Protokoll der Sitzung vom 17.09.2001

Die Bildungsoffensive bietet aber mehr. Sie konzentriert sich in einem zweiten Schwerpunkt auf die berufliche Bildung und setzt mit der Berufsorientierung und mit der Schaffung von Berufschancen für junge Menschen weitere Akzente. Davon profitieren auch die Berufsschulen. Hier werden seit dem 1. Februar 2000 wieder volle Stellen bereitgestellt, und 800 Dreiviertelstellen werden aufgestockt. Dadurch kommen 5 000 neue Unterrichtsstunden in die Berufsschulen. Die Unterrichtsversorgung verbessert sich um 2,5 Prozentpunkte auf 90 %.

Ganz entscheidend ist aber die Fortsetzung des Innovationspaktes mit den niedersächsischen Hochschulen, der mit der Landeshochschulkonferenz ausgehandelt worden ist. Als ein bildungspolitischer Schwerpunkt sind die Hochschulen von Kürzungsmaßnahmen ausgenommen worden. 25 Millionen Euro gehen bis 2006 Jahr für Jahr in das Zuführungsvolumen, 25 Millionen Euro gehen in die besondere Förderung von innovativen Maßnahmen, Kompetenzzentren, Internet und Lehrmodule multimedialer Art.

Diese Schwerpunktsetzung in den drei wichtigen Bereichen der Bildungspolitik macht deutlich, dass hier Geld mobilisiert worden ist, für das andere Teile des Haushalts einen Beitrag leisten müssen.

Die zweite eindeutige Priorität sind die Förderung der Wirtschaft, die Stärkung des Standorts, die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Trotz aller Enge im Haushalt werden für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ 80 Millionen Euro veranschlagt, sodass deutlich gemacht werden kann, dass alle Bundesmittel und alle Mittel Europas für niedersächsische Politik gebunden werden können. Die Wettbewerbshilfen für die Werften und für die Schifffahrt werden gesichert und sogar aufgestockt, sodass wir sicher sagen können: Dieser Zweig mobilisiert für Niedersachsen Geld, das in anderen Bundesländern nicht mehr abgerufen wird.

Diese strikte Konzentration auf programmatische Schwerpunkte wird auch in der Ausstattung des

Wirtschaftsförderfonds deutlich, der in seinen drei Bereichen, dem gewerblichen, dem landwirtschaftlichen und dem ökologischen Feld, deutlich mehr Geld zur Verfügung haben wird. 22,4 Millionen Euro werden dafür sorgen, dass jährlich 78,7 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Dieses Mehr an Geld in der Wirtschaftsförderung wird gezielt eingesetzt werden, genau so wie die 2,6 Millionen Euro, die in das Projekt GISMA fließen, ein viel kritisiertes, aber zukunftsweisendes Projekt, das in Niedersachsen inzwischen Fuß gefasst und über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erreicht hat.

Niedersachsen holt auf, meine Damen und Herren. Das ist auch durch Studien der NORD/LB eindeutig belegt, die die Wachstumsprognose für 2000 auf 2 bis 2,5 % festgelegt hat. Die Region Hannover wird als Topregion in der IuK-Technologie bezeichnet. Die EXPO und ihre Vorteile, die wir gewonnen haben, werden konsequent ausgebaut. VW und TUI haben sich mit klaren Bekenntnissen zum Standort Deutschland in die Linie gestellt, die sagt: Niedersachsen ist ein Mobilitätsland, ist ein Land mit Mobilitätskompetenzen. - Die Windenergie hat von hier aus überzeugend ihren Siegeszug angetreten. Man kann sagen, in Schlüsselindustrien hat Niedersachsen gezeigt, dass man den Fortschritt auch mit knappen Mitteln, die aber gezielt eingesetzt werden, auf den Weg bringen kann.

Auch der Kapitalmarkt hat Vertrauen in Niedersachsen. Die Dresdner Kleinwort Wasserstein Research hat beispielsweise nach einer Untersuchung der Haushalts- und Wirtschaftssituation in ihrem aktuellen Credit Research-Update Niedersachsen mit der Bestnote Triple A ausgestattet.

Diese Gesamtschau muss man in einen Zusammenhang mit der Beschäftigungsdynamik in diesem Land stellen. Es greift zu kurz, wenn immer nur über Arbeitslosenzahlen geredet wird. Hier müssen die Bevölkerungsentwicklung, das Beschäftigungswachstum und die Arbeitslosigkeit zusammengefasst werden. Es zeigt sich, dass in den letzten Jahren eine positive Beschäftigungsdynamik erreicht worden ist. 77 000 zusätzliche Beschäftigte sind in Niedersachsen sozialversicherungspflichtig gemeldet. Diese Zahl muss in Vergleich zu den Neubürgerinnen und Neubürgern gesetzt werden, die nach Niedersachsen gekommen sind. 50 000 neue Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen innerhalb von zwei Jahren beeinträchtigen natürlich diese positive Zahl. Das muss zur Kenntnis genommen werden. Das Beschäfti

gungswachstum, das Bevölkerungswachstum und die Arbeitslosen zusammen bringen Niedersachsen aber im Vergleich mit den anderen Bundesländern durchaus auf einen Spitzenplatz hinter BadenWürttemberg, Bayern und Hessen. Auch das wird von der Dresdner Kleinwort Wasserstein unterstrichen.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist ein Flächenland, Niedersachsen ist ein Agrarland, und Niedersachsen ist ein Küstenland. Diese Faktoren kann man nur als Chancen definieren, und man muss danach handeln. Die Standortförderung in der Fläche muss wirken. Wir haben dafür die Maßnahmen ergriffen. Während die CDU einen großen Katalog unter der Überschrift „Zukunft Ländlicher Raum“ auf den Markt geworfen hat, dessen Umsetzung nach unseren Berechnungen Milliarden kosten würde, haben wir uns auf gezielte Maßnahmen konzentriert, die in den jeweiligen Regionen deutliche Vorteile bringen werden. Wir haben das Emssperrwerk zur Realisierung gebracht. Wir haben einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau der A 31 geleistet. Wir haben die Weichen zur Realisierung des Tiefwasserhafens gestellt. Und wir haben das Programm „Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums“ unter der Überschrift PROLAND zu einer Erfolgsgeschichte ausgebaut.

Hinzu kommt - das darf nicht vergessen werden -, dass die Dorferneuerung nahezu konstant mit jährlich 12,5 Millionen Euro ausgestattet wird. Die Mittel zur Verbesserung ländlicher Räume steigen nach 62 Millionen Euro in 2001 auf 83,8 Millionen Euro in 2005 - jährlich immer in der ähnlichen Größenordnung, also Geld ausschließlich für den ländlichen Raum. Die Reform der Agrarpolitik ist in ihren Ansätzen von 12,6 Millionen auf 14,1 Millionen in 2002 und 16,3 Millionen in 2003 angehoben worden. Auch das ist eine Folge der Debatte um eine Neuausrichtung der landwirtschaftlichen Politik in diesem Land.

Der entscheidende Punkt aber, den wir sehen, liegt in der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs. Hier werden rund 607 Millionen Euro ausgegeben, die zum größten Teil in den ländlichen Raum fließen.

Meine Damen und Herren, angesichts der Entwicklung der letzten Tage ist die Frage der inneren Sicherheit in den Mittelpunkt der Diskussionen gerückt. Schon vor dem Anschlag auf New York, Washington und Pittsburgh ist deutlich geworden,

dass diese Landesregierung in der Innenpolitik einen wichtigen Akzent setzen wird. 271 Millionen DM werden in verschiedenen Schwerpunktbereichen eingesetzt, um die innere Sicherheit voranzutreiben. 500 neue Stellen für Polizistinnen und Polizisten und 500 Stellenhebungen legen einen besonderen Akzent auf die Personalpolitik im Polizeidienst. Aber auch die Frage der Ausrüstung mit digitalem Polizeifunk bis Pistolen und Dienstfahrzeugen ist unübersehbar. Inzwischen ist deutlich geworden, dass der internationale Ansatz in Europa, der mit neuer Einführung von Informationssystemen grenzübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht - ich gebe nur das Stichwort „Inpol“ -, umso wichtiger wird, als internationale Zusammenarbeit auch dem Terrorismus seine Grenzen zeigen muss.

