Protokoll der Sitzung vom 24.09.2002

Für die Fraktion der SPD spricht der Kollege Wegner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge der Opposition zur Finanzpolitik kann man nur noch als inflationär bezeichnen. Es werden von Landtagssitzung zu Landtagssitzung mehr, und sie sind jedes Mal weniger wert. Bald

sind sie nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind.

(Zurufe von der CDU: Na, na! - Zuru- fe von der SPD: Richtig!)

Lassen Sie mich zunächst auf den Antrag der CDU-Fraktion eingehen, den wir bereits im letzten Plenum behandelt haben. Darin fordert die CDUFraktion unter dem Motto „Konkursverschleppung beim niedersächsischen Landeshaushalt“ ein Notgesetz. Nur sieht unsere Verfassung überhaupt keine Notgesetze vor. Aber so ist das nun einmal mit der CDU-Fraktion: Sie nimmt es mit der Verfassung nicht so genau. Das hat ihr sogar der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages bescheinigt, als er einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion zum Haushalt als verfassungswidrig einstufte.

Der Vorwurf der Konkursverschleppung durch die CDU-Fraktion gegenüber der Landesregierung stellt eine Verleumdung dar. Konkursverschleppung - das ist wohl mehr umgangssprachlich gemeint, Herr Möllring, weil es ja den Konkurs heute nicht mehr gibt, sondern nur noch die Insolvenz

(Möllring [CDU]: Aber bankrott ist immer bankrott!)

liegt vor, wenn es der Geschäftsführer unterlässt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.

(Möllring [CDU]: Das habe ich so vorgetragen!)

Von diesen Voraussetzungen liegt hier im Hinblick auf das verantwortungsbewusste finanzpolitische Handeln der Landesregierung keine einzige vor. Das hat auch der Abgeordnete Möllring auf meinen Vorhalt eingeräumt, indem er erklärte, er wisse natürlich auch selbst, dass das Land nicht Konkurs gehen könne. Wenn Herr Möllring dann trotzdem solche Vorwürfe erhebt, geht dies schon in den Bereich der Verleumdung. Aber das ist Herrn Möllring ja auch nicht fremd.

(Beifall bei der SPD)

So hat er noch im Sommer Finanzminister Aller Genossenfilz vorgeworfen, weil das Finanzamt Wilhelmshaven Mieträume von der SPD angemietet hat.

(Möllring [CDU]: Zu 7,70 Euro, dem teuersten Preis, der in Wilhelmshaven bezahlt wird! - Adam [SPD]: Sie wis- sen doch gar nicht, wovon Sie reden!)

Dabei war Herrn Möllring sehr wohl bewusst, dass der Finanzminister mit diesem Vorgang dienstlich nichts zu tun hatte. Der vom Finanzminister mit der Prüfung beauftragte Landesrechnungshof hat den Vorgang als völlig einwandfrei beurteilt. Entschuldigt hat sich Herr Möllring dafür nie, weder bei den zuständigen Mitarbeitern noch bei dem Finanzminister.

(Möllring [CDU]: Muss ich auch nicht! - Adam [SPD]: Müssen Sie nicht? Das sehen die Mitarbeiter im Finanzamt aber ganz anders!)

Dabei könnte es sich hier sogar um ein strafbares Verhalten handeln, das gemäß §§ 187 und 188 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu ahnden ist.

(Adam [SPD]: Aber ohne Bewäh- rung!)

Herr Kollege Wegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rolfes?

Nein. Der versteht von den Dingen nicht so viel, als dass das notwendig wäre.

Soweit die CDU-Fraktion in ihrem Antrag von der Landesregierung umfassende Auskunft über die Haushalts- und Finanzlage des Landes fordert, ist die Landesregierung dem bereits in der letzten Landtagssitzung ausführlich nachgekommen. Das Gleiche gilt für die Forderung nach Darlegung der Maßnahmen zur Beseitigung der negativen Einnahmeentwicklung des Landes, die jedoch nicht nur Niedersachsen, sondern Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen trifft.

Typisch für die CDU-Fraktion ist in diesem Zusammenhang auch wieder, dass sie unter Nr. 1 des Antrages einen umfassenden Bericht fordert, aber unter Nr. 2 bereits das Ergebnis kennt, wenn sie fordert - ich zitiere -, dem Landtag darzulegen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die verheerenden Folgen der mit dem Bericht zu 1. offengelegten katastrophalen Haushalts- und Finanzlage des Landes noch abzuwenden. - Das nenne ich hellseherische Fähigkeiten.

Die SPD-Fraktion ist der Landesregierung sehr dankbar, dass sie in der letzten Landtagssitzung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung die Probleme bei der Einnahmeentwicklung offen dargelegt hat, aber zugleich auch die Möglichkeiten angesprochen hat, wie dieser negativen Entwicklung entgegengetreten werden kann.

Wir würden uns sehr freuen, wenn uns die Opposition bei der Umsetzung dieser sicherlich nicht immer einfachen Vorschläge konstruktiv unterstützen oder mit eigenen Vorschlägen zur Ausgabenkürzung beitragen würde.

(Rolfes [CDU]: Dann stimmt doch unserem Antrag zu!)

Wenn die CDU-Fraktion stattdessen die finanzpolitische Kompetenz der Landesregierung in Frage stellt, möchte ich ihr Folgendes entgegenhalten: Die Jahresabschlüsse der Haushaltsjahre 1998, 1999 und 2000 haben sich alle im Rahmen der Haushaltspläne bewegt. Es gab keine Fehlbeträge. Vielmehr konnten durch die Nichtinanspruchnahme von Krediten noch erhebliche Rücklagen gebildet werden. Diese Kreditermächtigungen wurden im Jahr 2001 eingesetzt, um für den erwarteten Einnahmeausfall durch die Steuerreform vorzubeugen.

