Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

2. Aus welchen Gründen hält es die Landesregierung für rechtmäßig, in solchen Fällen finanzielle und persönliche Daten der Betroffenen zu veröffentlichen?

3. Wie beurteilt der Landesdatenschutzbeauftragte diese Praxis?

In Teilen der Berichterstattung in den Medien und in der öffentlichen Diskussion über den der Anfrage zugrunde liegenden Einzelfall der Familie F. aus Holzminden wurden die Abschiebungspraxis des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport kritisiert und die Familie F. als „ein Musterbeispiel für gelungene Integration“ dargestellt (Täglicher Anzeiger Holzminden vom 21. Juli 2006).

Im Hinblick auf diese verzerrende und zum Teil falsche Darstellung war es geboten, die Öffentlichkeit über den vollständigen Sachverhalt und die geltende Rechtslage zu informieren. Dieses ist mit der Pressemitteilung des Ministeriums für Inneres und Sport vom 27. Juli 2006 geschehen.

In den betreffenden Berichten der Medien war auf das hohe Maß an Integration der Familie F. verwiesen worden, obwohl die eigene Unterhaltsfähigkeit als wesentlicher Teil einer erreichten Integration nach wie vor nicht gegeben war, weil die ausreisepflichtige Familie F. nahezu durchgängig während ihres ca. zwölfjährigen Aufenthalts öffentliche Leistungen bezogen hat. Deshalb war es zur Unterrichtung der Öffentlichkeit notwendig, auch mitzuteilen, wie hoch die Leistungen aus öffentlichen Haushalten für den Personenkreis der geduldeten Flüchtlinge sind, die ihrer gesetzlichen Pflicht zur Ausreise langjährig nicht nachkommen.

Gerade im Zusammenhang mit der Rückführung der Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, die in den 90er-Jahren hier vorübergehenden Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat gefunden haben und deren Rückkehr und Wiederaufbau ihrer Heimat von der internationalen Staatengemeinschaft erwartet und auch von Deutschland finanziell gefördert wird, ist es gerechtfertigt, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, welche finanziellen Leistungen die öffentliche Hand für die Schutzgewährung der Flüchtlinge aufgebracht hat. Zur Beurteilung des Einzelfalls war es erforderlich, die Höhe der öffentlichen Leistungen darzustellen,

die sich durchschnittlich für eine ausreisepflichtige ausländische Familie ergeben.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Mit Ausnahme kurzfristiger Beschäftigungen im Januar bzw. März 2006 und einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten viereinhalbmonatigen Beschäftigungsmaßnahme nach dem BSHG von November 2003 bis März 2004 waren den Behörden weitere Bemühungen um eine Beschäftigungsaufnahme nicht bekannt.

Zu 2: In der Presseinformation des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport wurde der Betrag von mindestens 150 000 Euro genannt. Es handelt sich dabei um eine Schätzung der für eine fünfköpfige Familie für die Dauer des Leistungsbezugs über die gesamte Aufenthaltsdauer üblicherweise anfallenden Zahlungen.

Zu 3: Die Landesregierung hat zur Beantwortung der Frage 3 den Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) eingeschaltet. Dieser nimmt wie folgt Stellung:

„Hintergrund für die Veröffentlichung finanzieller und persönlicher Daten durch das Ministerium für Inneres und Sport ist die Entscheidung der Familie F., die Öffentlichkeit zu suchen. Im Zuge der Berichterstattung sind jedoch einige Punkte missverständlich dargestellt worden. Es bestand daher für das Ministerium ein berechtigtes Interesse, die Situation, auch im Sinne einer objektiven Berichterstattung, klarzustellen.

Der LfD geht davon aus, dass durch die bereits im Vorfeld der Pressemitteilung erfolgte öffentliche Berichterstattung die allgemeinen Hintergründe des Falles bekannt geworden sind.

