Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Schneck.

Herr Präsident! Herr Minister Hirche, Sie haben in Ihren Vorbemerkungen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Sicherung immer durch das Zusammenspiel von Mensch und Technik funktioniert. Gerade bei diesem Zusammenspiel nimmt natürlich der Mensch eine bedeutende Rolle ein. In den Betriebsvorschriften ist auch die Fort- und Weiterbildung sehr konkret angesprochen. Ich möchte Sie vor diesem Hintergrund fragen, wie die Aufsichtsbehörde sichergestellt hat, dass diese Fortund Weiterbildung der Mitarbeiter durchgeführt wurde.

Herr Minister Hirche antwortet für die Landesregierung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben schon darauf hingewiesen, dass wir die Arge TÜV beauftragt haben, die Einhaltung der Betriebsvorschriften zu kontrollieren. Ich gehe davon aus, dass das gemacht worden ist, und kann hier leider nichts zu Einzelheiten aussagen.

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Bode.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Minister Hirche dankbar, dass er hier sehr detailliert dargestellt hat, wie eigentlich die diffuse Presseberichterstattung mit den unterschiedlichen Aspekten zu werten und rechtlich zu beurteilen ist. Nach dem, was wir hier heute gehört haben, kann

man feststellen, dass nur eine der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen infrage kam. Momentan wird die Frage gestellt, ob man eine andere Rechtsgrundlage gebraucht hätte, um andere Sicherungssysteme zu bekommen. Dazu möchte ich feststellen, dass wir alle hier gemeinsam und der Deutsche Bundestag Gesetzgeber sind. Wer eine Betriebsgenehmigung beantragt, hat einen Rechtsanspruch darauf, dass exakt nach der bestehenden Rechtsgrundlage gearbeitet wird. Deshalb meine Frage an die Landesregierung: Gab es für die zuständige Genehmigungsbehörde einen Ermessensspielraum, eine andere Genehmigung zu erteilen, oder hätte vorher die Rechtsgrundlage geändert werden müssen?

Herr Minister Hirche!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach meinem Eindruck hat die Landesbehörde ihren Ermessensspielraum voll ausgeschöpft. Darüber hinausgehende rechtliche Möglichkeiten sehe ich nach heutigem Diskussionsstand nicht.

Herr Hermann!

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Erlauben Sie mir bitte eine Vorbemerkung. Dieses tragische Unglück hat nicht nur in unserer Region, sondern weltweit die Menschen tief betroffen. Ich erlaube mir - wenn man sich dies in dieser schweren Situation erlauben darf -, dem Ministerpräsidenten und dem Minister Dank zu sagen, die sofort da waren und alles Menschenmögliche getan haben, um zu helfen.

(Unruhe)

Ich komme zu meiner Frage. Wie wir wissen, ist in München eine Strecke geplant. Herr Minister, sind für München andere Sicherungsvorkehrungen als im Emsland geplant?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten die Achtung desjenigen, der die Frage stellt,

auch weiterhin bewahren. - Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hermann, ich will es umgekehrt sagen: Auf der Transrapidstrecke Emsland ist kein geringerer Sicherheitsstandard vorgeschrieben worden, als er bisher für eine Anwendungsstrecke in München infrage kam. Ich gehe aber davon aus, dass der Kollege Erwin Huber - so habe ich ihn verstanden die Beratungen hier und die Untersuchungen mit einbeziehen wird und dass möglicherweise Modifikationen greifen. Wir werden das in der Diskussion sehen. Auch wenn die Rechtslage einwandfrei ist - das will ich noch einmal sagen -, kann niemand angesichts eines solchen Unglücks sagen: Das ist die Rechtslage, basta, aus! - Es muss hier vielmehr darum gehen auszuloten, wie darüber hinaus und ergänzend bestimmte Dinge eventuell vermieden werden können. Manches wird sich im psychologischen Bereich der Sicherung möglicherweise stärker durch redundante Systeme als in Form von tatsächlichen Auswirkungen ergeben. Aber auch Letzteres müssen wir untersuchen. Wenn die Experten Hinweise geben, werden wir diesen auch in vollem Umfang Rechnung tragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Abgeordnete Runkel stellt nun eine Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in diesem Jahr meine Familie und ungefähr 100 Menschen aus meinem Wahlkreis zweimal zum Transrapid gebracht und dort sogenannte Testfahrten unternommen. Dabei sind wir und alle, die dort mitgefahren sind, davon ausgegangen, dass alles unternommen wird, um diese Fahrten sicher durchführen zu können.

