Wir fordern seit langem die verbesserte Videoüberwachung, das Aufbewahren von Videoaufnahmen. Ein entsprechender Antrag der CDU stammt vom Juni 2001, ist nur wenige Monate alt. Da kann man nicht mit Amnesie, Gedächtnisschwund kommen. Das wissen wir alle noch. Seinerzeit ist an dieser Stelle gesagt worden, die CDU wolle den Orwell‘schen Überwachungsstaat, nur weil wir an bestimmten Stellen bestimmte Videoaufnahmen durchführen wollen. Seit längerem fordern wir die Ausweisung von kriminellen und extremistischen Ausländern. Eine Verschärfung des Ausländerrechts ist immer an der SPD gescheitert. Wir wurden immer wieder in die Nähe der Ausländerfeindlichkeit gerückt. Es ist schön, dass die Regierung jetzt unseren Vorschlägen hinterher hechelt. Aber auch dabei gilt: Lassen Sie uns das mit der notwendigen Sachlichkeit tun.
Ich sehe mit großer Sorge, dass wir seit Jahren eine Politik betreiben, die zwischen dem Handeln und den Sprüchen über die Bild am Sonntag und andere Organe eine immer größere Lücke offenbar werden lässt. Es gab schließlich den Satz „Kriminelle Ausländer raus, aber schnell!“ des heutigen Bundeskanzlers. Passiert ist in dem Bereich nichts, außer der Ablehnung der wesentlichen Anträge der CDU-Fraktion, z. B. die Möglichkeit der Ausweisung, wenn jemand eine einjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, und nicht erst bei einer dreijährigen Freiheitsstrafe. Sie aber haben das nicht gewollt und haben einen Kompromiss von zwei Jahren ausgehandelt. Das heißt, da, wo Sie es könnten, handeln Sie nicht, und da, wo Sie reden, reden Sie sehr machtvoll, aber das bleiben hohle Wörter, wenn man nicht entsprechend handelt.
Der Satz „Sexualstraftäter, die kleine Mädchen unter schrecklichsten Umständen umbringen,“ - das ist eines der emotionalsten Themen unseres Landes - „gehörten hinter Schloss und Riegel, gegebenenfalls bis ans Ende ihres Lebens weggeschlossen“ ist eine Äußerung des deutschen Bun
deskanzlers. Aber heute Nachmittag lehnen Sie das ab, was Baden-Württemberg und andere Bundesländer längst beschlossen haben, nämlich gegebenenfalls im Falle auffälliger Täter, die nicht therapierbar sind, die Möglichkeit zu eröffnen, sie ein Leben lang wegschließen zu können. Die Differenz zwischen dem, was Sie tun, und dem, was Sie sagen, ist unerträglich groß. Das werfen wir Ihnen hier vor.
Selbst die Hannoversche Allgemeine Zeitung hat am 2. Oktober geschrieben, es sei ein schwaches und erbärmliches Signal, was sich Niedersachsen an dieser Stelle leiste.
Die Landesregierung und die SPD-Fraktion vertreten vielfach das glatte Gegenteil dessen, wofür sie stets gestanden haben, und versuchen, uns in die rechtsextreme Ecke zu stellen. Dies muss für die Zukunft Auswirkungen auf den Umgang der Fraktionen miteinander im positiven Sinne haben, dass man einfach überlegt, ob man mit denen, die möglicherweise früher die besseren Vorschläge hatten, nicht besser umgehen sollte.
Die Anschläge vom 11. September sind maßgeblich in Deutschland geplant und vorbereitet worden. Wenn Terroristen Deutschland als Ruheraum und sogar als Vorbereitungsraum betrachten, macht dies in aller Klarheit den Handlungsbedarf im Bereich der inneren Sicherheit deutlich. Deshalb haben wir uns auch für eine bessere Ausrüstung, für hoch qualifiziertes Personal und Know-how ausgesprochen, und das muss auch entsprechend finanziert werden. Wir brauchen 1 000 zusätzliche Stellen bei der Polizei. Dennoch würden wir keine Chance haben, hinsichtlich der Polizeidichte den letzten Platz in Deutschland zu verlassen. Selbst wenn das alles umgesetzt würde, wären wir hinsichtlich der Polizeidichte immer noch Schlusslicht. Das Programm der Schaffung von 500 zusätzlichen Polizeistellen ist bereits letztes Mal als Mogelpackung mit gerade einmal 118 neuen Stellen entlarvt worden.
