- 100 Milliarden DM Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen - aber der Bund im Prinzip alleiniger Nutznießer ist, und das, obwohl die bei uns beheimateten Unternehmen dadurch sogar Einnahmeausfälle zu erwarten haben.
Wir wünschen uns, dass in der Wirtschaftspolitik Akzente gesetzt werden und sie nicht durch einen neuen Investitionsbegriff schöngeredet wird. Wer die Lage der Bauwirtschaft mit den 10 000 Bauarbeitern, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, sieht, wird kein Verständnis dafür haben, dass Sie in Ihrem Haushaltsplanentwurf die Bauausgaben um 36 % kürzen.
Bei einer so dramatischen Wirtschaftslage wie hier darf man keine ruhige Kugel schieben oder eine Politik der ruhigen Hand betreiben. Ein Fußballverein, der 0:2 zurückliegt, hat keine Chance, wenn er eine ruhige Kugel schiebt, sondern nur dann, wenn er kämpft, entschlossen handelt und angreift. Das erwarten wir auch von diesem Doppelhaushalt.
Wir als Opposition dürfen es nicht durchgehen lassen, dass die Investitionsquote und Beschäftigtenlage neu definiert werden, sodass hier keine Vergleiche mehr möglich sind. Von 1976 bis 1990 haben alle Oppositionsführer in ihren Reden auf zwei Zahlen abgestellt: auf die Arbeitslosenquote, weil sie Ausweis für die Zahl der Arbeitslosen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten ist, und auf die Investitionsquote. Ministerpräsident Schröder hat als Oppositionsführer in jeder Rede mindestens drei Mal erwähnt, dass die Investitionsquote das entscheidende Eckdatum eines Landeshaushalts sei. Die Investitionsquote liegt mit 9,6 % auf dem historisch niedrigsten Stand, die Arbeitslosenquote liegt - hier und im Saarland - auf dem höchsten Stand in Deutschland.
Wer nun jedoch eine Zunahme der Beschäftigtenzahl annimmt, obwohl es sich dabei nur um die Umwandlung von 630-DM-Jobs handelt, führt ebenso in die Irre wie derjenige, der mit einem Mal Kulturausgaben - die natürlich nicht Subventionen, sondern Investitionen in die Zukunft sind - als Investitionen bezeichnet, die bei der Investitionsquote berücksichtigt werden sollen.
sche Entwicklung zu setzen, noch auf eine Konjunkturwende zu warten. Man muss schon selber im eigenen Land Maßnahmen ergreifen, die Menschen in Beschäftigung bringen. Erstmals seit drei Jahren steigt - saisonal bereinigt - die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Vorjahr wieder an. Allein das müsste schon die Alarmglocken läuten lassen.
Wir hätten uns gewünscht, dass nicht Jahrelang hätte gedrängt werden müssen, sich endlich um alle Jugendliche, um jeden Schulabgänger zu kümmern, und dass die jetzt angedachten Maßnahmen bereits früher im Haushalt abgebildet worden wären, damit auch gerade die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft wird. Es ist zutiefst frustrierend, wenn jungen Leuten in Niedersachsen gesagt wird: Ihr müsst euch nach Süddeutschland verlagern, hier in Niedersachsen haben wir für euch keinen Platz, keine Verwendung.
Der Wettbewerb zwischen den Bundesländern läuft auf allen Feldern. Niedersachsen aber droht, ihn zu verlieren. Wenn wir eine Zukunft haben wollen, müssen wir bei uns Innovationen zeigen, Impulse geben, Erfindergeist und faszinierende Ideen beheimaten. Aber: Für den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven haben Sie lediglich ein paar Millionen DM eingesetzt. Das ist nicht das Signal, dass man wirklich und vor allem schnell - auch als Zeichen an Hamburg und Bremen - will.
Beim Transrapid lassen Sie zu, dass sich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern um die Anwendungsstrecke streiten, obwohl diese Technologie in Niedersachsen erfunden, erforscht und anwendungsreif gemacht wurde.
Wir glauben, dass es im Sinne eines Symbols für ein Forschungsland, für neue Technologien und für Innovationen schlichtweg dazu gehört, dass ein solches Verkehrssystem nicht in NordrheinWestfalen oder Bayern, sondern, weil es hier erfunden, entwickelt und anwendungsreif gemacht wurde, hier bei uns fährt, von Berlin nach Hamburg, nach Oldenburg, nach Groningen, nach Amsterdam, nach Den Haag und nach Rotterdam. Aber diese Vision, eine Alternative zum innereuropäischen Flugverkehr zu schaffen, ist bei Ihnen nicht gut aufgehoben. Sie lassen dieses Verkehrssystem zu einer Flughafenanbindung verkommen. Wir glauben, das ist das falsche Signal. Die Ausdehnung des Nordens Europas nach Osten, zum
Baltikum zu erkennen, die Entwicklung der Verkehrsströme und des Verkehrswachstums zu erkennen, hat auch etwas mit Arbeitsplätzen, mit Technologien und mit Innovationen zu tun. Wir befürchten, dass im Zeitraum dieses Doppelhaushalts eher die Teststrecke in Niedersachsen abgebaut und geschlossen wird, als dass ein Arbeitsplatz zusätzlich für diese großen Innovationen in unserem Land entsteht.
Wir müssen Forschungsland für die Mobilitätswirtschaft, für die Kommunikationsbranche, für die Biotechnik und für die Entwicklung neuer Energiekonzepte werden. Aber dafür reicht eine Investitionsquote von 9,6 % ganz sicher nicht aus. Wir wollen das Land des fließenden Verkehrs und nicht das Land des gestauten Verkehrs sein.
Es muss beunruhigen, wenn 60 % der Landesstraßen mittlere und schwere Schäden aufweisen und der Reparaturstau über 1 Milliarde DM beträgt, dafür aber nur 100 Millionen DM vorgesehen sind. Es muss Besorgnis erregen, dass BMW 10 000 Arbeitsplätze bei Stade angesiedelt hätte, wenn bis 2005 die Autobahn A 26 fertig gewesen wäre - so Herr Millberg von BMW.
Aber die Landesregierung hat sich damals gegen den geltenden Verkehrswegeplan ausgesprochen und Ortsumgehungen statt neuer Autobahnen befürwortet. Frau Ministerin Knorre hat neulich in einer Veranstaltung gesagt, die beste Wirtschaftsförderung sei immer noch eine gute Verkehrsinfrastruktur. - Das ist eine Feststellung, die wir lückenlos unterschreiben.
Wir haben es in den letzten elf Jahren nicht geschafft, Frau Knorre, die Sozialdemokratie davon zu überzeugen. Auch Ihnen - Sie sind ja parteilos ist es mit Ihrer Überzeugungskraft nicht gelungen; denn die Straßenbaumittel sind bei Ihnen um 12 % gekürzt worden. Meiner Meinung nach gehört es dazu, aus den Erkenntnissen auch die notwenigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn man weiß, wie wichtig für ein Flächenland die Verkehrsinfrastruktur ist, dann muss man hier mehr tun und nicht weniger.
Insgesamt haben wir natürlich einen Paradigmenwechsel zu verzeichnen. Während von der Albrecht-Regierung zusammen mit den Gewerkschaften - der damaligen DAG - ein 400-MillionenProgramm aufgelegt worden ist, um Jugendliche in Arbeit zu bringen, haben Sie heute für die nächsten Jahre ein 10-Millionen-Programm angekündigt, aus dem Sie mittelständische Firmen fördern wollen. Im Kern handelt es sich hier doch um einen Offenbarungseid. Frau Knorre, Sie haben von Ihrem Vorgänger nicht nur leere Kassen übernommen, sondern auch noch Schuldverschreibungen für die Fördermittel für die nächsten Jahre. In den nächsten Jahren können Sie nur noch bestehende Förderanträge abarbeiten, und das, obwohl der Mittelstand Hauptarbeitgeber und Hauptträger von Ausbildung und Ausbildungsplätzen ist.
Sie können die Wirtschaftsförderung gar nicht auf neue Füße stellen, obwohl das dringend erforderlich wäre. Wir erwarten wenige einfache und flexible Förderprogramme, die auch kurzfristig Aussicht auf Fördermittel bieten. Wir wollen eine Privatisierung der Wirtschaftsförderung. Wir wollen auch, dass Mittel aus der GA-Förderung direkt und eben nicht über die Bezirksregierungen an die Landkreise gegeben werden.
Wir wollen Förderinstrumente wie Beteilungskapital und Bürgschaften. In Baden-Württemberg ist das Handwerk z. B. an der dortigen Beteiligungsgesellschaft massiv beteiligt, in Niedersachsen jedoch nicht. Im Handwerk aber liegen enorme Potenziale auch für Unternehmensgründungen. Es kann nicht befriedigen, wenn das Institut der Niedersächsischen Wirtschaft feststellt, dass sich bei uns nur 3 % der deutschen Internet-Start-up-Firmen befinden, während es in Bayern 30 % sind, und dass wir über alle Existenzgründungen hinweg bei Umsatz, Mitarbeitern und Wachstum weit hinter dem Bundesdurchschnitt liegen. Wir sind der Meinung, Niedersachsen kann mehr, hat mehr Potenziale, könnte mehr machen, wenn es seitens der Landespolitik zureichend Unterstützung gäbe.
