch aus den Gesprächen mit den Vorständen, dass sie seit Jahren unterfinanziert sind. Und es gibt ausreichend Stoff zur Untersuchung. Es wird eine tiefgreifende Analyse aller Geschehnisse vonnöten sein und die Schwächen der bisherigen Strukturen offenlegen. Die Arbeit von Gremien, Ministerien und das Management müssen untersucht werden, damit – und das ist von ganz zentraler Bedeutung – Fehler in der

Zukunft vermieden werden. Wenn man Fehler aufdeckt, dann hat man sie kennengelernt, dann kann man sehen, wie ist es passiert. Diese Analyse müssen wir machen, sodass sich Fehler auf keinen Fall wiederholen. Wir als antragstellende Fraktionen wünschen uns Aufklärung, wir wünschen uns eine klare Bezifferung von Zahlen und Daten, die zu den bisherigen Verstimmungen und Versäumnissen geführt haben.

Noch ein Wort zur betrieblichen Altersversorgung der Belegschaft der Uniklinik Greifswald: Hier geht es um mögliche Finanzlöcher, immerhin von 30 Millionen Euro. 30 Millionen! Wir möchten untersuchen, was hat dazu geführt. Und ich glaube, 30 Millionen, die, denke ich, jetzt auf das Land zukommen, um den Mitarbeitern die Altersvorsorge aufzufüllen, die hätte man bestimmt auch anders anlegen können. Und der Haushalt steht vor uns, die Diskussion. Wir werden uns sicher streiten, um wenige Tausend Euro manchmal, und bei einigen Projekten werden wir zum Schluss kommen, dass kein weiteres Geld zur Verfügung steht. All das müssen wir in diesem Zusammenhang auch mal beleuchten dürfen. Und wir werden auch Herrn Brodkorb auffordern, Rede und Antwort zu stehen. Daran ändert die Abberufung kurz vor Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nichts.

Ich will viele andere Dinge, die hier gesagt wurden, nicht noch einmal wiederholen. Ich habe eine Menge zusammengestrichen. Aber ich wünsche mir, ich wünsche mir wirklich von ganzem Herzen für unser Land, für die Pflege, für die ärztliche Versorgung, dass diese Leuchttürme, die wir hier hatten, die wir auch noch haben, dass sie wieder strahlen werden, die Uniklinik in Rostock und die Uniklinik in Greifswald. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Herr da Cunha.

Und ich würde bitten, dass der Geräuschpegel hier im Saal etwas reduziert wird, weil es doch sehr schwer ist, der Rednerin – in diesem Fall jetzt dem Redner – zu folgen. Vielen Dank!

(Heiterkeit und Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zustimmen, unter der Maßgabe, dass wir die Mitgliederzahl von 13 auf 9 reduzieren. Dieses Plenum legt in jeder Wahlperiode die Ausschussgröße fest und die Zahl von 9 Mitgliedern entspricht auch der Größe des 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und einiger Fachausschüsse, wie es auch aus dem Beschluss dieses Hohen Hauses aus dem November 2021 hervorgeht. Auf das Thema gehe ich aber gerne am Ende auch noch einmal ein.

Unsere Zustimmung ergibt sich vor allem aus dem Recht des Parlaments, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, um die Arbeit der Landesregierung zu prüfen. Diese

Arbeit wollen wir ermöglichen und konstruktiv begleiten. Aber dieses Recht und die Möglichkeit, die Arbeit der Landesregierung zu überprüfen, ergibt sich nicht alleine nur durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, sondern sie besteht auch in regulären Fachausschüssen. Und diese Kritik müssen Sie sich, liebe Antragsteller, an dieser Stelle auch gefallen lassen, denn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben ja gar nicht die bestehenden parlamentarischen Möglichkeiten genutzt in dieser Wahlperiode. Weder haben Sie Akteneinsicht im zuständigen Ausschuss beantragt, noch haben Sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Sie haben kein Expertengespräch durchgeführt, keine Anhörung. Immerhin, der Kollege Peters hat eine Kleine Anfrage gestellt, wie ich gesehen habe.

In der vergangenen Wahlperiode haben wir uns mit dem damaligen Koalitionspartner in Form der CDU, damals zuständig für das Gesundheitsressort und damit ja auch für die Krankenversorgung im Bereich der Universitätsklinika, verabredet,

(Sebastian Ehlers, CDU: Quatsch!)

die Universitätsmedizinen fit für die Zukunft zu machen. Gemeinsam haben wir eine Investitionsoffensive gestartet. Dem damaligen Koalitionspartner war klar, dass dieser Weg, die Universitätsklinika fit zu machen, nur gemeinsam bestritten werden kann. Es wurden umfangreiche Akten, Protokolle und Unterlagen durch das damalige Bildungsministerium zur Einsicht vorgelegt.

Sie erzeugen mit dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aber erst einmal gewaltigen Aufwand – hier im Landtag, im Wissenschaftsministerium, im Gesundheitsministerium und in den Universitätsmedizinen. Die Folgen, die das öffentliche Getöse insbesondere für den Standort Rostock hat, sind uns dabei sehr bewusst. Was in den zurückliegenden gut vier Jahren geschehen ist, wirkt sich da schon sehr negativ auf den Ruf und damit auch auf die Gewinnung von Spitzenmedizinern für die Universitätsklinik Rostock aus.

Es geht Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, nicht um die Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Es geht Ihnen schlicht erst einmal um Profilierung. Sie beziehen sich in der Begründung auf jüngste Ereignisse, wollen dann aber 25 Jahre aufklären. Ich bin gespannt darauf, sehr geehrte CDU-Fraktion, welche Fragen Sie an sich selber richten werden. Was Sie, sehr geehrte Damen und Herren der CDU, in der Begründung für den Parlamentarischen Ausschuss aussprachen, ist Ihre eigene Rolle in den zurückliegenden Jahrzehnten, hier im Landtag, in der Landesregierung, in den Vorständen und Aufsichtsräten der Universitätsmedizin. Die Aufsicht über die Krankenhausversorgung lag und liegt nicht im Wissenschaftsministerium. Dafür war das Gesundheitsministerium verantwortlich. Und …

Herr da Cunha, gestatten Sie eine Zwischenfrage? (Zustimmung)

Herr da Cunha,...

Bitte schön, Herr Glawe!

… ich danke für Ihre Vorträge. Ist Ihnen bekannt, was im Landeshochschulgesetz definiert ist, wer dafür verantwortlich ist,...

Mir ist...

… welches Ministerium?

Mir ist klar, dass für die Fachaufsicht das Wissenschaftsministerium an dieser Stelle zuständig ist, und alles, was die gesundheitliche medizinische Versorgung in diesem Land hat, ist grundsätzlich erst mal im Gesundheitsministerium.

(Der Abgeordnete Harry Glawe spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon.)

Herr da Cunha, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Glawe?

Natürlich.

(Der Abgeordnete Harry Glawe spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon.)

Bitte, Herr Glawe!

... hinweisen, dass die Ministerin selbst das Landeshochschulgesetz herangezogen hat und klar festgestellt hat, dass die Verantwortung im Bildungsministerium, auch jetzigen, in ihrer Zuständigkeit ist

(Julian Barlen, SPD: Was ist denn das für eine Frage?)

und nicht im ehemaligen Wirtschaftsministerium. Darauf lege ich jetzt Wert, weil ich nicht mehr bereit bin, diese Halbwahrheiten,...