Frau Shepley, einen Moment, bitte! Das Wort hat jetzt Herr Barlen. Sie haben Ihre Zwischenfrage gestellt, auf die Herr Barlen jetzt antwortet.
Einen Moment, bitte, Frau Shepley! Ich ermahne Sie jetzt das letzte Mal, ansonsten erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Das Wort hat jetzt Herr Barlen.
So, Sie haben gesagt – meine Wahrnehmung –, dass Ihnen niemand bekannt ist bei den GRÜNEN, der gegen die Windkraft gestimmt hat. Ich habe Ihnen nur gesagt, mir ist jemand bekannt, nämlich aus der Stadtvertretung in Neustrelitz,
und möchte Sie – der Fraktionschef der GRÜNEN im Kreistag, der gegen den Ausbau der Windkraft ganz konkret gestimmt hat, am Donnerstagabend –, und ich bitte Sie nur, beschäftigen Sie sich damit, weil Sie haben da ein Thema und können nicht einfach sagen, mir ist keiner bekannt. Das wollte ich nur sagen. Ist doch okay, dass wir da am Ende politisch auch beisammen sind.
Und zu der anderen Frage von Ihnen möchte ich sagen, das ist Ihre Behauptung, das ist Ihre These, dass es eine nicht sachgerechte Aufstellung im Rahmen der Exekutive zur Bewältigung dieser Aufgabe gibt. Wir sind an der Stelle mit den zuständigen Ministerien, mit den nachgeordneten Behörden, mit unseren Ministerinnen und Ministern einfach einer anderen Auffassung, dass es sich zur Bewältigung dieser Aufgabe um eine sachgerechte Aufstellung handelt, und deshalb hat die Regierung entsprechend dem Entwurf und haben wir hier im Parlament im
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Landes- und Kommunalwahlgesetzes, Drucksache 8/737.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Landes- und Kommunalwahlgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 8/737 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist vermutlich einer der kürzesten Gesetzentwürfe, den wir Ihnen bisher vorgelegt haben, weil wir lediglich eine einzige Zahl auszutauschen vorschlagen. In der Sache selbst ist mit diesem sehr kleinen Gesetzentwurf aber eine sehr große Wirkung verbunden, nämlich die Frage, ob es uns gelingt, Menschen zwischen 16 und 18 sehr viel stärker als bislang in die politischen Gestaltungsprozesse dieses Bundeslandes einzubeziehen. Wir wollen, um es mit den Willy-Brandt-Worten zu sagen, „mehr Demokratie wagen“, nämlich bei den jüngeren Generationen,
Die Beteiligung an Wahlen ist ein Bestandteil des ständigen Prozesses der politischen Meinungs- und Willensbildung vom Staatsvolk hin zu den Verfassungsorganen. Und die entscheidenden Kriterien für die Wahlteilnahme sind die Fähigkeit zur selbstbestimmten Wahlentscheidung, die Einsichtsfähigkeit und die Kommunikationsfähigkeit. Und dann weiß ich, dass wir in der Diskussion hier, aber vermutlich auch in den Ausschüssen und in der Abschlussdiskussion in einer der nächsten Landtagssitzungen genau an der Stelle den Hauptauseinandersetzungspunkt haben werden, die Frage: Sind Menschen, Kinder und Jugendliche, Jugendliche zwischen 16 und 18 hinreichend einsichtsfähig?
Da wird es dann wieder alle Argumentationsmuster geben, die man sich vorstellen kann. Ich werbe sehr dafür, dass gerade in den letzten Jahren die Generation unter 18 sehr deutlich gezeigt hat, dass sie politisch nicht uninteressiert ist, dass sie sich politisch erheblich engagiert, dass sie im Übrigen mit den sozialen Medien zwischenzeitlich in einer Intensität an politischen Entscheidungen, am politischen Tagesgeschehen dran ist, wie es vermutlich kaum eine Generation vor ihr war. Dann können wir gern dar
über diskutieren, ob wir jeden dieser Kanäle in jeder Form gutheißen, aber ich werbe mal umgekehrt dafür, ich habe noch keinen erlebt, der über 18 ist und vor der Stimmabgabe im Wahllokal seinerseits beweisen musste, dass er sich a) politisch interessiert, b) sich um Einsichtsfähigkeit bemüht und c) mit diesen Dingen umgeht.
