Protokoll der Sitzung vom 13.12.2002

Nach dem Verkauf seiner Anteile an der TotoLotto Niedersachsen GmbH (TLN) an die Norddeutsche Landesbank – Girozentrale (NORD/LB) und an die Fördergesellschaft des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes ist das Land Niedersachsen nur noch mittelbar als Minderheitsgesellschafter der NORD/LB an der TLN beteiligt. Eine Einflussnahme auf das operative Geschäft von TLN ist damit weder möglich noch zulässig.

Nach Auskunft der Geschäftsführung der TLN wurde das Sportsponsoring in einem neuen Konzept zusammengefasst. Dieses sieht vor, dass TLN zukünftig weniger Vereine sponsert, dafür jedoch möglichst als Hauptsponsor auftritt. TLN ist der Überzeugung, dass nur auf diesem Wege ein positiver, wahrnehmbarer Imagetransfer zwischen Sport und Lotterie stattfinden kann.

In Kenntnis dieses neuen Konzeptes haben sich nach Auskunft von TLN mehrere Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben der Grafschaft Bentheim an die Geschäftsführung gewandt, ob es nicht möglich sei, die HSG Nordhorn als Hauptsponsor zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang gab es auch ein Telefongespräch zwischen Herrn Ministerpräsidenten Gabriel und einem Geschäftsführer von TLN, Herrn Dr. Stypmann, in welchem Herr Gabriel ihm die HSG Nordhorn als Werbeträger für die TLN empfohlen hat.

Im Juli 2002 wurde das neue Konzept für Sportsponsoring im Aufsichtsrat von TLN unter Mitwirkung des Landessportbundes und des Niedersächsischen Fußballverbandes verabschiedet. Im Rahmen dieses Konzeptes erhielt die HSG Nordhorn einen Sponsorenvertrag in Höhe von 250 000 Euro inklusive Mehrwehrsteuer für die Spielzeit 2002/2003. Der Vertrag hat eine Laufzeit von einem Jahr. Die Zahlung des Sponsorenbetrages erfolgt erst im Januar 2003. Weitere Zahlungen

bzw. Zusagen sind der Landesregierung nicht bekannt.

Zurzeit ist TLN mit einem Betrag von 250 000 Euro Hauptsponsor der HSG Nordhorn. Vergleichbare Sponsorenzuwendungen im Bereich der 1. Handballbundesliga für eine entsprechende Trikotwerbung zeigen, dass dieses Engagement als gering bezeichnet werden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1 und 2: Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.

Zu 3: Die Bezirksregierung Braunschweig hat mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 der Stadt Gifhorn eine beantragte Zuwendung zur Einrichtung von Übernachtungsmöglichkeiten von Kaderathleten am Boxstützpunkt Gifhorn in Höhe von 15 000 Euro bewilligt. Die Förderung dieser Sportstätte von überregionaler Bedeutung und erheblichem Landesinteresse erfolgt im Rahmen des so genannten 100 Millionen-DM-Programms des Landes zur Sanierung und Modernisierung von Sportstätten.

Anlage 8

Antwort

der Staatskanzlei auf die Frage 16 des Abg. Schwarzenholz (fraktionslos)

Der Weg der Türkei in die Europäische Union (EU)

Im derzeit laufenden Landtagswahlkampf in Niedersachsen hat die CDU das Thema der möglichen EU-Aufnahme der Türkei zu einem ihrer wichtigen Themen erklärt. Auf Parteitagen und in Interviews von führenden Unionspolitikern wird mit verschiedensten Argumenten gegen den Weg der Türkei in die EU polemisiert und der Bundes- und Landesregierung vorgeworfen, in dieser Frage gegen deutsche Interessen zu handeln. Dies wird u. a. damit begründet, dass die EU in „ihren Grundwerten christlich-abendländisch geprägt“ sei (CDU-Fraktionsvorsitzender Chris- tian Wulff in der Braunschweiger Zeitung vom 23. November 2002). Der CDU-Spitzenkandidat in Hessen, Roland Koch, sprach sich gegen eine EU-Aufnahme der Türkei aus, weil diese ein Zusammenwachsen Europas verhindern würde (dpa-Meldung vom 24. November 2002).

Die demokratischen Kräfte in der Türkei haben dagegen die Erwartung geäußert, dass der

Türkei ein verbindlicher Weg in die EU eröffnet wird. Die bisherigen Erfahrungen mit den Vorbereitungen auf eine EU-Aufnahme werden von den Demokraten als ein Beweis dafür gesehen, dass die Reformkräfte im Land gestärkt würden und der Demokratisierungsprozess in der Türkei deutliche Fortschritte mache.

