Aber damit, sehr verehrte Damen und Herren, hört es ja nicht auf. Ein weiteres Anliegen der Landesregierung ist es, ab einer Rückzahlungsrate von 30 Euro eine Pauschalgebühr von 50 Euro für das Bewilligungsverfahren der Prozesskostenhilfe einzuführen. Es ist ja schon ein Fortschritt, dass die Landesregierung ihre ursprüngliche Idee einer generellen Gerichtsgebühr verworfen hat, nur dass sie nun für sozial Schwache eine Gerichtsgebühr durch die Hintertür einführen will. Das ist einmal mehr ein Beleg dafür, dass Sie scheinbar eine konsequente Politik der sozialen Ungerechtigkeit betreiben.
Leider können wir uns hier nicht die Zeit nehmen, alle Ihre Vorschläge, die Sie im Bundesrat eingebracht haben, auseinanderzunehmen. Sie alle haben aber eines gemeinsam: Sie bauen für sozial Schwache eine abschreckende Barriere für den
Für die SPD-Fraktion steht daher fest, dass die Landesregierung die Bundesratsinitiative zur Einführung einer Prozessgebühr unterlassen muss. Stattdessen sollte sich die Landesregierung darauf konzentrieren, erst einmal zu prüfen, wie der Rückfluss der zur Ratenzahlung gewährten Prozesskostenhilfe zu optimieren ist. Wir fordern Sie auf, ein Konzept für eine bessere Kontrolle der Rückflüsse aus Ratenzahlungen vorzulegen. Dass dies derzeit von den Gerichtsverwaltungen nicht geleistet werden kann, ist uns völlig klar. Denn Sie haben in Ihrer Regierungszeit die Personalausstattung trotz steigender Arbeitsbelastung immer weiter verschlechtert.
Sehr verehrte Damen und Herren, wir fordern die Landesregierung und die Frau Ministerin auf: Machen Sie endlich Schluss mit der Politik gegen die Menschen. Richten Sie sich nach unserem Vorschlag. Erschweren Sie nicht den Gerichtszugang für sozial Schwache, sondern verbessern Sie Ihre Politik im Umgang mit den Gerichten und den Menschen in Niedersachsen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist der letzte Tagesordnungspunkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich hoffe, ich kann es einigermaßen kurz machen.
Das ist nicht unbedingt neu. Allerdings haben es bisher noch nicht besonders viele von diesen Bundesratsinitiativen zum Bundesgesetz gebracht. Daher muss man skeptisch sein, ob es diese Bundesratsinitiative schaffen wird. Ich glaube, ich muss einmal eine Kleine Anfrage an die Landesregierung stellen, wie viele Bundesratsinitiativen ei
Der Bundesratsentwurf, den Sie dieses Mal auf den Weg gebracht haben, hat immerhin 99 Seiten. Es ist eine schwierige verfassungsrechtliche Materie, meine sehr verehrten Damen und Herren. Denn der effektive Rechtsschutz ist ein Grundrecht - das wissen wir - aus dem Grundgesetz. Er hat Verfassungsrang. Die Prozesskostenhilfe ermöglicht erst den wirtschaftlich Schwächeren und sozial Schwachen in unserem Land den Weg zum Gericht. Deswegen muss man sehr sensibel damit umgehen. Denn es kann und darf nicht sein, dass den sozial Schwachen in unserem Land der Weg zum Gericht durch erhöhte Gebührenanforderungen oder erhöhte Rückforderungen erschwert wird. Das ist einfach nicht gerecht.
Wir haben schon heute den sehr fragwürdigen Tatbestand - wie ich finde -, dass gerade bei komplizierten Verfahren vor Gericht unglaublich viel „gedealt“ wird. Je komplizierter das Verfahren vor Gericht ist, umso größer sind die Möglichkeiten der Prozessparteien, einen Straferlass auszuhandeln. Aber der kleine Rechtsuchende mit einem einfachen Verfahren hat diese Möglichkeiten nicht. Das ist ein Stück weit unfair, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will Ihnen sagen, wie über diese Bundesratsinitiative in der Presse berichtet wurde. Dort sind erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Zum Beispiel hat der Staatsanwalt Prantl in der Süddeutschen Zeitung gesagt: Das ist mit der Verfassung überhaupt nicht in Einklang zu bringen. - Das kennen wir schon von Herrn Prantl, er ist immer ganz besonders kritisch, wenn es um rechtspolitische Fragen geht. Aber z. B. der Deutsche Richterbund - ein sehr abwägendes, fast schon konservatives Gremium - schreibt in der Deutschen Richterzeitung, dass er diesen Vorstoß überhaupt nicht klug findet. Denn was machen Sie? - Sie verkomplizieren das ganze Verfahren ungemein. Das kann nun wirklich nicht im Sinne der Entbürokratisierung oder der Vereinfachung sein. Sie machen es im Bewilligungsverfahren unglaublich schwierig - im Doppelspiel zwischen Rechtspflegern und dann noch kontrollierenden Richtern -, wie die Prozesskostenhilfe zukünftig ausgestaltet werden soll.
