Am 24. Oktober, also erst vor zwei Wochen, ist die erwartete Entscheidung der EU-Fischereiminister gefallen. Das Fangverbot für Dorsch und Hering bleibt bestehen. Beide Fischarten dürfen bei uns nur als Beifang in den Netzen landen. Dazu wurde die Freizeitfischerei auf dem Dorf geschlossen. Anglerinnen und Angler dürfen also weder Dorsch fangen, anlanden, noch mitnehmen. Ja, das führt dazu, dass der Niedergang der Fischerei natürlich nicht aufgehalten wird. Deshalb ist es auch weiterhin Aufgabe der Politik, so, wie es seit Jahren betrieben wird, Alternativen für diese alte Tradition zu suchen und zu bieten und eben eine Tradition, so, wie es auch im Titel der Aussprache gilt, eine Tradition, eine Transformation zu ermöglichen, Einkommen und Existenzen zu sichern.
Und wie das immer so ist, wenn eine alte, Jahrhunderte ausgeübte Tätigkeit, ein ganzer und unser Bundesland prägender Berufszweig betroffen ist, wird das Thema kontrovers und sehr emotional diskutiert. Die Positionen reichen nur …
Die Positionen reichen da von völlig unzureichenden Maßnahmen, um die praktisch kollabierten Bestände von Dorsch und Hering in der Ostsee zu schützen, bis hin zu Vorschlägen, man müsse nur den Ausbau aller Offshoreanlagen verhindern und genug Kormorane und Kegelrobben töten, dann könne man sicher bald weiterfischen wie früher.
Das ist natürlich eine Zuspitzung von auf der einen Seite CDU und AfD und auf der anderen Seite Umweltverbänden, aber ich will jetzt auch mal auf Herrn Diener verweisen, der hat ja vor Kurzem reagiert. Und da möchte ich dann mit Erlaubnis der Präsidentin kurz zitieren: „In der gesamten westlichen Ostsee dürfen lediglich 73 Tonnen Dorsch von Fischern aus Mecklenburg-Vorpommern angelandet werden. Damit ist das Ende dieser traditionellen Fischereiform faktisch besiegelt. Keinerlei Berücksichtigung bei der Entscheidung des EU-Ministerrates fanden offensichtlich die Einflüsse von Kormoran, Kegelrobbe oder die kommerzielle Nutzung der Ostsee auf den Dorschbestand. Fischer werden unhinterfragt zu Schuldigen gestempelt.“ Zitatende.
Ich habe in den Beschlüssen des EU-Ministerrates keine Schuldzuweisungen gelesen, und wenn ich die Aussagen von Herrn Diener zu Ende denke, würde dies ja bedeuten, wir fischen einfach weiter wie bisher, führen Futterkontingente für den Kormoran ein und schießen dann zusätzlich alles ab, was von den schwarzen Vögeln auf den Küstenbäumen sitzt. Und den Robben, denen könnte man ja dann das natürliche Verhalten austreiben. Und sowieso haben die ja hier bei uns in der Ostsee nichts zu suchen.
Ich finde es auch übrigens befremdlich, wenn die CDU die Fischerei als Grund anführt, gegen den Ausbau der Erneuerbaren zu Felde zu ziehen. Mir ist da das Agieren unserer rot-roten Landesregierung wesentlich näher, Lösungsorientiert an den drohenden Niedergang der Kutter- und Küstenfischerei von Mecklenburg-Vorpommern heranzugehen.
Zuerst einmal bin ich Minister Backhaus sehr dankbar, dass er sich seit vielen Jahren für die Interessen der kleinen und Kutter- und Küstenfischerei des Landes eingesetzt hat.
