Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Das sind nicht Bayern, Hamburg oder Bremen, bei aller Größe, die die haben. Die meisten Arbeitnehmer, die in der Luftfahrtindustrie beschäftigt sind, wohnen in Niedersachsen. Von daher kommt in Zukunft gerade diesem Bereich mit dem Investitionsvolumen, das in der Luftfahrtindustrie ansteht, eine besondere Bedeutung zu. Es geht um Investitionen in Milliardenhöhe, die im Flugzeugbau in den nächsten Jahren getätigt werden. Dieses wollen wir begleiten und unterstützen.

(Zustimmung von Wendhausen [SPD])

Meine Damen und Herren, der Ökologieaspekt bekommt im wirtschaftlichen Handeln einen immer größeren Stellenwert. Immer mehr verantwortlich Tätige in der Wirtschaft erkennen das Ökologieziel nicht nur, meine Damen und Herren, um Kosten zu sparen oder um mit dem Begriff „Öko“ Geld zu verdienen. Die Ziele der Agenda 21 finden immer mehr Einzug in das Denken und Handeln der Wirtschaft. Die Bundesregierung hat sich dieses Themenkomplexes verstärkt angenommen und beruft derzeit Expertinnen und Experten zu einem nationalen Nachhaltigkeitsrat. Ein ständiger Ausschuss der Staatssekretäre ist ebenfalls Ausdruck der zunehmenden Bedeutung nachhaltiger Handlungsweisen in der Politik.

Wir in Niedersachsen, meine Damen und Herren, begleiten diesen Prozess durch Förderung und

beispielhaftes Handeln in den einzelnen Ministerien und wollen das auch in Zukunft verstärken. Den Energiekonsens von Berlin wollen wir durch die Unterstützung der so genannten erneuerbaren Energien begleiten. An dieser Stelle sei das am 1. April 2000 in Kraft getretene ErneuerbareEnergien-Gesetz erwähnt. Wir können mit einem regelrechten Boom auf alternative Energieformen rechnen. Wir müssen weg von einer Energiegewinnung, die die Entsorgungsprobleme der zukünftigen Generation aufbürdet. Als Stichworte nenne ich Biogas, Solarenergie und Windkraft.

(Eveslage [CDU]: Alle privaten Haushalte zahlen mehr für Strom!)

Meine Damen und Herren, das macht deutlich: Ökologie und Ökonomie passen gut zueinander und sind hervorragend zu ergänzen. Wir wollen deshalb eine enge Kooperation von Umwelt, Wirtschaft und Wissenschaft für eine gute Zukunft Niedersachsens. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Um das Wort gebeten hat Frau Ministerin Dr. Knorre. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zwar schon seit 28 Stunden im Amt, aber ich bitte Sie trotzdem um Verständnis dafür, dass ich mich zum aktuellen Haushalt auf einige wenige grundsätzliche Aussagen beschränke und ansonsten etwas stärker in die Zukunft schauen und einige Aspekte der zukünftigen Wirtschafts- und Verkehrspolitik im Land ansprechen werde. Ich hoffe, das ist auch in Ihrem Sinne.

Sie haben in den vergangenen Wochen im Ausschuss den Einzelplan 08 intensiv beraten. Ich möchte dazu aus meiner Sicht vor allem eines festhalten: Dieser Einzelplan für Wirtschaft und Verkehr ist einer der Schlüsselhaushalte der Landesregierung. Das ist nach wie vor einer der wichtigsten Investitionshaushalte. Das heißt, er kann selbst direkt oder indirekt Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung, für strukturelle Verbesserungen im Lande setzen. Das ist ein Schlüsselelement.

Deshalb ist es - das ist der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte - ein ganz wichtiges Signal gewesen, dass dieser Haushalt nicht nur in seiner Höhe erhalten geblieben ist, sondern auch noch leicht gesteigert werden konnte. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal in das Land, an die Wirtschaft. Wir machen damit deutlich, dass sich Niedersachsen nicht darauf beschränken wird, auf der Welle der guten Konjunkturentwicklung einfach mitzuschwimmen, sondern dass wir gewillt sind, eigene Akzente zu setzen und unseren Beitrag dazu zu leisten, dass die Rahmenbedingungen im Lande stimmen.

(Beifall bei der SPD)

Es wird eine der Aufgaben der Zukunft sein, weiterhin einen kontinuierlichen Ansatz zu haben.

