Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

(Eppers [CDU]: Das lassen wir mal lieber sein! Bisher war das alles ganz positiv!)

Der zweite Punkt betrifft das Thema „Erhaltung von Landesstraßen“. Das ist ein Thema, bei dem ich persönlich der Überzeugung bin, dass wir unsere Anstrengungen finanziell und organisatorisch verstärken müssen.

(Beifall bei der CDU)

Auch hierfür sind im Haushalt schon die richtigen Weichenstellungen getroffen. Die weiteren Maßnahmen in diesem Bereich sind schon ganz gut aufgestellt. Auf der Grundlage dieses Trends, der jetzt angelegt ist, können wir in den nächsten Jahren weitermachen.

Der dritte Punkt im Bereich der Verkehrspolitik: Auch da knüpfe ich an Überlegungen von Herrn Fischer an, weil ich sie für außerordentlich wichtig und richtig halte. Ich meine den Einsatz von privatem Kapital. Ich glaube, dass letztlich kein Weg darum herumführen wird, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Frau Körtner [CDU]: Das sagen wir schon lange!)

Der vierte Punkt betrifft die Schiene. Wenn man von der Entwicklung im Schienenverkehr redet, dann muss man ganz klar sagen, dass wir auf der Schiene mehr Wettbewerb benötigen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich finde, dass wir in Niedersachsen insbesondere in der Hinsicht viel vorzuweisen haben. Das können wir mit Sicherheit noch viel deutlicher machen. Wir können diesen Wettbewerb stimulieren. Wir können insbesondere die berühmten NEBahnen noch etwas stärker fördern. Wir können sie ermuntern, in den Wettbewerb zu gehen. Auf dem Gebiet haben wir Möglichkeiten, die wir wirklich konsequent nutzen sollten.

Was den fünften Punkt anbetrifft, so habe ich schon eingangs gesagt, dass wir die Mittel, die wir insbesondere im ÖPNV und SPNV haben, stärker in die Regionen des Landes bringen müssen. Ich vermeide den Begriff „Fläche“.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich glaube auch - das ist immer noch meine Sicht von außen, die ich mir einfach noch einmal erlaube -, dass wir beim Thema ÖPNV und SPNV in Niedersachsen noch viel mehr nach außen deutlich machen können, wie gut wir eigentlich dastehen und wie viele Möglichkeiten wir schon genutzt haben. Auch das werden wir tun.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das war ein kurzer Parforceritt. Ich gebe zu, dass er sehr kurz war. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit allen Abgeordneten und bedanke mich.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Schönen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, jetzt hat Herr Kollege Dinkla um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Dinkla!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt einen Zielkonflikt. Ich müsste auf das eingehen, was Herr Kollege Beckmann gesagt hat, auf der anderen Seite gehe ich eigentlich viel lieber auf das ein, was Frau Ministerin Knorre gesagt hat,

(Beifall bei der CDU)

und dafür entscheide ich mich auch, weil das sehr zukunftsgewandt war.

(Möllring [CDU]: Was versteht Beckmann denn von der Zukunft?)

Ich nehme Ihre letzte Bemerkung auf. Es gibt viele Ansätze, die Sie eben skizziert haben, die möglicherweise Herrn Schurreit veranlassen müssten, seine Rede umzuschreiben. Das ist die Ausgangssituation. Aber ich möchte das Angebot, das Sie hier in den Raum gestellt haben, gerne annehmen. Es geht um die Sache, und es geht um die politische Gesamtverantwortung für die Entwicklung Niedersachsens. Wenn Sie dafür gute Ansätze bieten und Projekte anschieben, dann haben Sie uns auf Ihrer Seite. Das darf ich hier in aller Eindeutigkeit sagen.

(Beifall bei der CDU)

Aber dennoch sind einzelne Punkte dessen, was ich jetzt sage, für Sie, Frau Ministerin Knorre, hoch interessant. Sie haben gesagt, dass Sie seit 28 Stunden im Amt sind. Deshalb will ich einen kleinen Blick zurück werfen, damit Sie wissen, wie sich die Situation in den letzten Jahren dargestellt hat und was gelaufen ist oder - besser gesagt - was nicht gelaufen ist. Das ist die Ausgangssituation – auch für Sie, Frau Ministerin Knorre.

Die bisher betriebene Wirtschafts- und Verkehrspolitik in Niedersachsen ist, wenn Sie so wollen, streckenweise eine schwer verkäufliche Ware. Deshalb hat wahrscheinlich die Festlegung auf Ministerin Knorre mit dem bisherigen Tätigkeitsfeld „Öffentlichkeitsarbeit“ hohe Priorität gehabt.