Immerhin konnte Mecklenburg-Vorpommern Ausnahmen für die Küstenfischer erreichen. Die gezielte Fischerei mit passiven Fanggeräten, also mit Reusen und Stellnetzen in Bezug auf den Hering in der westlichen Ostsee, bleibt uns erhalten. Das ist sehr erfreulich, löst aber das Problem natürlich nicht ansatzweise. Das wissen wir hier alle. Auch die Landesregierung weiß das. Wäre die Ausnahmeregelung aber entfallen, wäre dies einem Berufsverbot gleichgekommen. Unserer Meinung nach beeinflusst die kleine Küstenfischerei die Bestandsentwicklung aufgrund der geringen Entnahmemengen kaum. Deshalb noch einmal mein Dank auch an Herrn Backhaus!
Und trotzdem müssen wir hier und heute konstatieren, dass die Kutter- und Küstenfischerei und mit ihr ein jahrhundertealtes Kulturgut im Niedergang begriffen ist.
Hier zitiere ich aus einer PM des Landwirtschaftsministeriums: „Selbst eine Besserung der Rahmenbedingungen in einigen Jahren würde den befürchteten Niedergang der Ostseefischerei nicht mehr aufhalten, da es bereits jetzt an Nachwuchs und an einer soliden wirtschaftlichen Basis fehlt.“ Zitatende. Wir brauchen also einen Plan zur Transformation der deutschen Fischerei an der Ostsee.
(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Alles, was wir brauchen, ist ein Regierungswechsel. Das braucht die Bevölkerung im Lande, und das möglichst schnell.)
Und wie Minister Backhaus uns ja bei jeder Gelegenheit erklärt, ist Mecklenburg-Vorpommern auch hier an der Spitze der Bewegung. Unser Land hat seine Hausaufgaben gemacht, wir sind kreativ geworden. Wir wollen die traditionsreiche Ausbildung zum Fischer hin zu einem Fachwirt für Fischerei und Meeresumwelt weiterentwickeln.
Wir wollen so auch die Sea-Ranger im Küstenmeer ermöglichen. Wir wollen die traditionelle Fangflotte zu einer umweltverträglichen Fangflotte umbauen.
Wir wollen, dass künftig überhaupt noch gefischt werden kann, und das im Einklang mit Umwelt und Natur, im
Einklang mit dem Erhalt der Bestände der ehemaligen Brot- und Butterfische Dorsch und Hering. Am vorhandenen Geld für die anstehenden Transformationsprozesse wird es nicht scheitern. Aus dem EMFAF können wie bisher verschiedenste Maßnahmen unterstützt werden.
Moderne Schiffsverfolgungs-, Melde- und Überwachungssysteme, Investitionen in Sicherheit und Hygiene an Bord, Veredelung und Direktvermarktung an Land und Diversifizierungsmaßnahmen werden mit bis zu 75.000 Euro pro Antragsteller gefördert. Investitionen in die kleinskalige, umweltgerechte Aquakultur im Küstenmeer, Vorhaben des Bundes und der Länder zur Überwachung, Fischereiaufsicht und Digitalisierung sowie zum Bestandsmanagement bedrohter Arten wie Aal, Stör und Meerforelle können auch aus dem EMFAF gefördert werden.
Und wenn Herr Diener meint, der Ausbau der Windenergie im Küstenmeer ist eines der Probleme, was zum Niedergang maßgeblich beiträgt, sehe ich diesen Ausbau auch als einen Teil einer möglichen Lösung.
Es wurde schon angesprochen, die Ausschreibungen nach dem Windenergie-auf-See-Gesetz können für einen wahren Geldsegen für den notwendigen Transformationsprozess sorgen. Eine Fischereikomponente für Maßnahmen zur umweltschonenden Fischerei wurde eingeführt. Mit den circa 670 Millionen Euro ließe sich der Transformationsprozess der Kutter- und Küstenfischerei in Nord- und Ostsee wirksam unterstützen. Immerhin sind das dreimal so viele Mittel, wie Deutschland aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds zur Verfügung stehen.