Ich will Ihnen einmal vorlesen, was der Deutsche Richterbund dazu schreibt: Die vorgesehenen Änderungen in dem Bewilligungsverfahren führen zu
einem erheblichen Aufwand bei der Abwägung der Prozesskostenhilfe. Sie verzögern die Verfahren und belasten die Gerichte. - Meine Damen und Herren, das kann wirklich nicht in unserem Sinne sein. Dies will ich Ihnen ganz deutlich sagen.
Weiter möchte ich etwas zur PKH-Gebühr sagen, die Sie vorschlagen. Ich finde es nicht prinzipiell völlig unstatthaft, darüber nachzudenken, ob man so etwas wie eine Gebühr einführt. Wir wissen ein Stück weit aus der Forschung: Wenn man etwas kostenlos macht, dann ist es den Leuten meistens auch gar nichts wert. Aber man muss mit dieser Stellschraube sehr sensibel vorgehen. Das darf nicht dazu führen, dass sich Leute gar nicht mehr vor Gericht trauen.
Wir haben heute z. B. schon den Tatbestand, dass die gesamte Hartz-IV-Gesetzgebung extrem fehlerhaft ist, dass unglaublich viele Prozesse um sehr kleine Beträge geführt werden. Aber diese sind für die Leute extrem wichtig, wie wir wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Den dritten Vorschlag in der Bundesratsinitiative finde ich ganz besonders fragwürdig. Es ist wirklich nicht in Ordnung, wenn Sie sagen, dass jemand, der PKH bekommen hat, das in dem entsprechenden Prozess erstrittene Vermögen sofort zurückführen und damit das PKH-Darlehen zurückzahlen muss. Das macht den Prozess insbesondere für kleine Parteien quasi unrentabel. Das finde ich sehr unfair. Denn ein kleiner Betrag kann für einen sozial Schwachen eine wichtige ökonomische Funktion haben.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage aus grüner Sicht nicht, dass an der Prozesskostenhilfe nichts optimiert werden muss. Das ist ein sehr großer Posten im Haushalt - gar keine Frage. An welchen Stellschrauben man allerdings dreht, muss man sehr sensibel eruieren. Das ist in meiner Rede, meine ich, deutlich geworden. Viele von den Vorschlägen, die Sie in dieser Debatte gemacht haben, können unsere Zustimmung nicht finden. - Vielen Dank.
Rednerpult kommt und sagt, dass er es kurz machen will, und dann doch noch die Redezeit überschreitet. - Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Biester das Wort.
Ich stelle für die CDU-Landtagsfraktion fest, dass die SPD in diesem Antrag eine Tatsache richtig beschreibt, nämlich wie sich die Ausgaben für Prozesskostenhilfe entwickelt haben. Sie hat aber leider wieder einmal keine konsequenten Lehren daraus gezogen, sondern ist auf halbem Wege stehen geblieben. Da war der Kollege von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wesentlich fortschrittlicher gewesen. Er hat immerhin gesagt: Jawohl, wir sehen einen Reformbedarf bei Prozesskostenhilfefragen.
Für all diejenigen, die die Zahlen vielleicht nicht im Kopf haben, weil sie die Anfrage nicht gelesen haben, will ich wenigstens den Saldo nennen. Wir haben in der Zeit von 1999 bis 2005 einen Anstieg der Prozesskostenhilfeaufwendungen des Staates von 44,3 Millionen Euro auf nunmehr 80,8 Millionen Euro gehabt. Das ist eine Verdoppelung der Kosten - 80 Millionen Euro - in sechs Jahren. Dabei fällt auf - wir haben ab dem Jahr 2005 differenzierte Zahlen -, dass z. B. allein das Familienrecht einen Betrag von 36 Millionen Euro Prozesskostenhilfe aufweist.
Sie stellen in Ihrem Antrag fest, dass das daran liegt, dass die Bevölkerung zum Teil sozial schwächer würde und dass Gebühren zum Teil gestiegen sind. Das ist sicherlich unbestreitbar und auch richtig. Aber ich will Ihnen auch sagen, wie das in der Praxis abläuft, weil ich ein Praktiker bin.