Wo liegen die Schwachpunkte der Wirtschaftspolitik und der Verkehrspolitik dieses Landes? - Ich meine, meine Damen und Herren, dass Folgendes nicht unerwähnt bleiben darf: Niedersachsen hat in den vergangenen Jahren mit dem schnellen Wechsel der Ministerpräsidenten im Wettbewerb der Länder eindeutig Schaden genommen.

(Widerspruch bei der SPD)

Drei Ministerpräsidenten, unterschiedliche Schwerpunkte, jeder hatte seine „wirtschaftspolitische Spielwiese“ mit geringer Halbwertszeit. Was war dann im Ergebnis die Folge? - Wichtige politische Zuständigkeiten und Themen mit dringend erforderlichen Weichenstellungen für Niedersachsen - ich nenne hier Biotechnologie und Multimedia, auf die ich noch eingehe, oder die Ausnutzung europäischer Fördermöglichkeiten - mussten in Niedersachsen über Jahre hinweg ein „Nomadendasein“ fristen. Das war die Situation.

(Beifall bei der CDU)

Die wechselnden Zuständigkeiten und die lieblose Abhandlung dieser wichtigen Zukunftsthemen haben dem Standort Niedersachsen erheblichen Schaden zugefügt. Als Beispiel sei nur erwähnt die sehr unrühmliche Abwicklung des hochgelobten „Innovationsfonds“, des so genannten Braunschweig-Topfes.

Zum Beispiel Multimedia. Wenn das, was Sie vorhin gesagt haben, Frau Ministerin Knorre, 1995/96 im Zuge der Diskussion über den Antrag der CDU "Multimediastrategie 2000" in Niedersachsen konkret angegangen und sozusagen „auf die Hörner genommen“ worden wäre, dann wären wir jetzt erheblich weiter. Das, was Sie jetzt richtigerweise als Zukunftsvision im Bereich Multimedia dargelegt haben, hätte vor Jahren gemacht werden können. Wir liegen im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern entschieden zurück. Das hat auch etwas mit dem Wechsel der Ministerpräsidenten zu tun.

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU])

Multimedia war für den jetzigen Bundeskanzler und früheren Ministerpräsidenten quasi „terra incognita“. Der wusste noch nicht einmal, wie man die Maus anfasst.

(Beifall bei der CDU)

Bei Herrn Glogowski war es so, dass er Multimedia vorrangig als Instrument für Last-MinuteBuchungen angesehen hat. Und beim amtierenden Ministerpräsidenten setzt bei diesem Thema hektischer Aktionismus ein. Aber ich prophezeie, dass der Rückstand der letzten Jahre sehr wahrscheinlich nicht aufgeholt werden kann. Ich wünsche Ihnen Glück bei Ihren Bemühungen und halte es für unwahrscheinlich wichtig.

Sie haben den Begriff „Internetwirtschaft“ genannt. Sie haben uns - mich speziell - auf Ihrer Seite, weil ich im Landtag für diesen Bereich auf allen Ebenen aktiv gekämpft habe.

(Möhrmann [SPD]: Deshalb kürzt ihr ja auch bei P 53, Herr Kollege!)

Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir hier eine gute Ebene der Zusammenarbeit haben könnten.

Die vagabundierende Zuständigkeit für die europäische Politik im Bereich der Wirtschaft hat der niedersächsischen Wirtschaft - der Industrie und dem Mittelstand - geschadet - und Niedersachsen im Übrigen auch hunderte von Millionen DM gekostet. Das waren vertane Chancen! Europapolitik wurde in Niedersachsen im Hinblick auf Wirtschaft und Verkehr als „ungeliebter politischer Wurmfortsatz“ abgewickelt. Es ist bislang nicht erkennbar, dass die Neuausrichtung mit einem neuen Europaminister der niedersächsischen Wirtschaft entscheidend geholfen hat.

(Wendhausen [SPD]: Ministerin!)

Das Transitland Niedersachsen benötigt z. B. dringend europäische Konzepte und Hilfen zur Bewältigung der Verkehrsprobleme der Zukunft. Niedersachsens Wirtschaftspolitik und auch die Verkehrspolitik sind nach meiner Überzeugung noch nicht umfassend genug international ausgerichtet. Die Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur ist unzureichend. Die kontinuierliche Kürzung der Landesstraßenbaumittel seit 1990, Frau Ministerin Knorre, von 170 Millionen DM auf nunmehr 111,6 Millionen DM wird sich auf Dauer dramatisch auswirken.

