Ein Vertreter der SPD-Fraktion sagte abschließend, dass er sich nicht vorstellen könne, dass es angesichts der bevorstehenden Strukturreform der Bundeswehr realistisch wäre, zu erwarten, dass Niedersachsen bei den betreffenden Maßnahmen völlig außen vor bleiben würde. Deshalb seien die Änderungsvorschläge entsprechend formuliert worden.
Damit schließe ich meinen Bericht und bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung in der Drucksache 2161 zu folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in einer geänderten Fassung anzunehmen.
Danke schön für den Bericht, Herr Kollege. – Meine Damen und Herren, Herr Kollege Althusmann möchte jetzt zu den Anträgen sprechen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Soldaten der Bundeswehr, ihre Familienangehörigen, die zivilen Mitarbeiter im Land Niedersachsen haben in dieser Sache eigentlich Konsens und Gemeinsamkeit verdient. Ich meine, dass Sie durch Ihren Änderungsvorschlag, auf dem die Beschlussempfehlung fußt, die wir übrigens ablehnen werden, diesen Konsens, den klaren Kurs nämlich der Ablehnung weiterer Standortreduzierungen in Niedersachsen, verlassen haben.
und Umarmungsversuchen können sich unsere Soldaten in Niedersachsen zurzeit eigentlich ohnehin nicht retten, ja, sie können sich nicht einmal dagegen wehren, dass vonseiten, von denen man das bisher nicht gekannt hat, ganz plötzlich von „unseren Soldaten“ und „unserer Bundeswehr“ gesprochen wird,
selbst von denen, die auch schon vor 1990 von einer radikalen Reduzierung der Bundeswehr gesprochen haben. Ich darf in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass einer Ihrer sicherheitspolitischen Sprecher, Herr Opel, ehemaliger General, eine Reduzierung der Bundeswehr auf 200 000 Mann gefordert hat. Ich meine, wir sind fast auf dem Wege dahin.
Die Kürzungsanträge der SPD, aber insbesondere auch der Grünen vor 1998 mit einem Volumen von rund 14 Milliarden DM holen Sie alle heute hier in Niedersachsen wieder ein.
Aber eines, meine Damen und Herren, ist eigentlich fataler als Ihr Irrtum in der Vergangenheit: Bereits vor Beginn der Auseinandersetzung, vor Beginn eines Kampfes um die Standorte der Bundeswehr in Niedersachsen, vor Beginn dieser Schlacht hissen Sie eigentlich schon die weiße Flagge. Das ist meines Erachtens das absolut falsche Signal an die Soldaten der Bundeswehr in Niedersachsen, an ihre Familienangehörigen und an die zivilen Mitarbeiter.
Masse. Sie brauchen und erwarten zu Recht Verlässlichkeit und Planungssicherheit für ihre Zukunft. Es handelt sich nicht um einen kleinen Teil von Menschen in Niedersachsen, es handelt sich um rund 53 000 Soldaten, 23 000 zivile Mitarbeiter, insgesamt, mit Familienangehörigen, sicherlich eine Zahl von 100 000 Menschen in Niedersachsen. Sie haben da bisher zu wenig unternommen.
Meine Damen und Herren, die sechste Reform der Bundeswehr innerhalb von zwölf Jahren führt zu einer Reduzierung von 340 000 Soldaten auf 255 000 Soldaten. Sie endet erneut mit einer Welle von Schließungen, einer Welle von Umzügen, einer Welle von Reduzierungen. Dies war vielleicht - das will ich Ihnen auch einmal deutlich sagen, weil dieser Vorwurf ja immer wieder erhoben wird; wir haben es damals schon kritisiert; wir haben hier einen gemeinsamen Antrag verabschiedet - 1994/95 aufgrund einer veränderten sicherheitspolitischen Lage noch begründbar. Warum? Weil damals die Bundeswehr mit der NVA zusammen auf eine Größenordnung von 600 000 Soldaten angewachsen war und wir aufgrund der Situation herunterfahren mussten, was auch damals zu Standortreduzierungen in Niedersachsen geführt hat. Das war richtig, aber überproportional. Wenn jetzt aber der Ministerpräsident für ihn vorbereitete Briefe aus dem Innenministerium, Protestbriefe gegen die Schließung von Standorten in Niedersachsen, nicht unterschreiben will, nicht absenden will, dann ist das ein wenig hilfreiches Signal, dann ist das eigentlich das Signal für Ihre fehlende Ernsthaftigkeit in dieser Sache.
Wundern Sie sich also nicht, wenn es am 29./30. Januar, also am Montag/Dienstag der nächsten Woche, in Berlin womöglich zu spät ist und Sie etwa Folgendes erfahren werden: Die heute tagenden Inspekteure der drei Teilstreitkräfte werden ein Stationierungskonzept auch für Niedersachsen vorlegen mit einer Verhandlungsmasse von vielleicht einem Standort bis zwei, maximal drei Standorten, wobei Sie als Ministerpräsident, Herr Gabriel, dann erklären sollen, wie dies entschieden werden soll. - Sie persönlich haben es versäumt, umfassend Ihre Hausaufgaben zu machen – das haben wir auch im Ausschuss so vertreten -, und ich will Ihnen auch einmal sagen, warum. – Der Vertreter des Innenministeriums kannte nicht einmal den Kriterienkatalog, der seit dem 25. Juli des letzten Jahres vorliegt. Darin sind 49 Kriterien für die Frage der Stationierungsent
scheidung in Niedersachsen und in den anderen 16 Bundesländern. Im Innenausschuss konnte die Landesregierung dazu überhaupt nichts sagen. Das steht unter „www.geopowers.com“. Sie können gern einmal nachschauen. Dort können Sie diese abrufen.
Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion steht jedoch in dieser erstarrten Haltung der SPD-Landesregierung in nichts nach. Sie fordern in Ihrem Antrag, die Maßnahmen der Bundesregierung mögen weniger einschneidend sein, es solle verträgliche Lösungen und ein Ausgleich für unumgängliche Schließungen geben. - Das ist der schlagende Beweis dafür, dass Sie es mit der Bundeswehr in Niedersachsen nicht mehr ernst meinen, meine Damen und Herren.
Warum schreiben Sie eigentlich Herrn Bundesverteidigungsminister Scharping nicht das ins Stammbuch, obwohl er ja im Moment lieber Poesiealben liest, was er am 7. Juni 2000 im Deutschen Bundestag und beim Gelöbnis in Bordenau erklärt hat, nämlich dass es nicht zu dummen Standortreduzierungen kommen soll? Herr Adam, Sie haben in einer Pressemitteilung der SPDLandtagsfraktion Folgendes verkündet:
„Bisher galt das Wort des Bundesverteidigungsministers Rudolf Scharping, Niedersachsen werde nicht noch einmal überproportional von Schließungen betroffen sein.“
Sagen Sie Herrn Scharping ganz unmissverständlich und ohne Wackelei, so wie es Frau Ministerin Jürgens-Pieper beim Empfang der Landesregierung - zwar charmant verpackt, aber dennoch deutlich gemacht hat, dass die Landesregierung eine weitere Reduzierung der Bundeswehr in Niedersachsen nicht hinnehmen werde. Ich will nur am Rande erwähnen, dass der einladende Innenminister bei diesem Jahresempfang der Landesregierung nicht zugegen war. Sie hat ihn dort vertreten. Ich will auch nur am Rande erwähnen, dass der Ministerpräsident beim Jahresempfang der Bundeswehr in dieser Situation ebenfalls nicht vor Ort war.
Meine Damen und Herren, sich für unsere Soldaten und deren Familien in Niedersachsen einzusetzen, hat etwas mit Herz zu tun und ist wohl nicht durch Pressekonferenzen zu ersetzen. Wer nimmt denn schon zur Kenntnis, dass mit der Auflösung eines Standortes in Niedersachsen nicht nur Wirtschaftskraft verloren geht?
Familien verlieren plötzlich ihr Zuhause. Die werden auseinander gerissen. Die Frauen der Soldaten verlieren plötzlich ihren Beruf, weil sie umziehen müssen.
Das ist nicht einfach so irgendetwas. Ich finde, seit 1990 ist den Soldaten wahrlich vieles zugemutet worden. Ich sage noch einmal: Auch die CDUFraktion im Lande Niedersachsen hat dies bereits deutlich kritisiert. Es gab aber damals andere Gründe. Die Gründe heute sind rein fiskalisch und von daher unbegründet. Der Sprecher des Innenministeriums erklärte am 18. Januar gegenüber der „Nord-West-Zeitung",
Herr Dr. Domröse, man wisse zwar noch nichts Genaues, aber 18 000 Soldaten und zivile Mitarbeiter in Niedersachsen würden betroffen sein. Das ist doch nicht einfach eine beliebige Zahl. Es wird auch nicht bei dieser Zahl bleiben. Ich glaube, ganze Regionen, z. B. Bremervörde und die Standorte entlang der Elbe, werden von ihren Möglichkeiten des Katastrophenschutzes völlig entblößt. Viele Standorte in Niedersachsen werden vielleicht nicht aufgelöst, aber zumindest reduziert. Ich sage Ihnen deutlich: Die zweite Reform der Bundeswehr ist bereits im Anmarsch. Sie droht bereits. Denn alle Standorte, die heute reduziert werden, werden aufgrund der weiteren Reform der Bundeswehr, der Umstrukturierung von einzelnen Truppenteilen, z. B. Panzeraufklärer und Panzerpioniere, noch einmal reduziert werden. Standorte, die jetzt kleine oder mittlere Standorte werden,
werden nach der nächsten Reform der Bundeswehr nicht mehr vorhanden sein. Hier droht deutlich der schleichende Abzug der Bundeswehr aus Niedersachsen, den wir verhindern müssen, meine Damen und Herren.
Damit keine Missverständnisse entstehen: Eine glaubhafte Begründung für eine weitere Verringerung der Bundeswehr, schon gar nicht in Niedersachsen, gibt es nicht. Alle unsere Bündnispartner in der NATO erhöhen ihre Verteidigungsausgaben. Der „FAZ“ vom 15. Januar ist zu entnehmen:
„Die Regierung ist bisher allerdings nicht ihrer Pflicht nachgekommen, eine sicherheitspolitische Begründung für die sechste Reduzierung des Umfangs der Bundeswehr in zwölf Jahren zur Diskussion zu stellen.“
Genau das ist der Punkt. Herr Aller, Sie hatten vorhin einen wunderbaren roten Stift in Ihrer Tasche. Genau das ist das Argument. Beim Thema Bundeswehr regiert am Ende nur noch der Rotstift. Es geht Ihnen nur um fiskalische Interessen und um überhaupt nichts anderes.
Ich bedauere sehr - das will ich auch sagen, weil es eigentlich unsere Soldaten, deren Familien und die zivilen Mitarbeiter verdient hätten -, dass wir in dieser Frage keine Einigkeit erzielt haben. Wackeln Sie mit einem solchen Antrag aus falsch verstandener Rücksichtnahme nicht hin und her. Frau Simonis ist viel härter, die Bayern sind in dieser Frage sehr viel eigennütziger.
Hören Sie auf zu wackeln, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie. Wie 1995 gilt es hier, gemeinsam und unmissverständlich Kampfeswillen zu zeigen, und den haben Sie bisher nicht gezeigt. - Herzlichen Dank.