Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

niederländische Streitkräfte in Niedersachsen stationiert. Hervorzuheben ist hierbei der Standort Garlstedt, wo eine US-Brigade mit ca. 4.000 Soldaten der 2. US-Division stationiert war. Diese Brigade wurde nach ihrem Einsatz 1991 im Golf direkt in die USA zurückverlegt. Garlstedt ist heute Standort der Nachschubschule des Heeres.

Reduzierung in der zweiten Phase:

In dieser Phase verloren die Streitkräfte insgesamt 6.370 Stellen. Diesen sind Zustationierungen in Höhe von 1.900 Dienstposten entgegenzurechnen, sodass insgesamt ein Verlust von 4.470 Soldaten entstand. Besonders betroffen waren durch Auflösung die Standorte Emden und Westertimpke. Nennenswerte Reduzierungen erfuhren die Standorte Nienburg, Schortens, Dörverden, Delmenhorst, Munster, Lüneburg, Lingen, Schwanewede, Goslar, Braunschweig, Cuxhaven sowie Celle, Diepholz, Syke/Moordorf, Borkum und Hildesheim. Erhalten werden konnten die Standorte Fürstenau und Wangerland. Eine Verstärkung erfuhren die Standorte Bremervörde und Großenkneten.

Bei der dritten Phase, die durch die Depotorganisation der Streitkräfte gekennzeichnet war, gingen 23 Standorte (Depots) verloren. fünf Standorte konnten erhalten bleiben. Hierbei handelte es sich um die Standorte Walsrode, Weener, Hesedorf, Quakenbrück und Axstedt/Lübberstedt. Insgesamt gingen bei dieser Feinausplanung 710 Dienstposten, in der Masse Angestellte und Arbeiter, verloren.

Die Wehrverwaltung im Bereich des Landes Niedersachsen hatte in der Zeit von 1990 bis heute ca. 12.000 Dienstposten eingebüßt.

Bei den niederländischen Streitkräften sind seit 1990 insgesamt 130 Arbeitsplätze, bei den britischen Streitkräften sind seit 1990 bis heute 3.350 Arbeitsplätze, die von deutschen Staatsangehörigen besetzt waren, verloren gegangen.

Zu 3: Da im Einzelnen noch nicht entschieden ist, ob und ggf. welche Standorte in Niedersachsen von der Auflösung betroffen sein werden, sind zur Zeit konkrete Angaben über eventuelle Maßnahmen nicht möglich. Die Niedersächsische Landesregierung wird im Einzelfall entscheiden, sobald der Bundesminister der Verteidigung konkrete Standortentscheidungen getroffen hat. Dies wird nach dem jetzigen Stand der Dinge nicht vor Herbst d. J. der Fall sein.

Anlage 24

Antwort

des Innenministeriums auf die Frage 30 des Abg. Wenzel (GRÜNE):

Polizeiliche Videoüberwachung im Ratssaal während einer Sitzung des Göttinger Stadtrates

Die Sitzung des Rates der Stadt Göttingen vom 9. Juni 2000 war geprägt von der Diskussion um Sparvorschläge des CDUOberbürgermeisters Danielowski. Vor Beginn der Sitzung fand bereits eine Kundgebung auf dem Platz vor dem Rathaus statt. Der Zugang zum Ratssaal war nur durch ein Polizeispalier über einen Seiteneingang ermöglicht worden.

Im Lauf der Ratssitzung stellte sich heraus, dass ein Polizeibeamter in Zivil mit einer Videokamera mindestens teilweise den Verlauf der Ratssitzung aufgezeichnet hatte. Dieses war offenbar weder mit dem Ratsvorsitzenden abgesprochen noch vom Rat genehmigt. Der Oberbürgermeister erklärte allerdings während der Ratssitzung, für die Aufnahme liege eine Genehmigung vor. Laut Berichterstattung des „Göttinger Tageblatts“ vom 13. Juni 2000 versicherte auch ein Polizeisprecher, „der Einsatz sei mit der Verwaltung abgesprochen gewesen“. Auf Aufforderung von Ratsmitgliedern gab der Polizist die Videokassette heraus, die Kassette wurde an den Ratsvorsitzenden weitergegeben. Durch die verdeckte Aufnahme sahen sich einige Ratsmitglieder in ihrem Persönlichkeitsrecht der freien Rede und der freien Ausübung ihres Mandats gehindert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum und durch wen ist die Observierung im Rat der Stadt Göttingen am 9. Juni 2000 angeordnet und genehmigt worden?

2. Wer hat seitens der Stadt Göttingen die Observierung genehmigt bzw. war darüber unterrichtet?

3. Ist es aus Sicht der Landesregierung rechtmäßig und zweckmäßig, politische Auseinandersetzungen um Sparvorschläge polizeilich observieren zu lassen?

Nach Mitteilung der Bezirksregierung Braunschweig liegt der Mündlichen Anfrage nachstehender Sachverhalt zugrunde:

Am 7. Juni 2000 fand in der Göttinger Innenstadt eine Demonstration mit Aufzügen zu einzelnen, von möglichen städtischen Sparmaßnahmen betroffenen Objekten sowie zum Göttinger Rathaus statt. In der Abschlusskundgebung wurde auch

dazu aufgerufen, sich am 9. Juni 2000 an einer Versammlung am Neuen Rathaus zu beteiligen sowie an der im Anschluss stattfindenden öffentlichen Sitzung des Rates der Stadt Göttingen teilzunehmen. In der Ratssitzung sollten gemäß Tagesordnung die strittigen Themen behandelt werden.

