Protokoll der Sitzung vom 28.08.2002

Das ist auch dieselbe Firma, die die Prognose gestellt hat für das wunderbare Wirtschaftswachstum, das durch die Weltausstellung Expo ausgelöst werden sollte. Von dieser Firma kenne ich bisher nicht ein Gutachten, das für Niedersachsen Zahlen prognostiziert hätte, die im Nachhinein tatsächlich belastbar gewesen wären.

(Plaue [SPD]: Sie ärgern sich nur, dass Sie da keinen Beratervertrag ha- ben! - Möhrmann [SPD]: Haben Sie noch kein Angebot gekriegt, Herr Golibrzuch?)

Nach der Aktuellen Stunde zum Thema Luftfahrtstandort, die wir gerade hatten, befürchte ich, dass die 300 % Wachstum in der Luftfahrtindustrie wahrscheinlich auch von Roland Berger prognostiziert worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Ich sage Ihnen: Wir wollen keine weiteren wirklich dilettantischen Gutachten von einer unfähigen Firma. Wir wollen auch nicht, dass die finanzpolitischen Probleme Niedersachsens länger in die Zukunft vertagt werden. Wir wollen sofort einen Nachtragshaushalt. Wir wollen einen Sanierungsausschuss für dieses Land, in dem die Fraktionen gemeinsam mit dem Landesrechnungshof über die notwendigen Einsparungen diskutieren und dann auch darüber entscheiden werden.

(Möhrmann [SPD]: Wenn wir konkret werden, sagt ihr immer Nein!)

Und wir wollen, damit das Ganze auch durchgesetzt wird, endlich eine neue Landesregierung in diesem Land, die eben auch mit den Finanzen der Steuerbürger hier verantwortungsbewusst umgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Herr Minister Aller hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Vokabeln kennen wir alle schon aus der Vergangenheit: Nothaushalt, Sanierungsausschuss, Angebote der Opposition zur Verbesserung der Finanzlage. - Wenn es aber darum geht, die konkreten Situationen zu betrachten, dann kommt nur Luft. Ich frage mich: Warum soll ich einen Sanierungsausschuss einrichten, Herr Möllring, der zu nichts weiter als Mehrausgaben führt?

(Beifall bei der SPD)

Hier geht es um die Haushaltskonsolidierung. Das ist der entscheidende Punkt. Wir brauchen keinen Nothaushalt und auch kein Notgesetz, wie Sie gesagt haben, sondern wir brauchen Kontinuität in der Konsolidierungspolitik dieses Landes.

(Fischer [CDU]: Waren Sie heute Morgen nicht im Haus?)

Ich erinnere daran, dass die 10 000 Stellen, die wir aus dem Haushalt herausnehmen wollten, inzwischen herausgenommen worden sind. Dem gegenüber stehen strukturelle Einsparungen in Höhe von 711 Millionen Euro, die Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Ich sage aber deutlich: Immer dann, wenn die Landesregierung oder die Fraktion einen Konsolidierungsantrag gestellt hat, haben Sie gegen ihn gestimmt und im Land gegen jede einzelne Maßnahme polemisiert.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen in dieser Phase den Mut - auch durch Unterstützung Dritter in der öffentlichen Debatte -, eine Diskussion loszutreten, die die strukturellen Veränderungen in der Landesverwaltung in der Öffentlichkeit transparent macht. Sie können sich daran beteiligen. Ich habe aber schon Ihre Presseinformation zur Kenntnis nehmen dürfen. Sie haben das, was das Kabinett gestern beschlossen hat,