Wenn wir hineinschauen, ist in den letzten Jahren bei der Generation ab 16 zumindest erkennbar ein deutlicher Fortschritt, ein deutliches „Wir wollen dabei sein“ zu spüren. Und noch einmal, mit sozialen Medien sind die beinahe besser informiert als nicht wenige deutlich über 18.
Jetzt weiß ich, dass man sagt, aber 18 ist ja die Volljährigkeit. Ich will nur mal ein paar wenige Daten an die Wand werfen, die das deutsche Recht in den verschiedenen Altersgruppen kennt. Die Religionsmündigkeit billigen wir laut Grundgesetz ab dem 14. Lebensjahr zu, die Testierfähigkeit, also eine Erbnachfolge zu bestimmen – ausnahmsweise im Übrigen auch die Ehefähigkeit – ab 16 Jahren,
zwischen 7 bis 18 Jahren lassen wir die Deliktsfähigkeit sukzessive ansteigen. Also wir sehen, dass ab 16 Jahren der Gesetzgeber an vielen Stellen im Rahmen einer zulässigen Typisierung bereits eine fortgeschrittene Reife in anderen Bereichen annimmt, und das spricht sehr dafür zu überlegen, ob das nicht auch dann insbesondere für das wichtigste, zentralste Recht in einer Demokratie gelten muss, nämlich das Wahlrecht, das wir geben wollen, denen ab 16 – noch mal –, die sich interessieren, die aber vor allen Dingen mitbestimmen können sollen innerhalb der Gesellschaft, denn das Nichtzulassen des Wahlrechtes ist in einer Demokratie quasi die weitgehendste Form, von der Demokratie ausgeschlossen zu werden.
Wir haben im Übrigen – um mal vorwegzunehmen, dass alle sagen, ab jetzt bricht die Welt zusammen – bei Kommunalwahlen schon 1999 das Wahlrecht auf 16 Jahre, das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre abgesenkt. Uns ist nicht bekannt, dass irgendjemand negative Auswirkungen daraus herleitete. Auch daran zeigt sich, dass wir bereits über 20 Jahre das vielleicht beweisen.
Und die Wahlergebnisse jetzt allein den 16- bis 18-Jährigen zuzuweisen, ist bei knapp zwei Prozent Wahlbevölkerungsanteil zumindest dünnes Eis. Ich werbe sehr dafür, dass wir bewiesen haben, dass es wunderbar funktioniert.
Und um noch mal die Volljährigkeit aufzugreifen – ich weiß, dass ein Blick in die Historie nicht immer beliebt ist –, in Westdeutschland war das Wahlrecht bis 1970 ebenfalls erst ab 21 Jahren für den Deutschen Bundestag gegeben. Es ist dann auf 18 Jahre herabgesenkt worden, und die Volljährigkeit bestand weiterhin für viele Jahre bei 21. Es gibt also keinen notwendigen Zusammenhang zwischen Volljährigkeit und Wahlrecht. Bis 1974 hat die Bundesrepublik Deutschland im alten westdeutschen Teil das ebenfalls für mehrere Jahre voneinander losgetrennt,
ohne dass irgendwer behauptet hätte, damit würde dem in irgendeiner Weise Abbruch getan. Also es hat bereits einmal eine Abtrennung gegeben und hier gibt es sie seit 20 Jahren für den Kommunalwahlbereich.