Bei der Mitteilung über die Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln in Höhe von ‚mindestens 150 000 Euro‘ handelt es sich um eine Schätzung, die aus der Dauer des Aufenthalts, der Aufenthaltsform und der Zahl der Familienmitglieder typisiert ermittelt wurde. Vonseiten des Ministeriums hätte allerdings genauer ausgedrückt werden können, dass es sich

bei dieser Zahl nur um eine Schätzung handelt. So wäre auch für Außenstehende klarer erkennbar gewesen, dass hier keine konkreten Sozialdaten der Familie herausgegeben wurden.“

Anlage 14

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 17 der Abg. Meta Janssen-Kucz (GRÜNE)

„Offenlassen“ des Teekabfuhrweges im Petkumer Deichvorland

Der Teekabfuhrweg im Petkumer Deichvorland, der durch ein Naturschutzgebiet führt und für den Fahrradverkehr gesperrt ist, wurde für eine dreijährige Testphase jeweils für die Zeit vom 15. Juli bis zum 30. September für Radfahrer geöffnet. Diese Testphase endet am 30. September 2006. In dieser Zeit wurden begleitende Untersuchungen durchgeführt, um Störungen und mögliche Auswirkungen auf dieses auch als EU-Vogelschutzgebiet gemeldete Naturschutzgebiet zu untersuchen. Der Emder Oberbürgermeister Alwin Brinkmann hat sich laut Presse mit einem Schreiben an den Niedersächsischen Umweltminister gewandt und ihm mitgeteilt, dass die Stadt Emden den Weg über den 1. Oktober hinaus geöffnet halten wolle. In der Presse heißt es dazu, der Oberbürgermeister „hoffe auf Zustimmung und Verständnis des Ministers“ (OZ 28. September 2006). In der Emder Zeitung vom 27. September 2006 wird berichtet: „Im Niedersächsischen Umweltministerium hat man den Brief des Oberbürgermeisters mit Wohlwollen entgegengenommen.“ Im Beitrag der EZ wird gleichzeitig der Gutachter zitiert, der über drei Jahre das Brutverhalten der Vögel im Naturschutzgebiet beobachtet hat und zwischenzeitlich wiederholt zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine zeitweise Öffnung des Weges keine gravierenden Auswirkungen auf die Vögel habe, eine generelle Öffnung für Radfahrer und Fußgänger dagegen sehr wohl. Ende Oktober wollen die Gutachter ihre Erkenntnisse in einem Bericht zusammenfassen. Vor diesem Hintergrund bleibt unverständlich, warum die Stadt Emden den Weg bis zu einer endgültigen Entscheidung, die für den Herbst angekündigt ist, offen halten will. Nicht nur die Gutachter, sondern auch ein in der Presse zitierter führender Landesumweltpolitiker aus der Region gehen offensichtlich davon aus, dass im Ergebnis aus fachlicher Sicht nur eine temporäre Öffnung zu erwarten ist. Ein zwingender Grund, die geltende Naturschutzgebietsverordnung an diesem Punkt außer Kraft zu setzen und den Weg über den 30. September hinaus offen zu halten, ist nicht erkennbar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist das „Offenlassen“ des Petkumer Teekabfuhrweges im Naturschutzgebiet durch die Stadt Emden nach Abschluss der dreijährigen Testphase als Verstoß gegen das Naturschutzrecht zu bewerten?

2. Ist es als Aufruf zum Rechtsbruch zu werten, wenn die Stadt Emden in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, der Teekabfuhrweg könne über den 30. September 2006 hinaus in einer Weise genutzt werden, die nach geltender Schutzgebietsverordnung unzulässig ist?

3. Welches Ergebnis hat die ministerielle Prüfung des Vorgehens der Stadt Emden ergeben, bzw. beabsichtigt das Umweltministerium, die geltende Schutzgebietsverordnung hinsichtlich der Betretensregelung für den Teekabfuhrweg außer Kraft zu setzen?