Wir werden selbstverständlich auch Anträge zum Haushalt stellen. Darüber reden wir bei der Verabschiedung des Haushalts. Wir stellen heute und am Freitag weitere Anträge zur inneren Sicherheit, zu einem rundum gelungenen Gefahrenabwehrgesetz, das es bei uns nach wie vor nicht gibt. Denn wir
möchten auch die Einrichtung von Kontrollstellen, das Betreten von Wohnungen, den Einsatz technischer Mittel zur Aufklärung von Vorgängen in Wohnungen, die Datenübermittlung wie auch ein sehr sensibles Instrument, nämlich den finalen Rettungsschuss, ermöglichen. Auch dieser ist bereits in vielen Polizeigesetzen anderer Länder geregelt. Natürlich haben wir alle die Hoffnung, dass es niemals dazu kommt, dass der finale Rettungsschuss eingesetzt werden muss. Aber schon das Vorhandensein hat die Folge, dass eine Abschreckungswirkung erzielt wird und dass die Polizeibeamten, die in eine solche Situation gelangen, nicht auf den Weg des Zivilrechts verwiesen werden, sondern dass ihnen der Schutz des Staates dadurch gewährt wird, dass dies im Polizeigesetz geregelt ist.
Wenn sich ein zu allem entschlossener Täter, der sein eigenes Leben einsetzen will, um dieses Leben zusammen mit anderen, unschuldigen Leben in den Tod zu führen,
(Frau Pothmer [GRÜNE]: Der lässt sich durch einen finalen Rettungs- schuss nicht abhalten! - Frau Harms [GRÜNE]: Das lässt sich durch den finalen Rettungsschuss nicht ändern!)
in einer bestimmten Situation mit chemischen oder biologischen Waffen an bestimmten Orten befindet, dann muss es auch in Niedersachsen möglich sein, dass dieses Instrument geregelt worden ist. Denn es kann nicht angehen, dass der Datenschutz in 20 komplizierten Absätzen geregelt ist, während der schärfste Eingriff, der einem Polizeibeamten möglich ist - nämlich der Schusswaffengebrauch nicht geregelt ist. Das ist - auch gegenüber den Polizeibeamten in unserem Land - unerträglich.
Wir erwarten auch, dass die Vorschläge Bayerns im Bundesrat in der Frage der Ausweisung und der Abschiebung umgesetzt werden. Wer mit dem
Terror sympathisiert, hat in unserem Land keinen Platz. Alle müssen sich an die Hausordnung halten. Das ist das Grundgesetz; das sind die Grundfreiheiten.
- Nein, Herr Stoiber hat mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Niedersachsen angekündigt hat, mitzuziehen. Allerdings ist im Bundesrat inzwischen schon etwas Verwunderung über Niedersachsen entstanden, weil meistens etwas angekündigt wird und die Abstimmung - wenn ich z. B. an die Legehennenverordnung denke - später genau anders herum ausfällt.
Im Übrigen ist es auch zulässig, auf gute, in die richtige Richtung fahrende Züge aufzuspringen. Darüber freuen wir uns auch. Aber man muss dann auch sitzen bleiben und sollte nicht hinterher so tun, als hätte man den Zug in Fahrt gebracht. Darum geht es uns.
Sicherheit im Bereich des Ausländer- und Asylrechts - auch die Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus in diesem Bereich - war für uns immer wichtig, weil wir wissen, dass die Menschen anderer Nationalität, die bei uns leben, genau dasselbe Interesse haben, dass Terrorismus und Kriminalität bekämpft werden. Deshalb werden wir mit allen bei uns lebenden Ausländern jeden Generalverdacht und jedes Vorurteil verhindern und dem entschieden entgegentreten.
Es ist von großer Wichtigkeit, die Maßnahmen zur Förderung von Integration zu verstärken und die hier lebenden Ausländer in die Terrorismusbekämpfung einzubinden.
Wir haben bereits im Januar 1999 als erste Partei in Deutschland ein umfassendes, detailgenaues Integrationsprogramm vorgelegt, welches beispielsweise auch den bereits angesprochenen islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache und unter staatlicher Verantwortung beinhaltet. Leider ist hierzu in Niedersachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bisher nichts vorangekommen.