schon abgelehnt, bevor Sie überhaupt im Besitz der Unterlagen waren. Das ist Ihre Strategie, und das ist Ihre Politik in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb muss hier gesagt werden: Wenn für Niedersachsen ein Notgesetz erforderlich werden sollte, dann aber erst dann, wenn Stoiber die Wahl gewinnt und Sie mithelfen, dass die 40-40-40Politik durchgesetzt wird. Dann ist nicht nur das Land pleite, sondern dann sind mehrere Länder pleite, und dann sind die Kommunen richtig pleite. Das ist die Politik, die Wulff im Bund unterstützt. Die muss gestoppt werden, meine Damen und Herren. Dann werden sich Herr Wulff und Herr Möllring einmal zusammensetzen müssen, um abzuklären, ob unter den Bedingungen des von Ihnen gestellten Antrags die 2 500 zusätzlichen Lehrkräfte finanziert werden können. Das geht nicht. Das dürften Sie ja zugeben. Die 1 000 zusätzlichen Polizeibeamten, die Sie haben wollen, können Sie auch nicht finanzieren, weil Sie selbst gesagt haben, das Geld sei nicht da. Die 500 Millionen, die Sie für die Kommunen zahlen wollen, gehen nicht. Sie gehen heute erst recht nicht. Das alles sind also Dinge, die Sie Schritt für Schritt und Tag für Tag wieder einsammeln müssen. Ich wäre dankbar, wenn dieses Stück Redlichkeit aus der heutigen Diskussion zumindest bei der CDU herausgucken würde.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, möchten Sie eine Frage des Kollegen Biallas beantworten?

Nein. - Das Schlimmste, was ich in der Diskussion gehört habe, ist - -

Einen Augenblick, bitte! Ich habe Sie nicht verstehen können. Haben Sie eben Nein gesagt?

Nein habe ich gesagt.

Die Diskussion über BEB und Sonderlasten Expo nimmt inzwischen wirklich kuriose Formen an. Seinerzeit hat Albrecht 8,5 Milliarden netto zusätzlich zu den Einnahmen bekommen. Er hat aber nichts weiter zustande gekriegt, als die Schulden auf 40 Millionen hochzublasen. Anschließend aber stellen sich diese CDU-Leute hier hin und beklagen, dass wir 615 Millionen zurückzahlen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist geradezu lächerlich; denn das, was wir uns wünschen, wäre ein warmer Regen in Höhe von 8,5 Milliarden DM - oder in Euro die Hälfte -, um damit die von uns skizzierte Strukturpolitik auf den Weg zu bringen. Oder wollen Sie etwa nicht, Herr Möllring, dass die A 31 mit Unterstützung des Landes gebaut wird? Wollen Sie nicht, dass das Emssperrwerk so, wie es konzipiert worden ist, in die Tat umgesetzt wird, um die Schifffahrt in Niedersachsen zu stützen? Wollen Sie etwa nicht, dass wir an den strategisch wichtigen Investitionsschwerpunkten festhalten, die Frau Knorre vorhin dargestellt hat? Dann sagen Sie das hier. Dann stellen wir diese Maßnahmen auch nicht in die Haushalte ein. Sie werden sich auch erklären müssen zu den zusätzlichen 160 Millionen für den Bildungsbereich; denn dieser Betrag ist mit großer Mühe aus dem bestehenden Haushalt herausgeschnitten worden und setzt gerade heute einen bildungspolitischen Ansatz. Dieser Ansatz ist so weit durchfinanziert, dass er mit Priorität in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen worden ist. Wir wissen sehr wohl, dass wir noch eine Unterdeckung haben,

(Rolfes [CDU]: Noch eine? Eine Mil- liarde!)

die in den künftigen Etappen der Haushaltskonsolidierungspolitik noch abgearbeitet werden muss. Was Sie, Herr Wulff und Herr Möllring, wirklich ärgert, ist einzig und allein, dass Ihre Ansage, wir würden vor der Wahl davor kneifen, die Eckdaten vorzulegen, nicht durchträgt.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das sind doch keine Eckdaten!)

Diese mittelfristige Finanzplanung hat nicht nur der Regierungsfraktion, nicht nur der Regierung selbst, sondern auch der Opposition sowie den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Lande deutlich gemacht, wie schwierig die Finanzlage ist. Jeder,

der heute darüber diskutiert, was er mehr ausgeben will, der muss auch sagen, was er an anderer Stelle einsparen will. Davor drücken Sie sich aber konsequent; auch in der Bilanz 2002, die Sie heute oder vor einigen Tagen auf den Tisch gelegt haben.

