Protokoll der Sitzung vom 26.10.2001

eigentlich keinen grundsätzlichen Streit. Es stellt sich nur die Frage, ob wir ihn verstetigen.

Auch Ministerpräsident Gabriel hat vor einigen Monaten nach einem Gespräch mit den Vertretern der Kreistagsfraktion versucht, dieses Problem bei der Bundesregierung zu lösen. Die ist natürlich hartleibig. Deswegen bitte ich darum, dass der Landtag diese Bemühungen verstärkt und dass wir dabei gemeinsam vorgehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf eines aufmerksam machen: Wir in der Region haben vor etwa 20 Jahren, nachdem Umweltminister Töpfer sein Amt angetreten hat, schon einmal versucht, dieses Problem auf steuerpolitische Art und Weise zu lösen. Dort, wo Energie erzeugt wird und Kapital für diese Anlagen vorhanden ist, werden ja Steuern verdient. Wir haben große Rücklagen für Entsorgungsstandorte. Das war aber über die Gewerbesteuer nicht lösbar, weil es in unser normales Steuersystem eingebrochen wäre. Deswegen geht es nur über den Bund/LänderFinanzausgleich. Wir müssen auch sehen, dass das letztendlich eine Kreislaufwirtschaft ist.

Meine Damen und Herren, seit etwa zwei Jahren sind alle Fraktionen im Landkreis - das haben wir auch mit Ministerpräsident Gabriel besprochen für solche Leistungen - in welcher Form auch immer, ob als Entwicklungsfonds oder so, wie es die Grünen gerne haben wollen. Ich bin der Meinung, dass es über den normalen Finanzausgleich besser läuft, weil es dann nicht zu einem politischen Streit kommen kann. Ich möchte auch kurz begründen, warum das meiner Meinung nach notwendig ist. Diese Anlagen sind oberzentrale Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Oberzentrale Einrichtungen werden - ob beim Bund/Länder-Finanzausgleich oder beim kommunalen Finanzausgleich - besonders bewertet. Wir erwarten nichts weiter, als dass anerkannt wird, dass das oberzentrale Einrichtungen sind. Wer wird das bestreiten? Denn wo gibt es noch Versuchsendlager? Wo gibt es noch ein Zwischenlager für Glaskokillen in Deutschland? - Nirgendwo! Die arbeiten ohne Steuergewinn. Also müssen sie von allen, vom Bund und von den Ländern, getragen werden. Dafür gibt es auch die Möglichkeit.

Deswegen begehren wir, dass wir dieses Thema im Ausschuss, aber auch mit der Landesregierung ganz genau erörtern. Meines Erachtens gibt es im Bund/Länder-Finanzausgleich - unsere Vorbereitungen haben das ergeben - diese Möglichkeiten.

Wir haben das Maßstäbegesetz. Nach diesem Gesetz ist das möglich. Wir müssen das aber rechtlich genau prüfen. Dabei muss die Landesregierung dem Landtag auch helfen; denn sie hat in den Ministerien den Apparat dazu. Das begehren wir.

Ich möchte nun zum Abschluss kommen, weil Sie sicherlich bald in die Mittagspause eintreten wollen.

(Adam [SPD]: Und nach Hause!)

- Wir sind Landtagsabgeordnete. Deswegen ist es unser Job, hier zu tagen.

(Adam [SPD]: Ehrlich?)

- Aber selbstverständlich!

Ich komme jetzt zu dem zweiten Begehren der Regionen. Weil wir oberzentrale Einrichtungen haben, wünschen wir, dass dies im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt wird. Er kann ja zum Teil aus dem Bund/Länder-Finanzausgleich gespeist werden, wenn das nicht zulasten der anderen Kommunen gehen soll. Ich glaube, dass wir nur so die Chance haben, diese schwierigen Probleme zu lösen.

