Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)

Des Weiteren darf ich feststellen, dass wir ein weiteres technisches Feature haben inzwischen, und zwar ist es nun möglich, dass ein Landwirtschaftsminister quasi einen Tag zurückdatieren kann und gleichzeitig dann hier und in Büsum sein kann. Das hatten wir bisher noch nicht, das ist also auch ein ganz toller neuer Sachverhalt.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Und nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber das ist schon ein Missachten des Parlamentes,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU – Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Jawoll!)

wenn man in Wirklichkeit eine Diskussion presseöffentlich macht, die überhaupt noch gar nicht stattgefunden hat, die sicherlich geplant war für den gestrigen Tag, die aber aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr stattgefunden hat und nicht mehr stattfinden konnte, die jetzt heute stattfinden soll. Also ich brauche mich nicht zu äußern, das habe ich gestern schon alles getan. Haben vielleicht nicht alle gehört, der Minister sicherlich an der Stelle. Und das ist eine Art und Weise, in der man vielleicht auch nicht miteinander umgehen sollte.

(Enrico Schult, AfD: Sehr richtig!)

Dass man sich mal, dass sich mal was verschiebt, ist normal. Es hätte auch auf einen Freitag fallen können, es hätte auch beim nächsten Mal angehängt werden können. Aber dass man das Ergebnis einer Debatte in der Art und Weise vorwegnimmt, das ist schon bemerkenswert und vielleicht sogar mehr als bemerkenswert, und es ist nicht das erste Mal. Und deswegen möchte ich dafür plädieren an der Stelle, dass dieser Umgang miteinander in Zukunft so nicht mehr stattfindet.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)

Insofern möchte ich Sie bitten, auch das noch mal zur Kenntnis zu nehmen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Auch das ist ja eine Redensart, die nicht selten hier Verwendung findet.

Und ich darf an der Stelle vielleicht noch mal Herrn Minister Pegel bitten in Stellvertretung, das dem Landwirtschaftsminister auszurichten, sich zukünftig auch an die Gepflogenheiten des Hauses zu halten. – Haben Sie recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort der Abgeordnete Torsten Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich greife Herrn Dieners Worte mal auf: Eine Rede, die geschrieben wurde, soll auch gehalten werden – die ich jetzt verlesen darf, hätte gerne Frau Präsidentin gehalten, und jetzt darf ich sie verlesen.

Meine Damen und Herren, und wieder einmal zeigt dieser Antrag der AfD-Fraktion, dass unter dem Deckmantel des Schutzes der Konsument/-innen Angst und Misstrauen geschürt werden.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Diesmal müssen Insekten in Lebensmitteln herhalten

(Zurufe von Enrico Schult, AfD, und Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

und deren aus Sicht der AfD nicht klar ersichtliche beziehungsweise nicht ausreichende Kennzeichnung.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Aber er muss selber lachen! Er muss selber lachen!)

Man beginnt dann auch gleich mit dem Feststellungsteil des Antrages, mit der negativen Wertung solcher neuartigen Lebensmittel, zu den neben Algen, neuen Pflanzenproteinen auch die Insekten gehören, und verbindet sie mit Skepsis, Ablehnung und Befremdung, wie geschehen. Man könnte doch durchaus auch mit der Dar

stellung der Vorzüge und positiven Aspekte beginnen und sich konstruktiv dem Thema zuwenden.

(Petra Federau, AfD: Könnte man, könnte man! Tut man aber nicht!)

Man könnte feststellen, dass die Welternährungsorganisation in verschiedenen Studien festgestellt hat, dass Insekten eine sehr nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind. Man könnte erwähnen, dass Insekten durchaus eine nachhaltige Alternative zu Schnitzeln von herkömmlichen Nutztieren darstellen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

da ihr essbarer Anteil mit 80 Prozent deutlich höher als zum Beispiel beim Rind liegt, wo es nur 40 Prozent sind. Man könnte mit Blick auf steigende Kosten für tierisches Eiweiß auf Ernährungsunsicherheit, Umweltbelastung, Bevölkerungswachstum und steigende Nachfrage nach Proteinen die Bedeutung von Insekten als wichtiges Thema für Lebensmittel im 21. Jahrhundert herausstellen. Das alles könnte man, aber alles das machen Sie nicht in Ihrem Antrag. Sie stellen ab auf vermeintliche moralisierende Kampagnen und verbreiten Unsicherheit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Das nenne ich Stimmungsmache, sehr geehrte Damen und Herren, denn auch die Verbrauchersicherheit ist gegeben. In der EU müssen Hersteller für jedes Insekt, das sie auf den Markt bringen wollen, eine Zulassung beantragen. Basierend auf der Verordnung über neuartige Lebensmittel müssen Produkte eine strenge wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit durchlaufen. Die Behörde prüft die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse. Bei Antragstellung müssen die Hersteller umfangreiche Daten vorlegen über Zusammensetzung, ernährungsphysiologische, toxikologische, allergene Eigenschaften, über Herstellungsverfahren, geplante Verwendung und Verwendungsmengen ihres Produktes. Entscheidend ist, dass ein neuartiges Lebensmittel kein Sicherheitsrisiko für die menschliche Gesundheit darstellt. Ist das gewährleistet, kann die EU-Kommission die Zulassung beschließen, allerdings nur, wenn auch die Mitgliedsstaaten Ja sagen.

