Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

Und was haben wir denn gehabt im Land? Wir haben ja eine Klage der Kirche gehabt, wir sind ja angefochten worden. Die Bäderregelung ist ausgesetzt worden beziehungsweise ist beklagt worden. Die Kirchen haben gewonnen, und es war notwendig, eine neue Bäderregelung zu finden. Das war notwendig und es ging Spitz auf Knopf. Wir haben gerade mal, 2019, glaube ich, ist die Bäderregelung dann noch auf den Weg gebracht worden, und wir haben kurz, bevor sie dann ausgelaufen ist … Was wäre die Folge gewesen? Wir hätten gar keine gehabt und wir hätten überhaupt keine Öffnungszeiten gehabt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Sebastian Ehlers, CDU – Thomas Krüger, SPD: Genauso ist das.)

Und insofern, und insofern ist das ja, was wir neu abgeschlossen haben, schon eine Erweiterung dessen, was vorher war.

Und wenn Sie jetzt sagen, ja, ihr habt nicht richtig verhandelt, weil in Schleswig-Holstein haben wir ja andere und die sind weit: Ja, richtig, das haben Sie ja auch richtig gesagt, es sind auch die Vertragspartner, die Kirchen, es sind auch die Gewerkschaften, und die haben eine bessere Regelung, was sie im Wettbewerb besserstellt als unsere, wenn man davon ausgeht. Aber es gibt einen feinen Unterschied dabei: Die schleswig-holsteinische Bäderregelung ist noch nie beklagt worden. Und wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Und bei uns ist es eben beklagt worden, und deswegen konnten wir gar nicht anders reagieren, als eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften und mit der Kirche zu kriegen, damit es eben nicht weiter beklagt wird, damit überhaupt eine Regelung stattfinden kann. Und das ist, das ist die Tatsache zu den Bäderregelungen.

Wenn wir Ihrem einseitigen Änderungswunsch nachgehen würden, hätten wir mit Sicherheit die Klage entweder der Gewerkschaften oder der Kirchen und wir hätten gar keine Bäderregelung, und das sagen Sie mal den Unternehmern draußen! – Vielen Dank fürs Zuhören!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag sah, da dachte ich zunächst an ein Weihnachtslied von Frank Schöbel und einen Blockbuster aus Hollywood. In der Textzeile des besagten Liedes heißt es „Alle Jahre wieder die gleiche doofe Tour“ und der erwähnte Film trägt den Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Genauso verhält es sich auch mit diesem Antrag. Alle Jahre wieder sehen wir uns hier im Parlament mit der Forderung nach einer, wie es die AfD-Fraktion bezeichnet, Liberalisierung der Bäderverkaufsordnung konfrontiert. Nun können Sie selbstverständlich als Fraktion eigenständig entscheiden, was Sie dem Landtag zur Diskussion und Beschlussfassung vorlegen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

nur wäre es ja hilfreich, wenn Sie sich mit den Argumenten, die wir Ihnen in den Debatten der letzten Jahre immer und immer wieder entgegengehalten haben, auch einmal vertiefend auseinandersetzen würden. Und das tun Sie leider nicht. Stattdessen erneuern Sie auch heute wieder Ihre These, dass die Möglichkeit der Sonntagsöffnung für weitere Unternehmen unterschiedlicher Branchen während der Hauptsaison und die Erweiterung der Zeitfenster ausschließlich positive Effekte hätte. Und zudem kommen Sie erneut mit dem Vorschlag um die Ecke, inhabergeführten Geschäften grundsätzlich die Öffnung an Sonntagen in der Nebensaison zu ermöglichen, sofern diese keine Angestellten einsetzen. Und das ist eben „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Deshalb wird es Sie jetzt auch nicht überraschen, dass ich Ihnen zum wiederholten Male unsere Argumente für die Ablehnung des Antrages hier am Pult vortrage: Die aktuelle Bäderverkaufsordnung, das sagte der Kollege Waldmüller bereits, stellt einen schwer errungenen Kompromiss dar, dem ein langer Aushandlungsprozess voranging. Alle Seiten mussten sich bewegen,

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

um ihn möglich zu machen, insbesondere auch die Kirchen und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Und weil wir als Koalitionsfraktionen genau darum wissen, werden wir eine Anpassung der Bäderverkaufsordnung zunächst auch immer mit den Gewerkschaften und den Kirchen besprechen, bevor wir sie hier im Landtag öffentlich diskutieren, denn Fakt ist eins – und auch das sagte Kollege Waldmüller bereits zutreffend –, eine rechtssichere Bäderregelung zu haben, ist besser, als gar keine zu haben und sich mit gerichtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert zu sehen.