Bayern und Baden-Württemberg haben aus der Veräußerung von Landesvermögen 3 Milliarden DM eingenommen und in diesen Bereich reinvestiert. Dass Sie so ganz darüber hinweg gehen, dass Sie in den nächsten zwei Jahren zwar mehr als 600 Millionen DM aus der Veräußerung von Lan
desvermögen einnehmen wollen, dann aber keine einzige Mark aus diesen Erträgen für die Infrastruktur, für Entwicklungen und für Existenzgründungen einsetzen wollen, betrübt uns sehr. Wieder einmal wird Tafelsilber verkauft, aber die Erlöse versickern im Landeshaushalt. Und wenn dann einmal jemand fragt, wo die Erlöse aus dem Verkauf von Lotto-Toto, der Harzwasserwerke und den Liegenschaften geblieben sind, wird man darauf hinweisen müssen, dass die Erlöse aus solchen Verkäufen in den anderen Ländern in die Zukunft investiert werden, in Niedersachsen hingegen lediglich in den Konsum fließen. Ein Gründungsklima schafft man nicht, indem man dem Wirtschaftsförderfonds 100 Millionen DM entzieht oder Firmen, die unverschuldet in Not geraten sind, nicht hinreichend hilft.
Ich möchte hier in aller Sachlichkeit noch einmal die Idee wiederholen, die wir seinerzeit geäußert hatten, die vonseiten der Sozialdemokratie aber ein wenig unwirsch abgelehnt worden ist: nämlich eine Enquete-Kommission einzurichten, in der sich Fachleute mit Fragen der Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen gerade unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten auseinander setzen. In Baden-Württemberg hat es eine solche Enquete-Kommission gegeben. Sie hat 486 Vorschläge entwickelt, die jetzt im Einzelnen abgearbeitet werden, um die Situation mittelständischer Betriebe, kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern. Wer sich anschaut, wie es dort und wie es hier aussieht, der wird erkennen müssen, dass es eine Vielzahl von Punkten gibt, die wir mit dem Handwerk und dem Mittelstand sowie deren Verbänden besprechen müssten. Also, geben Sie Ihren Widerstand auf, und lassen Sie uns in diesem Hause ernsthaft über Mittelstandspolitik reden.
Leider haben Sie in Berlin all den negativen Gesetzen zugestimmt: der Unternehmenssteuerreform, die Konzerne begünstigt, der Senkung der Steuersätze lediglich für Kapitalgesellschaften und leider auch der Ökosteuer, die besonders den Mittelstand trifft. So mancher Unterglasgartenbauer kam und kommt in Schwierigkeiten. Sie haben außerdem die Scheinselbstständigkeit und auch die 630-DMFrage mittelstandsunfreundlich entschieden. Insgesamt haben Sie reguliert statt dereguliert. - Die niedersächsischen Unternehmerverbände haben am 28. Juni 2001 dazu erklärt: „Bei allen wesentlichen Themen auf Bundesebene hat uns Gabriel nicht
Meine Damen und Herren, Sie müssen berücksichtigen, dass sich die Zeiten gegenüber den Zeiten Ihres Vorvorgängers wesentlich geändert haben. Jetzt regieren Sie in Berlin. Jetzt können Sie nicht mehr sagen, wir würden ja, wenn wir dürften, sondern jetzt müssen Sie machen, weil Sie könnten.
Bezüglich des halben Mehrwertsteuersatzes waren wir nie so vollmundig wie Sie. Wir haben das jetzt für den Baubereich vorgeschlagen. Dieser sehr sinnvolle Vorschlag ist von allen aus dem Bereich unterstützt worden. Sie aber hatten es für alle dienstleistungsorientierten Handwerke gefordert und im Mittelstandskonzept zugesagt.
