Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 74. Sitzung im 30. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 14. Wahlperiode.

Die Beschlussfähigkeit werde ich zu gegebener Zeit feststellen.

Zur Tagesordnung für die heutige Sitzung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 18 - Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Wie in der gestrigen Sitzung beschlossen, sollen die Tagesordnungspunkte 21 Aktionsplan gegen Gewalt in der Familie: Vorbereitende Maßnahmen und Gesetzesänderungen zur sofortigen Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes (Bundesgesetz) in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2286 - und 32 - Schutz und Hilfe für Opfer von Straftaten in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2300 zusammen beraten werden.

Die heutige Sitzung soll gegen 18.40 Uhr enden.

Ich möchte Sie noch auf eine Veranstaltung hinweisen: Die Greselius-Big-Band aus Bramsche wird zu Beginn der Mittagspause in der Portikushalle eine Kostprobe ihres Könnens geben. Nach Möglichkeit sollten Sie ein wenig zuhören.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Von der Landesregierung haben sich entschuldigt Herr Ministerpräsident Gabriel - nach der Mittagspause - und Justizminister Professor Pfeiffer ab 17.40 Uhr, von der Fraktion der SPD Herr Dr. Fischer für den Nachmittag und von der Fraktion der CDU Herr Meyer, Herr Sehrt - für den Vormittag - und Herr Horrmann.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 18: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor: a) German International School of Management and Administration (GISMA) - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2313 -, b) Gravierender Lehrermangel: Landesregierung rät trotzdem vom Berufsschullehrerstudium ab - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2314 - und c) Verdacht auf Maul- und Klauenseuche im Landkreis Vechta Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2316.

Die Regeln der Geschäftsordnung sind Ihnen allen bekannt. Jeder Abgeordnete darf nur bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Die Zusatzfragen müssen knapp sein. Sie sollen nicht abgelesen werden. Sie müssen zur Sache gehören.

Wir kommen damit zu

a) German International School of Management and Administration (GISMA) Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/2313

Diese Dringliche Anfrage wird durch den Kollegen Golibrzuch eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch von Ministerpräsident Schröder auf den Weg gebracht, wurde im Oktober 1999 die German International School of Management and Administration (GISMA) eröffnet. Während die SPD-Landesregierung ankündigte, mit dieser Einrichtung renommierten Business-Schools in London, Paris oder New York Konkurrenz machen zu wollen, erschienen Konzept, Qualität und Finanzierung der GISMA Kritikern von Anfang an äußerst fragwürdig.

Vollzeit- und Aufbaustudium der Privatschule richten sich aufgrund der hohen Studiengebühren nahezu ausschließlich an Großkonzerne. Selbst wenn einheimische Unternehmen wie VW, Conti oder Preussag einen Großteil ihrer Führungskräfte in der GISMA aus- oder weiterbilden würden, dürfte sich daraus keine ausreichende Nachfrage entwickeln lassen. Denn trotz der ausländischen Professoren und Lehrmethoden kann diese Einrichtung die gewünschte Auslandserfahrung nicht vermitteln.

Für ausländische Konzerne ist GISMA ein unbeschriebenes Blatt, und selbst die Purdue-University als Partner und Vorbild der hannoverschen Business-School stellt im internationalen Vergleich bestenfalls Mittelmaß dar. In den Rankings von 82 US-Business-Schools - zusammengestellt im Oktober 2000 von „Business Week“ - war Purdue Nr. 25, in den Rankings von MBA-Programmen weltweit - zusammengestellt im Januar 2000 von „Financial Times“ - lag Purdue von 75 Schulen auf dem 38. Platz. Wie unter diesen Voraussetzungen und in Konkurrenz zu renommierten BusinessSchools in London, Paris oder New York Professoren in die GISMA gelockt werden sollen, die der Einrichtung internationale Attraktivität verleihen, bleibt schleierhaft.