Meine Damen und Herren, auch die Abgeordneten der AfD-Fraktion sollten nun langsam einmal die besondere Bedeutung des Sonntages als verfassungsrechtlich ge

schütztem Ruhetag kennen, denn das ist keine linke Fiktion. Das Thema ist de facto ausgeurteilt. Und deshalb noch einmal der ernst gemeinte Hinweis: Die geltende Bäderverkaufsordnung ist ein ausgehandelter Kompromiss, der für alle Beteiligten sicherstellt, dass die verfassungsrechtliche Sonderstellung des Sonntages nicht zu sehr aufgeweicht wird und dennoch der Bedeutung des Tourismus für unser Land Rechnung getragen werden kann. Will man diese überarbeiten, dann muss man Kirchen und Gewerkschaften zwingend mit ins Boot holen, auch wenn Ihnen das als AfD-Fraktion nicht in den Kram passt.

Genau das tut das Wirtschaftsministerium. Die aktuelle Bäderregelung gilt noch bis zum 14. April 2024. Diese soll angepasst werden, auch um den Beschlüssen des Landtages aus dem Sommer 2021 Rechnung zu tragen. Zur Erinnerung, wir haben seinerzeit gemeinsam Folgendes festgestellt: Um als Tourismusland wettbewerbsfähig zu bleiben und attraktive Angebote vorzuhalten, müssen die Infrastruktur, die Mobilität in touristisch stark frequentierten Orten und die Qualität nachhaltig verbessert werden. Mit der Einführung der Prädikate „Tourismusort“ und „Tourismusregion“ werden neue Möglichkeiten geschaffen, gästebezogen weitere Einnahmen zu generieren, die zweckgebunden für die Verbesserung des Angebotes für den Gast eingesetzt werden sollen.

Den Geltungsbereich neben Kur- und Erholungsorten also um die neuen Prädikate „Tourismusort“ und „Tourismusregion“ zu erweitern, wird nach meiner Einschätzung keine größeren Probleme bereiten. Schwieriger wird da schon die Debatte um Zeiträume und Uhrzeiten. Und daher werbe ich auch ausdrücklich dafür, den Versuch zu unternehmen, auch dieses Thema möglichst im Vorfeld zu einen, denn mit jeder stärkeren Ausweitung der Sonntagsöffnungszeiten besteht die Gefahr, dass die Regelung beklagt wird. Gerichtlich wird dann regelmäßig das Verhältnis von Ausnahme und Regel sowie eine mögliche Verletzung desselbigen im Kontext der Sonntagsöffnung geprüft. Und geht das für das Land in die Hose, dann stehen wir nach zwei extrem schwierigen Corona-Jahren erst einmal ohne Bäderverkaufsordnung da. Und das wäre dann tatsächlich ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern. Das darf nicht passieren. Ich denke, zumindest dazu besteht hier im Saal weitgehend Einigkeit.

Jetzt noch eine Bemerkung zu Ihrer These, die Sie ja auch immer und gern wiederholen: Mehr und länger öffnen bedeute automatisch höheren Umsatz für die Geschäfte. Auch dazu gibt es zahlreiche Studien, die zeigen, dass dies mitnichten so ist und sich der Umsatz dann vielfach nur anders auf die Wochentage verteilt. Auch das habe ich bereits mehrfach in unterschiedlichen Debatten hier ausgeführt.

Zusammengefasst kann man sagen, Ihr Antrag ist nicht modern, er ist rechtlich bedenklich, er ist in Teilen arbeitnehmerfeindlich und absolut nicht zielführend. Und deswegen lehnen wir ihn auch ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Wegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Und täglich grüßt das Murmeltier“, der Kollege hat es gerade schon gesagt. Die Debatte um die Bäderverkaufsordnung habe ich wirklich nicht vermisst. Das Tauziehen darum bleibt immer das Gleiche. Während der Handel traditionell eine Ausdehnung der Sonntagsöffnungszeiten in möglichst vielen touristisch geprägten Orten fordert, versuchen Kirchen und Gewerkschaften auf der anderen Seite vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutzes in Deutschland, diese Möglichkeit auf ein begrenztes Maß, auf ein Maß zu beschränken. Es gab zu diesem Thema über einen längeren Zeitraum Diskussionen, da hier naturgemäß sehr unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen.

Und wie Herr Foerster eben auch schon ausgeführt hat, sollten wir alle froh sein, und auch Herr Waldmeier, dass wir hier eine Lösung gefunden haben, mit der wir alle gut, …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Waldmüller, Entschuldigung!

… mit der wir alle leben können, und die sollten wir auch nicht, diese Einigung sollten wir auch nicht aufs Spiel setzen. Das ist doch das, was Politik am Ende auszeichnet, dass sie solche Kompromisse aushandeln kann und dass dann alle damit auch zufrieden sind.

