Meine Damen und Herren, eine noch tiefere Verankerung der Hochschulen in die Gesellschaft ermöglicht die Stiftungsuniversität. Hier ist anfangs gesagt worden: Da will gar keiner rein, daran hat keiner Interesse. Aber inzwischen haben drei Hochschulen - die Fachhochschule Osnabrück, die Universität Lüneburg und die Medizinische Hochschule Hannover - einstimmig in ihren Senaten beschlossen, mit uns über den Übergang in eine Stiftungshochschule zu verhandeln.
Die Vorzüge der Stiftungsuniversität sind bekannt: die juristische Verselbständigung gegenüber dem Staat, die Dienstherreneigenschaft für alle Beschäftigten, die Übertragung der Liegenschaften in das Eigentum der Hochschulen, die Gewinnung herausragender Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Stiftungsrat, ein hohes Identifikationspotenzial, weil die Stiftungen, im Gegensatz zum Staatsbetrieb, eine Institution der Bürgergesellschaft sind. Nicht zuletzt mit dem neuen Stiftungssteuerrecht gibt es mittelund langfristig die Chance, ein Stiftungskapital aufzubauen, dessen Erträge zusätzlich zur staatlichen Finanzhilfe für Innovationen in Forschung und Lehre eingesetzt werden können.
Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, meine Damen und Herren: Wir brauchen in Deutschland mehr privates Kapital für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Frau Mundlos, wenn Sie sagen, diese Stiftungen seien Etikettenschwindel, dann empfehle ich Ihnen einmal ein Gespräch mit meinem Kollegen Pfeiffer, der die Bürgerstiftungen aufgebaut hat. Sie können auch mit mir sprechen; ich habe selber eine Bürgerstiftung mit gegründet. Diese Bürgerstiftungen haben ohne großes Kapital begonnen. Sie haben mit ganz wenig Geld begonnen. Vor allen Dingen war ihr Kapital Begeisterungsfähigkeit und der Wunsch, etwas für das Allgemeinwohl zu tun. Das ist übrigens ein Kapital, das man überhaupt nicht unterschätzen darf. Aber mittel- und langfristig werden auch die Bürgerstiftungen Kapital sammeln. Dafür braucht man Zeit.
Übrigens auch die sagenhaft reichen amerikanischen Spitzenuniversitäten haben ganz klein angefangen. Die Princeton University zum Beispiel hat vor 250 Jahren mit einem Stiftungskapital von 185 Pfund angefangen.
Nein. - Das hat 250 Jahre gedauert. Aber ich glaube, liebe Rebecca Harms, dass wir auch in Deutschland eine Kultur der Philanthropie und des Mäzenatentums aufbauen können.
Es ist kein Naturgesetz, dass die Deutschen öffentliche Aufgaben nur ausschließlich über den Staat finanzieren können und nicht auch über die Gesellschaft. Hochschulen sind immer noch auf den armen Staat fixiert, aber ignorieren die reiche Gesellschaft. Wie reich diese Gesellschaft ist, kann man in der Tat daran ablesen, dass Jahr für Jahr ein Geldvermögen von 360 Milliarden DM vererbt wird. Nur 1 % dieser Summe, nämlich 3,6 Milliarden DM - um mal eine Größenordnung zu nennen -, würde die Unterfinanzierung der deutschen Hochschulen sofort beseitigen.
Richtig ist natürlich: Die ersten 10 Millionen sind die schwersten. Wir werden den Stiftungshochschulen durch den Aufbau eines professionellen Fund-raising helfen. Aber viel wichtiger ist, Frau Mundlos: Noch bevor die erste Stiftungshochschule den ersten Euro eingeworben hat, verändert sich die Haltung. Wer nämlich von anderen Leuten Geld will, muss sie überzeugen - mit Argumenten und im Falle von Hochschulen vor allem mit Qualität. Qualität in Forschung und Lehre wird ein
Erfolgsprinzip von Stiftungen. Wer Geld von Absolventen will, muss diese Absolventen exzellent ausbilden, damit sie das Gefühl bekommen: Wir müssen der Hochschule, von der wir etwas bekommen haben, auch wieder etwas zurückgeben.
Stiftungsuniversitäten werden von niemand gefördert, weil es sie gibt, sondern sie werden nur gefördert, wenn und soweit sie gut sind. Deshalb muss man in diesen Kontext meine Aussage stellen, Herr Golibrzuch, dass ich mir vorstelle, dass die besten und fittesten Hochschulen in Niedersachsen Stiftungshochschulen werden. Das können im Prinzip alle sein. Es geht darum, dass die Bedingung für die Umwandlung in eine Stiftung der absolute Wille ist, die Qualität zu steigern. Das ist das Entscheidende.