Meine Damen und Herren, wer die Prozesskosten selber zu tragen hat, der wägt das Kostenrisiko ab, bevor er das Gericht anruft, und kommt gelegentlich auch schon einmal zu der Entscheidung, dass
sich ein Prozess aus Kostengesichtspunkten nicht lohnt und dass er erst einmal versucht, andere Wege zu gehen, um seine Forderungen und Ansprüche durchzusetzen. Ein Beispiel aus dem Familienrecht sind die Besuchsrechtsfragen. Wenn Sie sich mit dem von Ihnen getrennt lebenden oder geschiedenen Partner streiten, können Sie das Jugendamt einschalten, wenn Sie Prozesskosten selber zu tragen hätten, Sie können Familienangehörige oder den Freundeskreis um Vermittlung bitten. Sie können verschiedene Wege gehen, um zu versuchen, die Probleme außerhalb des Gerichts zu lösen.
In der Praxis sieht das so aus: Wer die Prozesskosten nicht selber zu tragen hat, der legt dem Anwalt seinen SGB II-Bescheid auf den Tisch und sagt: Bitte schön, stelle gerichtliche Anträge. - Da es eine Anwaltsschwemme gibt, finden sich immer wieder Anwälte, die relativ ungeniert direkt diesen Weg gehen. Die Zeche zahlen wir, zahlt der Steuerzahler durch entsprechende Prozesskostenhilfe. Das wäre vermeidbar.
Ich meine deshalb, dass es grundsätzlich richtig ist, nach Wegen zu suchen, die zu einer gewissen Kostenbeteiligung auch derjenigen Personen führen, die prozesskostenhilfeberechtigt sind. Meine Damen und Herren, das ist keine Verweigerung des Rechtsschutzes für solche Personen, sondern sie werden so nur gezwungen, sich zumindest annähernd die Gedanken zu machen, die sich logischerweise solche Personen machen, die die Kosten selber zu tragen haben. Die aufgeführten Zahlen zeigen den politischen Handlungsbedarf, der hier gegeben ist. Es ist wieder einmal so, dass für diese Regelung der Bundesgesetzgeber zuständig ist, die Kosten der Regelung aber das Land trägt. Also bleibt uns nur die Möglichkeit, hier über eine Bundesratsinitiative Einfluss auf die Bundespolitik zu nehmen.
Wir meinen, dass das, was hier mit der Initiative vorgeschlagen wird, grundsätzlich der richtige Weg ist. Das, was die SPD vorschlägt, ausschließlich auf die Rückflüsse von Ratenzahlungen zu setzen, um dieser Situation Herr zu werden, ist natürlich nicht ausreichend. Sie wissen, dass es eine Vielzahl von Fällen gibt, in denen keine Ratenzahlung angeordnet worden ist, sodass dieses Instrument von vornherein ausscheidet, und Sie wissen auch, dass es die Pfändungsfreigrenzen außerordentlich schwierig machen, in den Fällen, in denen Raten
Das wird unser Problem nicht lösen. Unser Problem wird nur eine Gesetzgebung lösen, die zu einer gewissen verstärkten Kostenbeteiligung der prozesskostenhilfeberechtigten Partei führt. Das hat nichts mit Verfassungswidrigkeit zu tun, sondern es ist legitimes Interesse des Landes Niedersachsen, hier die Kosten in den Griff zu bekommen.
Meine Damen und Herren, Prozesskostenhilfe ist Sozialhilfe im Recht. Wir sind also letztlich gehalten, hier die Anforderungen deutlich zu begrenzen und aufzupassen, dass uns die Situation hier nicht aus dem Ruder läuft. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu Satz 1 des Antrages: „Der Landtag stellt fest...“. Es ist immer schön, wenn der Landtag aufgefordert wird, ein Ereignis aus der Vergangenheit festzustellen, etwa dass die Sonne aufgegangen ist oder dass der letzte Winter hart war
oder dass gewisse Ausgaben - wie die für die Prozesskostenhilfe - gestiegen sind. Über die Ursachen dieses Anstiegs kann man dann schon unterschiedlicher Meinung sein: Prozessflut - aus welchen Gründen auch immer -, Verarmung potenziell prozessierender Parteien, intensivere Ausnutzung bereits bestehender Möglichkeiten - etwa aufgrund besserer Information durch Verbraucherschützer oder Medien. Über die Folgen ist man sich dann wieder einig: höhere Staatsausgaben. Das ist von Übel, jedenfalls nach Meinung der Bürger, die den Staat mit ihren Steuern finanzieren. Den anderen, die wenig Steuern zahlen, kann es zumindest vordergründig ziemlich egal sein, zumal sie es ja auch sind, die von der Prozesskostenhilfe möglicherweise profitieren.
noch andere Gruppen als die Armen? Oder ist für Sie sozial schwach identisch mit finanziell schwach?
Jeder wird zustimmen - das betone ich hier ausdrücklich -, Armut darf den Zugang zu den Gerichten und den Rechtsweg nicht erschweren.