Protokoll der Sitzung vom 24.10.2002

Frau Harms zu ihrer zweiten Zusatzfrage!

(Minister Jüttner: Zweite Frage? - Sie hat doch schon fünf Fragen gestellt! - Schack [SPD]: Die hat doch schon drei Fragen gestellt!)

Nein!

Besser mitzählen, Herr Schack.

Herr Minister, auch wenn Sie mich nicht beschimpfen dürfen, würde es mich interessieren, was Sie gerne gesagt hätten.

(Heiterkeit)

Aber noch mehr würde mich interessieren, wie Sie Energiepolitik verstehen. Gibt es für Sie eigentlich keine politische Verantwortung unterhalb Ihrer klaren gesetzlichen Zuständigkeiten, die man in einer solchen Auseinandersetzung mit diesem Kartell der Energiewirtschaft wahrnehmen müsste?

(Zustimmung von Wenzel [GRÜNE])

Herr Minister Jüttner!

Frau Harms, ich versuche, es noch einmal zu erklären, obwohl ich davon ausgehe, dass möglicherweise Sie mit am ehesten wissen, wo die rechtlichen Fallstricke in diesem Thema stecken.

(Schack [SPD]: Manchmal täuscht das!)

Der Bundestag hat sich überlegt, wie man dieses Problem lösen kann, nämlich wie die kleinen KWK-Anlagen zu auskömmlichen Preisen gefahren werden können. Dann hat er sich die Idee mit dem Zuschlag ausgedacht. Der Zuschlag wird festgelegt, umgelegt und bei der Preisaufsicht geltend gemacht.

Die Situation bei der Kraft-Wärme-Kopplung ist jedoch, weil das wegen der Unterschiedlichkeit der Anlagen nicht geht, anders als beispielsweise bei der Energiegewinnung durch Wind und Sonne, wofür man Vergütungssätze abschließend festgesetzt hat. Dann sind die auf den Gedanken gekommen - ich spiele das einmal durch; ich war daran nicht beteiligt -, dass es doch so etwas wie den üblichen Preis geben muss. Es gab das Ansinnen, den Preis beispielsweise an die Börsenpreise anzulehnen. Wenn die Börsenpreise aber in den Keller fahren, dann haben wir ein Problem. Dann ist es mit der Auskömmlichkeit dahin. Das werden Sie nicht bestreiten können. Deshalb hat der Bundestag - nach dem Motto: ich brauche noch eine Reserveargumentation - gesagt: Wir können jedem auch die Möglichkeit geben, seinen Strom aus der KWK-Anlage einem Dritten zu verkaufen. Dann muss der Netzbetreiber einsteigen und die Einspeisung zu den Preisen annehmen. Eine Folge ist beispielsweise, dass größere Anlagen überhaupt kein Problem haben, Käufer zu finden und von daher zu auskömmlichen Preisen zu kommen. Aber genau die, um die es Ihnen geht, nämlich Anlagen in Mehrfamilienhäusern oder andere kleine Anlagen, sind natürlich aufgrund Ihrer nicht vorhandenen Marktmacht nicht in der Lage, einen Käufer zu finden. Deshalb hängen die in der Luft; gerade die, um die es uns gehen muss.

Deshalb gibt es das Problem des nicht definierten Begriffs, was ein üblicher Preis ist, das wir noch nicht aus der Welt geschafft haben, und deshalb sind die Debatten über die Frage, ob sich jemand rechtswidrig verhält, letztlich nicht zielführend. Solange weder die Verbände für sich selbst noch die Bundesregierung in einer Verordnung abschließend bestimmt haben, was ein üblicher Preis ist, haben Energieunternehmen Spielräume, Verträge zu kündigen. Das ist die Situation, in der wir stecken.

(Zuruf von Wenzel [GRÜNE])

Das Problem können wir nicht aus der Welt schaffen, indem wir möglichst viele Energieunternehmen beschimpfen, weil sie Verträge gekündigt haben, sondern nur indem entweder im nächsten Monat die Selbstverpflichtung greift oder die Bundesregierung festlegt, was im Bereich KWK ein üblicher Preis ist, der dann gezahlt werden muss, und die Kartellbehörden hätten dann möglicherweise die Chance zur Intervention.

(Zuruf von Wenzel [GRÜNE])

Im Moment dürfte es Schwierigkeiten geben, auf der Basis eines unbestimmten Rechtsbegriffes die von Ihnen unterstellten rechtswidrigen Verhaltensweisen in irgendeiner Weise überhaupt zu sanktionieren. Das wird das Problem sein, Herr Wenzel.

(Frau Harms [GRÜNE]: Na ja, wenn niemand anfängt!)

- Das stimmt überhaupt nicht, dass niemand anfängt. Ich habe Sie darüber informiert, dass die Bundesseite beabsichtigt, dieses Problem noch in diesem Jahr abschließend zu regeln. Vor dem Hintergrund kann ich nur sagen: Es wundert mich, was Sie hier vortragen. Nutzen Sie Ihre Kontakte nach Berlin. Vielleicht können sie dazu beitragen, dass diese Regelung zeitnah passiert.

(Beifall bei der SPD - Frau Harms [GRÜNE]: Unglaublich!)

Wir kommen damit zur Dringlichen Anfrage

c) Niedersachsen hat gute Voraussetzungen zur zügigen Umsetzung der Hartz-Vorschläge geschaffen - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 14/3798

Wer bringt den Antrag ein? - Herr Mühe!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe die Anfrage der SPD-Fraktion ein.

(Zurufe: Etwas lauter, Herr Mühe!)

In der Berliner Koalitionsvereinbarung ist verabredet worden, die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes kurzfristig umzu

setzen und die erforderlichen gesetzlichen Reformen kurzfristig einzuleiten. Bis Mitte des Jahres 2003 sollen Job-Center und Personal-ServiceAgenturen in allen Arbeitsämtern in Deutschland eingerichtet worden sein.

Die Umsetzung der Vorschläge der HartzKommission bedeutet die Fortsetzung und Weiterentwicklung der von der Bundesregierung und vom Bundestag mit dem Job-AQTIV-Gesetz eingeleiteten durchgreifenden Modernisierung der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland mit dem Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Arbeitslosigkeit nachhaltig abzubauen und die Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit zu einem modernen Dienstleister herbeizuführen.

Auch in Niedersachsen treffen die Vorschläge der Hartz-Kommission auf gut vorbereitete Strukturen der Arbeitsmarktpolitik des Landes.

Dies vorausgeschickt, fragen wir die Landesregierung:

1. Wie ist der Sachstand der Landesinitiative zu den Jugendbüros als einer Vorstufe der Job-Center nach dem Modell der Hartz-Kommission?

2. Welche Voraussetzungen werden durch die Zeitarbeitsinitiative „Sprungbrett“ für die Einrichtung der PSA in Niedersachsen geschaffen?

3. Wie wird die Landesregierung die weitere Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission begleiten?

Es antwortet Frau Sozialministerin Dr. Trauernicht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt keinen Zweifel: Wir brauchen neuen Schwung beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Deshalb begrüßt die Landesregierung, dass die Bundesregierung mit dem Koalitionsvertrag die Grundlage für eine zügige Umsetzung des HartzKonzeptes geschaffen hat. Der jetzt eingeleitete Prozess ist die größte Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik.

(Möllring [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Die Arbeitsmarktpolitik in Niedersachsen ist so aufgestellt, dass unsere Programme nahezu nahtlos in die Umsetzung des Hartz-Konzepts übergehen können.

Die Fragen beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Im Job-Center nach dem Hartz-Konzept sind künftig alle Dienstleistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt unter einem Dach. Alle Arbeitslosen einschließlich der bisherigen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger wenden sich an das Job-Center. Mit gezieltem Fall-Management wird dort die Integration dieses Personenkreises verbessert.

Das haben wir in Niedersachsen in vielen Kommunen schon erprobt. Kommunen und Arbeitsämter in Niedersachsen können für diesen Prozess an die erfolgreiche Arbeit der vom Land geförderten Jugendbüros in Niedersachsen anknüpfen. Gut ein Jahr nach dem Start der Jugendbüros ist das Programm flächendeckend etabliert. Inzwischen gibt es 45 Jugendbüros in Niedersachsen bei fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten.

(Beifall bei der SPD)

Wir können sagen, das Konzept des systematischen Fall-Managements geht auf. Es gelingt den Jugendbüros, vielen jungen Menschen den Einstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern und sie von der Sozialhilfe unabhängig zu machen bzw. zu verhindern, dass sie überhaupt den Weg in die Sozialhilfe gehen. An dieser Konzeption kann man bei der Umsetzung der Job-Center anknüpfen.

Zu Frage 2: Der Trend zu flexibler Beschäftigung, zunehmender Projektarbeit und verstärktem Outsourcing lässt die Nachfrage nach Zeitarbeitsbeschäftigung kontinuierlich steigen. Da hat das Land bereits im Frühjahr die Initiative ergriffen, um die Beschäftigungschancen der Zeitarbeit für die berufliche Eingliederung Arbeitsloser besser zu nutzen.

22 niedersächsische Zeitarbeitsfirmen, die beiden Zeitarbeitsverbände, das Landesarbeitsamt und das Land haben gemeinsam vereinbart, ihre Kooperation zu intensivieren, Einstellungsbarrieren zu überwinden, Arbeitslose dauerhaft in Beschäftigung wieder einzugliedern. Diese Initiative in Nieder

sachsen, dieses Sprungbrett Zeitarbeit, richtet sich vor allem an junge Arbeitslose unter 25 Jahren und ältere über 45 Jahren.

Mit diesen Aktivitäten, in die alle niedersächsischen Arbeitsämter eingebunden sind, ist für die forcierte Einrichtung von Personal-ServiceAgenturen somit ein wichtiger Baustein gelegt. Sobald die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Flexibilisierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegen und die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeit durch den Abschluss von Tarifverträgen geregelt werden, können in Niedersachsen zügig und flächendeckend PSA eingerichtet werden.

Zu Frage 3: Die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 17. September beschlossen, die Vorschläge der Hartz-Kommission für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt aktiv zu unterstützen. Die Partner des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung in Niedersachsen haben des Weiteren in ihrer Sitzung am 21. Oktober die Vorschläge der Kommission beraten und die von der Landesregierung bereits ergriffenen Initiativen begrüßt.

Über die Jugendbüros und die Zeitarbeitsinitiative „Sprungbrett“ hinaus bereitet das Land gezielte Fördermaßnahmen für die Einrichtung von JobCentern in Niedersachsen vor. Wir haben die Initiative ergriffen und prüfen gemeinsam mit dem Landesarbeitsamt und den Kommunen, wie JobCenter und gemeinsame Anlaufstellen von Arbeitsund Sozialämtern in Niedersachsen nicht nur wie bei den Jugendbüros für junge Menschen, sondern für Erwachsene zügig eingerichtet werden können.