Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und bevor ich meine Ausführungen beginne, möchte ich einen Appell noch mal an alle richten. Wir sind zurzeit in einer schwierigen Situation aufgrund des Ukrainekrieges. Wir haben hier wahnsinnige Aufgaben zu meistern, gemeinsam mit den Kommunen natürlich. Aber all diese Probleme und all unsere Auseinandersetzungen dürfen nicht dazu führen, dass wir hier Flüchtlinge gegeneinander ausspielen. Das ist mir ein persönliches Anliegen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich werde bei meinen Ausführungen auch das Thema Integration nur so am Rande einmal streifen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist aber total wichtig.)

weil dann nachher meine Kollegin dafür ans Mikrofon tritt, sondern mich auf den Bereich „Kommunales und Innen“ beschränken. Allerdings habe ich dazu doch einige Anmerkungen zu machen.

Und, Herr Reinhardt, wenn Sie eben den Flüchtlingsgipfel hier so diskreditiert haben, also das hat mich schon überrascht. Also da kann ich nur sagen, autsch, nicht mehr mit am Tisch zu sitzen, ist echt schwierig.

(Marc Reinhardt, CDU: Nö.)

Und ob Herr Kärger diese Einschätzung teilt, ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen.

(Marc Reinhardt, CDU: Muss er ja auch nicht.)

Und immer hier hervorzuheben,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

dass die Kommunen hier die Hauptlast tragen, kann man tun, aber so tun, als wenn in den letzten 30 Jahren sie nicht bewiesen haben, was sie alles leisten können, also das finde ich dann schon merkwürdig.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Frau Shepley, Ihnen fehlt der rote Faden durch unseren Antrag. Das kann man so sehen, aber wir fassen in dem Antrag zusammen, wer unserer Meinung nach auf welcher Ebene was tun kann und muss, um unserer Verpflichtung aus dem Grundgesetz – die übrigens unserem tiefsten humanitären Grundverständnis entspricht –, Menschen Asyl zu gewähren, die in ihrer Heimat nicht bleiben können, zu uns flüchten, Asyl beantragen und auch asylberechtigt sind, nachzukommen. Außerdem stellen wir damit klar, dass wir keineswegs die Augen davor verschließen, dass es an einigen Stellen nicht wirklich rund läuft und wir Anstrengungen an einigen Stellen echt verstärken müssen. Daher besteht unser Antrag auch aus den vielen Einzelpunkten, die Forderungen an die Landesregierung und die Bundesregierung formulieren, aber auch die kommunale Ebene natürlich nicht außen vor lassen.

Das Ziel, wurde mehrfach genannt, ist unsere Überschrift „Geflüchteten Schutz bieten – Kommunen unterstützen“ und vor allen Dingen unsere Willkommenskultur zu stärken, ich muss sagen, wieder zu stärken. Sie hat doch ein wenig nachgelassen, auch leider auf der kommunalen Ebene. Und wir in Nordwestmecklenburg haben ein gutes Integrationskonzept, das eine Willkommenskultur meiner Auffassung nach sehr gut auch spiegelt. Zurzeit, was man so öffentlich erlebt, sieht das allerdings anders aus.

Wir stehen zu unserer Verantwortung und unterstützen die Kommunen. Der Flüchtlingsgipfel ist erwähnt worden und diskreditiert worden. Die Ausfinanzierung der Unterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen ist angesprochen worden und vieles mehr. Und heute anfangs saß hier ein Landrat auf der Besuchertribüne,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: SPD-Landrat, den meinen Sie, ne?)

ja, der aber durchaus einiges vorzuweisen hat,

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Sich aber nicht traut, sich mit der AfD zu treffen.)

was gute Unterbringung und Integration in die Kommunen angeht.

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Für ein Gespräch nicht zur Verfügung steht.)

Und da gibt es zahlreiche Bürgermeister, die da auch einen ganz anderen Blick drauf haben

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Der will nicht mal schnacken.)

als vor allen Dingen natürlich

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Der will nicht mal schnacken!)

die Kollegen hier auf der rechten Seite.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und das ist auch noch angesprochen worden, der Antrag nennt ergänzend die Aufforderung an unsere Landesregierung, Investitionsentscheidungen von Kommunen für dauerhafte Bauten zu unterstützen, serielles Bauen zu fördern und Planungssicherheit für die Schaffung von Gemeinschaftsunterkünften bei wechselnder Auslastung anzustreben. Das ist hier kritisiert worden oder hinterfragt worden. Aber was sagt das denn aus? Das hat doch auch was damit zu tun, dass möglicherweise hier eine Kostenfrage auf das Land zukommt. Und diese Formulierung ist doch nicht substanzlos.

Wir wollen, dass für zentrale Fragen des Einwanderungsrechts und der Arbeitsmigration eine zentrale Stelle zur Unterstützung der Ausländerbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten, insbesondere für rechtlich besonders herausfordernde Fälle eingerichtet wird, und erwarten dafür eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes. Des Weiteren stellen wir die Forderung an den Bund auf, Liegenschaften des Bundes bereitzustellen, die finanziellen Hilfen auszuweiten, die Verfahren im Asylrecht zu beschleunigen, Fast-Lane-Verfahren für Intensivstraftäter einzuführen, wobei die Bundesregierung die Rückführungsmöglichkeiten durch partielle diplomatische Kontakte in alle denkbar relevanten Länder unterstützen muss.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie sind doch Regierungspartei. Das können Sie doch einfach machen, anstatt hier zu schnacken.)

Das ist ja auch so ein Punkt, der immer mal wieder hier gefordert wird.