Nachdem die Einnahmen aus Studiengebühren dramatisch hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, hat die SPD-Landesregierung ihren ursprünglich einmaligen Zuschuss in Höhe von 5 Millionen DM in eine jährliche Dauersubvention umgewandelt. Unklar bleibt, ob mit diesem Geld ein Überleben der Einrichtung gesichert werden kann. Getilgt werden müsste bis spätestens 2004 ein Darlehen der Norddeutschen Landesbank über 13 Millionen DM. Als Belastung haben sich aufgrund der Entwicklung des Dollarkurses auch die Zahlungsverpflichtungen der GISMA gegenüber der Purdue-University herausgestellt. Schließlich müssten auch die weiteren Aktivitäten der GISMA auf sichere finanzielle Füße gestellt werden. Das gilt insbesondere für den Aus- und Aufbau von Programmen und Lehrinhalten. Geplant war nicht zuletzt auch, dass GISMA noch in den ersten fünf Jahren mit dem Aufbau eines eigenen Kapitalstocks als Grundlage für die Finanzierung der zweiten Fünfjahresperiode beginnt.

Wir fragen von diesem Hintergrund die Landesregierung:

1. Welche Einnahmen aus der Erhebung von Studiengebühren waren seitens der GISMA in den ersten drei Semestern geplant und vorgesehen, und in welchem Umfang konnten diese geplanten und vorgesehenen Einnahmen jeweils realisiert werden?

2. Wie und auf welcher Grundlage beurteilt sie die Qualität der von GISMA angebotenen Lehrinhalte und Abschlüsse im nationalen und internationalen Vergleich?

3. Wie beurteilt sie die Auffassung, dass GISMA ohne weitere, über die bereits zugesagten 25 Millionen DM hinausgehende Landesmittel keine Zukunft haben wird?

Die Antwort erteilt die Frau Wirtschaftsministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor gut zweieinhalb Jahren - genauer: am 22. September 1998 - hatte das Kabinett beschlossen, gemeinsam mit der Wirtschaft die GISMA hier in Hannover zu gründen. Die Gründung der GISMA - das ist ganz wichtig, meine Damen und Herren - war von Anfang an eine Gemeinschaftsentscheidung von Wirtschaft und Landesregierung. Das Land hat sich mit einem Betrag von 5 Millionen DM beteiligt. Vonseiten der niedersächsischen Wirtschaft sind bis heute rund 40 Millionen DM an finanzieller Unterstützung zugesagt worden. Ich meine, dass allein diese Zahlen für sich sprechen. Dies muss man zunächst als Erfolg bewerten.

Gegenüber der damaligen Ausgangslage sind zwischenzeitlich jedoch gravierende Änderungen eingetreten, die zu einem zusätzlichen Finanzbedarf der GISMA geführt haben. Ich nenne sie nur kurz; denn sie sind allgemein bekannt: Zunächst nenne ich den deutlich angestiegenen Dollarkurs. Die GISMA hatte in Abstimmung mit der Norddeutschen Landesbank und dem Finanzministerium bei ihren Planungen einen Dollarkurs von 1,70 DM zugrunde gelegt. Dieser Kurs lag, wie wir heute wissen, deutlich zu niedrig. Die in den vergangenen Jahren eingetretenen Wechselkursveränderungen hatten in der Anlaufzeit zu einer erheblichen finanziellen Zusatzbelastung der GISMA geführt.

Darüber hinaus wurde im ersten Studienjahr deutlich - so etwas erkennt man eben erst, wenn eine solche Institution in Betrieb ist -, dass zusätzliche Aktivitäten in Angriff genommen werden mussten, um die Attraktivität der GISMA zu erhöhen. Klar ist auch - das war wohl allen von Anfang an klar -: GISMA konkurriert auf dem deutschen und europäischen Bildungsmarkt mit sehr starken Wettbewerbern. Ich möchte jetzt einige Namen nennen; denn dann wird klar, was ich meine: WHU in Koblenz, die European Business-School in Oestrich-Winkel, sicherlich aber auch die private Universität Witten/Herdecke. Das ist die bekannte

Wettbewerbssituation. Nach einem Bericht der Boston Consulting Group ist deutlich geworden, dass von der GISMA weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um ihren internationalen Bekanntheitsgrad - das war sicherlich ein Schwerpunkt der Erkenntnis - zu erhöhen. Es wurde auch deutlich, dass GISMA den Aufbau eines eigenen Kapitalstocks verfolgen muss - das ist übrigens auch per Kabinettsbeschluss verbindlich für GISMA festgelegt worden -, um die Zukunft von GISMA für die Jahre nach 2005 zu sichern.

Meine Damen und Herren, der Senat der GISMA unter Leitung des Ministerpräsidenten ist deshalb übereingekommen, zur weiteren finanziellen Unterstützung der GISMA einen Matching-Fonds aufzulegen, der zu gleichen Teilen vom Land und von der Wirtschaft gespeist werden soll. Sie sehen, die ursprüngliche und auch funktionierende Idee, GISMA als Gemeinschaftsprojekt von Wirtschaft und Politik zu betrachten, wird hier wieder aufgegriffen. Insofern liegt dieser Ansatz voll auf der Grundlinie von GISMA.

Unter der Voraussetzung - das ist die Idee des Matching-Fonds -, dass GISMA seitens der Wirtschaft ab 2001, also ab diesem Jahr, zusätzliche Sponsorengelder in gleicher Höhe zugesagt werden, wird das Land hierfür seinerseits in den Jahren 2001 bis 2005 jährlich bis zu 5 Millionen DM, insgesamt also 25 Millionen DM, bereitstellen. Herr Golibrzuch, mit einer Dauersubvention hat dies nun wirklich nichts zu tun. Mit den komplementären Zuwendungen der Wirtschaft ergibt sich daraus ein Gesamtbetrag von bis zu 50 Millionen DM - wohlgemerkt: komplementäre Zuwendungen der Wirtschaft. Diese 50 Millionen DM werden in den kommenden fünf Jahren zur Verfügung stehen, um GISMA unter den bekannten Wettbewerbsbedingungen zu einem attraktiven Baustein einer modernen Hochschullandschaft in Niedersachsen und damit auch zu einem wichtigen Standortfaktor zu entwickeln.

Damit komme ich zur Beantwortung Ihrer Fragen.

Zu 1: Im Vollzeitprogramm studieren zurzeit 52 Studenten aus 13 Nationen. Im berufsbegleitenden Programm studieren zurzeit 21 Studenten. Die entsprechenden Umsatzerlöse von GISMA lagen in dem Rumpfgeschäftsjahr 1999 bei rund 207 000 DM. Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2000 wird uns nach Beschlussfassung durch die Organe in Kürze vorgelegt.

Zu 2: Hier verweise ich zum Thema Ranking auf das bereits Gesagte.

Zu 3: Es bleibt bei der Zusage der Landesregierung, 25 Millionen DM bis 2005 in den genannten Matching-Fonds einzubringen.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage stellt Herr Golibrzuch.

Frau Ministerin, können Sie uns denn vielleicht einmal erklären, warum in den Verträgen zwischen GISMA und Purdue-University nicht, wie heutzutage bei jedem ausländischen Geschäft üblich, ein fixer Wechselkurs verankert worden ist und wie hoch die Belastungen sind, die sich daraus allein jetzt für GISMA ergeben?

Frau Dr. Knorre!

Herr Golibrzuch, es haben Gespräche stattgefunden, und es finden zurzeit Gesprächen mit der Purdue-University zum Thema Wechselkurs statt. Ich gehe davon aus - so sind unsere Informationen von GISMA -, dass man hier zu einem konstruktiven Ergebnis kommen wird.

Frau Stokar von Neuforn!

Ich frage die Landesregierung: Erstens. Habe ich es richtig verstanden, dass in der GISMA ca. 80 Studenten - ich glaube, es waren noch etwas weniger

(Hagenah [GRÜNE]: 63!)

mit 25 Millionen DM Landesmitteln gefördert werden, während gleichzeitig die staatlichen Hochschulen in Niedersachsen in diesem Haushaltsjahr damit leben müssen, dass ihnen 50 Millionen DM gestrichen wurden?

Meine zweite Frage: Können Sie mir mal erläutern – das ist damals ja angekündigt worden -, welcher anerkannte staatliche Abschluss eigentlich in der GISMA erworben wird?

Noch einmal Frau Ministerin!

Um es noch einmal klarzustellen: Das Land hat 5 Millionen DM in die GISMA eingebracht. Die 25 Millionen DM sind eine Summe, die sich auf einen Fünfjahreszeitraum bezieht, und dies ist gekoppelt an die Zusage der Wirtschaft, Mittel in gleicher Höhe zur Verfügung zu stellen. Das ist die Idee des Matching-Fonds. Insofern ist Ihre Darstellung nicht korrekt.

Zur zweiten Frage: Bei der GISMA wird ein Masters-Agree-Abschluss erworben.

(Dr. Schultze [SPD]: Nach internatio- nalen Standard!)

Er ist staatlich nicht anerkannt, aber es ist ein international anerkannter Abschluss.

(Beifall bei der SPD)

Frau Pothmer!