Meine Damen und Herren, dieser Schwerpunkt in der Sicherheitspolitik ist heute vom Innenminister vor dem Innenausschuss noch einmal deutlich gemacht worden. Wir wissen, dass wir auch im Bereich des Verfassungsschutzes tätig sein müssen und neue Wege beschreiten müssen. Ich gehe davon aus, dass der niedersächsische Verfassungsschutz mit dem Verfassungsschutz des Bundes und den Sicherheitsorganen des Bundes grenzübergreifend europäisch und international überall da stärker zusammenarbeitet, wo verdeckte Ermittlung der einzige Weg ist, gegen Terrorismus vorzugehen.

Ein weiterer wichtiger Akzent, den ich unterstreichen möchte und der im Zusammenhang mit Haushaltskonsolidierung eine wichtige Rolle spielt, sind die Investitionen in neue Technologien. 175 Millionen Euro sind im laufenden Haushalt 2001 für Informations- und Kommunikationstechnik veranschlagt. Im Jahr 2002 werden es immerhin 185,7 Millionen, in 2003 168,4 Millionen Euro sein. Hieran wird deutlich, dass wir gewaltige Summen einsetzen, um die großen Projekte ressortübergreifender Vorhaben zu finanzieren. Die Stichworte sind „E-Government“, „Solum-Star“ für das elektronische Grundbuch, das Verarbeitungssystem „Mikado“, „Inpol“, wie gesagt, und „FISCUS“ für die Steuerverwaltung. Hinter diesen Investitionen steht die klare Erkenntnis, dass Technologie dort, wo sie für den Menschen in Bezug auf die Abwicklung von Verwaltungsaufgaben und Umsetzung von Politik ähnlich gemacht werden kann, eingesetzt werden muss. Dagegen - das muss so deutlich gesagt werden stehen Rationalisierungseffekte, Verstetigung und Steigerung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Aber diese Landesregierung hat den Moder

nisierungsprozess Schritt für Schritt vorangetrieben und setzt mit der Investition in die neue Technologie besondere Akzente in unterschiedlichen Bereichen unserer Verwaltung.

Der letzte Punkt, den ich beispielhaft ansprechen möchte, ist die Neuausrichtung des Verbraucherschutzes im Rahmen der Landwirtschaftspolitik dieser Landesregierung. Es ist gelungen, innerhalb kürzester Frist die wichtigen Weichenstellungen durch das Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium auf den Weg zu bringen. Wir haben nicht isoliert gehandelt. Wir haben in Abstimmung mit der Bundespolitik hier in Niedersachsen insbesondere mit der Errichtung des Landesamtes für Verbraucherschutz zum 1. Juli 2001 eine sehr wichtige Weiche gestellt. Wir werden mehr Geld als je zuvor ausgeben. 45 Millionen Euro werden gesteigert auf etwa 62 Millionen Euro in 2002, um die Maßnahmen, die mit der Einrichtung dieses Amtes verbunden sind, auch finanzieren zu können.

Meine Damen und Herren, ich habe viel über Investitionen geredet und möchte zu dem Begriff der Investitionen einiges ausführen, weil das meines Erachtens in der Diskussion zunehmend eine Rolle spielen wird. Die Haushalte werden Schritt für Schritt von klassischen Investitionen, die man gemeinhin in Steine, Beton und Großgeräte versteht, umstrukturiert. Investitionen sind nach unserem Verständnis zunehmend Investitionen in die Köpfe unserer Menschen, in das Wissen unserer Gesellschaft, in das so genannte Softwarepaket, das wir schnüren müssen, um unsere Gesellschaft für die Zukunft fit zu machen. Ich halte es deshalb für sehr wichtig, dass die Quotenfixierung, die in der Debatte häufig eine Rolle spielt, nicht in dieser Kantenform weitergeführt wird, sondern dass wir uns darauf verständigen, dass die Bildungsoffensive Investitionen in die Köpfe der jungen Leute, in die Zukunft der jungen Generation nach sich zieht. Diese Investitionen werden in der Statistik nicht erfasst. Lehrkräfte sind nach klassischem Verständnis keine Investitionen, kosten aber mehr Geld als mancher Baustein, mancher Betonklotz und manche Hardwareausrüstung bei den Computern.