Wir würden allerdings das passive Wahlrecht, also das Gewählt-werden-Können, weiterhin bei 18 Jahren belassen wollen. Auch das haben wir im Kommunalwahlgesetz so getan, weil wir überzeugt sind, dass die Volljährigkeit es leichter macht, wenn jemand hier hineingewählt wird, auch seine Rechte vollumfänglich alleine wahrzunehmen. Aber das zentrale passive Wahlrecht, mitbestimmen zu können in einer Demokratie, wollen wir auch in die Hände der 16- und 17-Jährigen geben. Wir sind überzeugt, sie sind reif genug, und eine Demokratie tut gut daran, möglichst alle mitzunehmen, denn Demokratie, die lebt davon, dass wir Wahlen durchführen, dass Menschen nicht nur mitreden, sondern auch mitentscheiden können, und genau die Mitentscheidungsmöglichkeit wollen wir geben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von sechsmal fünf Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die rot-rote Koalition will für kommende Landtagswahlen das Wahlalter auf 16 Jahre absenken. Die Regierung will damit ein weiteres Wahlkampfversprechen schnell einlösen. Überraschend kommt das nicht. Herr Pegel selbst hat heute gerade davon gesprochen, dass man doch jetzt sehr zügig bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt hat.
Das Thema selbst ist in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die Fraktion DIE LINKE war dort sehr fleißig. Damals warnte die heutige Justizministerin – Frau Bernhardt ist heute ja leider nicht da – vor einem „verfassungswidrigen Zustand“. Und ich darf dazu zitieren: „… keiner von uns möchte die Verfassungswidrigkeit der Landtagswahl … Keiner von uns will … einen Zustand …, indem die Rechtmäßigkeit der Landtagswahl im Verfahren geprüft wird.“ Diese damalige Warnung vor verfassungswidrigen Zuständen in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, nur, weil junge Leute ab 18 Jahren wählen dürfen oder wählen durften bei der letzten Landtagswahl, das war natürlich nichts anderes als aufgeschäumte Panikmache der heutigen Justizministerin.
Bezeichnend ist vor diesem Hintergrund – Herr Pegel hat es auch erwähnt –, dass das Gesetz selber von einer Sollbestimmung spricht, keiner Mussregelung. Also es gibt eine verfassungsrechtliche Möglichkeit dazu, aber es ist gerade in der Argumentation des Gesetzes selber ganz klar beschrieben, dass auf Landesebene eben keine verfassungsrechtliche Bestimmung existiert, nach der das Wahlrecht ab 16 geboten sei. Im Grundgesetz, das wissen wir alle, steht das 18. Lebensjahr.
Meine Damen und Herren, die Einführung des Wahlalters ab 16 ist neben der rechtlichen Einschätzung auch eine Frage von Erfahrung und vor allem Notwendigkeit. Wie groß ist eigentlich das Interesse unserer Jugendlichen selbst, früher wählen zu dürfen? Die jungen Leute, mit denen ich im Gespräch war, in meinem Wahlkreis oder auch hier im Schloss, sind zwar politisch interessiert, wenn sie einmal in den Dialog mit uns kommen, aber ob sie wirklich das große Bedürfnis spüren, das ist doch am Ende vor allem eine empirische Frage. Ja, es mag sein, dass E-Sports oder die vielseitigen Möglichkeiten moderner Technik viel interessanter sind. Ja, es mag auch sein, dass die aufregenden Momente der Pubertät dann doch viel relevanter sind.
Wir sollten diesen Gedanken fortsetzen und danach fragen, wie es um das politische Wissen von Minderjährigen bestellt ist. Die Regierung sollte sich hier auch ehrlich machen. Eine Studie der Universität Hohenheim stellte heraus, dass die Jugendlichen unter 18 Jahren, egal, welche Schule sie besuchen, ein, ich zitiere, „signifikant geringeres politisches Wissen“ haben als die heutigen Erstwählerinnen und Erstwähler. Der Gesetzgeber, nicht der Gesetzgeber, der Regierungsentwurf sieht jetzt vor, die politische Bildung zu stärken. Wie das genau geschehen soll, wie man mal eben in der aktuellen Bildungslage das mal eben bewerkstelligen will, darüber lesen wir aber nichts.
Und es sollte auch nachdenklich stimmen, wenn gerade dieser Aspekt von der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern betont wird, also eine zentrale Institution, die zu jeder Wahl schon damit zu kämpfen hat, dass die heutigen Erstwähler möglichst umfassend von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Hier gilt es anzusetzen.