Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Umstände um die Hittfeld-Affäre konnten leider Gottes im Innenausschuss nicht lückenlos aufgeklärt werden, weil, wie wir vom Berichterstatter gehört haben, die SPD-Fraktion eine authentische Berichterstattung aus den Kreisen der Spielbankaufsicht, aus den Kreisen der Oberfinanzdirektion und aus dem LKA oder eben aus der Spielbankgesellschaft abgelehnt hat.
Das ist höchst bedauerlich, vor allem deshalb, weil es im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Spielbank Hittfeld gewesen wäre, wenn wir Licht in dieses Dunkel hätten bringen können. Das ist nun leider Gottes nicht möglich.
Aber zur politischen Beurteilung der HittfeldAffäre reicht das, was wir an Fakten haben, was wir aus den Akten gesehen haben und was insgesamt veröffentlicht worden ist. Da kann man nur zu einem Schluss kommen.
Sehen wir uns einmal an, was sich von 1993/94 bis 1999 dort abgespielt hat. Der damalige Innenminister und insbesondere der dafür zuständige damalige Staatssekretär Schapper haben die politische Verantwortung dafür, was sich dort abgespielt hat und dass da nicht konsequent durchgegriffen worden ist, meine Damen und Herren.
Um noch einmal kurz in Erinnerung zu rufen, was sich dort abgespielt hat, möchte ich den jetzigen Staatssekretär Lichtenberg aus der Presse zitieren. Er hat gesagt, in Hittfeld habe es ein Beziehungsgeflecht zwischen Mitarbeitern der Spielbank und Kiezgrößen gegeben. Durch kriminelle Verhaltensweisen sei dem Land ein Schaden in Millionenhöhe entstanden.
Ich erinnere daran, es hat Diebstahl gegeben. Ich erinnere daran, dass es Manipulationen an Roulettekesseln gegeben hat. Es hat falsche Abrechnungen beim amerikanischen Roulette gegeben. Das Schlimme ist: Obwohl dies klar nachgewiesen worden ist, hat es keine Strafanzeige durch die zuständigen Behörden gegeben. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, und das muss man immer wieder in Erinnerung rufen.
Nun wird der ehemalige Staatssekretär im Niedersächsischen Innenministerium in der Presse folgendermaßen zitiert:
„Ich kann im Übrigen darauf verweisen, dass ich in keinem Fall mit irgendeinem, auch nicht mit dem Geschäftsführer Woestmann, über irgendeinen Fall gesprochen habe, irgendeine Personalie der Spielbank Hittfeld, in irgendeine Auseinandersetzung eingegriffen habe, die es offenbar zwischen Geschäftsführung und Spielbankaufsicht wegen der zu treffenden Maßnahmen gegeben hat.
Auf jeden Fall habe ich mich in keinem einzigen Fall damit befasst, dass gegen irgendjemand strafrechtliche Ermittlungen angestellt werden sollten und dass dieses dann verhindert werden sollte.“
Meine Damen und Herren, die Fakten sind hier eindeutig. Das ist leider Gottes nicht die Wahrheit, die hier der ehemalige Staatssekretär gesagt hat. Ich will Ihnen das beweisen.
Am 27. Oktober 1997 schrieb nämlich der HittfeldChef Heinz-Dieter Woestmann einen Brief an den Staatssekretär Schapper, in dem berichtet wird, dass es zu Diebstählen im Spielkasino Hittfeld gekommen ist. Dann steht da weiter:
„Wir möchten um Ihr Einverständnis bitten, dass wir nach Abwägen aller Umstände berechtigt sind, auf die Kündigung von Mitarbeitern zu verzichten, die bereit sind, Aussagen zu machen. In diesem Zusammenhang könnte es auch unter Umständen zweckmäßig sein, auf eine Anzeige bei den Ermittlungsbehörden zu verzichten.“
Meine Damen und Herren, ich habe nun wirklich in den Akten gesucht, dass möglichst noch am gleichen Tag der Staatssekretär Schapper seinem Duzfreund Woestmann schreibt, dass es ein unmöglicher Vorgang ist, wenn darum gebeten wird, dass man irgendwelche Vorkommnisse - Diebstähle, Straftaten - nicht zur Anzeige bringt. Aber nichts ist davon in den Berichten zu sehen.
Im Gegenteil: Aus einem Brief an den jetzigen Staatssekretär geht nämlich wieder hervor - da hat Herr Woestmann wieder einmal geschrieben -:
„Dabei teilte man früher, als Herr Schapper noch Staatssekretär war, unsere Auffassung, dass eine intensive Ermittlungsarbeit durch Geschäftsführung und Aufsicht eher zu gewährleisten ist, wenn örtliche Polizei und Staatsanwaltschaft noch nicht eingeschaltet werden.“
Ja, das ist nun wirklich nicht zu begreifen. Aber es belegt eindeutig, dass der ehemalige Staatssekretär Schapper hier klar Einfluss genommen und gedeckt hat, dass keine Strafanzeige erstattet worden
Lassen Sie mich noch ein zweites Beispiel nennen. Aufgrund der vielen Vorkommnisse hat man natürlich gesagt, man muss Videokameras einrichten. Hier hat der ehemalige Staatssekretär Schapper sofort eingegriffen. Hier gab es wieder einen Brief von Woestmann an den Duzfreund Schapper. Da hat es eine Besprechung im Innenministerium gegeben. Auch hier gibt es wieder einen Bericht. Auch das darf ich noch einmal zitieren:
„Herr Staatssekretär Schapper bat in seiner Eigenschaft auch als Aufsichtsratsvorsitzender der Spielbank um Verständnis, dass im Sinne der Spielbank die Probleme erst noch aufgeklärt werden müssen und noch keine Videoanlage installiert werden soll.“
Meine Damen und Herren, hat denn der Staatssekretär wirklich nicht eingegriffen, wie er in der Presse gesagt hat und wie man in der Presse zitiert hat? Eindeutig: Er hat Einfluss genommen.
Der Bezirksregierung ist es irgendwann tatsächlich zu bunt geworden. Sie hat einen Brief verfasst, worin gesagt wurde: Wenn ihr nicht sofort die Videoanlage in Hittfeld einrichtet, dann bekommt ihr ein Zwangsgeld. - Aber auch das ist wiederum dem Staatssekretär zu Ohren gekommen. Es hat wieder eine Besprechung gegeben. In den Akten ist klar belegt, zu welchem Zeitpunkt das gemacht werden sollte. Aber ein Bericht über dieses Gespräch ist nicht zu finden. Fazit und Fakt sind jedoch, dass eindeutig die Videoanlage zu der Zeit, als Herr Staatssekretär Schapper noch im Amt war, nicht installiert worden ist. Meine Damen und Herren, eindeutige Einflussnahme vom ehemaligen Staatssekretär Schapper!
Fakt ist auch - ich will das gar nicht weiter kommentieren -, dass sich Woestmann und Schapper seit Referendarzeiten kennen, sich duzen und - das hat der Staatssekretär auch zugegeben - dass er im Aufsichtsrat dazu beigetragen und sich vehement dafür eingesetzt hat, dass Herr Woestmann Geschäftsführer der Spielbankgesellschaft wird. Meine Damen und Herren, wir könnten jetzt noch darüber sprechen, ob der Staatssekretär bewusst etwas verhindert hat oder nicht. Das ist aber nicht mein
Punkt. Eines steht jedoch fest: Wer nicht handelt, wer das alles wissentlich zulässt, der hat normalerweise die politische Verantwortung zu ziehen. Wenn er heute noch im Amt wäre, wäre klar: Er müsste heute zurücktreten, meine Damen und Herren.
Meiner Ansicht nach sollte er auch in anderen Ämtern keine entscheidende Rolle spielen. Denn wenn man ein Amt nicht im Griff hat, seinen Job nicht im Griff hat - das haben wir jetzt wieder aktuell gesehen -,
dann sollte man aus unserer Sicht seine Konsequenzen ziehen. Dies ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass er seine Arbeit nicht im Griff hat.
