Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Herr Wulff hat für seine Umweltpolitik einen Minister sozusagen von der Straße weg engagiert, dessen Auftritte an Peinlichkeit kaum zu überbieten sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Was? - Frank Oesterhelweg [CDU]: Unglaublich! Nicht frech werden! Das ist eine Frechheit!)

- Darf ich jetzt weiterreden, Herr Kollege?

Wenn Herr Sander nicht zur Kettensäge greift, dann redet er viel und gerne und erntet dafür nicht immer Beifall, wie im letzten Monat, als er sich beim Emder Kaufmannsmahl, einer traditionsreichen Veranstaltung, zum Naturschutz geäußert hat. Die Ostfriesen-Zeitung berichtete über diesen Auftritt:

„Der Umweltminister erklärte die FFHund Vogelschutzrichtlinie für mehr oder weniger unsinnig. Für einen niedersächsischen Umweltminister, vorsichtig formuliert, eine durchaus überraschende Sichtweise.“

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, genau diese Haltung, diese Politik spiegelt sich im Haushalt des Umweltministeriums wider. Die Umweltpolitik wird abgewickelt, das laufende Geschäft wird mehr oder minder aufrechterhalten. Politische Schwerpunkte sind nicht erkennbar - auch, wenn Frau Zachow das anders sieht. Herr Sander wird sagen: „Natürlich, wir machen Naturschutz mit den Menschen.“

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

- Ja, das kennen wir. - „Wir lassen endlich die Menschen in die Schutzgebiete, die seinerzeit die bösen Grünen und die Sozialdemokraten jahrzehntelang aus den Schutzgebieten herausgehalten haben.“

„Natur erleben“ erhebt der Minister zum Programm und stattet es finanziell aus. Dabei verkauft er doch nur alten Wein in neuen Schläuchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, den Menschen die Natur nahezubringen, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Das, worum es im Naturschutz wirklich geht, nämlich um Substanzerhaltung und um Sicherung des Naturerbes, wird vernachlässigt. Das sieht man an den geringen Ansätzen des Haushalts für diese Aufgabe.

Auch der ständig neu inszenierte Kampf gegen vermeintlich unsinnige oder überbürokratische Vorgaben der EU - ob bei der FFH- oder der Vogelschutzrichtlinie - ist nur ein durchsichtiges Manöver, das von der Tatsache ablenken soll, dass Naturschutzpolitik unter der Regierung Wulff praktisch nicht mehr stattfindet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die sogenannte Verwaltungsreform zeigt Wirkung nicht nur bei den demotivierten Mitarbeitern der Verwaltung. Die ersten Korrekturen der Reform werden vorgenommen. Kürzlich hat das MU einen Erlass an die Kommunen geschickt, in dem gefordert wird, dass die Kommunen Naturschutzgebiete, alle haushaltsrelevanten Maßnahmen in Naturschutzgebieten oder Änderungen der Verordnungen dem Ministerium zur Genehmigung vorzulegen haben - und das bis Ende 2006.

Erst wird den Kommunen die Zuständigkeit für Naturschutzgebiete übertragen. Dann fällt dem Umweltministerium auf, dass die Kommunen im Rahmen der neuen Naturschutzzuständigkeiten Entscheidungen treffen könnten, die mit finanziellen Folgen für den Landeshaushalt verbunden sind, und man macht einen Rückzieher. So war das wohl nicht gemeint mit den neuen Kompetenzen für die Kommunen. Dumm gelaufen, kann ich nur sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich nenne das eine verfehlte Reformpolitik. Wir haben immer gesagt: Das Land trägt die Hauptverantwortung für den Naturschutz, der in enger Kooperation mit den Menschen, mit den Verbänden und Verwaltungen vor Ort wahrgenommen werden muss. Der Weg, einfach die Zuständigkeit auf die Kommunen abzuladen und insgeheim zu hoffen, dass sie die neue Aufgabe sowieso nicht wahrnehmen und es deshalb für das Land billiger wird, ist eine Milchmädchenrechnung und zudem politisch unverantwortlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Minister Sander hat im September-Plenum einen Entwurf des neuen Generalplans Küste wie ein Gebetbuch durch den Raum getragen. Allerdings hat er niemanden in dieses Papier schauen lassen. Dennoch: Er hat angekündigt, den Generalplan am Jahresende

vorzulegen. Das Jahresende naht. Wo ist der Plan, Herr Sander?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir beraten heute den Haushalt, wenn auch zu vorgerückter Stunde. Dazu wären Angaben für künftig notwendige und geplante Küstenschutzmaßnahmen sehr hilfreich. Die Haushaltsansätze für 2007 und die der Mipla für die Folgejahre müssten sich dann nämlich an den Kosten für die erforderlichen Küstenschutzmaßnahmen der kommenden Jahre messen lassen. Diese Diskussion würde ich mir in der Haushaltsdebatte wünschen, sie wäre dem Parlament angemessen. Leider hatte diese Landesregierung nicht den Mut, die Küstenschutzplanung vor dieser Haushaltsdebatte offenzulegen.

Vom Küstenschutz kommen wir gleich zum Klimaschutz. Wir haben bereits gestern in der Aktuellen Stunde darüber diskutiert. Herr Wulff hat dabei zur Notwendigkeit des Klimaschutzes doziert und dieses nicht nur umwelt-, sondern gesellschaftspolitisch wichtige Themenfeld für die CDU neu erfunden. Darüber war ich doch sehr erstaunt. Denn wir Grünen haben erst im letzten Plenum einen Antrag eingebracht, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, den bereits erkennbaren Klimawandel zur Kenntnis zu nehmen und beim Klimaschutz endlich tätig zu werden. Wir wollten einen Sachverständigenrat für Klimafragen einsetzen.

Vor einem Monat noch hat die CDU-Fraktion den Eindruck erweckt, man wolle auf dieses scheinbar modische Thema nicht eingehen, nach dem Motto: Da gibt es schon Probleme, aber nichts Genaues weiß man nicht. Gegebenenfalls haben wir als Regierungsfraktionen sowieso alles im Griff. Einen Sachverständigenrat brauchen wir nicht.

Ich stelle fest: Zumindest der Ministerpräsident ist lernfähig. Das ist erfreulich. Ich schlage Ihnen vor: Wir gehen noch einmal auf Los und machen bei den Ausschussberatungen unseres Antrags bei diesem Thema einen Neuanfang.

Meine Damen und Herren, nach den Ergebnissen der jüngsten, erst am Dienstag veröffentlichten Studie der Universität Marburg wird Umweltschutz von den Deutschen als zweitwichtigstes Thema gesehen - nach der Sorge um den Arbeitsplatz. 70 % der Bevölkerung fordern, dass die Regierung mehr für den Umweltschutz tun sollte. Zwei Drittel der Bevölkerung wollen, dass Deutschland eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnimmt. 70 %

sehen eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine konsequente Umweltpolitik.

Meine Damen und Herren, wir Grünen sehen uns durch diese Ergebnisse auf unserem politischen Weg bestätigt. Unsere Ziele waren und sind weiterhin: Erstens. Die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen durch mehr Naturschutz - und nicht durch weniger Naturschutz, wie Sie das offensichtlich für möglich halten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zweitens. Ein sparsamer Umgang mit den endlichen Ressourcen des Naturhaushalts, d. h. bei Wasser und Boden. Drittens. Der Schutz der Gesundheit der Menschen, z. B. vor Feinstaub und Lärm, ist uns besonders wichtig. Denn es kann nicht Maxime des politischen Handelns sein, dass nur möglich ist, was der Wirtschaft nicht schadet so, wie Sie das betreiben.

Deswegen: Umwelt, Gesundheit und Klimaschutz sind die Themen, die wir bearbeiten müssen, die wir in unserem Haushaltsentwurf auch berücksichtigt haben. In Ihrem Haushalt finden wir das nicht wieder. Deswegen bitte ich um Verständnis dafür, dass wir diesem Haushalt nicht zustimmen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Herr Kollege Jüttner hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Teil der Abgeordneten nimmt die Beratung des Haushalts ernst. Der Mehrzahl der Mitglieder der Landesregierung ist das augenscheinlich egal. Ich sehe das nicht ein. Wir beantragen, dass das Kabinett in den Plenarsaal beordert wird.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Bode hat sich ebenfalls zur Geschäftsordnung gemeldet. Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Jüttner, Sie haben völlig Recht, Haushaltsberatungen sind das erste Recht des Parlaments, der Legislative. Deshalb freuen wir uns auch, dass Sie - bis auf die Stunden, in denen Sie nicht da waren - fast den ganzen Tag an den Haushaltsberatungen teilgenommen haben. Aber immer, wenn aus der Regierungskoalition Angriffe kamen, sind Sie schnell wieder in den Saal beordert worden.

Ich stelle fest, dass die Landesregierung den ganzen Tag über an den elementaren Haushaltsberatungen teilgenommen hat - -

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist eine Lüge, Herr Bode!)

Herr Kollege Haase, haben Sie bitte Verständnis: Herr Kollege Bode möchte, auch wenn er zur Geschäftsordnung spricht, aussprechen dürfen. Es ist ein bisschen lauter, weil einige Kollegen hereinkommen. - Herr Kollege Bode hat das Wort.

- - - dass der stellvertretende Ministerpräsident bei der umweltpolitischen Debatte beispielsweise durchgängig anwesend war, dass der zuständige Ressortminister anwesend war und dass auch der Landwirtschaftsminister anwesend war. Er saß übrigens nur bei seiner Fraktion, in den Reihen der Abgeordneten. Ich stelle auch fest, dass man durch einen einfachen Blick in das Haus sehen kann, dass die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in ausreichender Zahl an den Beratungen teilgenommen haben.

Ich muss allerdings eines sagen, Herr Jüttner.

(Unruhe)

Herr Kollege Bode, warten Sie einen Augenblick! Es ist eine allgemeine Unruhe vorhanden, weil der Eindruck entsteht, dass noch einige Kollegen hereinkommen und die Mehrheitsverhältnisse sich verändern. Das ändert nichts daran, dass der Kollege Bode zur Geschäftsordnung spricht. Ich

möchte ihn auch hören; denn er darf ja nur zum Verfahren sprechen. Herr Kollege Bode!

Ich hatte bei den Redebeiträgen teilweise allerdings schon den Eindruck, dass die SPD die Haushaltsberatungen nicht ernst genommen hat.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir weisen die Anwürfe zurück und werden Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ebenfalls zur Geschäftsordnung spricht Frau Kollegin Helmhold.