- So strikt, wie Sie jetzt Ihren Gesetzentwurf formuliert haben, war nur der aus dem Jahr 1954, nicht aber der von 1980. Von 1954!
Das hätte übrigens niemand vermutet. Wissen Sie, von wem Sie nur noch rechts überholt werden? Von der FDP. Ich habe ja neulich mit ihnen diskutiert. Aufgrund der Vorstellungen der FDP und der CDU hat da ein Schüler gefragt: Glauben Sie eigentlich, dass wir als Wurstfachverkäufer geboren werden? - So haben Sie inzwischen Ihren Begabungsbegriff definiert.
Sie wollen Sortierung statt individueller Förderung. Mit der Eingangsstufe kehren Sie zur Sortierung zurück - gerade zu dem, was uns die PISAStudie ins Stammbuch geschrieben hat, dies nicht mehr zu tun -, nämlich schlichtweg Schülerförderung durch Schulformbesuch. Was für eine Vorstellung von individueller Förderung ist das? Sie haben sich mit Ihrem Gesetzentwurf etwas angetan, was Herr Wulff, glaube ich, so gar nicht wollte. Er möchte ja keine Konzepte vorlegen. Er möchte in der Öffentlichkeit ja eigentlich nicht darstellen, wie die Konzepte aussehen, damit er keinen Widerstand erzeugt. Das ist die eigentliche Politiklinie. Sie haben sich mit Ihrem eigenen Gesetzentwurf selbst ganz schön etwas angetan. Jetzt haben wir endlich die Möglichkeit, mit den Eltern darüber zu diskutieren, wohin sie wollen. Das ist für uns an dieser Stelle sehr erfreulich.
Sie wollen Kinder stigmatisieren. Wir haben ins Stammbuch geschrieben bekommen: Die Schullaufbahnempfehlung nach Klasse 6 ist schlecht für die Kinder. Wir haben sie deshalb abgeschafft. Sie aber wollen sie jetzt schon nach Klasse 4 aussprechen lassen. Sie wollen die Kinder wieder in „empfohlene“ und „nichtempfohlene Kinder“ aufteilen, Herr Busemann.
- Warum regen Sie sich so auf? - Sie wissen ganz genau, dass dies wieder in die soziale Selektion führen wird, die wir mit dieser Änderung abschaffen wollten.
Meine Damen und Herren, nach alledem ist festzustellen: Unsere Schulreform ist durchdacht. Frau Litfin hat eben so schön den Förderverbundgedanken dargestellt. Besser kann man es eigentlich gar nicht mehr machen. Herzlichen Dank! Da werden Sie nämlich am Ende landen. Dann werden Sie wissen, warum wir das so geplant haben.
Ich glaube, dass wir ein Schulchaos zu verhindern wissen werden. Unser Gesetzentwurf jedenfalls bedeutet Planung und Planungssicherheit. Die Kommunen nehmen das sehr wohl wahr und die Eltern finden es hochspannend, jetzt endlich mitdiskutieren zu können. Das Bezeichnendste an Ihrem Gesetzentwurf ist, dass Sie sich schon in der Pressemitteilung für Ihre handwerklichen Fehler entschuldigt haben. Das muss man sich einmal vorstellen: Sie haben zwei Jahre lang an Ihrem Gesetzentwurf gearbeitet.
Mit der Einrichtung der Eingangsstufen am 1. August 2003 würden Sie Chaos anrichten. Wir werden dies aber zu verhindern wissen.
c) 10 % Gabriel - 0 % Glaubwürdigkeit: Vermögensteuer ja, aber ehrlich! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3992
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzlage der Länder und Kommunen ist dramatisch. Die Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte erodiert. Das Land Niedersachsen ist nicht einmal in der Lage, seine laufenden Ausgaben auch mit zulässiger Nettokreditaufnahme zu finanzieren, geschweige denn die notwendigen Mehrausgaben in der Bildungspolitik zu schultern. Wir wollen in dieser Situation natürlich auf der Ausgabenseite kürzen, weil wir der Auffassung sind, dass sich das Land immer noch viel Überflüssiges leistet und über seine Verhältnisse lebt.