Wenn Sie immer sagen „Wir schaffen eine ZweiKlassen-Gesellschaft“: Natürlich sind die Grundstücke der Medizinischen Hochschule in Hannover teurer als etwa die Grundstücke der Fachhochschule in Suderburg. Natürlich kann die Universität Hannover 50 000 Absolventen ansprechen und eine andere Hochschule nur bedeutend weniger. Was Sie aber immer wollen, ist, in Analogie zum Risikostrukturausgleich, so etwas wie ein Chancenstrukturausgleich: Sie wollen, dass wir die Stiftungshochschulen, die weniger Geld generieren, hinterher kompensieren. Dazu kann ich nur sagen: Das, was bei der AOK richtig ist, ist bei der Hochschule noch lange nicht richtig. Das muss ich Ihnen ganz klar sagen.
Die absolute Verpflichtung, die Qualität zu steigern, ist die Voraussetzung für die Stiftungshochschule. Diese Qualität, meine Damen und Herren, ist schon jetzt in Niedersachsen nicht schlecht. Von den zehn erfolgreichsten Universitäten in Deutschland beim Einwerben von Drittmitteln pro Wissenschaftler liegen drei niedersächsische Hochschulen unter den ersten zehn. Wir haben die Forschungsuniversitäten profiliert: Hör-Tech in Oldenburg, die Europa-Forschung in Osnabrück, das Zentrum für Molekularbiologie in Göttingen, der Forschungsflughafen in Braunschweig, das produktionstechnische Zentrum in Hannover sind dafür Belege. Wir haben mit 12 Millionen DM die Juniorprofessuren anfinanziert und sehen jetzt, dass ganz herausragende junge Forscher auf diese Professuren berufen werden. Wir haben acht internationale Graduate Schools eingerichtet, in denen Lichtenberg-Stipendien für hochbegabte, zu 50 %
auch ausländische Wissenschaftler vergeben werden, die jetzt nach Niedersachsen kommen. Wir haben 15 Intensivstudiengänge eingerichtet, in denen besonders leistungsfähige und leistungsbereite junge Leute sogar in kürzerer Zeit als der Regelstudienzeit studieren können. Wir haben 13 000 ausländische Studierende in Niedersachsen - so viele wie nie zuvor. Wir haben eine Bildungsmesse in China gemacht, sodass jetzt 17 000 junge Leute aus China in Niedersachsen studieren. Wir haben ein Studienguthaben eingerichtet, damit junge Leute ihr Studium kostenbewusster und zielstrebiger angehen. Wir haben ein Brain-gainProgramm - wie das heute angelsächsisch so schön genannt wird - mit 50 Millionen Euro bis 2004 auf den Weg gebracht, mit dem wir internationale Spitzenforscher nach Niedersachsen locken, und wir haben den Hochschulen das Recht gegeben, Unternehmen zu gründen oder Unternehmensbeteiligungen zu erwerben. Zwölf sind bereits gegründet, die ein Kapital von mehr als 7,5 Millionen Euro mobilisiert haben. Meine Damen und Herren, ich denke, das ist ganz gut. Mit dem neuen Hochschulgesetz soll das alles aber noch besser werden.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Rechtsausschuss - ich spreche hier als Mitglied des Rechtsausschusses; d. h. ich werde mich nicht zu politischen Fragestellungen äußern, sondern zu rechtlichen - hat dankenswerterweise - übrigens mit Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion - noch eine Anhörung zu den rechtlichen Aspekten des NHG-Entwurfes durchgeführt. Dazu möchte ich gerne Stellung nehmen, weil die Anhörung vom Ergebnis her ziemlich eindeutig war und weil ich meine, dass Sie dieses Ergebnis zur Kenntnis nehmen sollten, gerade weil Ihnen, lieber Herr Minister, so daran gelegen ist, dass es in dem Bereich, den Sie gerade beschrieben haben, endlich zu Veränderungen kommt.
Wenn man eine Anhörung durchführt, meine Damen und Herren - die ist ja mit einem nicht geringen Aufwand verbunden und kostet übrigens auch viel Geld -, dann müsste man nach unserem Dafürhalten eigentlich dafür Sorge tragen, dass man sich mit den Ergebnissen dieser Anhörung sorgfältig auseinander setzt. Es liegt noch nicht einmal der Entwurf der Niederschrift über diese Anhörung vor, der uns in die Lage versetzt hätte, die Argumente nachzulesen und sorgfältig zu prüfen.
Trotzdem wird heute dieser Gesetzentwurf beschlossen. Welche Wirkung das auf die Sachverständigen hat, die sich vorbereiten - wir kennen das ja auch aus dem Bereich des Schulgesetzes; das brauche ich nicht weiter zu beschreiben -, möchte ich hier nicht weiter betonen. Ich möchte aber eines noch einmal sagen: Dies ist letztlich auch eine Frage, die sich an uns, an das Selbstverständnis unseres Parlaments richtet. Meine Damen und Herren, dann wird nämlich eine Anhörung zur Farce, und wir müssen uns zu Recht fragen: Macht so etwas in Ausschüssen wie dem Rechtsausschuss überhaupt noch Sinn?
Nein, ich habe nur sehr wenig Redezeit. Sonst würde ich es gern tun. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich es auch sonst mache.
Worum geht es, meine Damen und Herren? - In der Anhörung haben Prof. Dr. Ipsen, Prof. Dr. Perels und Prof. Dr. von Brünneck, der Sachverständiger der Landesregierung ist, noch einmal Stellung genommen. Es ging vor allem um die Frage des Artikels 5 Abs. 3 der Landesverfassung, Herr Minister, worin ja steht, dass das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen gesichert wird. Sowohl Prof. Ipsen als auch Prof. Perels haben sehr deutlich machen können, dass, meine Damen und Herren, wegen der Stärkung des Präsidiums und wegen der Stärkung des Hochschulrates zulasten des
- Das ist keine Frage des Zuhörens. Man kann die Gutachten auch nachlesen. Herr Domröse, wenn Sie es nicht getan haben, müssen Sie sich einmal über Ihre Rolle Gedanken machen, die Sie als wissenschaftspolitischer Sprecher haben.
Sie beschließen heute also ein Gesetz - trotz der damit verbundenen vernünftigen Gesichtspunkte und Veränderungen, Herr Kollege Oppermann -, über dem das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit hängt. Ich finde, an dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden dürfen, dass das so ist, damit auch die Kollegen, die nicht an den Diskussionen im Rechtsausschuss teilgenommen haben, das hören.
Wenn Sie es heute wollen, dann tun Sie das. Ich finde, Sie tun der Sache damit keinen guten Dienst und führen auch Ihre Argumente, Herr Oppermann, die sozusagen auf Fortschritt, auf Verbesserung gerichtet sind, ad absurdum. Ich meine, dass dieser Hinweis heute gemacht werden musste.
Herr Oppermann, ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Sie haben etwas ironisch auf unseren Fraktionsvorsitzenden abgestellt, Stichwort „Kompetenzteam“. Sie können sich darauf verlassen, dass wir ab dem 2. Februar gemeinsam mit Stoiber dafür sorgen werden, dass in dieser Republik Reformen wieder vorangetrieben werden, die wirklich Hand und Fuß haben.
(Lebhafter Beifall bei der CDU - La- chen bei der SPD - Plaue [SPD] - zur CDU -: So wie ihr das 16 Jahre lang gemacht habt!)
sungsjuristische Zweifel vorgetragen haben - ich war acht Jahre lang Mitglied im Rechtsausschuss -, ist komplett absurd.
Wir sind ja immer sehr sensibel, wenn es um die Wissenschaftsfreiheit geht. Deshalb waren hier vier Gutachter am Werk. Kein anderes Gesetz ist verfassungsrechtlich so intensiv durchleuchtet worden wie dieses.
Im Übrigen: Die Verfassungsgutachter waren schon vorher zu Wort gekommen. Wenn Sie sagen, Sie hätten nicht das Protokoll, dann räumen Sie lediglich ein, dass Sie nicht den Überblick haben. Denn die Texte, die im Rechtsausschuss vorgetragen worden sind, lagen seit Monaten schriftlich vor.
Herr Ipsen, wenn ich mir den Hinweis erlauben darf - aber das sind ja nun Protokolle, die kommentierbar sein müssen -, war bei seinen Zweifeln lange Zeit davon ausgegangen, dass der Hochschulrat ein externes Organ sei. Er hat dann aber zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Mitglieder des Hochschulrates vom Minister auf Vorschlag des Senates berufen werden, der Hochschulrat mithin ein inneruniversitäres, ein Hochschulorgan ist und somit die Freiheit der Wissenschaft überhaupt nicht tangiert sein kann. Freiheit der Wissenschaft bedeutet nicht, dass ein Gremium, in dem die Professoren die Mehrheit haben, alles bestimmen kann.
Jetzt liegen mir mehrere Anträge auf Erteilung zusätzliche Redezeit vor, da der Minister die vereinbarten Redezeiten inzwischen mehr als verdreifacht hat. Ich rufe zunächst die Kollegin Frau Andretta auf. Sie bekommt bis zu drei Minuten zusätzliche Redezeit, auch angesichts der Tatsache, dass der Kollege Domröse die Redezeit schon um dreieinhalb Minuten überzogen hat. Danach spricht der Kollege Golibrzuch, und auch er bekommt bis zu drei Minuten zusätzliche Redezeit. Ebenfalls die Kollegin Frau Mundlos erhält bis zu drei Minuten zusätzliche Redezeit. - Zunächst Frau Andretta, bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die drei Minuten Redezeit. Jetzt kann ich mit den ungesprochen gebliebenen Worten meines Kollegen Domröse beginnen. Sie sind es aber wert, hier ausgesprochen zu werden. Im Namen von Herrn Domröse und im Namen der gesamten SPD-Fraktion möchte ich unseren herzlichen Dank aussprechen an Frau Lütjering von der Landtagsverwaltung, an Herrn Winkelmann und Frau Grote vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst sowie an die Herren Bettels, Hett und Wolters aus dem Ministerium. Sie haben einen großen Anteil daran geleistet, dass wir heute dieses Gesetz verabschieden können.