Protokoll der Sitzung vom 09.11.2006

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst ein Hinweis an Sie, Frau Groskurt. Sie können sich sicher sein: Den Landespflegebericht nehmen wir sehr, sehr ernst.

(Heidrun Merk [SPD]: Den haben Sie gar nicht gelesen!)

- Den habe ich sehr gut gelesen, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen, Frau Merk.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Als Erstes wollte ich eigentlich Frau Helmhold dafür danken, dass die Grünen dieses wichtige Thema heute auf die Tagesordnung gebracht haben; denn wir alle wissen: Der demografische Wandel kommt nicht, er hat schon längst begonnen. Bereits seit Ende der 90er-Jahre gibt es in Deutschland mehr Menschen über 60 als unter 20 Jahren. Das heißt - Sie kennen ja die Aussagen des Landespflegeberichtes -, wir werden in absehbarer Zeit mehr pflegebedürftige Menschen haben. In Niedersachsen rechnen die Experten, wie Sie wissen, im Jahr 2020 mit etwa 55 400 und im Jahr 2050 mit 175 000 Menschen mehr, die pflegebedürftig sein werden.

(Heidrun Merk [SPD]: Eben!)

Auf diesen Anstieg müssen wir vorbereitet sein, und auch deshalb haben wir gemeinsam die Enquete-Kommission zum demografischen Wandel eingesetzt. Das Thema Pflege behandeln wir zurzeit. Im Hinblick auf den demografischen Wandel hat die Landesregierung ein originäres Interesse an einer bedarfsgerechten Altenpflegeausbildung, und sie widmet der Nachwuchsgewinnung in der Altenpflege auch künftig ihre besondere Aufmerksamkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige grundsätzliche Bemerkungen voranstellen, bevor ich auf einzelne Punkte eingehe.

Bereits 2001 wurden in Niedersachsen alle betroffenen Verbände, Institutionen und berufsständischen Vereinigungen in der Personalinitiative Pflege zusammengeführt. Der aus dieser Initiative hervorgegangene Landesarbeitskreis Personalinitiative Pflege hat die Aufgabe, zur Sicherstellung der Pflege in qualitativer und quantitativer Hinsicht beizutragen.

In Niedersachsen wird die Ausbildung in der Altenpflege durch das Schulgesetz geregelt. Dies gewährleistet, dass jeder Schüler, der über einen Ausbildungsvertrag bei einem Träger der praktischen Ausbildung verfügt, auch einen Schulplatz erhält. Im Jahr 2006 haben 1 445 Schülerinnen und Schüler ihre Ausbildung beendet. Insgesamt waren im Jahr 2005 im Bildungsgang Altenpflege 4 922 Schülerinnen und Schüler. Das ist gegenüber den letzten Jahren ein Höchststand. Wir sind also auf einem guten Weg. Leider konnten wir 2005 wegen fehlender Ausbildungsverträge mit Trägern für die praktische Ausbildung nicht alle

Bewerberinnen und Bewerber aufnehmen. Deshalb appelliere ich auch in diesem Zusammenhang an die Betreiber der Heime, den jungen Menschen eine Chance zu geben.

Für das 15-wöchige Praktikum im Bildungsgang Altenpflegehilfe gab es ausreichend Plätze. Nach Abschluss des Bildungsgangs Altenpflegehilfe hat man - Sie wissen das - die Möglichkeit, die dreijährige Ausbildung nach dem Alten- oder Krankenpflegegesetz zu machen. Diesen Weg nutzen immer mehr Schülerinnen und Schüler: Sie machen anschließend die dreijährige Ausbildung. Im Jahr 2003 waren es 38, im Jahr 2004 bereits 107 und im Jahr 2005 schon 158.

Umfrageergebnisse haben ergeben, dass etwa 95 % aller Ausbildungsverträge mit stationären Einrichtungen abgeschlossen werden. Laut Landespflegebericht gibt es 1 196 stationäre und teilstationäre sowie 998 ambulante Pflegeeinrichtungen.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Das alles wissen wir!)

- Das ist ja schön, aber scheinbar wissen es einige noch nicht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Zahlen von ausbildenden Einrichtungen liegen nicht vor, da es keine Berichtspflicht der Schulen gibt.

(Zuruf von der SPD)

- Wenn Sie sich da so gut auskennen!

Meine Damen und Herren, der Landesarbeitskreis Personalinitiative Pflege soll künftig über die Situation in der Altenpflegeausbildung - -

(Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgerufen, hier zu sprechen, habe ich jemand anders als das Plenum, nämlich die Abgeordnete Frau Kohlenberg, und die hat das Wort.

