Meine Damen und Herren, jeder Bundestagsabgeordnete, der dieses Gesetz beschlossen hat, hat also gewusst, welche Kosten kommen werden.
- Ich habe ja auch gesagt: Jeder, der es beschlossen hat. - Meine Damen und Herren, es geht mir nicht darum, das Gesetz infrage zu stellen, sondern es geht darum, wer die Kosten trägt. Die Rechtslage ist eigentlich ziemlich klar. Sogar zweimal hat uns der Abteilungsleiter 1 aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium im Haushaltsausschuss vorgetragen, dass die Deklaration von Futtermitteln zu Abfall einen enteignungsähnlichen Eingriff darstellt. Das ist zu bezahlen!
Meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen war in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ unter der Überschrift „Wohin mit den Schlachtabfällen?“ zu lesen, dass Professor Kamphues von der Tierärztlichen Hochschule und Professor Nau vom Institut für Lebensmitteltechnologie jetzt einen Arbeitskreis „Futtermittelsicherheit“ gegründet haben, um - hören Sie gut zu! - zu erforschen, inwieweit Tiermehl oder Tierfett für die Übertragung von BSE verantwortlich sein kann. Ich zitiere jetzt Professor Kamphues:
„Ein Punkt ist uns bei der Durchsicht der bisherigen BSE-Geschichte besonders aufgefallen: Das britische Landwirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Infektion mit BSE im ersten Lebensjahr der Kälber stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt bekommen sie aber kein Tiermehl, sondern Milch oder Milchaustauscher.“
Meine Damen und Herren, auch mit diesem Zitat ist zu belegen: Das Verbot der Tiermehlverfütterung für Hühner und Schweine ist erstrangig eine Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes, durchgeführt mit dem Ziel, verloren gegangenes Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen und den Zusammenbruch der Fleischmärkte zu verhindern. Meine Damen und Herren, eben dies ist reine Bundessache. Auch die Finanzierung ist eine reine Bundessache. Ich erinnere daran, dass Niedersachsen in diesem Zusammenhang schon einmal einen Prozess gegen den Bund gewonnen hat.
- Herr Klein, wer bezahlt denn bisher? - In Niedersachsen bezahlen es die Landwirte und die Landkreise. Das war ja auch offenbar der Grund für den Brief, den Herr Endlein geschrieben hat.
Meine Damen und Herren, die Landkreise und die Landwirte bezahlen diese zusätzlichen Beträge - es wird von 600 Millionen DM gesprochen - zu den ohnehin schon hohen Defiziten im Bereich der Tierkörperbeseitigung. Seit Jahren, auch schon vor BSE, hat der Landkreistag gefordert, dass sich das Land finanziell mit einem Drittel beteiligt.
In anderen Bundesländern gibt es ja diese Regelung. In Mecklenburg-Vorpommern wird sie in Kürze beschlossen. Der dortige Landwirtschaftsminister setzt sich mit Nachdruck dafür ein. Ich darf aus „Agrar Europ“ vom 12. März dieses Jahres zitieren:
„Schwerin. Die so genannte Drittellösung bei den Kosten der Tierkörperbeseitigung präferiert MecklenburgVorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus. Um die Belastung der Landwirte abzumildern, habe sich das Land freiwillig“
„für die Übernahme von 4,06 Millionen pro Jahr bei den Kosten für die Tierkörperbeseitigung ausgesprochen.“
Herr Bartels, Niedersachsen als Agrarland Nummer eins hinkt hier also hinterher. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Mecklenburg-Vorpommern!
Meine Damen und Herren, schon bisher war es nach Ansicht des Landkreistages ungerecht, dass allein die Landkreise und die Landwirtschaft - dies vor allen Dingen in den strukturschwachen Grünlandgebieten Niedersachsens - die Defizite im Bereich der Tierkörperbeseitigung tragen mussten. Dies waren in den letzten Jahren round about 15 Millionen DM.
Seit dem 1. Oktober 2000 und anschließend in Folge einer Verweigerungshaltung des Bundes wurden Landwirtschaft und Landkreise auch noch
die Kosten für die Beseitigung des so genannten Risikomaterials und die Kosten für die Tiermehlverbrennung aufgebürdet. In diesem Jahr werden das in Niedersachsen über 60 Millionen DM sein, wenn wir gesetzlich nichts ändern - 60 Millionen DM, wahrscheinlich sogar mehr, die bei den Landkreisen und Tierhaltern für Dinge hängen bleiben, für die sie nun absolut nichts können.
Meine Damen und Herren, besonders die Landkreise in den nördlichen Gebieten unseres Landes sind damit völlig überfordert: Wesermarsch, Ostfriesland, Cuxhaven, der gesamte Elbe-WeserRaum und viele mehr bis hin zum Emsland, Osnabrück auch.
