Wir kommen nicht voran, wenn man ausschließlich zurückblickt. Man muss auch daraus lernen und Konsequenzen für die Zukunft ziehen, und das tun wir. Wir wissen, dass die Studienanfängerzahlen aufgrund des demografischen Wandels bundesweit steigen werden. Wir wissen auch, dass aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge ein weiterer Anstieg der Studienanfängerzahlen zu verzeichnen ist. Bundesweit wird deshalb an Problemlösungen gearbeitet.
An Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der SPD, hat mich sehr gefreut, dass Sie seit Neuestem die Länder Bayern und Baden-Württemberg als positive Beispiele anführen. Sie wissen, dass wir schon seit Langem diese beiden süddeutschen Bundesländer in vielen Fällen als beispielhaft ansehen. In der Tat haben diese beiden Länder auch bereits mit ihren Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze allen anderen Ländern ein positives Beispiel gegeben. Natürlich muss uns dabei aber bewusst sein, dass die Haushaltssituation aufgrund jahrzehntelanger christlich-demokratischer bzw. christlich-sozialer Politik wesentlich besser ist als in vielen anderen Ländern und auch hier in Niedersachsen.
Gerade weil einige Länder im finanziellen Vorteil sind, muss den Bedenken der Hochschulrektorenkonferenz Rechnung getragen werden, die u. a. befürchtet, dass die Studienqualität und die Anzahl der Studienangebote in Deutschland völlig auseinanderdriften könnten.
Wir haben bundesweit die gleiche Problematik, und wir müssen sehen, wie man länderübergreifend zu Lösungen kommt. Der Hochschulpakt 2020 ist dazu bestens geeignet; am 19. Oktober wird er im Detail beschlossen werden. Es ist erfreulich, dass die Große Koalition in Berlin ihre Unterstützung zugesagt hat und Mittel im Umfang von 1 Milliarde Euro für die kommenden vier Jahre im Rahmen des Hochschulpaktes zur Verfügung gestellt hat. Dies ist vor allem ein Verdienst von Frau Ministerin Schavan. Ihren Forderungen, meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wird mit diesem Wirken schon Rechnung getragen.
Sollten die Mittel - wir wissen noch nicht, welcher Verteilerschlüssel zugrunde gelegt wird - nach dem Königsteiner Schlüssel vergeben werden und jeweils 50 % an Bund und Länder gehen, würde Niedersachsen wohl 3,5 Millionen Euro erhalten. Diese müssten nach jetzigem Stand mit 50 % gegenfinanziert werden. Sie können also sicher sein: Sobald feststeht, wie viele Mittel in unseren Haushalt fließen werden, wird im Rahmen der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2007 darüber beraten.
Ein bisschen verwundert hat mich die Tatsache, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, in Ihrem Antrag unterschwellig mitklingen lassen, dass der Verhandlungsführer der BLänder, namentlich Herr Staatssekretär Dr. Lange, offensichtlich Niedersachsen bevorzugen soll, wenn es um die Festlegung des Schlüssels und damit der Mittelverteilung geht.
Meine Damen und Herren, dass Sie, die Sie auch in diesem Antrag auf Chancengleichheit pochen, solch eine Forderung stellen, hat mich schon arg verwundert.
Sicher bin ich mir jedoch, dass Herr Staatssekretär Dr. Lange ein hervorragender Verhandlungsführer ist, dem wir uneingeschränkt vertrauen können.
Meine Damen und Herren, Chancengleichheit beginnt nicht erst mit der Aufnahme eines Studiums. Bereits vorher muss viel dafür getan werden. Die umfassende Schulstrukturreform, die Schaffung zahlreicher Ganztagsschulen und die Aufwertung der Bildungsarbeit in den Kindergärten sind nur wenige Beispiele dafür, was im Kultusbereich unter der jetzigen Landesregierung bereits getan wurde, um bestmögliche Chancengleichheit zu erreichen.
Auch im Sozialbereich hat es zahlreiche Maßnahmen gegeben und wird es auch weiterhin geben, die die Chancen derer, die aus bildungsferneren Schichten kommen, auf einen Studienbeginn und - was noch wichtiger ist - den erfolgreichen Abschluss des Studiums erhöhen. Insbesondere die Auseinandersetzung mit der Anzahl der Studienabsolventen fehlt in beiden Anträgen leider völlig. Das Thema Chancengleichheit ist komplexer, als es nur auf die Schaffung neuer Studienplätze zu beschränken.
Auch wenn es um die demografische Entwicklung und die Konsequenzen daraus geht, ist die von den Fraktionen der CDU und der FDP gestellte Landesregierung gut aufgestellt. Wir waren es, die die Einrichtung einer Enquete-Kommission zu dem Thema initiiert haben. Sie wissen, dass es dort eine Gruppe gibt, die sich insbesondere mit dem Thema Bildung befasst und die bereits ihren ersten Bericht vorliegen hat.
Um nicht einfach nur die beiden Oppositionsanträge abzulehnen, werden wir in den kommenden Wochen einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP vorlegen,
der eine echte Alternative darstellen und aufzeigen wird, dass wir die Zukunft unserer Hochschulen und nicht zuletzt die unseres Landes und unserer Landeskinder fest im Blick haben.
Ursprünglich war ein solcher Antrag nicht unsere Intention; denn uns ist bewusst, dass die Regierung unter Christian Wulff eine hervorragende und zukunftsgewandte Politik macht.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Jawohl! - Heiner Bartling [SPD]: Jetzt muss eine La-Ola-Welle kommen!)