Vorbemerkungen:

Das Naturschutzgebiet (NSG) „Petkumer Deichvorland“ besteht seit 1994 und ist Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes V10 „Emsmarsch von Leer bis Emden“. Das NSG reicht bis an den Deichfuß heran. Der Deich selbst ist lediglich Bestandteil einer darüber hinaus gehenden Schutzzone für das NSG, in der ausschließlich der Betrieb von Modellflugzeugen und anderen Fluggeräten untersagt ist. Für den Bau des erst im Jahr 2002 fertiggestellten, am äußeren Deichfuß im NSG gelegenen Teekabfuhrwegs ist mit Blick auf die Freistellung in der NSG-Verordnung für Maßnahmen des Küstenschutzes kein Befreiungsverfahren erforderlich gewesen.

Die NSG-Verordnung hat das Betreten und Befahren des NSG auf den 1994 bestehenden Wegen freigestellt. Der 2002 neu entstandene Weg fällt ausschließlich in seiner Funktion als Teekabfuhrweg unter die Freistellung von Maßnahmen für den Küstenschutz. Nach den geltenden Bestimmungen der NSG-Verordnung kann jede andere Nutzung dieses Privileg nicht für sich in Anspruch nehmen.

Das Verbot der Nutzung des neu entstandenen Weges durch die Allgemeinheit war in breiten Teilen der Bevölkerung auf Unverständnis gestoßen. Dieses Unverständnis gründet sich u. a. darauf, dass andere Wege im NSG betreten werden dürfen und die Vermutung besteht, dass die Vogelwelt nicht negativ durch Betreten oder Rad fahren beeinflusst wird. Zusätzlich fühlten sich viele Menschen aus der schönen Landschaft ausgesperrt.

Die Landesregierung hat großes Verständnis für den aufgekommenen Unmut und vertritt die Ansicht, dass den Menschen das Betreten der Natur

schutzgebiete, soweit dies naturverträglich möglich ist, in geordneter Weise ermöglicht werden sollte. Das Ermöglichen des Natur Erlebens - soweit dies naturschutzfachlich vertretbar ist - ist ein wichtiger Bestandteil moderner Naturschutzpolitik. Denn eine wichtige Voraussetzung, um die Bereitschaft der Menschen zum Naturschutz zu stärken, ist es, dass die Menschen die Natur auch kennen und damit schätzen.

Entsprechend gab es Initiativen, die bestehende Situation mit Betretungsverbot für den vorhandenen Weg zu ändern und die Nutzung des Weges zu ermöglichen. Dabei waren jedoch naturschutzfachliche und -rechtliche Gegebenheiten zu berücksichtigen:

Zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes des Vogelschutzgebietes und der Ziele des Naturschutzgebietes ist u. a. wichtig, dass eine Freizeitnutzung die Natur nicht erheblich stört. Bei einer Nutzung durch Radfahrer und Fußgänger kann abhängig von den Bedürfnissen der in einem Gebiet vorkommenden Vogelarten eine erhebliche Minderung der Nutzbarkeit des Gebietes eintreten. Dabei spielen die unterschiedlichen Fluchtdistanzen durch die jeweiligen Brut- und Rastvögel eine Rolle. Daher waren vor einer Freigabe des Weges für die Allgemeinheit ein Befreiungsverfahren nach § 53 NNatG durchzuführen und in einer Verträglichkeitsprüfung der Nachweis zu erbringen, dass die Erhaltungsziele dieses Natura-2000-Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden.

Als Ergebnis hat die damals zuständige Bezirksregierung Weser-Ems als obere Naturschutzbehörde auf Antrag der Stadt Emden das Betreten des Teekabfuhrweges für die Allgemeinheit für eine bis zum 30. September 2006 befristete Pilotphase von drei Jahren im Westen des NSG ganzjährig und im Übrigen für den Zeitraum vom 15. Juli. bis zum 30. September eines jeden Jahres mit Nebenbestimmungen freigegeben.