Auch die Regierung Griechenlands, des einzigen EU-Mitgliedslands, das direkt an die Türkei angrenzt, spricht sich sehr nachdrücklich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus. Zwar bestehen zwischen Griechenland und der Türkei u. a. in der Zypernfrage noch ungelöste Probleme, Griechenland will aber den Aufnahmeprozess dazu nutzen, um auch diese Probleme zu lösen. Die EU-Aufnahme der Türkei und die vorherige Abarbeitung und Erfüllung aller Anforderungen der EU an Aufnahmekandidaten werden nicht nur von der griechischen Regierung als eine Chance angesehen, die nicht ungenutzt bleiben darf.

Auch von den Befürwortern des EU-Beitritts der Türkei in Deutschland, zu denen auch der Fragesteller zählt, wird nicht behauptet, dass die Türkei kurzfristig die Aufnahmevoraussetzungen erfüllt. Es gehe vielmehr um die politisch zu entscheidende Frage, ob der notwendige Veränderungsprozess in der Türkei im Rahmen von Beitrittsverhandlungen verstärkt wird oder ob der Türkei dauerhaft der Zugang zur EU verweigert werden soll. Da in derartigen Fragen in einem föderalen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland auch die Haltung der Bundesländer eine wichtige Rolle spielt, frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die derzeitige Anti-TürkeiCampagne der CDU und ihre Auswirkungen auf das Verhältnis von Deutschen und Türken sowie türkischstämmigen Deutschen in Niedersachsen?

2. Ist sie bereit, sich im Rahmen ihrer europapolitischen Möglichkeiten aktiv unterstützend für den EU-Aufnahmeprozess der Türkei einzusetzen?

3. Welche konkreten Maßnahmen will sie ergreifen, um die Beziehungen zwischen Niedersachsen und der Türkei im wirtschaftspolitischen, kulturellen und sozialen Bereich weiter auszubauen?

Die Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Die Türkei hat 1963 – also vor nunmehr fast 40 Jahren – einen Antrag auf Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft gestellt. Dabei ist bereits eine grundsätzliche Festlegung auf die Realisierung eines Beitritts erfolgt. Im gleichen Jahr wurde

ein Assoziierungsvertrag mit der EG geschlossen. Die Kommission legte, gestützt auf Artikel 28 des Assoziationsabkommens EG - Türkei, im Oktober 1998 für den Europäischen Rat von Wien zusammen mit den Regelmäßigen Berichten für die übrigen Bewerberländer ihren ersten Regelmäßigen Bericht über die Türkei vor. Im Oktober 1999 wurde für den Europäischen Rat von Helsinki der zweite Bericht angenommen. Dabei kam der Rat zu dem Schluss: „Die Türkei ist ein beitrittswilliges Land, das auf der Grundlage derselben Kriterien, die auch für die übrigen beitrittswilligen Länder gelten, Mitglied der Europäischen Union werden soll. Auf der Grundlage der derzeitigen europäischen Strategie soll der Türkei wie den beitrittswilligen Ländern eine Heranführungsstrategie zugute kommen, die zu Reformen anregen und diese unterstützen soll.“ Aufgrund dieser positiven Beurteilung hat die Europäische Union im Dezember 1999 der Türkei den Status eines Beitrittskandidaten verliehen.

Im Rahmen der Heranführungsstrategie berichtet die Kommission dem Europäischen Rat regelmäßig über die Fortschritte jedes Bewerberlandes bei der Vorbereitung auf die Mitgliedschaft. Der erste vollständige Regelmäßige Bericht für die Türkei wurde beim Europäischen Rat von Nizza im Dezember 2000 vorgelegt. In den letzten Jahren sind bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Heranführungsstrategie für die Türkei beträchtliche Fortschritte erzielt worden. Die Umsetzung der Heranführungsstrategie ist inzwischen voll im Gange. Die Europäische Union hat am 8. März 2001 eine Beitrittspartnerschaft mit der Türkei begründet. Die Türkei hat daraufhin ihr nationales Programm zur Übernahme des Besitzstandes der EU verabschiedet. Gestützt auf diese Dokumente, hat die Türkei damit begonnen, sich intensiv mit dem Besitzstand auseinander zu setzen und eine Reihe gesetzlicher Änderungen zur Übernahme des Besitzstandes eingeleitet.

Beitrittsverhandlungen können aber erst beginnen, wenn die Türkei die politischen Kriterien für einen Beitritt vollständig erfüllt. Als Bedingungen für einen Beitritt hat die Europäische Union 1993 auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen drei Gruppen von Kriterien formuliert, die alle Beitrittsländer erfüllen müssen:

- Die „politischen Kriterien“ institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Men

schenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten;

- die „wirtschaftlichen Kriterien“ funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten;

- das „Kriterium der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes“, d. h. die Fähigkeit, die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen und sich die Ziele der Politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu Eigen zu machen.

Hinzukommen muss die Schaffung von Beitrittsbedingungen durch Anpassung der Verwaltungsstrukturen, damit eine effektive Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht durch leistungsfähige Verwaltungs- und Gerichtsstrukturen gewährleistet ist.