Und auch die Kennzeichnungspflicht ist eindeutig geregelt. Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen das in ihrer Zutatenliste klar und verständlich aufführen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nicht irregeführt werden, sie müssen selbst entscheiden können, ob sie Lebensmittel aus oder mit Insekten kaufen und konsumieren oder nicht. Vorgegeben sind die Nennung des deutschen und lateinischen Namens, Informationen über die Form der Beimischung beziehungsweise Darreichungsform – getrocknet, pastenartig oder pulverförmig – sowie Allergiehinweise in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste. Durch die Kennzeichnungspflicht ist demnach ausgeschlossen, dass essbare Insekten unbemerkt in Lebensmittel gemischt werden, abgesehen von krimineller Energie, die unterstellen wir an der Stelle nicht. Wir gehen also davon aus, dass das hier genau legal alles passiert.

Für unverpackte Lebensmittel ist keine Zutatenliste vorgeschrieben. Hier kann und muss das Verkaufspersonal bei Nachfrage Auskunft über die verwendeten Zutaten geben. Die Gefahr eines heimlichen Untermischens halten die Verbraucherzentralen für sehr gering, da Speiseinsekten derzeit noch teuer sind. Im Gegenteil, so wird die Verwendung von Insektenbestandteilen von vielen Herstellern als Verkaufsargument im Marketing benutzt und aktiv damit geworben.

Unser Fazit: Der Antrag kann unter „uninformierte Stimmungsmache“ abgelegt werden. Wir lehnen ihn ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort der Fraktionsvorsitzende Dr. Harald Terpe.

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich.“

(allgemeine Heiterkeit – Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses alte Sprichwort kennen Sie alle, und es beschreibt treffend, wie es vielen Menschen mit dem Thema „Insekten als Lebensmittel“ ergeht.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Herr Terpe hat auch keine Schmetterlinge im Bauch. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Und es ist auch nachvollziehbar, wenn Menschen derartig neuen Angeboten auf dem Lebensmittelmarkt zunächst skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Die Produktentwickler der Ernährungsbranche schlafen nicht und jeden Tag entdecken sie weltweit neue Ernährungstrends. Sie entwickeln daraus Angebote und versuchen, uns diese schmackhaft zu machen. Unsere Altvorderen wären wahrscheinlich sehr irritiert, wenn sie Rouladen oder Bratkartoffeln aus der Dose, Reispfanne im Tiefkühlfach und Pulver für das Anmischen von Rotwein sehen würden. Andere sind eben heute beim Anblick von Insekten als Beimischung im Frühstücksmüsli irritiert. Dabei ist es noch nicht mal die schlechteste Idee, denn essbare Insekten sind proteinreich, jedenfalls kein krankmachendes Ungeziefer, und ihre Produktion ist deutlich klimafreundlicher und kostengünstiger als die von Fleisch.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Um im Bild zu bleiben: Der Antrag der AfD-Fraktion ist so geschmack- und substanzlos wie so manche Tiefkühllasagne. Er verpackt irgendetwas als Problem, was überhaupt kein Problem ist. Stattdessen werden die üblichen bräsigen, dem Fremden feindliche Stereotype bedient –

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Enrico Schult, AfD)

dem Fremden, nicht fremdenfeindlich –, dem Fremden feindliche Stereotype bedient, da wird von moralisierenden Kampagnen gegen die im europäischen Kulturraum übliche Form der tierischen Nahrungsmittelerzeugung geschrieben. Damit wird einmal mehr so getan, als würde hier jemand zeigefingerschwingend durch die Lande ziehen und den Menschen zurufen: „Esst keine Schweine mehr, sondern die Grashüpfer in eurem Garten!“ Sie tun wieder mal so, als würden die Menschen gezwungen werden, nur noch Käfer zu verspeisen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das jedenfalls ist eine totale Überzeichnung der wirklichen Lage. Dabei ist das Lebensmittelrecht bei essbaren Insekten sehr klar. Den entsprechenden Link zu den Vorschriften haben Sie ja selbst in Ihrem Antrag angegeben. Für jedes Insekt, das auf den Markt gelangen soll – und das hat ja auch der Minister schon ausgeführt –, muss in der EU eine Zulassung beantragt werden. Nach intensiver wissenschaftlicher Bewertung wird dann festgelegt, ob und in welcher Form die Tiere in den Handel gelangen dürfen. Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen dies in ihrer Zutatenliste klar und verständlich kennzeichnen. Auch müssen Angaben zum Allergenpotential gemacht werden. All diese Angaben finden sich in der Regel auch auf jenen Lebensmitteln, die essbare Insekten oder ihre Bestandteile enthalten. Ein gesondertes Logo für Produkte, die nur anteilig Insekten enthalten, zum Beispiel in Form von Insektenpulver, ist nicht vorgeschrieben. Aber das ist es für zahlreiche andere Lebensmittelzusätze auch nicht. Oder haben Sie schon einmal ein großes, unübersehbares Logo auf Produkten mit Schweinegelatine gesehen?

(Der Abgeordnete Martin Schmidt bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Herr Abgeordneter …