Die ermöglichte Nutzung des Weges wurde von den Menschen vor Ort sehr gut angenommen. Dies hat nach Einschätzung der Landesregierung dazu beigetragen, das Verständnis für die Natur und für die Ziele einer modernen, kooperativen Naturschutzpolitik zu stärken.

Mit der Freigabe wurde der Stadt Emden auch die Erstellung von Erfahrungsberichten darüber aufgegeben, welche Wirkungen sich durch das Be

treten des Weges auf die Vogelwelt ergeben haben.

Aufgrund der Verwaltungsmodernisierung sind die Zuständigkeiten für die Erteilung von Befreiungen in Naturschutzgebieten seit dem 1. Januar 2005 auf die unteren Naturschutzbehörden übergegangen. Dies bedeutet, dass Befreiungen von der NSG-Verordnung eigenständig von den unteren Naturschutzbehörden getroffen werden können und dass in diesem Fall die Stadt Emden im Rahmen der rechtlichen Vorgaben über Befreiungen entscheiden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Stadt Emden ist in ihrem Zuständigkeitsbereich als untere Naturschutzbehörde in eigener Verantwortung für Genehmigungen und Befreiungen von den Bestimmungen der Naturschutzgebietsverordnung zuständig. Es wird davon ausgegangen, dass die Stadt Emden ihre Entscheidung auf der Grundlage des geltenden Rechts getroffen hat.

Zu 2: Siehe Antwort zu 1.

Zu 3: Eine ministerielle Prüfung ist nicht erfolgt, da es ausdrückliches Ziel der Verwaltungsmodernisierung ist, dass die unteren Naturschutzbehörden mit Ihrem örtlichen Wissen ihre Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen.

Das Niedersächsische Umweltministerium beabsichtigt auf der Grundlage des derzeitigen Informationsstandes nicht, tätig zu werden. Es ist Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde, zu prüfen, ob die Öffnung des Weges zu Beeinträchtigungen der geschützten Vögel führen kann. Wenn das Umweltministerium belastbare Daten erhalten sollte, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets durch die Wegöffnung zu besorgen ist, wird es aufsichtsbehördliche Maßnahmen prüfen.

Das Niedersächsische Umweltministerium begrüßt grundsätzlich, wenn die unteren Naturschutzbehörden von ihren Möglichkeiten Gebrauch machen und, soweit naturverträglich möglich, den Zugang zu NSG ermöglichen.

Anlage 15

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 18 der Abg. Sigrid Rakow und Klaus-Peter Dehde (SPD)

Hochwasserschutz im Binnenland - Was leistet diese Landesregierung?

Die zahlreichen Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre weisen immer deutlicher darauf hin, dass der laufende Klimawandel auch für die im Binnenland lebenden Menschen immer gravierendere Auswirkungen hat. Der Hochwasserschutz im Binnenland muss sich auf diese Situation einstellen und darf sich nicht mehr nur ausschließlich an den Vergangenheitswerten orientieren.

Die Landesregierung hat durch eine Reihe vom Maßnahmen im Zuge der sogenannten Verwaltungsreform bewährte Strukturen auch in der Wasserwirtschaft zerschlagen und ist bis heute den Beweis schuldig geblieben, dass die von ihr bevorzugte Organisationsform beim Hochwasserschutz im Binnenland Vorteile mit sich bringt.

Auf entsprechende Nachfragen nach der Erfüllung gesetzlicher Rahmenbedingungen bei der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten, überschwemmungsgefährdeten Gebieten oder der konkreten Ausweisung von Vorranggebieten für den Hochwasserschutz sind nur pauschalierte Antworten mit für das gesamte Land Niedersachsen geltenden Prozentzahlen zu erhalten. Insbesondere unklare Verantwortlichkeiten, mangelnde Überprüfung des Vollzuges der gesetzlichen Auflagen und zum Teil fehlende Grundlagendaten lassen für den Fall weiterer Hochwasserereignisse im Binnenland massive Schäden befürchten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: