Protokoll der Sitzung vom 14.06.2002

(Fischer [CDU]: Aber monatelang waren Sie dazu nicht bereit!)

und uns gegenseitig zuhören, so wie Sie es auch selber einfordern.

Herr Wulff, Sie haben einen schwarzen Tag vorausgesehen. Ich sehe den auch voraus: heute Abend für Sie!

(Beifall bei der SPD)

Sie haben längst noch nicht gemerkt, dass Ihnen gerade die Bündnispartner abhanden kommen. Sie meinen immer noch, Sie hätten die Menschen an Ihrer Seite. Aber ich sage Ihnen voraus: Das wird nicht so sein. Wir haben Bündnispartner gewonnen, spätestens seit Dienstag, seit dem Fraktionsbeschluss. Ich bin der Fraktion dankbar, dass wir noch einmal auf das Handwerk, auf den Landeselternrat und auf die Schulträger zugegangen sind. Und wir werden weiter Bündnispartner gewinnen, weil unsere Schulgesetznovelle und das gesamte Maßnahmenpaket, das hier schon erwähnt worden ist, überzeugt. Das können Sie bereits an einigen Umfrageergebnisse sehen.

Ich kann nur feststellen, Herr Wulff: Sie haben übertaktiert. Ich glaube gar nicht - vorhin kam ja der Vorwurf der Faulheit auf -, dass das Faulheit war. Ich glaube, es ist ein strategischer Fehler gewesen, dass Sie keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben, dass Sie sich nicht getraut haben, sich der Kritik zu stellen, und zwar einmal in der Kostenfrage, aber zum anderen genauso in der Frage, wie Sie es denn eigentlich mit der Klasse 4 und dem freien Elternwillen halten wollen.

Sie beantworten die Fragen der Menschen nicht, aber die Menschen haben eine Reihe Fragen. Es ist uns gelungen, hinzubekommen – erstaunlicherweise glänzend; die Umfrageergebnisse weisen das

aus -, dass nur noch 5 % der Leute nichts mit den verschiedenen Modellen anfangen können. Das heißt also, 95 % der Leute sind inzwischen informiert und können sich genau entscheiden. - Und sie entscheiden sich in großer Zahl für unseren Vorschlag!

Sie stellen es falsch dar, wenn Sie sagen, dass Ihr Vorschlag - den Sie nicht in Gesetzesform gebracht haben - weniger koste als unserer. Sie werden bei einer schulformspezifischen Ausrichtung der 5. und 6. Klassen mindestens 400 Lehrerstellen benötigen. Dafür benötigen Sie mehr als 20 Millionen Euro. Das verschweigen Sie hier. Dafür müssten Sie noch einen Haushaltsantrag stellen, aber das tun Sie wieder nicht.

(Beifall bei der SPD)

Oder Sie haben diese Stellen wieder in Ihren 2 500 Stellen drin. Die halten ja für alles her: für Berufsschulen und notfalls auch für Ihre jetzigen Vorstellungen.

Ich will Ihnen noch eines sagen, Herr Wulff, obwohl Sie gerade nicht zuhören. Sie stellen es falsch dar, wenn Sie sagen, Sie hätten diese 2 500 Lehrerstellen durchfinanziert. Die sind nicht durchfinanziert! Sie haben zwar einen Haushaltsantrag gestellt, aber nur für das Jahr 2002. Sie haben ihn nicht einmal für den Zeitraum des Doppelhaushalts gestellt.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Aber sicher doch!)

Sie haben ihn als Einzelantrag gestellt, und sie haben diese Lehrerstellen für fünf Monate finanziert. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Ja, Sie regen sich jetzt darüber auf. Aber es muss doch klargestellt werden, wie die Lage an der Stelle ist.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wir hatten einen Antrag für 2002!)

- Ja, für 2002. Aber wir haben ein Doppelhaushalt!

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: 2003 ist doch völlig unseriös! Für 2003 haben wir es abgelehnt, Anträge zu stellen!)

- Dass man für einen Doppelhaushalt einen Doppelantrag stellt, ihn durchfinanziert und das vielleicht auch in der Mipla versucht, ist jetzt auf einmal unseriös? - Das dürfte für den Finanzminister interessant sein.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Es fehlen doch 1 500 Millionen Euro!)

Wir beschließen hier heute ein Gesetz - ich bin der Fraktion dankbar, dass sie die Beratungen so zügig durchgeführt hat -, das uns als Bundesland Niedersachsen rechtzeitig an die Spitze der Bewegung für die qualitative Weiterentwicklung unserer Schullandschaft stellt und das auch erste Konsequenzen aus PISA zieht. Wir sind die Ersten, die in einem Gesetz die Konsequenzen aus PISA ziehen!

(Beifall bei der SPD)

Frau Litfin, Sie haben sich als Bildungspolitikerin keinen Gefallen getan, als Sie gesagt haben, dass ein Teil dieses Gesetzes nur eine Marginalie sei. Wir schreiben die Sprachförderung fest, sind damit an der Spitze der Bewegung, und Sie als Bildungspolitikerin negieren das und bezeichnen das als Marginalie. - Nein, das ist erste Pflicht nach der PISA-Studie!