In der linken und alternativen Szene Göttingens wurden zu den geplanten Sparmaßnahmen der Stadt Göttingen diverse Aufrufe und Parolen verbreitet, die sich insbesondere gegen die Person des Göttinger Oberbürgermeisters Danielowski gerichtet haben. Unter anderem wurde ein Flugblatt mit folgendem Inhalt bekannt:

„Fr., 9. Juni 14.00 Uhr Laut und bunt am Rat. Es naht die Stunde Null mit Kaffee, Kuchen und Musik. Größtmögliche Menschenansammlungen sind erbeten zum Spaß haben und Ernst machen: 16.00 Uhr Ratssitzung!“

Das Flugblatt wurde unter dem Signum „D tut weh. Eine Information des Göttinger Bündnisses gegen Danielowski“ verbreitet.

Ein Ratsmitglied der Linken Liste/PDS hatte für den 9. Juni 2000 in der Zeit von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr bei der Stadt Göttingen eine „Kundgebung mit Rede, Musik, Straßentheater“ unter dem Motto „Soziokulturelle Vielfalt statt Einfältigkeit“ im Vorfeld der ab 16.00 Uhr stattfindenden Ratssitzung angemeldet. Die Veranstaltung war mit Auflagen genehmigt worden.

Die Stadt Göttingen hatte sich anlässlich dieser Veranstaltung wie auch der anstehenden Ratssitzung an die Polizeiinspektion Göttingen gewandt, um Maßnahmen gegen Störungen und ggf. zu erwartende Ausschreitungen wie z. B. Blockaden der Zugangswege zum Ratssaal bzw. Übergriffe gegen Ratsmitglieder zu erörtern.

Noch am Morgen des 9. Juni 2000 erfolgte eine weitere Abstimmung zwischen der Stadt Göttingen und dem Leiter des zuständigen Polizeikommissariates Göttingen und späteren Einsatzleiter hinsichtlich möglicher Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Ratssitzung. Es wurde vereinbart, dass die Polizei im Ratssaal präsent sein wird, um ggf. bei der Durchsetzung des Hausrechts zu unterstützen. Weitere Einsatzkräfte sollten vorsorglich absprachegemäß im näheren Umfeld bereit gehalten werden. Eine Observation

(verdeckte Beobachtungsmaßnahmen - §§ 30, 34 NGefAG) war nicht vorgesehen und hat im weiteren Verlauf nicht stattgefunden.

Das polizeiliche Einsatzkonzept im Hinblick auf den Verlauf der Ratssitzung war darauf ausgerichtet, auf Anforderung des Ratsvorsitzenden tätig zu werden sowie den Belangen der Stadtverwaltung im Hinblick auf eine mögliche Unterstützung bei den Einlasskontrollen zu entsprechen. Ferner orientierte sich das taktische Konzept an der Gefahrenprognose auf Grundlage der genannten polizeilichen Erkenntnisse über mögliche Störungen der Ratssitzung.

Ein Polizeibeamter war mit eventuell erforderlich werdenden Beweissicherungs- und Dokumentationsaufgaben beauftragt worden. Der Beamte befand sich in ziviler Kleidung im Ratssaal. Er hatte sich nach Betreten des Ratssaales vor Beginn der Ratssitzung gegenüber dem Pressesprecher der Stadt Göttingen ausgewiesen. Sichtbar an einem langen Stativ führte der Beamte eine Videokamera mit sich.

Mit dem Ratsvorsitzenden hat sich der polizeiliche Einsatzleiter letztmalig unmittelbar vor Beginn der Ratssitzung abgestimmt. Die Anfertigung von Bildaufnahmen wurde nicht thematisiert.

Im Verlauf der Ratssitzung, gegen 18.30 Uhr, wurde aus dem Publikum heraus festgestellt, dass von dem in Rede stehenden Beamten offensichtlich Videoaufnahmen gefertigt würden. Der Ratsvorsitzende stellte ihn daraufhin zur Rede. Nachdem dieser erklärte, dass er Polizeibeamter sei, folgten empörte Reaktionen von verschiedenen Personen aus dem Publikum wie auch von einzelnen Ratsangehörigen. Zu einem „Gerangel“, wie in Teilen der Presse berichtet wurde, ist es nicht gekommen.

Im Einvernehmen mit dem Einsatzleiter und dem Ratsvorsitzenden händigte der Beamte die verwendete Videokassette zur Weitergabe an den Ratsvorsitzenden einem Ratsherrn der Fraktion GAL/DIE GRÜNEN aus. Vereinbarungsgemäß behielt der Ratsvorsitzende die Kassette zunächst in seinem Besitz. Am 16. Juni 2000 fand ein Treffen bei der Polizeiinspektion Göttingen statt, an dem neben dem polizeilichen Einsatzleiter der Ratsvorsitzende der Stadt Göttingen sowie seine beiden Stellvertreter teilnahmen. Gemeinsam wurde das Bildmaterial gesichtet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass lediglich sporadisch vor

der Ratssitzung und während der Sitzung in der Zeit von 16.05 Uhr bis 16.09 Uhr sowie von 18.16 Uhr bis 18.19 Uhr gefilmt wurde. Es wurden ausschließlich Übersichtsaufnahmen gefertigt. Nach Sichtung des Bildmaterials erfolgte die Löschung der Aufnahmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

1. Warum und durch wen ist die Observierung im Rat der Stadt Göttingen am 9. Juni 2000 angeordnet und genehmigt worden? - Wie in der Vorbemerkung bereits ausgeführt, fand eine polizeiliche Observation nicht statt.

2. Wer hat seitens der Stadt Göttingen die Observierung genehmigt bzw. war darüber unterrichtet? - Siehe Frage 1.

3. Ist es aus Sicht der Landesregierung rechtmäßig und zweckmäßig, politische Auseinandersetzungen um Sparvorschläge polizeilich observieren zu lassen? - Nein.