Wir wollen aber auch darüber diskutieren, mit welchen Steuerarten sich die Bundesländer und die Kommunen künftig insbesondere im Bildungsbereich noch finanzieren wollen.
Wir sind nicht der Auffassung eines Franz Müntefering, der, einer gewissen Traditionslinie der SPD folgend, den Vorschlag unterbreitet hat, den Privatbesitz von Geld zugunsten des Staates abzuschaffen. Wir sind aber sehr wohl dafür, Vermögensbesitzer und Spitzenverdiener in stärkerem Umfang als bisher zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte heranzuziehen.
Wir wollen Vermögensbesitzer und Spitzenverdiener insbesondere an der Finanzierung von Bildungsausgaben stärker beteiligen, weil kostenfreie Kita-Plätze, die Verbesserung der Unterrichtsversorgung oder der Ausbau von Ganztagsschulen nach unserer Überzeugung nicht zu finanzieren sind, wenn man nicht zusätzliche Einnahmequellen erschließt. Wir wollen diese Gruppen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen. Wir sind aber im Zweifel, ob die Vermögensteuer das richtige Instrument ist. Wir haben nicht nur Zweifel, sondern wir sind der Überzeugung, dass sich insbesondere die vom Ministerpräsidenten behaupteten Mehreinnahmen aus dieser Steuerart nicht in dieser Weise realisieren lassen werden. Ein Grund dafür liegt darin, dass im Unterschied zu der Vermögensteuer, wie sie bis 1996 erhoben wurde, der Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen und aus Niedersachsen sehr viel höhere Freibeträge vorsieht. Die Konsequenz wird auch bei einer höheren Bewertung des Liegenschaftsvermögens sein, dass die Beträge mit Sicherheit nicht deutlich höher liegen als 1996, als wir öffentliche Einnahmen von 4,6 Milliarden Euro zu verzeichnen hatten.
Wir sind der Auffassung, dass mit der Vermögensteuer sehr hohe Erhebungskosten verbunden sind. Sie wissen, dass im Land Niedersachsen bis 1996 mehrere hundert Finanzbeamte nur mit der Erhebung dieser Steuerart beschäftigt waren, dass in der Folge das Beschäftigungsvolumen um 100 Stellen gekürzt worden ist und dass künftig aufgrund der variablen Freibeiträge und auch der verkehrswertabhängigen Besteuerung mit Sicherheit mehrere 100 zusätzliche Stellen in den Finanzämtern erforderlich werden, um die Steuer beizutreiben.
Wir sind auch der Auffassung, dass die Einnahmeausfälle, die den öffentlichen Haushalten aufgrund der nächsten Stufe der Einkommensteuerreform drohen, mit Sicherheit so groß sind, dass auch eine Vermögensteuer nicht ausreichen wird, um eine Gegenfinanzierung sicherzustellen. Wir haben
schlechte Erfahrungen mit der Selbstfinanzierung solcher Steuerreformen, mit der Refinanzierungsquote gemacht und befürchten, dass ein Großteil des Erlöses einer solchen Vermögensteuer zum Stopfen allgemeiner Haushaltslöcher verwendet werden muss. Es ist deswegen nach unserer Überzeugung zutiefst unseriös, wenn der Ministerpräsident die Einnahmen aus der Vermögensteuer heute schon sozusagen haushaltspostengenau in die Ausgabenseite einstellt, wenn er zusätzliche Schulassistenten verspricht, wenn er zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer verspricht und auch den Kommunen einen finanziellen Segen in Aussicht stellt. Das erwarten wir nicht. Deswegen sind wir hinsichtlich dieses Instrumentes sehr skeptisch.
Wir sind uns mit der Landesregierung aber in dem Ziel einig, Vermögensbesitzer und Spitzenverdiener stärker in die Finanzierung der Bildungspolitik einzubeziehen.
Mit der CDU streiten wir über alles, insbesondere über die Frage, wie künftig die Finanzierung der Länderhaushalte sichergestellt werden soll. Die CDU ist gegen alles und macht keine eigenen Vorschläge. Die CDU lehnt die Mindestbesteuerung von Unternehmen ab. Die CDU lehnt eine Neuregelung des Erbschaftssteuerrechtes ab. Die CDU lehnt eine Abgeltungssteuer oder eine Kontrollmitteilung im Bereich von Kapitalerträgen ab.
