Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

Darüber hinaus muss dringend das allergische Potenzial von Insekten erforscht werden. Dieser Schritt hätte eigentlich vor der eigentlichen Zulassung zwingend erfolgen müssen. Nun, zugegeben ist unser Einfluss auf solche Schritte der Europäischen Union verhältnismäßig gering, und das Kind an sich schon in den Brunnen gefallen. Nichtsdestotrotz erkennen wir die unverzügliche Notwendigkeit des Handelns, wenn wir gesundheitliche Gefahren für unsere Verbraucher abwenden wollen.

Eine weitere, wie ich finde, wichtige und richtige Forderung ist, dass die Landesregierung auf eine Beteiligung an Kampagnen für den Insektenverzehr verzichtet. Nein, meine Damen und Herren, wir erwarten von der Landesregierung das Gegenteil, dass sie sich starkmacht für unsere heimischen Milchviehproduzenten

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Fisch.)

und alle anderen Viehzüchter.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir hatten letztens auch eine interessante Debatte im Agrarausschuss oder eine interessante, einen interessanten Bericht zu Aquakulturen. Auch das kann eine Alternative der Zukunft sein. Aber wir kennen es ja mittlerweile nicht mehr anders. Es wird laufend versucht, auf den grünen Zug aufzuspringen, wo auch immer dieser sich zeigt. Der Insektenverzehr ist doch hier prädestiniert dafür, da er vermeintlich klimafreundlich ist. Nicht bedacht wird hierbei, wie bereits eben erwähnt, die Land

wirtschaft, denn diese gilt es zu unterstützen. Sie sichert uns regionales Fleisch von höchster Qualität.

Um der Kritik noch einmal vorwegzugreifen: Sehen Sie diesen Antrag nicht grundsätzlich als Kritik an dem Verzehr von Insekten! Wer möchte, kann dies, wie gesagt, gerne tun, er sollte sich aber aufgrund umfassender Studien über die gesundheitlichen Risiken im Klaren sein. Wer aber hingegen auf den Verzehr von Insekten verzichten möchte und dies vielleicht sogar aus gesundheitlichen Gründen tun muss – zu Ersteren zähle ich mich als Teil der deutschen Bevölkerung –, der sollte auch nicht Gefahr laufen, dies versehentlich zu tun. Ein entsprechendes Siegel bedeutet, wie wir es beantragen, keinen hohen finanziellen Aufwand, aber eine hohe Sicherheit für unsere Verbraucher. Kleingedrucktes wird schnell mal überlesen und eine eindeutige Kennzeichnung durch ein Siegel ist hingegen nur schwer zu übersehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für den Verbraucherschutz! Ich bin auf die Debatte gespannt. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu sechsmal acht Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat in Vertretung für den Landwirtschaftsminister der Innenminister Herr Christian Pegel ums Wort gebeten. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf zunächst herzlich vom Landwirtschaftskollegen Dr. Till Backhaus grüßen, der heute auf der Agrarministerkonferenz die Landesinteressen vertritt und sich deshalb heute hier entschuldigen lässt. Und weil wir gerade bei Zeichentrickfilmen gewesen sind, die aus der Vergangenheit stammen, ich empfehle bei zu viel künstlicher Aufregung einen noch älteren Film. Im „Dschungelbuch“ singt Balu: „Versuchs mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit“,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

das wirkt mäßigend und beruhigend.

Meine Damen und Herren, zu Ihrem Antrag bleibt zunächst festzuhalten, es handelt sich hier um geltendes EU-Recht. Zudem sollte es selbstverständlich sein, mögliche Befindlichkeiten der Menschen nicht zu missbrauchen oder Ängste zu schüren oder gar die Bevölkerung zu verunsichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen des Landwirtschaftsministeriums haben mir vier knappe und klare Reaktionen auf Ihre vier Forderungen im Antrag an die Hand gegeben.

Erstens. Die ausreichende Kennzeichnungspflicht ergibt sich bereits aus dem EU-Recht – also erledigt und damit nicht benötigt.

Zweitens. Es ist hier keine Nutzungsvereinbarung für das Regionalkennzeichen Mecklenburg-Vorpommern bekannt – also spekulativ und damit unbegründet.

Drittens. Der Entscheidung der EU-Kommission auf Anraten der Europäischen Lebensmittelbehörde für die Zulassung zweier weiterer Insektenarten lagen umfangreiche Studien zugrunde – also alles da, muss nur auch zur Kenntnis genommen werden.