Im Übrigen ist das auch ein Problem für das Land Niedersachsen. Denn in den früheren Rahmenvereinbarungen waren auch Summen im Rahmen von Bundesergänzungszuweisungen des Bundes angesetzt, die die besonderen Belastungen des Landes Niedersachsen berücksichtigt haben. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, das ich auch erklären möchte. In der vorigen Woche hat es einen Nachtragshaushalt im Kreistag gegeben. Für Veröffentlichungen war darin eine Summe in Höhe von 85 000 DM veranschlagt. Ich habe das gar nicht gewusst. Meine Damen und Herren, die Bezirksregierung veröffentlicht für den CASTOR-Transport die Verfügung, auf welchen Straßen demonstriert werden darf und auf welchen nicht, in den Zeitungen in Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg. Wissen Sie, wer das bezahlt? - Der Landkreis Lüchow-Dannenberg! Und zwar 85 000 DM für einen CASTOR-Transport! Vor dem Hintergrund, dass wir eine oberzentrale Einrichtung haben, frage ich Sie: Ist es eigentlich unsere Aufgabe, solche Summen aus unserem schmalen Finanzausgleich und aus unserem geringen Steueraufkommen zu bezahlen? - Das ist doch völlig unmöglich. In unserem Rechtssystem ist das aber so. Daher bitte ich Sie, das zu ändern.

Wir haben diesen Antrag natürlich eingehend vorbereitet. Wir haben einen ähnlichen Antrag auf dem Landesparteitag eingebracht, der auch angenommen worden ist. Wir werden einen ähnlichen Antrag auch auf dem Bundesparteitag in Dresden einbringen. Ich gehe davon aus, dass er vom Bundesparteitag verabschiedet wird. Ferner werden wir - ich glaube, wir schaffen es; die Vorgespräche sind geführt worden - einen ähnlichen Antrag in den Deutschen Bundestag einbringen. Denn wir müssen dieses Problem lösen, weil das auch gegenüber den Regionen fair wäre.

Ich bitte Sie, in den Ausschüssen offen darüber zu diskutieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen, sodass die Landesregierung im Rahmen des Bund/Länder-Finanzausgleichs diese Anträge stellen kann und das im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt wird.

Ich will das nicht als Drohung sagen, aber ich sage es zum Schluss doch:

(Zurufe)

- Man muss doch offen sein. Ich meine das ernst. Die Region kann nicht gegenüber der Bundesregierung tätig werden. Aber wenn wir nicht zu einvernehmlichen Lösungen kommen sollten, werden wir prüfen, ob wir gegen den kommunalen Finanzausgleich des Landes Eingaben machen, um die Frage zu klären, ob uns als oberzentrale Einrichtungen das nicht zusteht.

Ich möchte, dass das im Landtag politisch gelöst wird. Wenn das nicht gelingen sollte, werden wir das prüfen müssen. Das ist gar keine Frage. Nach den Urteilen, die in Bückeburg zu oberzentralen Einrichtungen wie Hochschulen getroffen worden sind, glaube ich nicht - das sage ich zum Schluss -, dass dieses Vorhaben chancenlos wäre.

Ich wünsche mir eine gute Beratung im Ausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Dehde, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Wojahn zwingt mich zu drei Vorbemerkungen.

Erstens. Ich bestreite, dass vor 20 Jahren irgendjemand die Entwicklungen in der Atompolitik und ihre Auswirkungen auf den Standort Gorleben so hat voraussehen können, wie Sie das eben dargestellt haben. Das war mit ziemlicher Sicherheit nicht möglich.

Zweitens. Ich bestreite ausdrücklich, dass der von Ihnen vorgelegte Antrag etwas mit dem zu tun hat, was im Lüchow-Dannenberger Kreistag diskutiert und beschlossen worden ist.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Drittens. Angesichts Ihrer Schilderungen von Anträgen, die Sie auf Parteitagen einbringen wollen, stellt sich mir selbstverständlich die Frage, warum Sie nicht bis 1998 entsprechende Parteitagsbeschlüsse herbeigeführt haben. Damals hatte Ihre Bundesregierung die allerbesten Möglichkeiten, die Forderungen umzusetzen, die Sie jetzt hier erheben.