Der dritte Punkt. Das scheint mir auch aus allgemeinen Überlegungen ganz wichtig zu sein. Sie wissen, dass wir von 2001 bis 2006 über die europäische Strukturförderung erhöhte Mittel für die regionale Strukturpolitik bekommen. Uns allen ist aber auch bekannt, dass es dann wahrscheinlich schwierig werden wird. Aufgrund der Osterweiterung der Europäischen Union wird sich die Situation völlig verändern. Zum Thema Nizza brauche ich hier nichts zu sagen. Das ist eine andere Debatte. Wir alle können uns vorstellen, was nach 2006 auf uns zukommen wird. Deswegen ist es umso wichtiger, die erhöhten Mittel, die uns in der nächsten Zeit zur Verfügung stehen, vernünftig einzusetzen und uns damit vernünftig aufzustellen,

(Beifall bei der CDU)

damit wir nicht 2006 auf dem falschen Fuß erwischt werden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ein vierter Punkt, der mir besonders am Herzen liegt. Ich möchte das deshalb im Zusammenhang mit dem Etat 2001 klar machen: Im Verkehrsbereich, insbesondere im Zusammenhang mit dem ÖPNV, kommt es darauf an, wieder verstärkt in die Fläche zu gehen. Ich finde, "Fläche" ist zwar nicht der richtige Ausdruck für die Regionen dieses Landes, aber Sie wissen, das ist der Jargon. Im Klartext heißt das: Es kommt darauf an, dass wir nach der Schwerpunktregion Hannover - unter dem Stichwort EXPO gelaufen - wieder stärker an die übrigen Regionen denken.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Eveslage [CDU]: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)

Wenn Sie in den Haushalt 2001 schauen, werden Sie feststellen, dass das dort, was die Schwerpunktsetzung angeht, schon verschoben ist. Beispielsweise mehr als zwei Drittel der Mittel für den ÖPNV gehen in die Regionen.

Meine Damen und Herren, so viel nur als Anmerkung aus meiner Sicht, was ich zum Einzelplan 08 des Haushalts festhalten wollte.

Für die Zukunft möchte ich eine grundsätzliche Bemerkung vor die Klammer ziehen. Dieser Akzent ist mir ganz wichtig. Ich werde die Wirtschafts- und Verkehrspolitik des Landes ganz klar unter Wettbewerbsgesichtspunkten ausrichten.

(Zustimmung bei der CDU)

Das heißt, ich werde nicht irgendetwas tun, nur weil das gerade in Mode ist oder weil das andere auch machen. Ich werde vielmehr nur Dinge tun, von denen ich gemeinsam mit der Landesregierung der Auffassung bin, dass wir berechtigte Chancen haben, dies im Wettbewerb unter den Standorten und Bundesländern wirklich in einer Spitzengruppe zu tun. Überall dort, wo wir wirklich die Aussicht haben, eine Spitzenposition einzunehmen, werden wir das tun. Im Umkehrschluss heißt das: Wo wir diese Spitzengruppe nicht erreichen können, müssen wir Dinge verändern oder streichen.

(Beifall bei der SPD - Heineking [CDU]: Aber auch keine Wettbe- werbsnachteile!)

Das heißt aber auch, dass wir Dinge, mit denen wir schon jetzt gut aufgestellt sind, weitermachen werden.

Angesprochen wurde völlig zu Recht die von Herrn Fischer ins Leben gerufene Gründungsinitiative. Das ist ein guter Ansatz. Das werden wir weitermachen. Wir werden aber auch noch andere Schwerpunkte setzen. Wir werden deutlichere Schwerpunkte setzen im Bereich von venture capital und private equity. Das sind interessante Dinge, die man machen kann.

Ein weiterer Punkt, der hervorragend begonnen worden ist, betrifft die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Ich finde gerade diese ressortübergreifende Zusammenarbeit beson

ders interessant. Ich glaube, hier können wir noch einiges machen.

Ganz neu anfassen und vielleicht auch etwas grundsätzlicher anfassen müssen wir ein Thema, das ich einmal mit dem Begriff Internet-Wirtschaft beschreiben möchte. Sie alle kennen das. Es gibt so viele schillernde Begriffe dafür. Jeder versteht etwas anderes darunter. Der eine spricht nur von E-Commerce, der andere spricht von IuK, ein dritter spricht von IT. Das ist ziemlich diffus. Ich finde, Internet-Wirtschaft ist der richtige Ausdruck dafür, weil er nämlich zweierlei sagt: zum einen, dass wir für die vielen kleinen und jungen Unternehmen durch eine junge und moderne Wirtschaftspolitik ein Klima schaffen, bei dem sie sich in Niedersachsen wohl fühlen, damit sie wissen, dass sie hier an dem richtigen Standort sind. Dabei geht es um alle die Unternehmen, die Hard- und Software für das Internet und für Internetanwendungen produzieren - das reicht von Multimedia bis hin zu spezifischen Internet-Dienstleistungen.

Das ist aber nur der eine Aspekt der InternetWirtschaft. Zum anderen geht es darum, auch den traditionellen Mittelstand für dieses Thema zu gewinnen. Es reicht eben nicht, dass man über eine ISDN-Steckdose verfügt, sondern man muss auch wissen, was man damit tut. Das ist auch mehr als E-Commerce. Es geht auch um mehr als darum, eine Website einzurichten und dann zu schauen, ob die jemand über Internet anklickt und etwas kauft. Vielmehr geht es darum, dass man alle betrieblichen Abläufe anschaut und identifiziert, wo man das Internet anwenden und nutzen kann, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

(Beifall bei der SPD)