(Beifall bei der SPD)

Das neue Schulgesetz wird eine neue Ära der Diskussion einleiten.

(Busemann [CDU]: Wie bitte?)

Die PISA-Studie, die E-Studie und die weiteren PISA-Studien werden dazu führen, dass die Bildungspolitik auf der bundespolitischen Agenda bleibt. Deshalb sollten wir es uns in dieser Debatte, die wir heute führen, nicht wieder antun, in Kleinklein zu gehen, wie ich es heute von der CDUFraktion wieder erlebt habe.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns vor allem der Frage der Bildungsbeteiligung stellen müssen. Herr Wulff, Sie haben es immer noch nicht verstanden. Niedersachsen ist ein Realschulland, aber Niedersachsen muss ein Gymnasialland werden, wenn wir die Höherqualifizierung schaffen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb wollen wir mehr gymnasiale Beteiligung in Niedersachsen, auch neben den Fachgymnasien. Es ist ja nicht wahr, was Sie sagen. Die Fachgymnasien stellen für einen Teil der Schülerschaft einen bestimmten Weg dar. Wir brauchen aber auch in der Fläche den unmittelbaren Zugang zu den Gymnasien. Sie wissen es ganz genau, denn wir haben es mit Ihnen in der Fraktion diskutiert - ich war ja selbst dabei -: Die Fachgymnasien liegen ebenfalls im städtischen und nicht im ländlichen Bereich. Das heißt, wir haben an bestimmten Stellen im ländlichen Bereich zu wenig Gymnasialbeteiligung. Deshalb kommt unser Vorschlag doch so gut an. Die Diskussion, die Planung ist im Lande doch längst losgegangen.

(Wiesensee [CDU]: Luftschlösser!)

Da können Sie noch so oft sagen, dass dieses Gesetz nicht akzeptiert wird. Es wird zum 1. September in Kraft treten und bietet dann die Sicherheit für Schulentwicklungsplanung. Diese wird, das werden Sie erleben, ein Renner werden,

(Hoppenbrock [CDU]: Ein Wegren- ner!)

und zwar auch bei Ihnen. Wir haben ja schon einmal erlebt, nämlich bei der Verlässlichen Grundschule, wie sehr Sie daneben lagen, was die Bedürfnisse und die Interessen der Leute im Lande angeht.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schwarzenholz?

Nein, ich möchte am Stück vortragen.

Wir haben unser Bildungssystem darauf auszurichten, dass die Schülerleistungen stimmen. Dabei werden wir auch die Frage stellen müssen - das müssen wir gerade gegenüber dem Parlament sicherstellen -, wie viel Mitteleinsatz eigentlich nötig ist, um gute Schülerleistungen zu bekommen. Wir haben im Bildungshaushalt einen Schwerpunkt gesetzt: 160 Millionen Euro mehr gegenüber 2000; 76 Millionen Euro mehr gegenüber der jetzigen Mipla bei der neuen Finanzierung.

Aber hier ist nicht nur das Geld entscheidend, wie wir aus der PISA-Studie wissen, sondern wir müssen auch danach fragen, was die Schülerleistungen wirklich steigert. Es gibt keine monokausalen Zusammenhänge zwischen einer Stundentafel in der Grundschule und einer guten Schülerleistung. Das werden wir in der PISA-E-Studie und in den Folgestudien alles noch aufgeblättert bekommen.

Herr Wulff, es ist falsch, wenn Sie sagen, ich hätte die Grundschulstundentafel gekürzt. Wir haben exakt das Gegenteil gemacht. Die Kinder haben in der Grundschule zwei Wochenstunden Englisch mehr. Das haben wir gemacht!

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Das ist doch nicht wahr! Zwischenfrage!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Weil sie die Unwahrheit sagt!)

Wir wissen aus den bei PISA erfolgreichen Ländern, dass es darauf ankommt, den Schulen und den Menschen, die vor Ort arbeiten, Gestaltungsfreiheit zu geben, gleichzeitig aber Rechenschaftslegung zu betreiben. Das, was im Hochschulgesetz schon gelungen ist, werden wir in einer weiteren großen Novelle für das Schulsystem einführen, weil ich meine, dass auch dies ein Erfolgsfaktor für das Bildungssystem sein wird. Das heißt, wir sind am Anfang und nicht am Ende der Diskussion darüber, wie wir besser werden können.

Meine Damen und Herren, wir haben Zustimmung bekommen. Das Handwerk hat mich ausdrücklich aufgefordert, zu sagen, dass man dort froh ist, dass wir ihm entgegengekommen sind, dass wir ein Schritt auf es zugemacht haben und dass wir die Gleichstellung der Schulformen in das Gesetz hineingeschrieben haben.

Herr Wulff, das, was Sie zur Gesamtschule erzählt haben, ist nun wirklich ein Märchen aus alten Zeiten.

(Busemann [CDU]: Bitte?)

Ich verstehe auch nicht, woher Sie das haben.