Wir betreiben auch den Dialog der Kulturen. Ich möchte mich dagegen wehren, dass hier der Eindruck erweckt wird, das ginge jetzt erst los. Es gibt den Dialog bereits an sehr vielen Stellen. In meinem eigenen CDU-Kreisverband in Osnabrück gibt es seit Jahren deutsch-türkische Familienfeiern auf gegenseitige Einladung. Zuletzt haben wir dort am 19. August erstmals ein in der christlich-jüdischen und islamischen Zusammenarbeit entwickeltes Friedensgebet gesprochen. Es ist weit vor den terroristischen Anschlägen die eine oder andere Veranstaltung - beispielsweise am kommenden Montag mit Professor Bassam Tibi aus Göttingen gerade über die Frage der europäischen Leitkultur oder den Unterschied zwischen Islam und Islamismus geplant worden.
Wir täten manchmal gut daran, mehr über das zu reden, was wir tun, als immer wieder den Anschein zu erwecken, aktionistisch anzukündigen, was wir tun würden. Das wirkt wesentlich unglaubwürdiger, als darzustellen, was wir in welchen Bereichen tun.
Bei der Zuwanderungsdebatte muss nicht nur gesteuert und begrenzt werden, sondern es muss vor allem ein Schwerpunkt auf die Integration, das Erlernen der deutschen Sprache und das Akzeptieren des Grundgesetzes gesetzt werden. Wir haben in diesem Hause zwei Anträge - im Jahre 2000 und im Januar 2001 – mit der Forderung nach einem Gesetz zur Förderung von Integration auf der Grundlage des „Holländischen Modells“ eingebracht. In Holland ist die Integration sehr viel besser vorangegangen; das Modell funktioniert dort. Die einen sind bereit, Aufnahme in die Kultur zu finden; die anderen sind bereit, dafür etwas zu bieten wie Ausbildungshilfen und Sprachförderung. Die SPD-Fraktion aber hat beide Anträge im Landtag mit fadenscheinigen und nicht nachvollziehbaren Begründungen abgelehnt. Dann zweifelt man eben an dem Wunsch und dem Willen, ein Integrationskonzept mit jeweiligem Respekt vor den Wurzeln der jeweils anderen Kultur und natürlich mit der notwendigen Zurückhaltung bei der Integration umzusetzen.
Ein unverbundenes Nebeneinander führt aber zur Bildung von Parallelgesellschaften. Diesen Satz habe ich in der Diskussion über die doppelte Staatsbürgerschaft geäußert. Daraufhin gab es im Plenarsaal ein Tohuwabohu: „Was ist denn das?“ „Was soll denn das?“ - „Das ist ja Ausgrenzung!“ Das können Sie nachlesen. Es ist ja gut, dass alles protokolliert wird. - Heute besteht zwischen uns
Konsens. Es ist doch ein großer Erfolg, Herr Inselmann, dass wir alle und nicht nur einzelne unter uns es verstanden haben, dass es Parallelgesellschaften als zukunftsfähiges Konzept nicht geben kann, sondern dass es erforderlich ist, miteinander leben zu wollen.
Es ist ein großer Gewinn, dass wir begreifen, dass wir miteinander und nicht nebeneinander, aneinander vorbei oder gar gegeneinander leben wollen und dass zwischen uns über die Leitkultur Konsens besteht bzw. darüber, dass wir eine Leitkultur brauchen - Herr Gabriel hat den Begriff eben verwandt.
- Er hat gesagt: Wir brauchen eine Leitkultur. Für ihn sind das die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes.
Dann bin ich einverstanden, mich darauf zu verständigen. Wir sind schließlich kompromissbereit. Wir haben eine Leitkultur und erwarten, dass sich alle an diese Leitkultur halten.
Wer Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit anderen nicht gewähren will, nur für sich in Anspruch nehmen will, der hat seine Grundfreiheiten verwirkt, der hat hier auch nichts zu suchen. Wer Artikel 3 – „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ - nicht akzeptieren will, der muss dort bleiben, wo der Pfeffer wächst. Das ist die Botschaft, die daraus entsteht.
- Wenn man sagt, eine Leitkultur ist in Deutschland vorhanden - die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes -, dann muss es eben für alle Deutschen wie für die Ausländer bei uns gelten.
Frau Harms, wenigstens in der Frage der Frauengleichstellung sollten wir gerade vor dem Hintergrund der Situation in Afghanistan einer Meinung sein.
Wir haben uns immer dafür ausgesprochen, eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz zu machen. Wir haben uns bei der Visumerteilung für ein Verfahren mit Fingerabdruck ausgesprochen. Es ist geradezu unverständlich, dass Niedersachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bisher keine Regelanfrage vor Einbürgerungen durchgeführt hat. Dies hat in der Praxis ein großes Sicherheitsrisiko dargestellt. Bayern hat seit 1998 aufgrund dieser Regelanfrage 200 ausländische Extremisten nicht eingebürgert.