Genau. - Meine Damen und Herren, der Landesarbeitskreis Personalinitiative Pflege soll künftig über die Situation in der Altenpflegeausbildung dem

Landespflegeausschuss berichten. In diesem Zusammenhang komme ich jetzt auf das Umlageverfahren zu sprechen, das am 15. Juli 1999 abgeschafft wurde. Seitdem tragen nichtausbildende Einrichtungen keine Ausbildungskosten. Die eingeführte Umlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen stieß auf großen Widerstand. Nahezu 50 % der Pflegeeinrichtungen reagierten mit 1 400 Widersprüchen und zahlreichen Klagen. Bis heute sind wir mit der Abwicklung beschäftigt.

Die Ausbildungsvergütung von Schülerinnen und Schülern ist während der Dauer ihrer Ausbildung in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen zu berücksichtigen. Ausbildungskosten sind ein vergleichbar geringer Anteil, und sie sind sicherlich nicht entscheidend für die Wettbewerbsposition.

Die Fachkraftquote wird in über 90 % der geprüften Heime in Niedersachsen eingehalten. 100 % werden nicht erreicht, weil beispielsweise kurzfristig eine Stelle nicht besetzt werden konnte oder jemand krank geworden sind.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Planungen, die Fachkraftquote zu senken, bestehen derzeit nicht, und Veränderungen sind nicht angedacht.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Ebenfalls gibt es keine Überlegungen, die Definition „Fachkraft“ zu ändern. Wir legen auf eine qualitativ hochwertige Pflege großen Wert. Reformen der Pflegeausbildung wird die Landesregierung aktiv begleiten.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

An vier Berufsfachschulen wird ein Bildungsgang in der Pflegehilfe erprobt. Er geht nicht zulasten der dreijährigen Ausbildung, da der zweijährige Modellversuch nur die Voraussetzungen für die dreijährige Berufsausbildung schafft. 2008 wird die Auswertung des Modellversuchs beginnen. Die Alten- und Krankenpflegeschule der Henriettestiftung beteiligt sich an dem Modellversuch Integrierte Pflegeausbildung, der seit 2004 wissenschaftlich begleitet wird.

Die Zunahme des Pflegebedarfs aufgrund des demografischen Wandels ist zweifellos unbestritten. Allerdings gibt es über eine zukünftige Entwicklung der Pflegebedürftigkeit keine sicheren Parameter; hier gibt es nur Prognosen. Der Landes

pflegebericht stellt fest, dass bis zum Jahr 2020 der Mehrbedarf an Pflegekräften gedeckt werden kann. Langfristige Prognosen bis zum Jahr 2050 hängen von den verschiedensten Entwicklungen ab. Um ein Ausgleichsverfahren nach § 25 einzurichten, ist es erforderlich, einem Mangel an Ausbildungsplätzen - -

(Werner Buß [SPD]: Die Sozialminis- terin hört gar nicht zu!)

- Das ist unmöglich, wenn Sie hier dauernd dazwischen reden. Vielleicht darf ich hier einmal zum Ende kommen? - Um ein Ausgleichsverfahren nach § 25 einzurichten, ist es erforderlich, die Feststellung zu treffen, dass ein Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Mit einem Mangel an Pflegekräften ist nicht zu rechnen - vorläufig. Daher ist die Voraussetzung des § 25 derzeit nicht erfüllt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von Imagekampagnen für Pflegeberufe über Modellversuche, Einschränkungen von belastenden Beitragspflichten und den Abbau der Bürokratie in der Pflege haben wir Initiativen ergriffen, um das Berufsbild attraktiver zu machen. Wir freuen uns, dass es Menschen gibt, die sich für diesen Beruf entscheiden, der ausschließlich dem Mitmenschen verpflichtet ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Kohlenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten - -

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Werner Buß [SPD]: „Nein“ heißt das! - Nicht „nee“!)

- Vielen Dank für die ausgesprochen geistreiche Belehrung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Besonders erfreulich ist es, dass eine steigende Zahl von jungen Menschen bereit ist, im Bereich der Altenpflege zu arbeiten. Wir sind eine Gesell

schaft des langen Lebens geworden. Gerade vor wenigen Tagen hat das Statistische Bundesamt die jüngste Bevölkerungsvorausberechnung vorgelegt. Danach wird es im Jahr 2050 doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene geben.

(David McAllister [CDU]: Werner, du bist gemeint! - Gegenruf von Werner Buß [SPD]: Das kommt ins Protokoll!)

Mit steigendem Lebensalter steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, ganz oder zum Teil auf Unterstützung angewiesen zu sein.

Meine Damen und Herren - -

Ich komme jetzt zum Schluss.