Ich glaube, dass die Diskussion um Investitionen an der richtigen Stelle und im richtigen Umfang künftig eine wichtige Kennziffer sein wird, die in der Bewertung von Politik eine Rolle spielen wird. Ich darf das, weil häufig mit Ländervergleichen operiert wird, einmal deutlich machen, indem ich

Niedersachsen vergleiche. 1980 bis 1990, also in der Zeit des Ministerpräsidenten Albrecht, ist die klassische Investitionsquote um 3,6 Prozentpunkte gesunken. Von 1990 bis 2000 ist sie nur um 2,0 gesunken, von 1990 bis 2003 wird sie bei minus 2,8 einzuordnen sein. Trotzdem liegt sie immer noch bei 9,6 % in 2001 bzw. bei 9,7 % in 2002 und 9,6 % in 2003. Weil das immer noch eine Kennziffer ist, die draußen wahrgenommen wird, halte ich denn auch einen Vergleich mit anderen Bundesländern für notwendig. Immerhin hat Hessen, ein richtig reiches Bundesland, eine Investitionsquote von nur 7,9 % im Jahre 2000 darstellen können. Das macht deutlich: Die Investitionsquote ist eben nicht mehr die Kennziffer schlechthin für einen vernünftig durchstrukturierten Haushalt. Sie ist eine Kennziffer, aber nicht die ganz entscheidende.

Wir halten die Kreditfinanzierungsquote der Haushalte für entscheidend. Sie wird in den Haushaltsjahren dieser mittelfristigen Finanzplanung von 6,2 % auf 5,2 % sinken. Das ist eine gewaltige Absenkung. Ursprünglich hatten wir teilweise das doppelte an Kreditfinanzierungsquote. Es wird deutlich, dass sich Niedersachsen auf der einen Seite über die Investitionsquote gut positioniert hat und in der Kreditfinanzierungsquote völlig auf dem richtigen Weg ist. Trotzdem bleibt auf der anderen Seite zusammenzufassen, dass wir im Bereich der klassischen Investitionen mit jeweils 4,2 Milliarden DM in den Haushalten 2002 und 2003 erhebliche Summen in die heimische Wirtschaft, insbesondere in die Bauwirtschaft, lenken.

Meine Damen und Herren, ich meine, dass die Diskussionen um die Investitionen ehrlich geführt werden müssen. Hier wird auch klar, dass man die Realitäten nicht außer Acht lassen darf. Wir haben in den letzten drei Jahren erheblichen Anteil an der Reformpolitik gehabt, welche die Bundesregierung durchgesetzt hat; und die hatte ihren Preis. Ich will nicht ausführlich über die 1,8 Milliarden DM diskutieren, die uns die Steuerreform gekostet hat. Aber eines muss gesagt werden: Es wird immer suggeriert, die Steuereinnahmen sprudelten, und die Steuereinnahmen des Landes seien gewissermaßen unübersehbar.

Tatsache ist aber, dass wir erst 2003 wieder das Niveau des Jahres 2000 erreichen werden. Bis dahin leidet der Landeshaushalt ganz eindeutig unter den Steuermindereinnahmen aus der Steuerreformpolitik. Deshalb muss man deutlich sagen, dass die Überlegungen, die Steuerreform für das Jahr 2005 auf die Jahre 2002 oder 2003 vorzuzie

hen, völlig illusorisch sind. Das würde den Landeshaushalt um die 2 Milliarden DM kosten. Das ist überhaupt nicht darstellbar unter den Rahmenbedingungen, die wir gegenwärtig zu bewältigen haben.

Wir haben unter den schwierigen Bedingungen auch die Rücklage von 870 Millionen DM im Haushalt 2001 einsetzen müssen. Wir haben die Entnahme aus dem Sondervermögen einsetzen müssen. Wir haben das Gesellschafterdarlehen der HanBG aufgelöst. Wir haben im Personalhaushalt schwierige Entscheidungen bei den Prämien und Zulagen, bei der Beihilfe und dem Stellenplan zu treffen gehabt.