Viertens. Eine moralisierende Kampagne des europäischen Norm- und Gesetzgebers ist nicht erkennbar – also fantasievoll, aber unsubstantiiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die EU-Verordnung, die hier kritisch angesprochen wird, gilt seit dem 1. Januar 2018. Bereits 2021 wurden die ersten beiden Insektenprodukte zugelassen: die Larven des gelben Mehlkäfers und die Wanderheuschrecke – schon 2021. Jetzt aktuell wurde der Katalog der zugelassenen Insekten ergänzt um die Hausgrillen und die Larven des Getreideschimmelkäfers, basierend auf einem Vorschlag der Europäischen Lebensmittelbehörde an die Kommission, dies beruhend auf umfangreichen Studien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Verordnung ist also seit 2021 angewendetes Recht in Deutschland, weil seitdem die ersten beiden Insekten als Lebensmittel zugelassen sind, und das, meine Damen und Herren, soweit ich das bewerten kann aus meinem bescheidenen Blickwinkel, ohne einen Zusammenbruch der Esstradition und der Speisekultur in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Lebensmittelinformationsverordnung gibt klar vor, dass und mit welchen Mindestinformationen auf der Verpackung diese Lebensmittel zu kennzeichnen sind. Diese Verordnung gilt wie alle EU-Verordnungen unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat, also auch in der Bundesrepublik Deutschland und damit auch in MecklenburgVorpommern. Die Verwendung dieser Insekten muss entsprechend kenntlich gemacht werden. Das Etikett zur Kenntlichmachung muss darauf hinweisen, dass diese Zutat bei Verzehrenden, die gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben allergisch sind, allergische Reaktionen auslösen kann. Aber allergische Reaktionen können auch durch glutenhaltiges Getreide, Krustentiere, Eier, Fische, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch, Nüsse, Sellerie, Senf, Sesamsamen, Schwefeldioxid und Sulfite in höherer Konzentration – ich habe gelernt, zu gut Deutsch Rotwein –,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Lupine oder Weichtiere wie Schnecken, Muscheln und Tintenfische hervorgerufen werden. Ein Privileg für allergische Reaktionen scheint also den Insektenzutaten nicht alleine zuzukommen. Entscheidend, und da haben Sie vollkommen recht, ist der verpflichtende Hinweis, den aber die Verordnung der Europäischen Union heute schon sicherstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da Insekten in der EU als neuartige Lebensmittel gelten, dürfen diese erst nach einer ausdrücklichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Diese wiederum wird nur erteilt, wenn belegt worden ist, dass von ihnen keine Gefahren davon für die menschliche Gesundheit ausgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und mit der bereits benannten Lebensmittelinformationsverordnung sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt werden, beim Kauf von Lebensmitteln eine fundierte und vor allem eigene Entscheidung treffen zu können. Dazu gehört dann selbstverständlich auch, dass Lebensmittelunternehmer über unerwartete Zutaten zu informieren haben, sodass eine Täuschung auf der Verbraucherseite ausgeschlossen ist. Insekten sind als Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten neuartig und noch nicht weit verbreitet. Deshalb muss eine Information über diese unerwarteten Zutaten bereitgestellt werden und zum Beispiel in Speisekarten zu finden sein. Damit ist es jedem Verbraucher beziehungsweise auch jeder Verbraucherin freigestellt, ob und welche Produkte erworben und konsumiert werden.

Da sich diese Kennzeichnungspflicht bereits aus dem EU-Recht ergibt, gibt es hier gleichermaßen keinen Handlungsbedarf. Und auch die umfangreichen Studien sind bereits vorhanden. Sie waren Grundlage des Entscheidungsvorschlags der Europäischen Lebensmittelbehörde an die Kommission.

Nun mag bei Ihnen gestern der Eindruck entstanden sein, dass, wenn der Finanzminister gestern sogar die Artenansiedelung von Schaalsee-Giraffen in Erwägung gezogen hat, heute auch weitere Studien aus der Spendierhose des Finanzministers fallen müssten. Da muss ich leider enttäuschen, der Kollege beliebte gestern nur zu scherzen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Ach so!)

Das gilt erst recht für bereits vorhandene umfangreiche Studien. Es bedarf nämlich keiner weiteren, das erforderliche Wissen ist längst vorhanden. Deshalb wird der Finanzminister darauf bestehen, auch dieses Geld nicht ausgeben zu müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie zum Abschluss im Namen des Landwirtschaftskollegen bitten, den Antrag abzulehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Innenminister!

Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Abgeordnete Thomas Diener.

(Nikolaus Kramer, AfD: Der Schnitzelkönig! – allgemeine Heiterkeit)

Ja, meine sehr verehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß noch gar nicht, wie ich anfangen soll, also unabhängig vom Schnitzel an der Stelle jetzt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Denn Sie wissen ja, eine Rede, die geschrieben ist, soll auch gehalten werden. Die Frage ist, ob die zweimal gehalten werden muss. Denn meine Rede habe ich ges

tern – ich habe es heute in der Pressemitteilung des Landwirtschaftsministers gelesen –, gestern schon gehalten. Wir haben auch alle anderen Reden gestern schon gehalten,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)

im Übrigen fand die ganze Debatte gestern schon statt. Deswegen sehe ich also davon ab, also meine Rede ein zweites Mal zu halten. Das ist mir irgendwie auch zu blöd.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Wir hatten das vergangenes Jahr schon einmal, da gab es …

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, da ist sogar die Rede zerrissen worden. Das war ja der Anfang. – allgemeine Heiterkeit)

Herr Koplin, sehr gut aufgepasst! Das wäre auch zu schade gewesen, muss ich sagen.

Heute Vormittag gab es eine Pressemitteilung des Landwirtschaftsministers, mit der er ausdrücklich Bezug genommen hat auf die gestern stattgefundene Debatte zu diesem Thema mit seinen Ausführungen, die in ähnlicher Art und Weise Minister Pegel eben gehalten hat. Ich durfte das vor einem Jahr schon mal loben, dass unser Landwirtschaftsminister so eine Art Zeitmaschine hat, wo er die Zeit einen Tag vor und einen zurückstellen kann. Das ist ein technisches Feature, das hat nicht jeder von uns. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)