Und auch die Argumentation in Ihrem Antrag, wonach die Möglichkeit, wieder häufiger am Sonntag zu öffnen, ein wichtiger Standortfaktor für das Land ist, lässt sich nur sehr bedingt nachvollziehen. Die Menschen kommen nicht in erster Linie zum Shoppen nach Mecklenburg-Vorpommern an die Ostsee oder an die Seenplatte, sondern um die Natur, das Meer, die Seen, die Landschaft und die kulturellen sowie gastronomischen Angebote zu genießen. Um Touristen ins Land zu locken und damit Wertschöpfung zu generieren, sind deswegen der Ausbau und die Instandhaltung von Fernradwegen, der Ausbau des ÖPNV oder der Erhalt der Natur in unserem Land von viel größerer Bedeutung. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis spielt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, im Land Urlaub zu machen. Und genau das bemängeln anscheinend immer mehr Urlauber/-innen, die nach M-V kommen, wie jüngst dem Tourismusbarometer zu entnehmen war.

Hinzu kommt, Einkaufen und Shoppen können die Menschen heutzutage rund um die Uhr im Internet. Da werden die wenigsten der Millionen Touristen, die unser Land jedes Jahr besuchen, am Sonntag ihre wertvolle Zeit allein zum Shoppen verplempern. Ein wirkliches Geschäft wird es vermutlich ohnehin nur dort sein, wo es bereits jetzt die Möglichkeiten der Sonntagsöffnung gibt.

Der neue Vorschlag von Ihnen, nun in allen touristischen und touristisch geprägten Orten inhabergeführten Unternehmen dann die Sonntagsöffnung zu ermöglichen, wenn sie selbst hinter dem Ladentisch stehen, ist nur eine Variante der bisherigen Debatte, inhaltlich aber nichts Neues. Wer soll denn bitte kontrollieren, ob wirklich nur die Inhaberfamilie im Laden ist? Für meine Fraktion kann ich nur sagen: Nice Try!

Grundsätzlich ist außerdem infrage zu stellen, ob eine Ausweitung der Öffnungszeiten wirklich langfristig zu mehr Umsatz führt. Und da schließe ich mich den Aus

führungen vom Kollegen Foerster an. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Leute mehr essen, mehr anziehen, mehr Hobbys ausüben oder mehr Souvenirs kaufen, bloß weil ein paar Läden mehr am Sonntag aufhaben. Wenn die Menschen sonntags tatsächlich ihre Einkäufe machen, dann werden sie dafür an anderen Tagen während ihres Aufenthalts in M-V weniger oder nichts kaufen.

Prinzipiell ist das eine Frage der Gewohnheit. Die Kunden beziehungsweise Touristen stellen sich auf die Gegebenheiten vor Ort ein. Insofern sehen wir überhaupt keinen Grund, die Bäderverkaufsordnung grundlegend, so, wie es der AfD-Antrag gerade vorsieht, zu ändern. Meine Fraktion wird den Antrag ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Thomas Krüger, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau van Baal.

(allgemeine Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wundervoll! Die AfD greift Themen auf, die wir als FDP schon länger beackern, auch hier schon.

Natürlich sind die Öffnungszeiten in den touristisch geprägten Orten …

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

Lernen Sie, Herr Schult! Sie können von mir lernen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Natürlich sind die Öffnungszeiten in den touristisch geprägten Orten wichtig für den Standort M-V. Auch wir Freien Demokraten denken, dass die Erweiterung des Personenkreises für Sonntagsöffnungszeiten den Tourismus allgemein attraktiver macht. Der Antrag ist thematisch aber unnötig eingeengt, finden wir. Warum nur auf Bäder und touristisch geprägte Orte abstellen?

Wir als Fraktion fordern eine generelle Öffnungsmöglichkeit für Unternehmer an Sonn- und Feiertagen. Wir sind der Meinung, dass die Unternehmen selbstständig im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit entscheiden können, ob sie sonntags öffnen oder nicht. Und wir hatten dazu im Februar 2022 einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht zum Ladenöffnungsgesetz. Und da muss man einfach zuerst ran. Aus unserer Sicht reicht es nicht aus, nur die touristischen Orte zu bevorzugen. Das ganze Land soll von erweiterten Öffnungszeiten profitieren.

Meine Damen und Herren, ich muss an dieser Stelle einmal kurz einen größeren Bogen schlagen. Es geht bei der ganzen Thematik nicht nur um die Öffnungszeiten und kleinteilige Anpassungen der entsprechenden Verordnungen, wir sprechen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung des ganzen Landes. In der heutigen Wirtschaftswelt, die von Arbeitskräftemangel, zunehmender

Digitalisierung und Arbeitszeitflexibilisierung geprägt ist, brauchen wir gerade auch mehr Flexibilität bei den Rahmenbedingungen. Und dazu gehört eben die Möglichkeit, variabel an Sonn- und Feiertagen öffnen zu können, wenn an anderer Stelle entsprechender Ausgleich für die Beschäftigten geschaffen wird.

(Vizepräsidentin Elke-Annette Schmidt übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen für die Unternehmen im Land die Bedingungen einfach attraktiver gestalten, wenn wir mit den anderen Regionen in Deutschland und der EU mithalten möchten.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ob das Arbeits- und Fachkräfte attraktiver finden, da habe ich ja meine Zweifel.)