Außerdem warte ich sehnsüchtig auf die für diesen Herbst angekündigten Ergebnisse des Runden Tisches Ostseefischerei. Der hat eine eigene Kommission eingesetzt, um ein zukunftsorientiertes Leitbild für die Ostseefischerei zu entwickeln. Ein Leitbild kann aber auch immer nur einen Rahmen setzen. Was wir brauchen, ist eine Strategie von Bund und Küstenländern, ausgerichtet auf Erhaltung und Neuausrichtung der Fischerei. Natürlich brauchen wir dann auch entsprechende Finanzmittel zur Umsetzung. Mecklenburg-Vorpommern wird dazu bereit sein. – Vielen Dank!
Herr Seiffert, Sie sprachen eben vom Blei, der hier in diesen Breitengraden als Brasse bekannt ist. Unser Thema ist die Kutter- und Küstenfischerei. Der Blei ist aber ein Süßwasserfisch, der hat gar nichts mit der Ostsee zu tun, das als erste Äußerung.
Und zum Zweiten sprachen Sie an, dass der Kormoran ja gar nicht gezielt auf den Dorsch oder auf den Hering geht, aber ich möchte Sie doch darauf hinweisen, dass es so was wie Nahrungsketten gibt. Und natürlich ist es
so, wenn der Kormoran viele kleine Fische wegfrisst und Krebse und was weiß ich, das ist doch klar, dass die dann in der Nahrungskette fehlen bei den Fischen, über die wir gerade mit Quotierung reden. Also ich weigere mich zu glauben, dass Sie dieses biologische Verständnis nicht an den Tag legen können, tut mir leid.
Das ist ja genau der Punkt. Kormorane, Robben und auch Schweinswale gehören ja in dieses Nahrungsnetz genauso hinein. Sie sind genauso Teil des Ganzen und regulieren natürlich. In der Vergangenheit haben sie auch Bestände reguliert. Der Mensch hat aber in diese Prozesse eingegriffen. Was hat er gemacht? Er hat selektiv einzelne Fischarten herausgesammelt und hat viele andere losgelassen, mal ganz davon abgesehen, dass es auch viele Brackwasserfischarten gibt, aber das nur mal so am Rande. Aber der Mensch war es, der dieses ganze System durcheinandergebracht hat, und die Folgen, die haben wir jetzt auszubaden.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das war aber schwach.)
Und ich versuche es noch einmal im Guten: Ich bitte davon Abstand zu nehmen, zu kommentieren, einmal, wenn hier jemand ans Rednerpult geht, aber auch, wenn jemand eine Antwort gegeben hat. Ich glaube, das steht keinem von uns hier zu, das so lautstark dann zu kommunizieren.
Und, Herr de Jesus Fernandes, wenn Sie damit nicht einverstanden sind, können wir uns nachher oder irgendwann zu gegebener Zeit darüber noch mal im Ältestenrat verständigen.
Das ist aber im Moment die Verständigungslage, wie wir sie im Ältestenrat haben, und mein Verständnis davon, wie wir hier im Parlament miteinander umgehen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der heutigen Aussprache, „Die Kutter- und Küstenfischerei im Wandel“ weckt bei mir Kindheitserinnerungen, ruft sofort Bilder von Fischkuttern damals am Rigg, später am Alten Strom oder in Freest hervor. Sie erfüllen mich auch mit Wehmut. Sporadisch erlebe ich heute nur noch den Wandel und die Ungewissheit, wie es weitergehen wird. Und ich denke, es lohnt sich, gemeinsam für die Fischerei und ihre Zukunft in unserem Land uns einzusetzen.
Fischerei ist in Mecklenburg-Vorpommern ein wichtiges Kulturgut, von alters her Existenz- und Ernährungsgrundlage. An den Küsten in Pommern hat der Hering es als Heringssalat auf die Festtagsspeisekarte zu Weihnachten geschafft. Frischer Fisch gehört zu unserem Land wie der Strand und das Meer. In den vielen Häfen entlang der Küste gehören Fischerboote heute zu den Toptouristenattraktionen. Und nicht zu vergessen, im Mecklenburger Heimatlied heißt es: „Wo der Fischer fischt mit seiner starken Hand, da ist meine Heimat, Mecklenburger Land“.