Damit sind die öffentlichen Haushalte bloßgestellt. Die CDU hofft, die Landtagswahl dadurch überstehen zu können, dass sie gegen alles ist und nichts konkret macht. Sie hofft, ohne eigene Vorschläge, gewissermaßen im Schlafwagen, an die Macht zu kommen. Ich glaube, dies wird nicht funktionieren.
Sie können nicht darauf setzen, dass Sie sozusagen Winterschlaf in Ihrem Bau halten und dann am 2. Februar für Sie, die CDU, der Frühling ausbricht. Das wird nicht funktionieren.
So billig kommen Sie in Niedersachsen nicht an die Landesregierung. Sie müssen den Leuten erklären, welche Vorschläge Sie zur Haushalts- und Finanzpolitik haben. Sie können nicht länger im Allgemeinen herumwabern.
Sie müssen sagen, wie Sie Einnahmen erzielen wollen, wie Sie die wegbrechenden Steuereinnahmen der öffentlichen Haushalte kompensieren wollen. Das wollen die Menschen in Niedersachsen wissen. Herr Wulff, das wollen übrigens auch die Mitglieder Ihrer Fraktion wissen. So billig gewinnt man keine Landtagswahl. Wenn doch, dann werde ich aus Protest am 2. Februar meinen Rückzug aus der Landespolitik erklären.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es interessant, wenn jemand sagt, er zieht sich aus der Landespolitik zurück, obwohl er gar nicht mehr kandidiert. Nur eines, lieber Michel Golibrzuch: Das war eben nicht toll. Man kann nicht eine Aktuelle Stunde gegen den Ministerpräsidenten beantragen und dann versuchen, die CDU in die Pfanne zu hauen. Ich will dir eines sagen: Eure rot-grüne Bundespolitik vernichtet Wachstum in Deutschland.
Ein Prozent Wachstum in Deutschland würde 5 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen bringen, die uns allen zugute kämen. Ihr kommt nun mit dem alten Hut der Vermögensteuer. Sie wurde schon am 22. Juni 1995 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig gehalten. Das Bundesverfassungsgericht hat auf Seite 21 des Urteils zu den Entscheidungsgründen deutlich dargelegt, dass im Wesentlichen die Betriebe diese 6 Milliarden DM aufbringen. Das wird letztendlich auf die Gesamtzahl der Verbraucher umgelegt, weil es über die Preise wieder hereingeholt werden muss. Letztendlich trifft es wieder den Verbraucher. - So viel dazu.
- Herr Meinhold, Sie haben ja heute Morgen im Frühstücksfernsehen auf die Frage, ob Herr Schröder oder Herr Ministerpräsident Gabriel das Richtige zur Vermögensteuer sagt, geäußert: Wenn beide einer Meinung wären, dann bräuchte man einen nicht.
Der Wahrheitsgehalt der Äußerungen von Ministerpräsident Gabriel ist gleich null. Nachdem Müntefering im Juni dieses Jahres, noch vor der Wahl, erklärt hat, die Vermögensteuer komme auf keinen Fall wieder, hat Herr Gabriel fünf Tage nach der Wahl am 27. September erklärt, er wolle die Vermögensteuer wieder einführen. Es sollten jedoch nur 3,5 Milliarden Euro erhoben werden, also genau so viel wie 1996, als sie abgeschafft wurde; die Betriebe würden überhaupt nicht belastet. - Am 4. Dezember hat er dann eine Pressekonferenz gegeben. Damals betrug die erwartete Höhe der Vermögensteuer bereits 9 Milliarden Euro, also das Dreifache dessen, was 1996 erhoben worden ist. Sie wollen durch die Vermögensteuer 700 Millionen Euro für das Land Niedersachsen erheben. Fünf Tage nach der Wahl hat Gabriel außerdem gesagt, die Erbschaftsteuer müsse heraufgesetzt werden, weil er gedacht hat: Wer 24 Millionen Euro erbt, müsse keine 30 % Erbschaftsteuer zahlen. Das haben wir ihm nachgewiesen. Jetzt sagt er, er sei klüger geworden. Nun soll die Erbschaftsteuer gesenkt werden.