(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Biel [SPD]: Und für einen Theologen unwürdig! - Weiterer Zu- ruf von der SPD: Zynisch! - Gegenruf von Biallas [CDU]: Der eine so, der andere so!)
Meine Damen und Herren, wir begrüßen den vom Kabinett verabschiedeten Niedersächsischen Integrationsplan, der deutlich macht, dass sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren eine Menge in die richtige Richtung bewegt hat. Wir begrüßen ihn auch, weil er eine deutliche grüne Handschrift enthält.
Es hat allerdings fast ein Jahr gedauert, bis das Integrationspapier endlich auf dem Tisch lag, und es wird sicherlich noch ein weiteres Jahr ins Land gehen, bis die geplanten Maßnahmen umgesetzt sind und greifen werden. Aber der Auftrag an die Politik ist deutlich.
Wir begrüßen, dass mit dem Handlungsprogramm des Integrationsplans ein Konzept zur Verbesserung der Integration von Migrantinnen und Migranten vorliegt; denn Integration ist ein fortlaufender Prozess, der unter Beteiligung von Vereinen und Verbänden, der Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten und der Flüchtlingsorganisationen umgesetzt und weiterentwickelt werden muss. Niedersachsen gehört zusammen mit den Ländern Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen zu den ersten Ländern, die einen Integrationsplan verabschiedet haben. Bedauerlicherweise halten sich die CDU-geführten Länder hier äußerst vornehm zurück.
Deshalb verstehe ich auch Ihren Antrag nicht ganz, meine Damen und Herren von der CDU. Immerhin - das haben Sie hier auch deutlich gemacht - haben auch Sie die Notwendigkeit von Integrationsmaßnahmen erkannt. Leider verkennen Sie aber, dass bereits mit dem Zuwanderungsgesetz auch die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen geregelt wird. Wenn sich Ihr Beitrag zur Integration von Migrantinnen und Migranten ausschließlich auf die Forderung nach Sanktionen reduziert, dann macht das meines Erachtens sehr deutlich, welchen Stellenwert Integration bei Ihnen hat.
Interessant ist in diesem Zusammenhang - das möchte ich hier ganz gerne noch einmal darstellen - die Beschwerde, die kürzlich Bundespräsident Rau bei einem Besuch auf Mallorca von der mallorcinischen Regierung entgegennehmen musste, nämlich dass sich die dort lebende deutsche Bevölkerung denkbar schlecht integriere. Sie sei überwiegend nicht bereit, die Landesprache zu erlernen, geschweige denn sich in das gesellschaftliche Leben vor Ort zu integrieren. Vielleicht helfen ja dort Ihre Sanktionsmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, zurück zum Antrag der SPD. Einige Forderungen aus unserem ursprünglichen Antrag sind erfreulicherweise in die vorliegende Beschlussempfehlung aufgenommen worden, beispielsweise zu der Härtefallkommission und auch zur Umstrukturierung der Ausländerkommission. Dennoch bleiben Defizite. Es fehlt zum Beispiel ein Gesamtsprachprogramm. Ein vielfältiges Sprachangebot muss auch für diejenigen sichergestellt sein, die keinen Rechtsanspruch aus dem Zuwanderungsgesetz für sich herleiten können. Wir sehen auch ein erhebliches Defizit im Gesundheitsbereich. Es ist dringend erforderlich, Wegweiser mit Informationen über Angebote gesundheitlicher Beratung in anderen Sprachen und über fremdsprachliche Ärzte und Therapeuten zur Verfügung zu stellen. Es ist dringend erforderlich, den Zugang im präventiven Bereich und die Aufklärung in der Gesundheitsförderung, wie Impfberatung, Zahnprophylaxe usw., durch gezielte mehrsprachige Angebote zu erleichtern. Genauso erforderlich ist bei Bedarf der Einsatz von qualifizierten Dolmetschern. England und auch Holland gehen uns da als gutes Beispiel voran.