Was uns in Niedersachsen fehlt, ist eine Neukonzeption der Verkehrspolitik. Das gilt insbesondere für den Bereich der Schiene. Der Rückzug der Bahn muss durch intelligente Lösungen des Landes und durch ein Einbindung Dritter kurzfristig begleitet werden.

Wir müssen verhindern, dass es temporäre Lücken gibt. Wir erwarten aber auch - das sei hier ebenfalls ausdrücklich erwähnt, Herr Beckmann -, dass der Bund Niedersachsen die Mittel zur Verfügung stellt, die uns nachgewiesenermaßen zustehen, aber kontinuierlich vorenthalten worden sind. Alle Fachleute bestätigen uns folgende These: Das Land hat derzeit kein umfassendes Verkehrskonzept für die nächsten Jahrzehnte. - Hier haben Sie, Frau Ministerin Knorre, ein reiches Betätigungsfeld, aber nur wenig Zeit.

Ich bin Ihnen dankbar - das sage ich in aller Klarheit - für Ihr Bekenntnis zur Straße, das Sie hier abgelegt haben.

(Beifall bei der CDU - Eveslage [CDU]: Das war mutig!)

Ich halte dies für unwahrscheinlich wichtig, damit auch auf diesem Politikfeld sozusagen die Prioritäten und die Koordinaten wieder richtig gesetzt werden. Ich bin Ihnen auch dankbar dafür, dass Sie den Bereich der alternativen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur angesprochen haben. Ich wäre Ihnen weiter dankbar, wenn Sie das auch der Mehrheitsfraktion sagen würden; denn diese hat erst kürzlich einen Antrag der Fraktion der CDU, im entsprechenden Fachausschuss zu diesem Thema eine öffentliche Anhörung durchzuführen, abgelehnt. Sehen Sie, auf diese Weise können Sie hier im Bereich der Politik noch etwas Bluttransfusion bei der SPD betreiben.

Das Thema Wettbewerbsverzerrungen wird von dieser Landesregierung stiefmütterlich behandelt, obwohl dieses Thema an sich mehr und mehr an Brisanz zunimmt. Wettbewerbsverzerrungen werden für unsere niedersächsische Wirtschaft, für unsere Industrie und den Mittelstand zum Jobkiller Nummer 1. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Es gibt viele Bereiche, in denen dies wirkt. Ich möchte als Beispiel nur einmal den UnterglasGartenbau erwähnen. Hunderte von Betrieben stehen vor dem Ruin - das ist die Ausgangssituation -, weil es politisch nicht gelingt, hier ein Soforthilfeprogramm, ein Nothilfeprogramm auf den Weg zu bringen. Was bietet die Regierung nun an?

- Kreditrahmen zu günstigen Zinskonditionen. Das ist so, als wenn sie einem sterbenden Unternehmen für die Finanzierung des Nachrufes einen zinsverbilligten Kredit anbieten. Auf diese Weise werden wir unseren Betrieben nicht helfen und auch keine Arbeitsplätze sichern können, von denen Herr Beckmann eben gesprochen hat.

(Beifall bei der CDU)

Was macht die Regierung zusätzlich? - Sie erhöht knallhart die Förderabgaben auf Erdgas und Erdöl um mehr als 100 %. Was bleibt davon in Niedersachsen? - Das weiß der Minister Aller: Roundabout 10 %! Alles andere fließt in den Länderfinanzausgleich ein. Da drängt sich für mich fast folgender Verdacht auf: War das vielleicht der Deal mit dem Bund, um die Zustimmung für die Erhöhung des Bundesanteils bei der EXPOFinanzierung zu erreichen? Man könnte darüber ja ernsthaft nachdenken.

Weshalb hat man hier im Land nicht intensiver über den Vorschlag der CDU nachgedacht, die Erdgasförderabgabe zu senken, um auf diese Weise Freiräume bei den Unternehmen für Sonderverträge mit den Gärtnereien zu bekommen? Diese schnelle Absenkung des Gaspreises wäre doch eine kreative und nachdenkenswerte Lösung gewesen, um mindestens übergangsweise die gravierenden Einkaufsnachteile gegenüber niederländischen Gärtnereien zu kompensieren.

(Plaue [SPD]: Wovon träumst du ei- gentlich nachts?)