Meine Damen und Herren, die Rinder- und Schafhalter, die ohnehin die Hauptleidtragenden der BSE-Krise sind, müssen womöglich noch zudem eine Vervierfachung ihrer Beiträge zur Tierseuchenkasse hinnehmen. Ich will Ihnen einmal ein Beispiel sagen. Für ein Schaf müssen dann in Zukunft 10 DM pro Jahr allein an Tierseuchenkassenbeitrag bezahlt werden. Das ist mehr als der Wert der Wolle. Eine mittlere Schafherde verursacht dann allein Tierseuchenkassenbeiträge von mehreren tausend DM. Bei Rindern ist mit 20 DM pro Tier zu rechnen, wenn sich gesetzlich nichts ändert.
Meine Damen und Herren, es wird höchste Zeit, dass sich das Landeskabinett - wie acht andere Bundesländer inzwischen auch - entschließt,
eine Landesbeteiligung an den Kosten der Tierkörperbeseitigung von mindestens einem Drittel einzuführen. Ein Teil dieses Betrages oder der ganze Betrag ist selbstverständlich vom Bund zu tragen, nämlich nach dem Verursacherprinzip. Der Bund ist durch seine Beschlüsse Verursacher dieser Entwicklung.
Ich habe nicht das Gesetz kritisiert, sondern ich habe hier deutlich gemacht, was in unserem föderalen Staat auch finanziell zu verantworten ist.
(Möllring [CDU] - zur SPD -: Herr Gabriel hat das auch gesagt, Herr Beckmann! Kaum ist Gabriel weg, da tanzen Sie auf dem Tisch!)
Meine Damen und Herren, zusammengefasst - wegen der Kürze der Zeit -: Risikovorsorge ist eine Aufgabe des Staates. Wer heute die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gelesen hat, hat dort auf einer ganzen Seite einen Aufsatz von Renate Künast lesen können, genau mit dieser Überschrift, nämlich: „Risikovorsorge ist eine Aufgabe des Staates“. Ich füge hinzu: erst recht, wenn sie aufgrund mangelnder Umsetzung von Sicherheitsvorkehrungen in der Vergangenheit in besonderem Maße jetzt und in Zukunft notwendig ist.
Meine Damen und Herren, die vom Landkreistag zu Recht geforderte staatliche Beteiligung im Bereich der Tierkörperbeseitigung ist deshalb keine neue Subvention, ist deshalb kein Gnadenbeweis für in Not geratene Tierhalter, sondern schlicht und einfach ein Akt der Gerechtigkeit, und dafür steht die CDU.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gleiche Thema haben wir bereits am 20. Oktober des letzten Jahres hier im Landtag behandelt.
Die Debatte stand aber unter einem anderen Vorzeichen. Da hatten wir noch keine BSE-Fälle in Deutschland. Alle getroffenen Maßnahmen der EU standen unter dem Zeichen des vorbeugenden Schutzes. Das war richtig und war auch wichtig.
In dieser Debatte hatte Herr Biestmann die EU und die Bundesregierung mit Vorwürfen attackiert. Herr Biestmann, wenn Sie sich diese Rede noch einmal vergegenwärtigen,
dann kriegen Sie einen roten Kopf; ich meine, nicht zu Unrecht. Nach dem gegenwärtigen Stand der Lage ist es richtig, dass Tiermehl nicht mehr verfüttert werden darf. Die Gründe dafür sind bekannt. Bei dem SRM-Material muss man im Übrigen auch unterscheiden.
Erstens. Die anfallenden Kosten zur Beseitigung des Risikomaterials werden von den Schlachtbzw. Zerlegebetrieben gezahlt. Ich meine, Sie wissen, Herr Biestmann, dass diese Materialien, also die Schlachtabfälle, überhaupt nicht zur Diskussion stehen.
Zweitens. Die Kosten für verendete Tiere, Schafe und Ziegen, die von der EU-Entscheidung erfasst wurden, werden zu einem Drittel von der Tierseuchenkasse und zu zwei Dritteln von den Landkreisen getragen.
Dies ist übrigens geltendes Recht und ergibt sich aus § 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz. Darin ist eindeutig geregelt worden, dass die kostenfreie Entsorgung für Tierkörper gilt, die wegen ihrer Einstufung als Risikomaterial ganz oder teilweise nicht verwertbar sind. Die Entsorgung dieser Materialien muss somit nach der in Niedersachsen zurzeit gegebenen verbindlichen Rechtslage kraft Gesetzes von den Verursachern, d. h. von den Besitzern finanziert werden. Hinzu kommt, dass das Endprodukt Tiermehl nicht abgesetzt werden kann. Meine Damen und Herren, das ist genau das Problem.
Tiermehl und teilweise Tierfette, die nicht mehr verfüttert werden dürfen, sind kraft Gesetzes Abfall. Das ist bekannt. Die hierfür anfallenden Beseitigungskosten belaufen sich für Niedersachsen auf ca. 60 Millionen DM.