Ich frage die Landesregierung: Hat dieser tragische Unfall, der dort passiert ist, irgendetwas damit zu tun, dass es sich hier um einen Transrapid, um eine magnetgetriebene Bahn handelt, oder hätte unter den gegebenen tragischen Umständen ein ähnlicher Unfall auch geschehen können, wenn

dort meinetwegen ein dieselgetriebener Zug gefahren wäre?

Herr Minister Hirche!

Herr Präsident! Herr Kollege Runkel, der Unfall hat mit der Magnetschwebetechnik als solcher gar nichts zu tun. Er wäre wahrscheinlich nicht eingetreten, wenn das Wartungsfahrzeug selber einen Magnetantrieb gehabt hätte. Wie auch immer, es ist jedenfalls so, dass dies nicht die Magnetschwebetechnik betrifft. Allerdings überschatten die Auswirkungen natürlich die Gesamtdiskussion. Das ist von einigen auch gewollt. Ich will das jetzt aber nicht überstrapazieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Abgeordnete Will stellt eine zweite Zusatzfrage.

Herr Minister, aufgrund der öffentlichen Berichterstattung konnte der Eindruck entstehen, dass der interne Rettungsplan und die externen Katastrophenschutzeinrichtungen konzeptionell nicht genügend aufeinander abgestimmt waren. Es hat ja trotz allen intensiven Einsatzes erheblicher Zeit bedurft, um Tote und Verletzte zu bergen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob die technische Ausstattung den Erfordernissen einer solchen Anlage entspricht.

Herr Minister Hirche für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entgegen der öffentlichen Darstellung ist vor Ort sehr schnell reagiert worden. Vor Ort standen sofort fünf Drehleitern zur Verfügung. Die Verletzten sind sofort geborgen worden. Die Bergung der Toten, die insbesondere im hinteren Teil erfolgte, hat länger gedauert, weil es dort durch bestimmte mechanische Verformungen des Transrapid bei

der Bergung der Leichen erhebliche Probleme gab. Die getroffenen Maßnahmen sind in Absprache mit der zuständigen Katastrophenschutzbehörde, dem Landkreis, erfolgt. Die entsprechenden Maßnahmen sind seitens des Kreises sehr umsichtig getroffen worden. Es waren sehr schnell nach Bekanntwerden des Unfalls - eine halbe Stunde später - etwa 200 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr anwesend, die geholfen haben. Das gibt mir Gelegenheit, an dieser Stelle - ich habe das noch nicht getan - meinen tiefen Respekt auch gegenüber den Helfern zum Ausdruck zu bringen.

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

Was die zum Teil erst 20-Jährigen an entsetzlichen Verstümmelungen von Menschen gesehen haben, will ich hier gar nicht vertiefen. Es hat mir wie auch dem Ministerpräsidenten gereicht, dass wir an diesem Tag Hinterbliebene, die ihre Angehörigen verloren hatten, persönlich trösten mussten und konnten. Das bleibt einem in den Knochen stecken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Abgeordnete Hagenah stellt eine Zusatzfrage.

Herr Präsident! Ich stelle fest: Laut Minister Hirche war es keine Personenbeförderung, weil der Transrapid im Personenbeförderungsgesetz in Deutschland nicht erwähnt ist. Die Landesregierung hat keine Kenntnis davon genommen, dass Mitarbeiter höhere Sicherheitsstandards eingefordert hatten, und offensichtlich auch nicht bemerkt, dass es im Jahre 2004 einen Zusammenstoß von Werkstattwagen auf der Strecke gegeben hat. Sie hat bei der Genehmigung in diesem Frühjahr offensichtlich auch nicht berücksichtigt, dass ein Zusammenstoß zwischen Magnetfahrzeug und Werkstattwagen als Sicherheitsrisiko problematisiert wurde. Sie vertritt offensichtlich die Ansicht, dass die seit Jahrzehnten für alle neuen Strecken übliche Streckenblocksicherung im Eisenbahnverkehr, die beinhaltet, dass sich jeweils nur ein Zug in einem Block befinden kann, beim Transrapid keine Anwendung findet und dass der automatische Stopp beim Überfahren eines Signals auch keine Anwendung findet, weil es bei der Eisenbahn auch noch Altstrecken gibt, bei denen die Übermittlung noch per Funk über die Leitstelle erfolgt.