Dies gilt in gleicher Weise für das Ministerium für Wissenschaft und Kultur unter Lutz Stratmann, der gerade gestern wieder in Sachen Hochschulpakt für unsere Interessen eingetreten ist.
(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Heute ist nicht der 11.11., son- dern der 11.10.! - Gegenruf von Hei- ner Bartling [SPD]: Das habe ich vor- hin schon bei Herrn Ahlers gesagt!)
Niedersachsen ist nicht nur mit führenden Personen in der Diskussion vertreten, sondern auch in seiner Einbringung von Ideen und Interessen führend. Es ist gut, dass Sie uns mit Ihren Anträgen noch einmal die Gelegenheit geben, genau dies deutlich zu machen.
Meine Damen und Herren, die Hochschulen in Niedersachsen sind gut aufgestellt. Wir von den Fraktionen der CDU und der FDP gestalten mit Freude und Tatkraft die Zukunft Niedersachsens, und wir gestalten sie positiv.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf die Dauer ist es schon langweilig, immer wieder gezwungen zu sein, in diesem Hause die gleichen schiefen Argumente der Fraktionen der Grünen und der SPD gerade zu rücken, mit denen sie Ihre eigentlich ehrenwerten Absichten selbst diskreditieren.
Beide Anträge enthalten schon im ersten Abschnitt eine jener gedankenlosen Lehrformeln linker Bildungsideologie,
nämlich dass mehr Studienplätze automatisch mehr Chancengleichheit bedeuten. Weder die Studierendenquote noch die Hochschulabsolventenquote haben mit Chancengleichheit irgendetwas zu tun. Chancengleichheit kann es genauso geben, wenn 5 % eines Altersjahrganges studieren, wie wenn 50 % oder 90 % studieren.
Die Chancengleichheit muss davor liegen, aber nicht bei der Zahl der Studierenden. Die kann man nach objektiven Kriterien aussuchen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr richtig! - David McAllister [CDU]: Nochmal! - Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich ahne, was dahintersteckt! Das macht mich traurig!)
Stichwort „Studentenlawine“: Wir alle sollten wissen, auf wie tönernen Füßen die Prognosen der Kultusministerkonferenz über die Entwicklung der Studentenzahlen bis 2020 stehen und wie viele willkürliche Annahmen darin stecken. Ich nenne nur die erwartete Studienbeteiligung der Studienberechtigten. Je nachdem, ob man sie bei 75 %, bei 80 % oder bei 70 % ansetzt, hat man je nach Interessenlage eine willkürliche Stellschraube für die Prognose - entweder KMK oder vielleicht Finanzminister. Die Veränderungen des Studierverhaltens durch Bachelor und Master kann heute niemand seriös voraussagen.
Stichwort „Wanderungssaldo“: Da kann ich nur wiederholen, was ich bei der Behandlung Ihrer verfehlten Anträge zur Föderalismusreform ausgeführt habe, nämlich vor allzu lautem Krakeelen zu warnen. Das unterminiert jegliche niedersächsische Verhandlungsposition gegenüber dem Bund und anderen Ländern.
Der Wanderungssaldo war übrigens unter der früheren Landesregierung - Kollegin Siebert hat dies eben im Detail erläutert - absolut und anteilig deutlich größer als heute. Wer im Glashaus sitzt, liebe SPD, der sollte nicht mit Steinen werfen.
Stichwort „OECD“: Oje! Die Vergleiche mit dem Ausland und seinen hohen Akademikerquoten, die Sie zitieren, sind Äpfel/Birnen-Vergleiche. In anderen Ländern erfolgt die Ausbildung zur Krankenschwester und zum Industriekaufmann an Hochschulen. In den USA können Sie Fächer wie Begräbniswissenschaften studieren.
Übrigens baut die deutsche Ausbildung im dualen System natürlich auch auf einer wissenschaftlichen Basis auf. Wir bräuchten diese Ausbildung nur als polytechnische, binäre oder sonst wie verbal aufgemotzte Hochschulausbildung zu deklarieren, und schon wären wir alle Minderwertigkeitskomplexe mit der Akademikerquote los. Nur das ehrliche Handwerk würde den Kopf schütteln.
Beide Anträge fordern mehr Studienplätze. Aber in einem Punkt bleiben sie merkwürdig blass und offenbaren ein antiquiertes Tonnagedenken. Was für Studienplätze geschaffen werden sollen - darauf gehen die Grünen überhaupt nicht ein. Die SPD-Fraktion fordert ein bisschen Konkreteres, nämlich die Ansiedlung der Studienplätze vorrangig an Fachhochschulen und querbeet über alle Fächer. Grundsätzlich: Durch die Einführung von Bachelor-Studiengängen gleichen sich die Lernkulturen der Fachhochschulen und der Universitäten ohnehin an. Dann ist es ziemlich egal, wo wir neue Studienplätze schaffen.
Zur Kernfrage, welche Studienplätze geschaffen werden sollen, bemerkt die SPD-Fraktion immerhin, recht vage, Auslastungskriterien sollten berücksichtigt werden. Oberflächlich betrachtet scheint dies auch plausibel. Aber so einfach ist die Wirklichkeit nicht. Es kann nicht nur darum gehen, wie populär ein Fach auf der Studierendenseite ist. Das wäre nur dann der richtige Maßstab, wenn die Studierenden ihre Studienkosten in voller Höhe selbst tragen würden. Dann könnte es dem Staat und den Steuerzahlern egal sein.
Am letzten Samstag berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung auf Seite 2 unter der Überschrift „Rekord im Fach Soziologie“ über eine Mitteilung des