Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Dass diese Einsparungen auch Stellenabbau bedeuten, ist zwar nicht erfreulich, aber, so meine ich, nachvollziehbar;

(Pörtner [CDU]: Einmalig in der Ge- schichte!)

denn wir dürfen dabei nicht vergessen, dass 1992/93 zu dem Mitarbeiterbestand der Deutschen Welle die Mitarbeiter des RIAS hinzugekommen sind.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Aber, wie gesagt, der Stellenabbau bedeutet in unseren Augen nicht die Zerschlagung der Deutschen Welle und ist kein politisch motivierter Racheakt. Mit dem vorliegenden Konzept hat die Deutsche Welle eine gute Chance, sich neu zu strukturieren, und das auch mit reduzierter Mannschaft.

Nun zu der angeblich fehlenden Unabhängigkeit, weil hier Leitlinien ausgegeben worden sind. Herr Pörtner, ich weiß nicht: Auch in den früheren Konzepten oder Papieren sind Leitlinien für die Deutsche Welle formuliert worden. Jeder, der schon einmal im journalistischen Bereich tätig war, kennt das, dass in Verträgen, Papieren oder Leitlinien die Ausrichtung auf das demokratische Grundprinzip deutlich gemacht wird.

(Pörtner [CDU]: Aber solche Formu- lierungen hat es noch nie gegeben!)

- Solche Formulierungen sind mir sehr bekannt. Ich kenne Verträge für Journalisten, die z. B. in der Springer-Presse angestellt wurden: Darin sind Richtlinien genannt worden, die meinem journalistischen Wertegefühl sehr entgegenstehen. Die Formulierung für die Deutsche Welle sehe ich als etwas an, wonach nun wirklich auch gearbeitet werden kann.

Also, meine Damen und Herren: Der Bund muss in die Hufe kommen! Die Ministerpräsidenten der Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, eine Zusammenarbeit zwischen Deutscher Welle und den gebührenfinanzierten Länderanstalten zu vereinbaren. Dazu arbeitet, wie wir gehört haben, zwar auch schon eine Arbeitsgruppe. Aber diese Arbeitsgruppe hat leider bisher keine Ergebnisse vorgelegt.

Lassen Sie uns deshalb unseren Antrag verabschieden und ihn als erneutes Signal verstehen, dass sich nun doch endlich etwas zur Weiterentwicklung und zur Modernisierung unseres deutschen Auslandsrundfunks tut. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Harms, Sie sprechen jetzt zu den beiden Anträgen.

(Pörtner [CDU]: Jetzt schön nachkar- ten!)

Nein, Herr Pörtner. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Herr“ ist nicht ganz richtig, Frau Kollegin Harms.

Oh, Entschuldigung. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pörtner, zu dieser Debatte um die Deutsche Welle muss ich einmal Folgendes sagen:

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Als wir vor ein paar Monaten im Ausschuss darüber beraten haben – das haben wir ja mehrfach getan -, habe ich zunächst überhaupt nicht verstanden, was sich eigentlich abspielt. Nachdem ich mehrere Gespräche geführt habe mit Berliner Grünen und auch mit Leuten, die die Deutsche Welle länger kennen und diese Auseinandersetzung schon länger beobachten als ich, habe ich festgestellt, dass diese Auseinandersetzung um den Intendanten der Deutschen Welle Geschichte hat und dass mit jedem Regierungswechsel auch irgendwann dieser Intendantenwechsel verknüpft gewesen ist. Vorwürfe des Inhalts, dass da Regierungsfunk gemacht werde, dass Regierungspropaganda betrieben werde, sind zwischen den jeweiligen Fraktionen von SPD und CDU/CSU im Deutschen Bundestag hin- und hergeschoben worden, weil entsprechend der Regierungsmehrheit auch immer der Intendant der Deutschen Welle das jeweils richtige Parteibuch, nämlich das der Regierungsmehrheit, vorweisen konnte. Ich kann das also eigentlich nur mit großer Gelassenheit beobachten, weil ich es auch für ein Schattenboxen halte, das der Deutschen Welle im Zweifelsfall nicht besonders viel hilft.

(Unruhe)

Meine Auffassung dazu ist die, die auch Frau Vollmer vor kurzem in die öffentliche Diskussion eingebracht hat. Wir als Grüne sind der Auffassung, dass man diesen Streit zwischen Roten und Schwarzen über den richtigen Intendanten mit dem richtigen Parteibuch beenden sollte.

(Anhaltende Unruhe)

Wir sind der Meinung, dass an die Spitze der Deutschen Welle eine Person mit Kompetenz gehört.

Wir sind der Meinung, dass da auch endlich einmal eine Frau zum Zuge kommen sollte.

