Diese Beschreibung trifft kaum auf unsere Bibliotheken zu, sondern viel eher auf die Opposition selbst; denn diese Große Anfrage war ein völlig unzureichendes Mittel, um evtl. die Regierung in die Ecke stellen zu wollen. Mit dieser Intention Ihres Antrages haben Sie es bestimmt nicht geschafft.
„Die Situation der wissenschaftlichen Bibliotheken in Niedersachsen hat sich weiter verschlechtert.“
(Althusmann [CDU]: Wenn es etwas gäbe, was gut zu machen wäre, dann würden Sie auch das schlecht ma- chen!)
kommt bitte auf keinen Fall nach Niedersachsen, weder zum Studieren noch um eine akademische Laufbahn einzuschlagen! Bleibt bitte alle woanders und kommt nicht hierher!
Frau Mundlos, wenn Sie wirklich an einer Antwort interessiert gewesen wären, dann hätten Sie geschrieben: Hat sich die Situation der niedersächsischen Bibliotheken weiter verschlechtert? - Sie wollten offensichtlich gar nichts über die Situation wissen. Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen die fundierte Beantwortung der Frage und das, was der Minister soeben ausgeführt hat, gar nicht gut in den Kram passt; denn Sie wollten es ja eigentlich anders haben.
- Nein. Das weiß ich doch; denn sonst hätte sie ja nicht so gefragt. Die Frage ist doch eindeutig negativ gestellt.
Meine Damen und Herren, in der Großen Anfrage bezieht sich die CDU-Fraktion auf eine Stellungnahme des Niedersächsischen Beirats für Bibliotheksangelegenheiten aus dem Jahre 1994, und das ist immerhin acht Jahre her. Sie tut damit so, als wenn in den vergangenen acht Jahren im Bereich der Informationsversorgung nichts passiert wäre.
Nun muss man sich einmal vorstellen: Damals - also 1994 - gab es ungefähr 4 Millionen Rechner, die über das Internet miteinander verbunden waren. Heute sind es schätzungsweise bis zu einer Milliarde. Trotzdem meint die CDU-Fraktion, es hätte sich im Laufe dieser Zeit in unseren Bibliotheken gar nichts getan, sondern diese Entwicklung wäre spurlos an ihnen vorbeigegangen. Frau Mundlos, in Niedersachsen schlafen weder die wissenschaftlichen Bibliotheken noch die Bibliotheken an den Hochschulen auf den Bäumen, und genauso wenig die Landesregierung.
Sehr geehrter Damen und Herren, die Attraktivität einer Hochschule ist immer von der Qualität ihrer Bibliotheken maßgeblich abhängig. Frau Mundlos, das haben Sie vorhin ganz richtig gesagt.
Das war schon im 18. Jahrhundert so, als sich die Universität Göttingen - nicht zuletzt dank des legendären Rufs ihrer Bibliothek - zu einem der Zentren der Wissenschaft in Deutschland entwickelte. Diesem Ruf fühlen wir uns auch heute noch verpflichtet. Das geht eindeutig aus der Beantwortung der Großen Anfrage hervor.
Heute stehen die Bibliotheken vor neuen Herausforderungen. Sie müssen die Wissenschaftlerinnen und Studentinnen nicht nur mit gedruckter Literatur, sondern auch mit digitalen Informationen versorgen. Sie müssen angesichts steigender Kosten untereinander sinnvolle Kooperationen eingehen und so effizienter mit ihren Ressourcen haushalten. Sie müssen die Chancen der Digitalisierung alter Bestände nutzen. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt.
Meine Damen und Herren, wer die Antwort der Landesregierung liest, kann nur zu einem Ergebnis kommen: Die niedersächsischen Hochschulbibliotheken und die wissenschaftlichen Bibliotheken im Lande sind für diese Herausforderung hervorragend gerüstet. Ich möchte nur einige Beispiele herausgreifen.
Die Landesregierung hat schon früh erkannt, dass vor allem im Bereich der Katalogisierung eine enge Kooperation der Bibliotheken untereinander den Service für die Benutzer verbessern und die Kosten zu senken hilft.
- Es ist eine Tatsache, dass in diesem Parlament jede und jeder ihre und seine Spezialgebiete hat. Frau Vockert weiß z. B. ganz viel über Jugendpolitik, aber ich glaube nicht so sehr viel über wissenschaftliche Bibliotheken.