(Wojahn [CDU]: Weil wir eine Ver- einbarung hatten!)

Meine Damen und Herren, ohne Frage ist klar, dass nukleare Entsorgungsanlagen Nachteile mit sich bringen. Ich freue mich insofern, dass auch die Christdemokraten diese Tatsache endlich anerkennen. Das war nämlich lange Jahre nicht der Fall. Nachteile entstehen schon alleine durch die bloße Existenz solcher Anlagen. Auch das ist unstrittig. Auch die Situation, dass Landwirte um die Vermarktung ihrer Produkte fürchten, ist Ihnen hinreichend bekannt. Zumindest das Landvolk LüchowDannenberg hat Papiere vorgelegt, aus denen ganz deutlich hervorgeht, wie stark man sich aufgrund der bloßen Existenz dieser atomaren Entsorgungsanlagen Sorgen macht, dass dadurch die Vermarktung von Produkten aus Lüchow-Dannenberg stark eingeschränkt werden könnte. Auch Lösungskonzepte dazu hat das Landvolk vorgelegt. Es ist auch klar, dass sich touristische Betriebe Sorgen um ihre Marktchancen machen. Letztlich haben auch die leider viel zu wenigen Industriebetriebe in Lüchow-Dannenberg ihre Sorgen um direkte Auswirkungen immer wieder zum Ausdruck gebracht. Auch im Zusammenhang mit den

CASTOR-Transporten entstehen den betroffenen Regionen und dem Land Niedersachsen erhebliche Nachteile. Das dürfte gar keine Frage sein.

Die Feststellung, dass alle diese Nachteile auch ganz stark finanzieller Natur sind, dürfte auf Konsens hier in diesem Hause stoßen. Auch das dürfte keine Frage sein. Insofern könnte man möglicherweise sogar eine Übereinstimmung mit dem Grundgedanken dieses Antrages postulieren, was die Frage der Nachteile angeht.

Schwierig wird es allerdings dann, wenn die CDU meint, mit einem Nachteilsausgleich für Gorleben und gegebenenfalls auch für Schacht Konrad die politische Akzeptanz dieser Anlagen erhöhen zu können. Das suggeriert Ihr Antrag. Für mich und für meine Fraktion steht jedenfalls fest, dass es in diesem Zusammenhang sicherlich keine politische Akzeptanz geben wird. Es gibt sie überhaupt nicht. Schon allein deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Ich kann jetzt an dieser Stelle schwer abschätzen, inwieweit Salzgitter schon heute beschwert ist. Das will ich nicht beurteilen. Ich staune auch ein bisschen darüber, dass die Standorte Gorleben und Salzgitter jedenfalls sozusagen auf eine Ebene gestellt werden. Zumindest für den Standort Gorleben muss das fehlgehen. Denn Gorleben ist - das weiß Herr Wojahn auch sehr gut - eine der ganz wenigen Kommunen in der Region, die finanziell sehr gut dasteht.

(Zuruf von Frau Zachow [CDU])

- Frau Zachow, ich kann Ihnen auch sagen, warum Gorleben das Geld bekommt: Gorleben bekommt dieses Geld auf der Grundlage privatwirtschaftlicher Vereinbarungen mit den Betreibern. In allen Verträgen findet sich aber immer als Kernsatz: Wir begrüßen und fördern diese Anlagen hier und wünschen uns - hier übertreibe ich jetzt ein wenig mehr davon.

(Wojahn [CDU]: Das ist gelogen!)

Dazu kann ich Ihnen, Frau Zachow, nur sagen: Das ist sicherlich der falsche Weg, Akzeptanz mit Geld erkaufen zu wollen, kann nur in die Irre führen.