Meine Damen und Herren, die Ausgabenblöcke sind gleichzeitig weiter gestiegen. Das gilt für die allgemeine Kostenentwicklung im Rahmen der Preissteigerung, das gilt beim Personal durch die Tariferhöhungen. Das sind 135 Millionen Euro und 157 Millionen Euro jährlich an Zuwachs. Das gilt ebenfalls für die Zinsausgaben, die natürlich auch in Zeiten wie diesen wachsen.

Deshalb haben wir Anfang des Jahres eine Haushaltssperre erlassen, die stark bekämpft worden ist. Inzwischen ist wohl deutlich, dass es ein richtiger Schritt war, um zu einem Zeitpunkt gegenzusteuern, als erkennbar war, dass wir konjunkturell, beschäftigungspolitisch, aber auch haushaltspolitisch in Probleme geraten würden. 23 Milliarden Euro Mindereinnahmen infolge der Steuerentlastung, 32 Milliarden Euro bei Endausbau der Steuerreform, das sind Größenordnungen, die verkraftet sein wollen.

Wir haben bei den anstehenden Steuerrechtsänderungen einige Alternativen auf dem Tisch. Ich werde es mir angesichts meiner Eingangsbemerkung verkneifen, zu dem Stellung zu nehmen, was am neuen Steuersystem zu dem Stufensystem gesagt worden ist, was es für Folgen hätte, wenn man den halben Mehrwertsteuersatz nicht nur bei Baumaßnahmen, sondern auch bei Arzneimitteln umsetzte. Viele Formen der Subventionen sind genannt worden, um die Konjunktur während der Krise zu beleben. Ich sage: Wer diese Vorschläge aus dem Ärmel schüttelt, hat wieder einmal Patentrezepte, die unter dem Strich in erster Linie dazu führen, dass die Haushaltsprobleme insbesondere in Ländern und Kommunen noch größer werden.

Tatsache ist, dass wir in Niedersachsen angesichts der schwierigen Situation unseres Haushaltes kon

sequent die Konsolidierung vorangetrieben haben und auch die Verschuldung im Rahmen des Möglichen zurückführen wollen. Wort gehalten haben wir bei dem Abbau und bei der Ausfinanzierung der EXPO-Defizite; wir werden sie anfangs in den Jahren 2002 und 2003 mit 5 % und mit 11,25 % in den Folgejahren tilgen. Die gesamte EXPO-Last, die auf dem Haushalt liegt, ist in zehn Jahren abfinanziert.

Hinweisen muss ich auf das Risiko, unter dem der Landeshaushalt durch den Prozess mit der BEB steht. Sie wissen, dass wir in der alten Zeit, als der Förderzins und die Förderabgabe in Regierungszeiten von Dr. Ernst Albrecht sprudelten, über 10 Milliarden DM Nettoeinnahmen zusätzlich bekommen haben. Wir stehen heute vor der Situation, dass nicht auszuschließen ist - wir hoffen das nicht und kämpfen dagegen -, dass wir den anhängigen Prozess verlieren. Es geht um eine Größenordnung von 2,5 Milliarden DM, die im Raum stehen. Wir haben das Revisionsverfahren angestrengt, weil wir glauben, wir haben gute Argumente, dass dieser Prozess zu unseren Gunsten laufen muss. Wenn es anders kommt, müssen wir gegen diese Größenordnungen gewappnet sein.

Der Länderfinanzausgleich, meine Damen und Herren, ist lange diskutiert worden. Wir haben hart verhandelt. Wir werden ab 2005 300 Millionen mehr in der Kasse haben.

Wir haben über den kommunalen Finanzausgleich vor dem Staatsgerichtshof verhandeln müssen, weil auch die CDU geklagt hat. Ich sage das ohne Häme. Wir haben uns mit unseren Positionen durchgesetzt. Die Legende, 500 Millionen DM für die Kommunen, ist endgültig vom Tisch. Der Staatsgerichtshof hat diesen Vorstoß der CDU-Landtagsfraktion ad absurdum geführt.