(Zustimmung von den GRÜNEN und von Frau Bührmann [SPD])

Frauen sind nämlich tatsächlich auch im Journalismus etwas Wunderbares und unter den Intendanten – da können Sie mir wohl nicht widersprechen – nicht besonders reichlich gesät. Es gibt sehr gute Journalistinnen mit sehr viel Auslandserfahrung. Ich meine, dass wir die Debatte mit Personalvorschlägen in der nächsten Zeit werden bereichern können.

(Frau Pawelski [CDU]: Es gibt auch Bewerberinnen für den Personalde- zernenten in Hannover!)

Ich wäre froh, wenn Sie sich in der Diskussion von der platten Ebene, von dieser Parteibuchebene, verabschieden könnten und wenn wir dann einmal über Kompetenz im Zusammenhang mit der Besetzung der Intendanz reden würden.

Ansonsten ist es natürlich so, dass bestimmte Dinge, über die heute geredet wird, längst vorbei sind.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Kürzungen, die Herr Naumann für die Deutsche Welle vorgeschlagen hatte, sind abgeschlossen. Unter den neuen Haushaltsbedingungen beginnt jetzt gerade die Neuaufstellung der Deutschen Welle. Es soll eine engere Kooperation mit den öffentlich-rechtlichen Sendern stattfinden. Das erweist sich als nicht unproblematisch. Damit sollten wir als Medienpolitiker uns perspektivisch befassen.

(Unruhe)

Die ganze Zeit schon halten wir eine Sache für sehr wichtig – insofern wäre auch der Aufgabenbereich der Deutschen Welle auszuweiten -, nämlich den Onlinebereich. Der ist noch von Herrn Weirich in Gang gebracht worden.

Frau Kollegin Harms, ich muss Sie ganz kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren, es ist unmöglich, Frau Harms zu folgen. Wir fahren erst dann fort, wenn wieder Ruhe im Plenarsaal ist.

(Beifall)

Ich bitte Sie wirklich um etwas mehr Disziplin!

Da geht es mir wahrscheinlich wie der Deutschen Welle. Die hören die Kollegen wahrscheinlich auch nicht so oft.

(Plaue [SPD]: Das hat wahrscheinlich mit Inhalten zu tun!)

Warum wir das hier im Landtag überhaupt so lange diskutieren - -

(Pörtner [CDU]: Im Ausland!)

- Ich bin nicht so oft im Ausland, Herr Pörtner. Lassen Sie mich den Punkt noch abschließen. – Ich halte die Deutsche Welle für richtig. Ich meine, dass die Entwicklung des Onlinebereichs auch deshalb so interessant ist, weil dann nicht mehr nur die Deutsche Welle im Ausland über Deutschland berichtet, sondern weil auf diesen neuen Kanälen das, was deutsche Journalisten oder ausländische Mitarbeiter der Deutschen Welle an Wissen und Kompetenz über die Länder und deren Probleme angesammelt haben, auch sehr direkt in die öffentliche Debatte in der Bundesrepublik zurückkommt. Ich würde mir tatsächlich wünschen, wir würden uns jetzt konstruktiv in die inhaltliche Arbeit oder Gestaltung der Deutschen Welle einschalten und diesen unsäglichen und meiner Meinung nach peinlichen gestrigen Streit um das richtige Parteibuch einstellen.

(Zustimmung von Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE])

Im Übrigen wird meine Fraktion dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medienfragen in der Drucksache 2106 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 1038 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Ich stelle fest: Das Erste war die Mehrheit.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medienfragen in der Drucksache 2136 zustimmen will, den bitte ich jetzt ebenfalls um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Möchte sich jemand der Stimme enthalten? – Das ist nicht der Fall. Ich stelle fest: Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden, meine Damen und Herren.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung: Sofortige Rücknahme der Neuregelung zur sogenannten Scheinselbständigkeit - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/708 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/2107

Der Antrag der Fraktion der CDU wurde in der 27. Sitzung am 6. Mai 1999 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Meine Damen und Herren, eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Darum können wir den Antrag gleich beraten. Als erstes hat sich Frau Kollegin Rühl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag „Sofortige Rücknahme der Neuregelung zur sogenannten Scheinselbständigkeit“ ist zwar aus dem Jahre 1999, einzelne Teile des Antragstextes sollte man infolge bundesgesetzgeberischer Initiativen auch redaktionell verändern, aber im Grundsatz halten wir an unserem Antrag fest. Wir halten es einfach für erforderlich, dass die Initiativen, die die Bundesregierung in dem Zeitraum seit Einbringung dieses Antrags in den Landtag ergriffen hat, auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Wir hätten auch gern eine Bewertung der Landesregierung. Dazu besteht heute Gelegenheit.