Inzwischen profitieren mehr als 400 Bibliotheken in sechs Bundesländern - nämlich in den vier norddeutschen Ländern und dazu Sachsen-Anhalt und Thüringen - von dem gemeinsamen Bibliotheksverbund. Das sind die positiven Erfahrungen des Bibliotheksrechenzentrums. Der Verbund ist auf Initiative des Landes Niedersachsen zustande gekommen. Der GBV hat seinen Sitz übrigens in Göttingen. Das ist auch interessant: nicht in einem anderen Bundesland, sondern in Niedersachsen. Der GBV verwaltet den bundesweit größten Bibliothekskatalog, der frei über das Internet zugänglich ist. Dieser Katalog erleichtert nicht nur die Suche nach gedruckter und digitaler Literatur. Er hilft auch, Kosten zu sparen. Das ist auch ein Gesichtspunkt, Frau Mundlos, nicht nur, dass die Zuschüsse steigen, sondern man muss auch erkennen, dass man durch die neuen Medien Kosten sparen kann.
Die durch die Synergieeffekte bei der Verwaltung eingesparten Ressourcen sind wiederum dem Service zugute gekommen. Der Minister Oppermann hat schon erwähnt, dass die Öffnungszeiten um 10 % verlängert worden sind. Frau Mundlos, ich frage mich wirklich, warum es in einer Zeit, wo wir online von zu Hause aus in Kataloge usw. Einsicht nehmen können, unbedingt notwendig ist, dass Bibliotheken rund um die Uhr geöffnet haben. Das ist ein bisschen widersinnig.
Auch die Servicequalität der niedersächsischen Hochschulbibliotheken ist beachtlich. Sie waren beispielsweise Vorreiter bei der Einführung der Online-Fernleihe - also der Bestellung von in der eigenen Bibliothek nicht vorhandenen Büchern über das Internet. Es wäre aber falsch, Frau Mundlos, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Deshalb entwickeln die Bibliotheken ihr Serviceangebot ständig weiter, indem sie z. B. Schneisen in den Informationsdschungel des Internets schlagen oder die Studierenden - wie z. B. in Oldenburg - per Internet-Chat beraten.
Meine Damen und Herren, zahlreiche niedersächsische Bibliotheken nehmen im Rahmen bundesweiter Kooperation Spezialaufgaben wahr. So ist die Technische Informationsbibliothek in Hannover die nationale Fachbibliothek für den Bereich Technik und ihre Grundlagenfächer. Sie bietet damit auch Kunden aus Wirtschaft und Verwaltung wichtige Dienstleistungen an. Mit der Her
zog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel und der Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek nehmen gleich zwei niedersächsische Bibliotheken die Funktion einer dezentralen Nationalbibliothek wahr. Die Bibliotheken der TU Braunschweig, der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, der Universität Osnabrück und viele weitere sind von der Deutschen Forschungsgemeinschaft damit beauftragt worden, für bestimmte Fachgebiete als Zentralbibliotheken aufzutreten. Das ist nicht nur ehrenhaft, sondern bringt auch zusätzliche Mittel in die Bibliotheken und verbessert so die Literaturversorgung vor Ort. Das kommt in Ihrer Betrachtung überhaupt nicht vor.
- Also, Frau Mundlos, was Sie sagen, ist doch direkt lächerlich. Sie wissen doch ganz genau, dass das Einwerben von Drittmitteln zum Geschäft der Universitäten und selbstverständlich auch zum Geschäft der Bibliotheken gehört.
In den Lesesälen der wissenschaftlichen Bibliotheken stehen inzwischen mehr als 1 000 vernetzte PCs und 770 Anschlüsse für Notebooks zur Verfügung. Die Bibliotheken beziehen mehr als 14 000 elektronische Zeitschriften im Abonnement und verfügten im Jahr 2000 - in der Beantwortung der Großen Anfrage beziehen sich die Zahlen auf das Jahr 2000 - über einen Erwerbungsetat von knapp 52 Millionen DM. Hier ließen sich noch weitere, wirklich beeindruckende Zahlen zitieren. Sie alle belegen, dass die Bibliotheken als Informationszentralen der Hochschulen einen entscheidenden Beitrag zur Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Niedersachsen leisten. Das sollten wir wirklich immer wieder betonen und nicht den Wissenschaftsstandort Niedersachsen hier im Parlament nieder reden.