Meine Damen und Herren, es ist geradezu unsere humanitäre Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass für traumatisierte Kriegs- und Folteropfer ausreichend Behandlungsangebote zur Verfügung stehen. Gerade Menschen, die unter den Folgen von Krieg und Folter gelitten haben, werden diese Erlebnisse ein Leben lang nicht wieder los. Sie bedürfen unserer besonderen Unterstützung. Da führt uns eine bloße Absichtserklärung, die Bemühungen zur Verbesserung der Versorgung von Migrantinnen und Migranten bei Krankheit und Behinderung sowie bei Pflegebedürftigkeit im Alter verstärken zu wollen, nicht weiter. Hier müssen schon konkretere Ziele und Maßnahmen genannt werden. Da erinnere ich an den Ausspruch meiner Fraktionskollegin - ich komme gleich zum Schluss -, die sagte, dass Sie immer dann, wenn es bei der SPD auf die Handlungsebene kommt, bockbeinig reagieren. Das kann ich nur unterstützen.
Noch ein letzter Satz zur Finanzierung. Es ist überhaupt nicht abgeklärt, ob beispielsweise Maßnahmen, die in der Vergangenheit finanziert worden sind, in dem gleichen Umfang weiter finanziert werden oder ob Mittel lediglich zu den neuen Maßnahmen geschoben werden. Wir haben erhebliche Zweifel, ob diese Mittel den zusätzlichen Bedarf an den vielen zurzeit genannten Integrationsmaßnahmen auch nur annähernd decken werden.
Eines, meine Damen und Herren, zeigt sich in dieser Debatte zur Integration schon jetzt sehr deutlich: Die Integration ist notwendig, sie ist auch von der Bevölkerung gewollt, aber sie kostet Geld. Aber ich denke, es lohnt sich, hier Geld zu investieren, um mögliche Folgekosten zu vermeiden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Beitrag der Kollegin Langhans war außerordentlich wohl tuend. Ich kann Ihnen zusichern, dass wir in der Zielsetzung weitestgehend einig sind. Wir haben bei der Beratung in den Fachausschüssen deutlich gemacht, dass der von der Landesregierung beschlossene Integrationsplan, das Integrati
onskonzept für Niedersachsen, nicht das Ende der Fahnenstange in dem Engagement ist, sondern sozusagen eine Zäsur, eine Bestandsaufnahme mit jetzigen Handlungsfeldern.
Es kommt ganz wesentlich auf die Bildung des Forums Integration an. Ich habe mich gerade gestern noch einmal über den Stand der Vorbereitung der Bildung des Forums Integration im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales informiert, das ja durch den Regierungsbeschluss in Zukunft die Federführung für den Integrationsbereich haben wird. Wir begrüßen in unserem Entschließungsantrag dieses Gremium ausdrücklich, in dem erreicht werden soll, die Sozialpartner, die Kirchen, die Kommunen, die Wohlfahrtsverbände, die Wissenschaft und die Ausbildung sowie in ganz besonderer Weise die Vertreterinnen und Vertreter der Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten im Lande, nämlich die Fachleute für Integration, an einen Tisch zu bringen und das, was wir an Stichworten genannt haben, auch Ihre Anliegen aufgreifend, dort zu konkretisieren und mit den einzelnen gesellschaftlichen Partnern in konkrete Handlungsbereiche umzuwandeln.
Die Gründung dieses Forums Integration steht unmittelbar bevor. Es wird die Aufgabe haben, mit diesen Partnern der gesellschaftlichen Arbeit die Dinge, die im Integrationskonzept für Migrantinnen und Migranten vorbildlich genannt sind, weiterzuentwickeln und in konkreten Handlungsschritten im Lande umzusetzen. Wir werden das als Parlament mit der von uns eingerichteten Ausländerkommission zu begleiten haben und dort, wo Beschlüsse des Parlaments und möglicherweise im Einzelfall auch gesetzliche Änderungen erforderlich sind, prüfen, inwieweit wir das aufgreifen.