Das, meine Damen und Herren, ist die Aufgabe, die ich für die nächsten Jahre ganz besonders sehe. Um das ganz klar zu sagen - gerade für Niedersachsen ist das ein ganz wichtiger Punkt -: Die Chancen des Internets und der Internet-Wirtschaft sind völlig unabhängig von der Branche, und sie sind völlig unabhängig von der Größe der Unternehmen. Deshalb ist das für das Mittelstandsland Niedersachsen eines der ganz entscheidenden Themen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen werden wir im Wirtschaftsministerium die bereits vorhandenen Ansätze weiter verstärken. Wir werden ein Internet-Team einrichten. Wir werden alle Instrumente, über die wir verfügen,

nutzen, um herauszufinden, was wir besser machen können, was wir besser aufstellen können. Wir werden auch die neugegründete NordMedia GmbH und auch alle angrenzenden Aspekte in diese Überlegungen einbeziehen. Das ist das Spannende beim Thema Internet. Dort kommen viele Dinge zusammen; so z. B. auch Tourismus und Verkehrspolitik. Überall gibt es Internetanwendungen, die man in einem ganzheitlichen Ansatz zusammenfassen muss.

(Vizepräsidentin Goede übernimmt den Vorsitz)

Wenn man an Internet-Wirtschaft denkt, ist man gedanklich ganz schnell beim Thema Dienstleistungswirtschaft. Auch das wurde zu Recht schon angesprochen. Die unternehmensnahen und personenbezogenen Dienstleistungen sind deshalb so interessant, weil es sich hierbei um die wachstumsstärksten und beschäftigungsintensivsten Branchen handelt. Aus niedersächsischer Sicht ist besonders wichtig, dass diese Bereiche weitgehend standortungebunden sind. Das sind Bereiche, die für die Regionen besonders interessant sind, weil diese Branchen nicht an kapitalintensive Standorte gebunden sind, sondern weil man sie im ganzen Land ohne besondere Präferenzen entwickeln kann.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist die Dienstleistungsinitiative des Wirtschaftsministeriums die echte, entscheidende strategische Weichenstellung für die nächsten Jahre, eine Weichenstellung für mehr Beschäftigung und für mehr Wachstum. Dienstleistungswirtschaft heißt immer auch Mittelstand und, wie ich schon sagte, regionale Entwicklung. Wir werden auch die Organisationsstrukturen im Ministerium anpassen. Wir werden also sowohl organisatorisch als auch fördertechnisch diesem neuen Schwerpunkt in den nächsten Monaten Rechnung tragen.

Damit bin ich bei einem weiteren Punkt, der mir auch besonders wichtig ist. Ich hatte vorhin gesagt, dass wir alles klar an Wettbewerbskriterien ausrichten werden. Dazu gehören auch die bestehenden Programme und Strukturen der Wirtschaftsförderung. Meine Damen und Herren, ich glaube, der Blick zum Nachbarn und zum Wettbewerber ist etwas, was man wirklich internalisieren muss. Man muss immer schauen, ob man richtig aufgestellt ist. Das werden wir insbesondere im Bereich der Wirtschaftsförderung tun. Ich kann das Ergebnis der Überlegungen hier nicht vorweg nehmen - dazu müssen sicherlich noch viele Diskussionen

geführt werden -, aber meine Auffassung ist an der Stelle ziemlich klar. Ich finde, dass Niedersachsen insbesondere in dem Bereich ein echtes Kompetenzzentrum braucht, in dem wir das Know-how für Akquirierung, Beratung und die Abwicklung von Förderprogrammen bündeln können.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, dass dieses Kompetenzzentrum auch die regionalen Strukturen nutzen sollte. Aber - das ist aus meiner Sicht ganz wichtig - das heißt nicht, dass man gleichzeitig den Führungsanspruch aufgibt. Die strategischen Weichenstellungen sind also das eine und die Nutzung regionaler Strukturen das andere. Das ist eine Aufstellung, die wir uns in den nächsten Monaten anschauen werden.

(Collmann [SPD]: Hervorragend!)

Meine Damen und Herren, last but not least Verkehrspolitik. Auch hierzu nur einige grundsätzliche Anmerkungen. Ich meine, es ist völlig unstreitig, dass wir nach wie vor davon ausgehen müssen, dass die Hauptlast des Verkehrs weiterhin auf den Straßen bewältigt werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine Tatsache, die man vielleicht bedauern kann; aber ich glaube, dass man zunächst nicht an ihr vorbei kommt.

(Zuruf von Schwarzenholz [frakti- onslos])

Das heißt auch, dass wir erstens im Bundesfernstraßenbau dafür sorgen müssen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Hier gibt es einige ganz konkrete Verbesserungen. Ich brauche sie hier nicht zu wiederholen. Sie sind Ihnen bekannt und wurden eben auch genannt. Ich gehe außerdem davon aus, dass hier weiterhin Bewegung ist. Ich nenne nur ein Stichwort: Lkw-Maut. Wir müssen zusehen, dass auch diese Mittel vernünftig verteilt werden und Niedersachsen davon profitiert.

(Eppers [CDU]: Das lassen wir mal lieber sein! Bisher war das alles ganz positiv!)