Meine Damen und Herren, die Bibliotheken bieten für die Wissenschaft moderne Infrastruktur. Doch darin allein erschöpft sich ihre Aufgabe keineswegs. Die Bibliotheken sind auch die wichtigsten Orte, in denen die Zeugnisse des kulturellen Vermächtnisses verwahrt und zugänglich gemacht werden. Auch in diesem Bereich haben die niedersächsischen Einrichtungen viel zu bieten.
So konnte z. B. die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen vor kurzem ein besonderes Ereignis feiern: Das wertvollste Buch in ihrem Bestand - das Pergamentexemplar der 240-seitigen Gutenberg-Bibel - wurde in das UNESCO-Register „Memory of the World“ aufgenommen. Diese wohl höchste Auszeichnung, die einer Bibliothek zuteil werden kann, war auch eine Ehrung für das ambitionierte Projekt „Gutenberg digital“. Mit Unterstützung der Landesregierung hat die Bibliothek das komplette Werk digitalisiert und ins Internet gestellt.
Auch die anderen Bibliotheken präsentieren ihre Schätze der Öffentlichkeit. Das darf man auch nicht vergessen. So ist die Zahl der kulturellen Veranstaltungen in wissenschaftlichen Bibliotheken gegenüber 1995 um 40 % gestiegen. Diese Vermittlungsaktivitäten sind kein überflüssiger Luxus. Durch sie informieren die Bibliotheken über ihre von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanzierte Arbeit und leisten zudem einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben in Niedersachsen und natürlich auch in den Orten, in denen sie ansässig sind.
Sie sehen, die niedersächsischen Hochschulbibliotheken und die wissenschaftlichen Bibliotheken in Niedersachsen haben die Herausforderung der Wissensgesellschaft nicht nur angenommen, sondern sind auch dabei, sie zu bewältigen. Sie werden sich auch in Zukunft auf unsere Unterstützung verlassen können. Frau Mundlos, vielen Dank, dass Sie diese Anfrage gestellt haben. Jetzt wissen wir alle Bescheid, wie es im Lande wirklich aussieht. Sie können also Ihre Annahmen zurücknehmen.
Vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im MWK, die die umfangreiche Beantwortung vorgenommen haben. - Ich danke Ihnen.
Sie behaupten, die Kolleginnen von der CDUFraktioin hätten im Regelfall keine Ahnung. Bei uns in der Fraktion ist das anders. Es gilt die Parole: Der eine kann dies, der andere kann das, keiner kann alles, aber jeder kann was. Vielleicht sollten Sie das in Zukunft als elegantere Formel für Ihren Umgang mit der Opposition beherzigen.
Zur Sache selbst. Es ist richtig, dass sich die Anforderungen an die niedersächsischen Hochschulbibliotheken in den letzten Jahren dramatisch gewandelt haben. Man hat darauf mit dem Konsortium zur Zeitschriftensicherung in den Bibliotheken reagiert. Auch die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich verändert. Dem mussten die Aus- und die Fortbildung entsprechen.
Klar ist auf jeden Fall aber auch, dass die finanzielle Ausstattung der Bibliotheken mit der technischen Erneuerung Schritt halten muss. Ich kann Ihnen sagen, Herr Oppermann, dass ich mich dabei nicht auf eine Studie aus dem Jahr 1994 beziehe, sondern ich habe vor rund vier Monaten mit den zuständigen Bibliotheksvertretern ein Gespräch geführt. Es gibt dort bei der finanziellen Ausstattung tatsächlich Probleme. Das kann gar nicht anders sein. Einen Grund dafür haben Sie selbst schon genannt. Dabei handelt es sich um den enormen Kaufkraftverlust aufgrund von Währungsverschiebungen in Höhe von rund 40 %. Ein anderer Grund sind aber auch die gestiegenen Anforderungen im Bereich der digitalen Informationsverarbeitung. Ich bin sehr im Zweifel darüber, ob der Betrag, den Sie für die Absicherung dieses Konsortiums in den Haushalt eingestellt haben, den gestiegenen Anforderungen tatsächlich gerecht wird.