Darüber hinaus will ich Ihnen sagen, dass dieser Antrag ganz ohne Frage auch großes Erstaunen in der Region hervorrufen wird. Denn es ist völlig klar, dass die gesamte Region durch die CASTORTransporte Nachteile erleidet - bis hin zu den

85 000 DM. Das ist ja allgemein bekannt ist. Rechtlich ist das übrigens einwandfrei,

(Wojahn [CDU]: Rechtlich ja, aber nicht gerecht!)

da es sich hierbei um eine Ersatzvornahme auf dem Gebiet des Versammlungsrechts handelt. Inhaltlich will ich das nicht werten. Nichtsdestotrotz sind die Kosten dort anzusiedeln. Insbesondere durch die Nachteile, die langfristig entstehen, ist natürlich auch die Samtgemeinde Dannenberg gebunden. Dazu findet sich jedoch kein Wort. Es betrifft zunehmend auch immer mehr eigentlich alle Kommunen.

Dass Sie in Ihrem Antrag ausschließlich den Standort Gorleben benennen, ohne tatsächlich die regionalen Probleme anzusprechen und Lösungen voranzubringen, kann nicht der richtige Weg sein.

Mich stört insbesondere, dass Sie unter Punkt 2 Ihres Antrages versuchen, das Land Niedersachsen, das erhebliche finanzielle Belastungen aufgrund des Vorhandenseins dieser Anlagen zu tragen hat, in die direkte finanzielle Mitverantwortung zu ziehen.

(Wojahn [CDU]: Genauso ist das!)

Auch das muss fehlgehen. Ich hielte es für besser, Herr Kollege Wojahn, wenn wir dazu kämen, dass Kommunen und Land gemeinsam die niedersächsischen Interessen gegenüber dem Bund vertreten aber nicht so, wie Sie es hier versuchen, durch die Hintertür wieder Punkte in die Debatte einzuführen, die so - das meine ich zumindest - nicht im Raume stehen bleiben können. Hier ist ein gemeinsames Vorgehen der Kommunen und des Landes gefordert. Ich bin sehr froh darüber, dass sich der Ministerpräsident für ein gemeinsames Vorgehen ausgesprochen hat. Insofern ist Ihr Antrag mit dieser Zielrichtung mit ziemlicher Sicherheit nicht hilfreich.

Klar ist: Nachteilsausgleich: ja - Akzeptanz für die Anlagen: nein. Klar muss auch sein, dass es auch dann einen Nachteilsausgleich beispielsweise für Lüchow-Dannenberg geben muss, wenn das Moratorium endlich in ein Erkundungsende mündet. Denn durch ein Erkundungsende sind ja die strukturellen Fehlentwicklungen durch die Atomanlagen in den letzten 20 Jahre, die Sie beschrieben haben, nicht plötzlich vom Tisch. Das wird nicht funktionieren.

Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wir werden in den Ausschussberatungen einen entsprechenden Änderungsantrag vorlegen, aus dem unsere Positionen klar und deutlich hervorgehen. Insbesondere muss deutlich werden, dass die Kommunen und das Land Niedersachsen hier gemeinsam an einem Strang ziehen müssen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Kollegin Harms, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal muss ich Sie, Herr Kollege Wojahn, an dieser Stelle daran erinnern, was Sie und Ihr Amtsvorgänger als Landtagsabgeordneter, KurtDieter Grill, damals in der Region den Leuten versprochen haben, als in den 70er-Jahren um Akzeptanz für den Standort Gorleben vor Ort geworben worden ist. Das Szenario, das damals entwickelt wurde, lief ja darauf hinaus, dass sich Lüchow-Dannenberg dank Gorleben in eine Art Schlaraffenland verwandeln würde.

(Wojahn [CDU]: Deswegen sind Sie dahingekommen!)