Die Steuerverbundquote - das ist unsere Antwort auf einen fairen Umgang mit den Kommunen bleibt bei 17,01 %. Der KFA wird um 2,1 % auf 2 767 Millionen Euro in 2002 und um 2,6 % auf 2 838 Millionen Euro in 2003 steigen. Das sind unsere Zahlen, die wir den Kommunen für ein faires Miteinander auch in der Konsolidierungspolitik anbieten können. Wir wissen, dass die kommunalen Haushalte nicht überall in Ordnung sind. Deshalb werden wir den Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden weiterführen. Wir haben gute Erfahrungen mit dem Quotalen System gemacht. Es geht um Kostendämpfung. Es geht um Überprüfung der Aufgaben. Mit der Aufgabenkri

tik kann auch die Ausgabensituation beeinflusst werden.

Meine Damen und Herren, wir brauchen Ehrlichkeit in der Auseinandersetzung um den Abbau der Neuverschuldung. Da spielt eine wichtige Rolle in der Debatte, wie sich Niedersachsen in den letzten Jahren entwickelt hat. Es ist nicht zu verschweigen und auch nicht wegzudiskutieren, dass wir seit 1990 700 000 Einwohner mehr in Niedersachsen haben. Die Einwohnerzahl ist von 7,2 Millionen auf gut 7,9 Millionen Menschen gewachsen - mit all den Anforderungen an Infrastruktur, Unterricht und vielen Dingen mehr.

Trotzdem hat diese Landesregierung den Haushaltsplan massiv konsolidiert. Wir nennen das Eindampfen der Ausgaben. Wir haben inzwischen die drittniedrigste Steigerung bei den bereinigten Ausgaben aller Flächenländer. Wir haben uns verpflichtet, diesen Kurs in der Mipla fortzusetzen. Es wird deutlich, dass wir den Vorschlag und die Vorgaben des Finanzplanungsrates, die Steigerungsquote auf 2 % zu beschränken, auch einhalten werden.

Der größte Teil unserer Ausgaben wird durch das Personal gebunden. 37 %, rund 8,3 Milliarden Euro, geben wir für Personal aus - für die Aktiven, für die Versorgungslasten, für die Beihilfe und die eine oder andere kleinere Summe.

Dem haben wir ein ehrgeiziges Stellenabbauprogramm gegenübergestellt, das immer wieder diskutiert worden ist. Ich sage noch einmal die Fixdaten - sie sind inzwischen im Haushalt festgeschrieben, und wir haben unsere Ziele erreicht -: Wir haben in einer ersten Runde 7 072 Stelleneinsparungen realisiert. Wir werden 5 527 Stellen nachschalten, sodass wir am Schluss dieser Aktion 12 234 Stellen aus dem Haushalt herausnehmen werden.

Die Wahrheit gebietet es, zu sagen, dass wir an anderer Stelle des Haushaltes Personal aufbauen, z. B. in den Schulen. Der Saldo wird also anders aussehen. Aber die Herausnahme von 12 234 Stellen bei Zielvereinbarung und Aufgabenkritik macht auch deutlich, dass wir jetzt an der Grenze dessen angekommen sind, was in allgemeinen Verwaltungsbereichen leistbar ist. Das bestätigt auch der Präsident des Landesrechnungshofes. Wer mehr will, muss sich mit uns in die Diskussion einlassen, wie wir angesichts der Aufgaben, die

wir damit verbinden, die großen Personalblöcke künftig strukturieren.

Meine Damen und Herren, das Startsignal für die Absenkung der Neuverschuldung ist gegeben. Voraussetzung dafür, dass wir bei diesem Themenkomplex voranschreiten, ist der Primärsaldo, also der Vergleich zwischen Einnahmen und Ausgaben, ohne die Folgen der Verschuldung einzurechnen. Das macht deutlich, dass wir inzwischen einen in der Substanz gesunden Haushalt haben und dass das große Problem für uns die Abdeckung des Kapitalmarktes mit den erheblichen Zinslasten ist.

Der Abbau der Neuverschuldung, den wir vorantreiben werden, geht in kleinen Schritten, aber dafür ehrlich vonstatten. 50 Millionen Euro pro Jahr in den nächsten Jahren sind eine Perspektive, die gegen die Stagnation und das Abfallen der Einnahmeseite organisiert werden muss. Dieser ehrliche Weg, den wir für richtig halten, wird inzwischen auch bestätigt durch andere Bundesländer und Dritte, die gemeint haben, sie könnten durch Fixdaten, gewissermaßen durch Zauberei, die Neuverschuldung auf Null setzen. Die Realität sieht häufig anders aus.