- Ihre Landesregierung! Ihre Landesregierung hat in dem von Ihnen so hoch gelobten Mittelstandskonzept den halben Mehrwertsteuersatz für alle handwerklichen Dienstleistungen zugesagt, Herr Aller. Seit Sie in Berlin regieren - darüber muss ich Sie wohl einmal aufklären -, haben Sie in allen Ausschüssen Schiffbruch erlitten. Alle Bundestagsausschüsse haben sich dagegen ausgesprochen - ebenso der Bundesrat -, obwohl das jetzt möglich wäre. Sie müssten es nur machen - oder aber sagen, Sie hätten etwas Falsches versprochen und wollten es jetzt brechen. Dann müssen Sie das aber auch machen: Sie dürfen es nicht den Einen erzählen, den Anderen aber warnend sagen: „Das ist nicht finanzierbar, das können wir uns nicht leisten.“
Uns fehlt die Verlässlichkeit natürlich nicht nur in der Wirtschaftspolitik, in der Infrastrukturpolitik und in der Behandlung der Kommunen, sondern uns fehlen Verlässlichkeit und Zukunftsperspektiven gerade auch in der Bildungspolitik. Jugendarbeitslosigkeit hat eben auch mit der Vorbereitung Jugendlicher auf das Arbeitsleben zu tun. Frau Jürgens-Pieper wird in der Lüneburger Landeszeitung mit der Aussage zitiert, wir seien Schlusslicht bei den Schulversagern, bei denen ohne Schulabschluss. Daraus muss man nun aber auch die Konsequenzen ziehen!
Wenn Herr Gabriel bei einer Veranstaltung am 21. April 2001 erklärt, wir hätten Nachholbedarf und müssten zur Kenntnis nehmen, dass Schüler in Bayern und Baden-Württemberg besser ausgebildet würden als in Niedersachsen, dann müsste dies nach elf Jahren sozialdemokratischer Regierung doch endlich einmal Anlass für eine Änderung der Politik sein.
Man kann die jüngst veröffentlichten Studien gar nicht alle nennen, nach denen sich Schulabgänger aus Niedersachsen neben denen aus Hamburg am schlechtesten auf Studium und Berufsleben vorbereitet fühlen. Die Ergebnisse der Eingangstests der Bundeswehr oder auch der Studienanfängertests zeigen, dass sich die niedersächsischen Schulabsolventen schlecht vorbereitet fühlen. Eine aktuelle Studie der Universität Potsdam zeigt zudem, dass Niedersachsen unter den untersuchten Bundesländern die am meisten frustrierten Lehrer hat.
Damit ist die Realität eine andere als das, was Sie hier beschrieben haben. Unserer Meinung nach ist die Realität in Niedersachsen geprägt von mangelnder Unterrichtsversorgung, von schlechten Bildungschancen, enttäuschten Lehrkräften und mangelnder Vorsorge beim Lehrernachwuchs. Selbst wenn alle Ihre Maßnahmen greifen würden, würden immer noch 2 000 Vollzeitlehrkräfte fehlen, um den Unterricht zu erteilen, der in den Stundentafeln vorgesehen ist. Damit haben wir aber noch nicht über die Berufsschulen gesprochen, die von Ihnen ja immer außen vor gehalten werden.
Faktisch ist es doch so - das sage ich in aller Sachlichkeit und Klarheit, damit wir uns nicht immer über unterschiedliche Dinge unterhalten -: Seit 1989, dem letzten Jahr der CDU-geführten Landesregierung, hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse um 6 % erhöht, ist die Zahl der Unterrichtsstunden pro Schülerin und Schüler um fast 12 % zurückgegangen und kamen im allgemein bildenden Schulwesen fast 19 % mehr Schülerinnen und Schüler auf eine Vollzeitlehrkraft. 1989 gab es in Niedersachen die beste Unterrichtsversorgung aller Zeiten. Seitdem haben sich die Dinge immer weiter verschlechtert und haben sich immer mehr Lücken aufgetan.
Die Eltern haben es inzwischen begriffen. Wenn die Schule der Schlüssel zur Welt ist, dann passt dieser Schlüssel für viele Schüler nicht mehr. Das halte ich für unverantwortlich. Das ist neben der
Wahrung der äußeren und der inneren Sicherheit die andere Pflichtaufgabe des Staats: für Chancengerechtigkeit zu sorgen und Menschen in die Lage zu versetzen, aus eigener Arbeit, aus eigenem Können und eigener Leistung heraus ein eigenverantwortliches Leben zu führen sowie sich und ihre Familien zu ernähren. Dies aber unterlassen Sie seit langem.
Der Fachlehrermangel wird von uns seit 1995 thematisiert, aber Sie haben darauf nicht zureichend reagiert. Jetzt werben Sie endlich für den Lehrerberuf. Aber die Lehrkräfte stehen uns bestenfalls erst 2008 zur Verfügung - wenn die Schülerzahlen längst wieder rückläufig sind.