Insoweit, Frau Langhans, ist der Prozess nicht beendet. Wir haben Stichworte aus Ihren Anträgen, aber auch aus der umfassenden Anhörung aufgegriffen. Wir finden die volle Zustimmung der Sprecherinnen und Sprecher der betroffenen Organisationen im Lande, die dieses Konzept außerordentlich begrüßen.
Sie haben eben gesagt, bis auf NordrheinWestfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen habe kein Bundesland derart umfassend gehandelt, schon gar nicht ein Bundesland mit CDU-Regierungsbeteiligung oder alleiniger CDU-Verantwortung. Die bundesweite Fachöffentlichkeit schaut auf Niedersachsen und sagt: Ihr habt den vorbildlichsten Entwicklungsstand, was die Beseitigung
der sicherlich vorhandenen gesellschaftlichen Defizite im Integrationsbereich angeht. Während Wohlfahrtsverbände das noch von anderen fordern, sind wir in Niedersachsen in der konkreten Umsetzungsphase.
Ich kann nicht verstehen, warum die Grünen in den zehn mitberatenden Ausschüssen und im federführenden Ausschuss diesem Gesamtentschließungsantrag nicht zugestimmt haben; denn mit dieser Perspektive ist die weitere Entwicklung unser gemeinsames Ziel. Ich kann nur noch einmal an Sie appellieren, das heute im Plenum so mitzuvollziehen.
Was ich nicht nachvollziehen kann, lieber Kollege Biallas, war Ihr Beitrag, der eigentlich deutlich gemacht hat, dass Sie die Vertreterinnen und Vertreter der Migrantenverbände im Lande nicht ernst nehmen.
Dieses Parlament hat vor Jahren als erste deutsche Volksvertretung eine Ausländerkommission eingesetzt, die wir jetzt „Kommission für Integrationsfragen“ nennen wollen. Wir haben die Hoffnung - so ist das im Geschäftsordnungsausschuss beraten worden -, dass dieser Teil, wenn das heute so beschlossen wird - daran habe ich keinen Zweifel -, bei der Vorbereitung der Geschäftsordnung des nächsten Niedersächsischen Landtages durch die Landtagsverwaltung aufgegriffen und in die Geschäftsordnung eingearbeitet wird.
In der Kommission sitzen die Vertreter der Verbände. Wenn dort ein Mitglied des Niedersächsischen Integrationsrates, der ehemaligen Arbeitsgemeinschaft Kommunaler Ausländervertretungen Niedersachsen, AG KAN, selbst ein Zuwanderer mit einer Hautfarbe, die nicht unserer mitteleuropäischen entspricht, thematisiert, dass das Lied „Zehn kleine Negerlein“ nach wie vor in Schulbüchereien zu finden ist und mindestens Missverständnisse auslöst bzw. auch zu Vorurteilen und Ressentiments führen kann, dann nehme ich diese Debatte sehr ernst.
Wir haben es gemeinsam hinbekommen - auch mit Ihrer Zustimmung; deswegen verstehe ich Ihre heutige Einlassung nicht -, an das Kultusministerium die Empfehlung auszusprechen, dies nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch Literatur, die in Kindertagesstätten und Schulen eingesetzt wird,
Das Lied „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ und die so genannten Negerküsse haben Sie, Herr Biallas, dort in die Debatte eingebracht.
Sie zitieren das jetzt hier und tun so, als wenn dort verniedlichende Diskussionen stattgefunden hätten. Nein, dieses Niveau bei dieser Debatte haben Sie hergestellt!
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Wir haben hier im Lande umfassende Integrationsangebote verwirklicht. Sowohl im Zuwanderungsgesetz des Bundes als auch im Niedersächsischen Integrationsplan ist - außer bei den Sprachfördermaßnahmen in Kindertagesstätten und Schulen, über die wir hier schon umfassend debattiert haben; das kann ich heute vernachlässigen - vorgesehen, die Betroffenen je nach ihrem Einkommen zu den Kosten von Integrationskursen und Sprachintegrationskursen - im Rahmen der Erwachsenenbildung wird es dort Schwerpunktsetzungen geben - heranzuziehen. Das ist gerechtfertigt und sieht auch das Zuwanderungsgesetz des Bundes vor. Zielgruppe sind nicht nur neue Zuwanderer, sondern auch die hier seit Jahren lebenden Migrantinnen und Migranten. Diese Forderung ist bereits Realität. Sie soll auch in Niedersachsen so umgesetzt werden.