Das musste auch Walther Leisler Kiep 1976 erkennen. Wir haben mal in die Archive geguckt. Er hatte angekündigt, er würde die Schuldenaufnahme in drei Jahren halbieren. Das war sein Ziel. Statt bei den anvisierten 1,5 Milliarden DM ist er bei 2,5 Milliarden DM gelandet. Die Gesamtbilanz der Regierungszeit von Albrecht ist bekannt: Die Nettokreditaufnahme wurde nicht gesenkt, sie ist von rund 7,5 Milliarden DM auf 40 Milliarden DM gewachsen.

Die Realität erzwingt eben auch bei der Nettokreditaufnahme Ehrlichkeit und konsequentes Handeln. Wir haben die Nettokreditaufnahme über längere Zeiten konstant gehalten, trotz wachsender Ausgaben. Wir haben die Kreditfinanzierungsquote, wie gesagt, in drei Schritten von 9,5 % unter Albrecht auf 7,49 % in der Dekade, die vom Bundeskanzler und damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder geprägt worden ist, gesenkt, und wir werden, wie ich vorhin schon sagte, auf unter 6 % sinken, wenn wir unseren Kurs so umsetzen.

Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegt Niedersachsen nach den finanzstarken Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen inzwischen auf einem guten Platz, und der

Vorsprung der so genannten Reichen wird immer geringer. Das hat etwas damit zu tun, dass wir unsere Konsolidierungspolitik über mehrere Jahre konsequent durchgehalten haben. Das wird auch honoriert durch Aussagen des Instituts der Deutschen Wirtschaft und der Bertelsmann-Stiftung. Es zeigt sich, dass auch Dritte, die sich durch Sachverstand auszeichnen und als Experten gelten können, inzwischen unsere Politik verstanden haben.

Ein ganz wichtiger Aspekt unserer Haushaltspolitik bezieht sich nicht nur direkt auf die niedersächsischen Maßnahmen, sondern ist der Versuch, in Deutschland überall da Politik zu beeinflussen, wo niedersächsische Interesse im Spiel sind, aber auch die Interessen der Kommunen. Ich zähle stichwortartig die Steuerreform, die Auseinandersetzung um den Länderfinanzausgleich auf. Wir haben gekämpft um den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Landesbanken und Sparkassen und die Möglichkeiten, sie weiter zu entwickeln. Zurzeit wird die Frage der Zusatzversorgung diskutiert. Ich bin Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite. Wir sind dabei, die Landeszentralbanken neu zu strukturieren. Es ist uns durch aktive Intervention gelungen, den Standort Hannover als einen der wichtigen Standorte in Deutschland zu garantieren. Und wir sind dabei, die so genannte Huckepack-Anleihe, also die gemeinsame Kreditaufnahme von Ländern und vom Bund, voranzutreiben – ein sehr dickes Brett, das gebohrt werden muss, weil der Bundesfinanzminister uns in unserer Argumentation nicht folgt. Wir sind – das muss man sagen – mittelbar Betroffene bei der Sanierung der Bankgesellschaft Berlin – aus eigenem Interesse, aber auch im Interesse des Bankenplatzes Deutschland insgesamt.

Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass wichtige Entscheidungen in Europa und in Deutschland wesentlichen Einfluss auf unsere Haushaltsstruktur haben. Die Niedersachsen können stolz darauf sein, dass der Ministerpräsident inzwischen eine echte Währung ist, wenn es um Weichenstellungen in der Politik geht. Das ist nicht immer so gewesen bei Vertretern anderer Parteien in diesem Haus. Viele Dinge - ob es die Steuerreform gewesen ist und die Durchsetzung von mittelständischen Interessen oder ob es die Frage des Kindergeldes gewesen ist oder die Zweidrittel-Beteiligung des Bundes bei der EXPO - sind auf seine hartnäckige Verhandlungsführung zurückzuführen. Das hat richtig Geld für den Landeshaushalt gebracht und zahlt sich auch auf Dauer aus.