Ich frage den Minister, ob er die in diesem Frühjahr neu erteilte Genehmigung für die Transrapidstrecke nach dem heutigen Kenntnisstand noch einmal so erteilen würde, wie sie vor wenigen Monaten erteilt worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Hirche für die Landesregierung!

Meine Damen und Herren! Auf diese Frage muss ich, auch wenn man sich damit Missverständnissen aussetzt, sagen: Das hätte ich ohne Kenntnis dieser Folgen tun können. Angesichts der Folgen, die nun eingetreten sind, ergeben sich aber nicht die Konsequenzen, die Sie hier geschildert haben. Sie haben darauf verwiesen, dass bei der Eisenbahn die Züge in Abständen nacheinander fahren. Das war beim Transrapid aber nicht der Fall. Es geht dort um einen einzigen Zug. Sie haben ferner darauf abgehoben, dass bei Glatteis zwei Wartungsfahrzeuge aufeinandergerutscht sind. Dies als Unfall und Beeinträchtigung der Gesamtsituation beim Transrapid darzustellen, ist schon etwas hergeholt. Ich bedaure dieses Niveau der Diskussion.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie diskreditieren damit Ihr eigenes ernsthaftes Bemühen um Aufklärung an dieser Stelle. Ich nehme dieses Bemühen ernst. Meine Bemerkung bezog sich eben nur auf die Zusammenfassung, die Sie so schlankweg als eine Art Presseresümee vorgenommen haben. Dies wird der Angelegenheit nicht gerecht. Ich appelliere auch weiterhin an Sie, wenn Sie einige Dinge vielleicht etwas anders sehen, sich zu vergegenwärtigen - man kann ironisieren, soviel man will -, dass das Personenbeförderungsgesetz nicht einschlägig ist. Auch wenn es „Personenbeförderungsgesetz“ heißt, ist es nicht automatisch auf alle Sachverhalte der Personenbeförderung anwendbar. Ich bitte sehr darum, bei aller Kritik - nur dann kommen wir wirklich zu Verbesserungen - das, was wirklich einen polemischen Beigeschmack hat, von dem zu trennen, womit wir in der Sache vielleicht an der einen oder anderen Stelle weiterkommen können. Das will ich, weil ich die Transrapidtechnik - das will ich an der

Stelle auch sagen - nach wie vor für eine zukunftsweisende Technik halte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen ist das, was in einem Bereich passiert ist, der mit der Technik an sich unmittelbar nichts zu tun hat, umso schmerzlicher - ich sage nicht nur ärgerlicher, sondern umso schmerzlicher.

Wir müssen uns trotzdem mit den Gesamtzusammenhängen befassen. Die Sonderfahrzeuge sind in den Betriebsvorschriften erfasst - ob das ausreichend ist, werden weitere Überprüfungen mit den Experten ergeben. Aber, Herr Hagenah, es bleibt dabei: Die Experten, die sich in Dresden in abstrakter Form zum Thema ausgelassen haben, haben keine konkreten Vorschläge zu Änderungen vor Ort gemacht. Wenn es solche Vorschläge gegeben hätte, hätten wir sie aufgegriffen. Wenn es in diesem Bereich Versäumnisse gäbe, dann müssten wir, die Landesbehörden und die politisch Verantwortlichen, uns diese tatsächlich zurechnen lassen. Das ist aber nicht der Fall. Sie versuchen, das zu konstruieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Janssen-Kucz.

Herr Minister, Sie haben deutlich gemacht, dass Sie und auch Teile der Landesbehörden in einzelnen Segmenten - genau wie ich - technische Laien sind und dass wir alle auf die Zuarbeit von Experten angewiesen sind. Wir sind auf ihr Fachwissen angewiesen, dessen wir uns auch bedienen.

Soweit mir bekannt ist, gibt es vom TÜV InterTraffic seit 2005 eine Empfehlung, die Gesamtsicherheit zu betrachten. Ich frage daher mit meinem laienhaften technischen Verstand: Weshalb ist diese Empfehlung bei der Erteilung der Genehmigung im März 2006 nicht beachtet worden?

Herr Minister Hirche für die Landesregierung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt keine solche Empfehlung. Vielleicht sind Sie Ihrem Kollegen Hagenah auf den Leim gegangen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sachlich bleiben!)