Die Europäische Kommission hat in ihrem letzten Bericht über den Fortschritt der Beitrittskandidaten zu Recht festgestellt, dass die Türkei sich auf gutem Weg befindet, die Kriterien von Kopenhagen zu verwirklichen, sie diese jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfüllt.

In den letzten Wochen hat die Debatte über einen möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union deutlich zugenommen. Wann die Türkei der EU beitreten wird, ist nach derzeitigen Denkmodellen und Planungen jedoch noch vollkommen offen. Auf dem deutsch-französischen Gipfel am 4. Dezember 2002 ist zwischen Bundeskanzler Schröder und Staatspräsident Chirac als deutschfranzösische Initiative für den Europäischen Rat in Kopenhagen für das Beitrittsersuchen der Türkei eine so genannte Rendezvous-Klausel vereinbart worden. Nach Informationen aus dem Bundeskanzleramt soll danach in der zweiten Jahreshälfte 2004 auf der Basis des Fortschrittsberichts für die Türkei geprüft werden, ob diese die Kriterien von Kopenhagen 1993 erfüllt. Bei einer positiven Antwort soll der Europäische Rat beschließen, dass mit der Türkei am 1. Juli 2005 Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden (Automatismus). Den Beratungen der Staats- und Regierungschefs am 12./13. Dezember 2002 soll jedoch nicht vorgegriffen werden. Es wird hierzu eine größere Debatte geben; das Ergebnis ist noch völlig offen.

Dies vorausgeschickt, wird die Mündliche Frage wie folgt beantwortet:

Zu 1: Die Landesregierung hält die Campagne weder für hilfreich in der derzeitigen Situation noch für gerecht angesichts des besonderen Verhältnisses Deutschlands zur Türkei. Sie teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass die Türkei erhebliche Fortschritte bei der Verwirklichung der Kriterien des Gipfels von Kopenhagen 1993 gemacht hat. Sie sollte dabei unterstützt werden, diesen Weg weiterzugehen. Eine Konkretisierung der Beitrittsperspektive ist hierfür ein positives Signal.

Zu 2 und 3: Die Landesregierung wird alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in den genannten Bereichen prüfen und aufgrund dieser Bewertung geeignete Schritte einleiten. Im Bereich der Bildungspolitik gibt es bereits Aktivitäten der Landeszentrale für politische Bildung sowie im Rahmen der Europa Union, die insbesondere Informationsreisen in die Türkei mit Vortragsveranstaltungen über die Europäische Union zum Gegenstand haben. Im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr wird ein Pilotprojekt „Beratung zur Existenzgründung und –sicherung von Migranten und Migrantinnen“ in der Region Hannover durchgeführt, mit dem Migranten der Weg in die Selbständigkeit aufgezeigt werden soll. Gerade Migranten aus der Türkei nehmen die Beratung sehr stark in Anspruch. Auf dieser Basis sollen die Beziehungen weiter entwickelt werden.

Anlage 9

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Frage 17 des Abg. Biestmann (CDU)

Nitrofen-Skandal - Minister verweigert Entschuldigung

Minister Bartels hatte im Mai das Unternehmen GS agri für den Nitrofen-Skandal verantwortlich gemacht und eine Vorverurteilung vorgenommen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die GS agri nicht schuldhaft, weder vorsätzlich noch fahrlässig, gehandelt habe.

Die Firma GS agri ist besonders erbost über Landwirtschaftsminister Bartels, der seinerzeit, ohne die Aufklärung des Sachverhaltes abzuwarten, personelle Konsequenzen in der Führungsetage des Unternehmens gefordert hatte. Seitens des Unternehmens habe man insgesamt drei Briefe an den Minister gerich

tet, die dieser bisher unbeantwortet gelassen habe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Ankündigung der Staatsanwaltschaft, das Strafverfahren gegen GS agri einzustellen, weil das Unternehmen nicht schuldhaft, weder vorsätzlich noch fahrlässig, gehandelt habe?

2. Wie bewertet sie die Vorverurteilung durch Minister Bartels, der ohne präzise Kenntnis des Sachverhaltes den Ruf der Firma GS agri über Niedersachsen hinaus nachhaltig geschädigt hat?

3. Wann wird der Minister die von der Firma GS agri an ihn gerichteten Schreiben beantworten und sich für sein Verhalten entschuldigen?

Nur dem Uneinsichtigen muss klargestellt werden, was längst klar und unmissverständlich erklärt, belegt oder bewiesen ist! Der Redliche würde aus einem ihm unterlaufenen Fehler nicht ableiten, dass der, der ihn darauf hinweist und dafür verantwortlich macht, ihn „vorverurteilt“.

Es war richtig, die GS agri für die nicht erfolgte Meldung über spätestens seit März 2002 bekannte Untersuchungsergebnisse bei Fleisch und Futtermitteln verantwortlich zu machen.

Es war richtig, sofort nach der Verdachtsmeldung aus Bonn, nämlich am 23. Mai abends in der GS agri amtlich zu ermitteln.