Die CDU-Fraktion hat demgegenüber immer wieder behauptet, die Haushalte seien nicht gedeckt. Nachdem sich dann jedoch herausstellte, dass die Kreditermächtigungen nicht voll benötigt wurden, wollte sie das Geld schnell noch ausgeben.

Das ist keine solide Finanzpolitik, aber die sind wir von Ihnen ja sowieso nicht gewöhnt. Sonst würden Sie sich nicht auch immer noch hier hinstellen und zusätzliche Ausgaben in Höhe von mehreren Hunderten von Millionen Euro ohne jede Deckung fordern. Damit können Sie die Niedersachsen nicht auf den Leim führen.

(Möllring [CDU]: Wollen wir auch nicht!)

Auch das Haushaltsjahr 2001 wäre im Übrigen ohne einen wesentlichen Fehlbetrag abgeschlossen worden, wenn das Land nicht durch Gerichtsurteil verpflichtet worden wäre, Förderzinsen von über 2 Milliarden DM an die Firma BEB zurückzuzahlen, die der CDU-Ministerpräsident Albrecht über viele Jahre zu Unrecht vereinnahmt und verbraucht hatte.

Und nun kommen Sie mit der Forderung, von der Sie selbst wissen, dass sie unerfüllbar ist, nämlich dieses Geld auf einen Schlag zusätzlich zu den übrigen Ausgaben in einem Jahr haushaltsmäßig zu verarbeiten. Da kann man nur hoffen, dass Sie noch viele Jahre nicht die Verantwortung für die Landesfinanzen übernehmen müssen.

Die Debattenbeiträge des Zeitzeugen Jürgen Gansäuer waren in diesem Zusammenhang leider nicht sehr hilfreich,

(Busemann [CDU]: Was?)

weil sie nicht in die Zukunft gerichtet waren, sondern nur eine sehr persönliche Sichtweise der Finanzgeschichte unseres Landes darstellten.

(Beifall bei der SPD - Frau Körtner [CDU]: Der hat echt Ahnung, der Junge!)

Wenn ich hier die Frage stelle, was uns das eigentlich gebracht hat, kann ich nur sagen: gar nichts. Das hat offenbar auch die Presse so gesehen, die schon beim letzten Plenum diese Debatte als nicht berichtenswert einstufte.

Auch bei der Diskussion des Antrages im Ausschuss für Haushalt und Finanzen brachte die CDU-Fraktion nichts ein, was dem Land Niedersachsen oder seinen Bürgerinnen und Bürgern wirklich genutzt hätte.

Die Ausführungen meiner beiden Vorredner zur Verschuldung wiederholen lediglich die bekannten Positionen. Grüne und CDU vermeiden hierbei, darauf einzugehen, dass sie selbst den größten Anteil dazu beigetragen haben. Wir lehnen deshalb diesen Antrag der CDU-Fraktion ab.

Damit wir aber auch in Zukunft an dieser Stelle ausführlich über das Thema Finanzen reden können, beantragt nun zur Abwechslung die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die umgehende Vorlage eines Nachtragshaushalts für das Jahr 2003. Ein Nachtragshaushalt ist nur dann nötig, wenn dies aus rechtlichen oder sachlichen Gründen unabweisbar ist.

(Zurufe von der CDU: Und das ist nicht der Fall?)

Dies gilt auch dann noch, wenn die Opposition immer wieder neue Anträge in diese Richtung stellt. Die SPD-Fraktion sieht zurzeit keine zwingenden Gründe, sich mit der Erarbeitung eines Nachtragshaushalts für 2003 zu beschäftigen.

(Zuruf von Frau Vockert [CDU])

Soweit die Grünen dies mit Mindereinnahmen im Haushaltsjahr 2002 begründen, geht dies an der Sache vorbei, weil zunächst der Verlauf des gesamten Haushaltsjahres abgewartet werden muss und verbleibende Fehlbeträge sich nicht im Haushaltsjahr 2003, sondern erst im Jahr 2004 auswirken. Die Landesregierung hat zudem bereits durch entsprechende Leitlinien Schritte unternommen, um das laufende Haushaltsjahr möglichst sparsam und wirtschaftlich abzuwickeln.

Soweit zur Begründung auf die von der Landesregierung vorgesehene haushaltsmäßige Abdeckung des Fehlbetrages aus der Rückzahlung des Förderzinses an die Firma BEB von 2003 bis 2007 abgestellt wird, halten wir dieses Vorgehen ebenso wie die Landesregierung wegen der Einmaligkeit und des finanziellen Umfangs dieses Vorgangs für zulässig.

Kollege Wegner, die Kollegin Vockert möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das zulassen?

Nein, auch das möchte ich nicht zulassen, Frau Vockert.

(Zuruf von Frau Vockert [CDU])

- Sie haben doch schon zu dem Thema gesprochen, Frau Vockert. Das hat uns doch hier schon lange genug beschäftigt,

(Frau Vockert [CDU]: Aber Sie ken- nen die Finanzen so gut!)

das hat uns aber nicht viel weitergebracht.

(Zurufe von der CDU)

Wir halten es gemeinsam mit der Landesregierung auch für wichtig, über die Veranschlagung des auf 2003 entfallenden Betrages im Rahmen eines Nachtragshaushalts erst zu beraten, wenn sich die finanzielle Entwicklung für 2003 durch die November-Steuerschätzung und bessere Abschätzungsmöglichkeiten der wirtschaftlichen Lage in 2003 genauer absehen lässt.