(Horst Förster, AfD: Frau Faeser verbietet die Abschiebung von Vergewaltigern, von Straftätern.)

Zudem soll für juristisch besonders herausfordernde Fallkonstellationen bei Rückführungen eine ständige Fallkonferenz im Bundesministerium des Innern Länder und Kommunen mit hoch spezialisiertem Expertenwissen unterstützen. Und auch, dass unsere Landesregierung sich dafür einsetzen soll, dass Gerichtsverfahren im Rahmen der Asylverfahren durch die Schaffung von gesonderten Asylkammern an den Verwaltungsgerichten, die Straffung des Instanzenzuges und eine maximale Arbeitsdauer bis zur Entscheidung von sechs Monaten massiv beschleunigt werden, das können Sie doch nicht ernsthaft hier kritisieren!

Wir stehen aber auch zu unserer Verantwortung, Schutz zu gewähren, Schutz natürlich der Geflüchteten, die zu uns kommen, Schutz für die ehrenamtlich Engagierten in der Flüchtlingshilfe. Und das bedeutet für uns auch nicht, dass wir den Schutz für unsere Bürgerinnen und Bürger deswegen vernachlässigen oder aber auch die der Entscheidungsträger vor Ort, die ja zurzeit, die ja zurzeit auch sehr unter Druck stehen. Das ist einfach das tägli

che Brot unserer Sicherheitsbehörden und übrigens auch unserer Zivilgesellschaft, was die Zivilcourage angeht.

Ich möchte an dieser Stelle noch mal etwas ausführlicher auf das Thema „illegale Migration“ eingehen, das ja in einigen Anträgen auch benannt wird.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Vor vier Wochen kannten wir dieses Wort gar nicht aus Ihrem Mund.)

Für Personen, die ausreisepflichtig sind, weil die Asylverfahren negativ ausgegangen sind, da ist überhaupt nicht strittig, illegale Aufenthalte zu beenden. Das wollen wir auch. Das Asylrecht in Deutschland ist in den vergangenen Jahren dahin gehend auch mehrfach verschärft worden.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das wird aber nicht angewendet korrekt.)

Bemühungen für Abkommen mit Staaten, aus denen Menschen zu uns geflüchtet sind, diese zurückzunehmen, haben sich aber bereits in der Vergangenheit als äußerst schwierig erwiesen. Die Anstrengungen der Bundesregierung werden sich da, werden da noch intensiver werden, das wurde angekündigt.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie haben noch gar nicht angefangen! – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Wie erfolgreich das letztendlich sein wird, das wird die Zeit erweisen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Abdanken sollte die Bundesregierung!)

Aber meinen wir überhaupt alle dasselbe, wenn wir von illegaler Migration sprechen, also von kriminellen Ausländern, die sich hier nicht aufhalten dürfen? Wen genau meinen Sie? Das, was Sie meinen, das wissen wir, glaube ich, das haben Sie oft genug schon gesagt. Aber Sie kennen auch alle die Gründe, wie Menschen in die aufenthaltsrechtliche Illegalität geraten. Das hat Frau Shepley, glaube ich, schon angesprochen. Jeder, der hier den Fuß auf unseren deutschen Boden praktisch erst mal setzt, ohne dass er bereits ein Visum oder sonst was hat, ist erst mal illegal. Aber sobald er hier ist und einen Asylantrag stellt,

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Das bleibt eine Straftat.)

ist er eben nicht mehr illegal. Und der Mensch ist sowieso nicht illegal. Der Aufenthaltsstatus kann „illegal“ sein, aber sobald hier ein Antrag gestellt wurde, können Sie das vergessen, verstehen wir jedenfalls nicht mehr unter „illegal“.

Teilweise sind Menschen natürlich hier, das hatte ich gerade schon gesagt, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die ausreisepflichtig sind. Die sind eben noch da. Aber dass diese, die tatsächlich nach Deutschland ohne Aufenthaltsberechtigung einreisen und nach der Einreise auch keinen Asylantrag stellen, das sind nämlich wirklich diejenigen, die aufenthaltsrechtlich sich in einer Illegalität befinden, das ist hier nicht die überwiegende Anzahl, die bei uns die Gemeinschaftsunterkünfte verstopft, weil

diese Menschen, die werden ja auch, wenn sie illegal sich hier aufhalten, also nicht erwischt werden, nämlich dann werden sie ja, damit haben sie sich ja strafbar gemacht und damit werden sie ja behördlicherseits wieder registriert und möglicherweise bestraft und so weiter und so fort. Also das sind ja nicht primär die Personen, die hier die Gemeinschaftsunterkünfte verstopfen.

Und deswegen ist es auch müßig, immer auf diesem Personenkreis in Verbindung mit den Aufnahmekapazitäten unserer Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte rumzureiten. Es sind natürlich nennenswerte Zahlen, aber allein die Abhilfe hierbei, also wenn wir tatsächlich jeden, der in einer Gemeinschaftsunterkunft ausreisepflichtig ist, rausrechnen, dann haben wir nicht so eine große Entlastung, dass das ausreichen wird. Also das ist ein, das wird immer etwas übertrieben dargestellt, was man damit alles erreichen könnte. Das sollte man auch mal ins rechte Licht rücken.

Ob ausreichend von der Rückschiebemöglichkeit Gebrauch gemacht wird, die es ermöglicht, dass Personen, die unerlaubt einreisen und unmittelbar nach dem Grenzübertritt aufgegriffen werden, zurückgeschoben werden oder zurückgewiesen, bevor der Grenzübertritt überhaupt erfolgt ist, das mag ich jetzt an dieser Stelle nicht beurteilen.