Ich sage Ihnen: Wir halten fest an dem Fahrplan. Die Eckdaten sind jetzt mit der Mipla auf den Tisch gelegt worden. Insofern ist auch deutlich geworden, was mit dem Nachtagshaushalt 2003 erledigt werden muss. Der Haushalt 2004/2005 wird wie vorgesehen parallel zum Nachtragshaushalt 2003 abgearbeitet.

(Rolfes [CDU]: Wann wollen Sie den denn vorlegen?)

Ich werde Sie in den nächsten Tagen also immer wieder fragen müssen, ob Sie an diesen Eckdaten festhalten, nämlich an dem ehrgeizigen Ziel, die Nettokreditaufnahme trotz dieser Situation um 50 Millionen abzusenken.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Die haben Sie doch ständig erhöht!)

Sie werden auch etwas zur Veräußerung von Beteiligungen oder Vermögen des Landes sagen müssen. Bis vor kurzem habe ich gedacht, Herr Wulff wollte das. Herr Möllring aber hat plötzlich gesagt, das Verkaufen von Tafelsilber sei kein Beitrag zur Deckung. Sie müssen jetzt sagen, was Sie sonst machen wollen, oder Sie müssen die Versprechen, die Sie hier abgegeben haben, wieder einsammeln.

Herr Minister, die vereinbarte Redezeit ist abgelaufen. Ich war großzügig.

Ein kleines Zitat noch, und dann setze ich mich, Herr Präsident. - Mir liegt hier die Bilanz 2002 der CDU vor. Nun mag es ein Druckfehler sein, für mich aber ist es eine freudsche Fehlleistung. Da wird geschrieben:

„Insgesamt zeichnet sich eine Unterdeckung von 1,5 Millionen Euro ab.“

Das ist der Wahlkampfbeitrag der CDU-Fraktion in diesem Hause. Vielleicht sammeln Sie die Bilanz wieder ein und werfen sie und auch alles andere, was darin steht, in die Tonne. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Möllring hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Druckfehler ist auch uns schon aufgefallen. Ich finde aber, Herr Minister, dass er nicht so peinlich ist wie der Druckfehler in Ihrer Landwirtschaftsbroschüre, in der Bremerhaven und Cuxhaven jeweils mit f geschrieben worden sind. Das zeigt weit weniger heimatkundliche Kenntnisse. Unser Zahlerdreher ist meiner Meinung nach hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU)

Nehmen Sie also Ihre Landwirtschaftsbroschüre, gucken Sie einmal nach - Cuxhaven, Bremerhaven -, und stampfen Sie diese Broschüre ein. Wir haben Sie selbst bezahlt. Ihre aber musste der Steuerzahler bezahlen. Deshalb können wir sie nicht einstampfen und neu auflegen.

(Mühe [SPD]: Lächerlich! - Zuruf von Möhrmann [SPD])

- Herr Möhrmann, Sie haben mich vorhin auf Hildesheim angesprochen. Ich möchte Ihnen dazu einmal Folgendes sagen: Wenn Sie die Hildesheimer Geschichte verfolgen, werden Sie feststellen, dass vor Ihnen einer steht, der diese Geschichte ausgesprochen gradlinig durchsteht. Ihre SPD hat gestern und auch heute noch gesagt: Wir finden diese Situation eigentlich hervorragend. Wir wollen, dass dieser Mensch Oberbürgermeister bleibt. Dann haben wir nämlich einen Streit im bürgerlichen Lager und können taktisch agieren. - So geht die SPD mit der Stadt Hildesheim um. Gestern ist eine entsprechende Erklärung abgegeben worden. Wenn Sie heute die Bild-Zeitung lesen, dann lesen Sie genau dasselbe: Liebe Elisabeth, ihr könntet euch ja ändern.

Herr Möllring, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Möhrmann beantworten?

Nein, möchte ich nicht.