Deswegen verstehe ich Ihre Ausführungen an dieser Stelle nicht, wenn Sie meinen, dass das allein mit dem holländischen Modell machbar sei. Herr Kollege Biallas, die Ausländerkommission hat eine Reise nach Holland unternommen. Wissen Sie, wer nicht dabei war? - Ihre mittelgroße Landtagsfraktion war nicht vertreten. Sie haben das holländische Modell ins Gespräch gebracht, aber haben sich an dieser Reise nicht beteiligt. Deshalb haben Sie auch nicht die Erkenntnis gewonnen, dass dieses Modell dort auch nicht mehr das Gelbe vom Ei ist und dass man in Holland inzwischen über andere Formen nachdenkt und sie auch umsetzt. - Wenn ich „mittelgroß“ sage, dann habe ich noch übertrieben; denn in den letzten Tagen und Wochen stelle ich fest, dass Sie, was Ihre Präsenz hier angeht, eine sehr kleine Landtagsfraktion sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Niedersächsische Integrationsplan ist vorbildlich. Niedersachsen ist an dieser Stelle mit vorn. Wir werden auf dieser Basis die Dinge für die Zuwanderer in diesem Lande weiterentwickeln in dem Bewusstsein, dass Integration keine Einbahnstraße ist, dass sie sich genauso an die Zielgruppe der Mehrheitsbevölkerung, die als Aufnehmende integrationsbereit sein muss, wie an die Gruppe der Zuwanderer richtet. Integration ist ein gegenseitiger Prozess. Dieser Prozess ist notwendig, um ein friedliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu garantieren, was auch ganz wesentlich zur Sicherung des sozialen Friedens beitragen wird.
Aus diesem Grunde haben wir die Defizite, die es in Niedersachsen und darüber hinaus gegeben hat, als eines der ersten Bundesländer aufgegriffen. Wir haben das in einem umfassenden Prozess von Anhörungen und Beteiligung der Betroffenen getan. Alle sagen: Ihr seid auf dem richtigen Weg. - Lasst uns das gemeinsam weiterentwickeln! Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die CDU in Zukunft endlich mit an den Tisch kommt, um diesen Prozess konstruktiv und mit Ideen zu begleiten und nicht, wie wir das in den letzten Wochen bei Ihren Anträgen zur Ausländerpolitik erlebt haben, ausschließlich mit Störfeuer. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher schließe ich die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozialund Gesundheitswesen in der Drucksache 3858 zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Möchte sich jemand enthalten? - Das ist nicht der Fall. Ich stelle fest, die erste Abstimmung war die Mehrheit.
Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen in der Drucksache 3858 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 2147, ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Ich frage nach den Stimmenthaltungen. - Keine Stimmenthaltung. Ich stelle fest, die erste Abstimmung war die Mehrheit.
Meine Damen und Herren, wir haben die Tagesordnung gleich abgearbeitet. Ich rufe jetzt den letzten Tagesordnungspunkt auf:
Tagesordnungspunkt 37: Zweite Beratung: Wohnraum für Studierende schaffen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3026 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur Drs. 14/3886
Die Fraktionen haben mir mitgeteilt, dass bei diesem Tagesordnungspunkt ohne Aussprache abgestimmt werden soll.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 3026 wurde in der 95. Sitzung am 24. Januar 2002 an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, dass ohne Aussprache abgestimmt werden soll. Damit eröffne und schließe ich die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur in der Drucksache 3886 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 3026 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Meine Damen und Herren, Sie haben der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur zugestimmt.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen, angenehmen Feierabend. Bis morgen früh um 9 Uhr!