Meine Damen und Herren, ich habe leider fast keine Redezeit mehr. Viele Punkte - das möchte ich gerne eingestehen -, die wir gefordert haben, hat der jetzige Innenminister umgesetzt. Videoanlagen beispielsweise sind eingesetzt. Das ist alles in Ordnung. Das Entscheidende haben Sie aber nicht verändert. Die Spielbankenaufsicht ist noch genauso konzipiert, wie sie vorher war. Zuständig sind die Oberfinanzdirektion, das LKA, das Innenministerium und das Finanzministerium. Meine Damen und Herren, das war der Grund dafür, dass man sich vor Ort gegenseitig behindert hat, dass man nicht vernünftig aufklären konnte. Sie sind jedoch nicht bereit, dieses zu ändern. Das können wir nicht verstehen.
Ich komme zum Schluss. - Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum die Landesregierung nicht ändert, dass der Innenstaatssekretär Vorsitzender des Aufsichtsrates der Spielbankgesellschaft ist und gleichzeitig für die Spielbankenaufsicht im Innenministerium zuständig ist. Dieses ist ein Interessenkonflikt, egal, ob man Duzfreunde hat oder nicht. Das ist nicht in Ordnung und kann, meine Damen und Herren, beim besten Willen nicht rich
tig sein. Ändern Sie das doch. Damit könnten Sie auch Ihren Staatssekretär in Schutz nehmen, sodass kein böser Anschein entsteht.
Meine Damen und Herren, wir meinen, dass dieser Entschließungsantrag durchaus noch aktuell ist. Sie sollten diese beiden Punkte ändern, damit endlich etwas im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spielbanken geschieht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schünemann, ich möchte Ihnen zunächst einmal dafür danken, dass Sie nicht mehr von Skandal und davon gesprochen haben, dass der Rechtsstaat in Gefahr sei. Das war das Wortgetöse, mit dem Sie im Februar des vergangenen Jahres diesen Antrag eingebracht haben. Es wurde von Skandal gesprochen und der Rechtsstaat infrage gestellt.
Bei den Beratungen im Innenausschuss, Herr Schünemann, wurde für mich deutlich, dass Sie eigentlich Ihren Antrag hätten zurückziehen können, denn aus den Vorgängen in Hittfeld waren umgehend Konsequenzen gezogen worden.
Die meisten Dinge sind auf den Weg gebracht worden - Sie sagten es gerade selbst -, bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden durch die Änderung des Spielbankgesetzes geschaffen. Ich rufe in Erinnerung, dass Sie dieser Gesetzesänderung nicht zugestimmt haben.
Was bleibt denn jetzt übrig? - Streitpunkt bleibt die von Ihnen gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach Neuordnung der Spielbankenaufsicht. Sie haben es eben wiederholt.
Wollen Sie allen Ernstes eine Aufsicht umstrukturieren, die nicht nur kriminelle Machenschaften aufgedeckt hat, sondern alle daraus zu ziehenden Konsequenzen durchsetzen konnte? - Sie selbst haben doch die Vorgehensweise anerkannt. Der von Ihnen immer wieder beschworene Interessenskonflikt einzelner Aufsichtsratsmitglieder, die gleichzeitig Vorgesetzte der Spielbankenaufsicht sind, ist nicht vorhanden. Es werden von den Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Spielbankenaufsicht keine Weisungen erteilt. Bei der Gesetzesberatung im Ausschuss legte das Innenministerium überzeugend dar, dass die rechtlichen Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkollisionen den Anforderungen entsprechen.
Zwischenzeitlich ist auch die Illustrierte Stern vom Landgericht Hamburg verurteilt worden, erstens richtig zu stellen, dass Herr Staatssekretär Schapper weder in kriminelle Machenschaften verstrickt ist noch Ermittlungen behindert hat, und zweitens richtig zu stellen, dass die Behauptung „In Fällen, in denen die mit Erlass für Kontrollen der Spielbanken zuständigen Beamten uneinsichtig waren, wurden gemeinsame Studienjahre des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Geschäftsführers bemüht“ unwahr ist. Staatssekretär Schapper hatte von sich aus angeboten, den Innenausschuss über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu unterrichten. Diese Information erfolgte am 28. März. Bereits damals wurde deutlich, dass an den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nichts dran ist, wie auch das Landgericht Hamburg urteilte.