Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

(Walter Meinhold [SPD]: Hat meine Fraktion noch Redezeit?)

- 19 Sekunden.

(Walter Meinhold [SPD]: Das ist ein bisschen knapp!)

- Also können wir zur Abstimmung kommen. Die SPD hat angekündigt, dass sie sich bei der Abstimmung zu dem Antrag der Grünen der Stimme enthalten möchte. Deswegen lasse ich getrennt abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Punkt a) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit.

Wer möchte der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD unter Punkt b) zustimmen? - Wer ist dagegen? Auch hier war das Erste die Mehrheit.

Bevor wir den nächsten Tagesordnungspunkt in Angriff nehmen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, vor der Mittagspause die Tagesordnungspunkte 17 und 19 zu behandeln. Anschließend treten wir in die Mittagspause ein, die, wie vorgesehen, bis um 14.30 Uhr dauern wird. Um 14.30 Uhr geht es mit dem Tagesordnungspunkt 20 weiter. Es folgen die Tagesordnungspunkte 18, 14 und 21. Für den Rest der Tagesordnung gilt die normale Reihenfolge.

Ich rufe also jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: a) Beteiligungskultur in der Jugendhilfe erhalten und ausbauen - Fachkompetenz stärken, Jugendämter und Jugendhilfeausschüsse in Niedersachsen erhalten und weiterentwickeln - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3124 - b) Einheit und Anwaltsfunktion der Kinderund Jugendhilfe in Niedersachsen nicht zerschlagen, sondern stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3261 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Drs. 15/3429

Die Beschlussempfehlung lautet in beiden Fällen auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Das Wort hat jetzt Frau Meta Janssen-Kucz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern und heute sind Kinderrechte und das Kindeswohl in aller Munde. Wir haben für die Kinderrechte in der Verfassung geworben. Heute Nachmittag steht das Thema „Kinderarmut im Familienland Niedersachsen“ auf der Tagesordnung. Ich habe gestern vor Placebos in der Kinder- und Jugendhilfepolitik gewarnt;

(Bernd Althusmann [CDU]: Zu Recht!)

ich habe vor schönen Worten gewarnt, denen dann keine Taten folgen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Auch zu Recht!)

Ich denke, das habe ich zu Recht getan. Die Mehrheitsfraktionen haben heute vor, zwei Anträge der Opposition abzulehnen. Dieses Verhalten ist in meinen Augen ein Negativbeispiel dafür, wie Rechte von Kindern und Jugendlichen, wie in der Jugendarbeit ehrenamtlich Tätige, wie die Vernetzung von in der Jugendarbeit tätigen Menschen und dieses Thema mit Füßen getreten werden und wie ernst generell das Thema Beteiligung von dieser schwarz-gelben Regierung genommen wird, nämlich gar nicht.

Meine Damen und Herren, im September 2006 haben wir Grüne einen Antrag zur Stärkung der Beteiligungskultur und der Fachkompetenz und für den Erhalt des Landesjugendamtes und des Landesjugendhilfeausschusses eingebracht. Hintergrund waren damals die Diskussionen innerhalb der Landesregierung unter den Finanz- und Haushaltspolitikern über die Auflösung des Landesjugendamtes. Das war keine Fachdiskussion. Niemand hat über Vernetzung gesprochen. Die Sozialpolitiker und die Jugendhilfepolitiker waren in dieser Debatte still. Niedersachsen hat damit als erstes Bundesland die Ergebnisse der Föderalismusreform, die an diesem Punkt sehr umstritten waren und die in meinen Augen wirklich Murks sind, genutzt, um in einem ersten Schritt die bewährte Zweigliedrigkeit mit einem Landesjugendamt und einem Landesjugendhilfeausschuss abzuschaffen. Damit wurde eine kompetente und effiziente Kinder- und Jugendhilfestruktur zu Fall gebracht, und das vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Bereich des Kinderschutzes, die auch in Niedersachsen von großer Bedeutung sind.

Außerdem wurde ein wichtiges Bindeglied zwischen den Kommunen und den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe zerschlagen. Niemals gab es dafür eine inhaltliche Begründung. Auch in Bezug auf die Dringliche Anfrage von heute kann ich nur sagen: Wenn die Frau Ministerin über Vernetzung und Standardisierung spricht, dann ist das für mich ein Grund dafür, an bewährten Strukturen festzuhalten, sie weiter auszubauen und sie nicht zu zerschlagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann es eigentlich nicht ertragen, dass Sie mit wohlfeilen und freundlichen Worten von Kindeswohl, Chancengleichheit, Beteiligung und Familienland Niedersachsen reden und in der Realität etwas anderes machen.

(Glocke der Präsidentin - Zustimmung von Dorothea Steiner [GRÜNE])

Die Anträge, die wir im September eingebracht haben und die die SPD Ende Oktober eingebracht hat, wurden im Ausschuss kaum beraten. Sie wurden einfach abgelehnt. So kann man auch mit der Beteiligung des Parlaments umgehen! Ich finde, die Beratung der beiden Anträge der Opposition war auch eine Lehrstunde in Sachen Demokratie und Beteiligung.

(Glocke der Präsidentin)

Demokratische Beteiligungskulturen scheinen nämlich dieser Landesregierung ein Dorn im Auge zu sein.

Ein letzter Satz: Wie sagte Ihre Kollegin, Frau Siebert, so schön? - Wir freuen uns darauf, Sie zu überraschen. Das Kindeswohl ist in guten Händen.

(Zuruf von der CDU: Sie hatte Recht!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Solche bösen Überraschungen brauchen wir nicht, und die Kinder und Jugendlichen und die Haupt- und Ehrenamtlichen, die in Niedersachsen in der Jugendarbeit tätig sind, auch nicht. Den Beweis, dass das Kindeswohl - -

Frau Janssen-Kucz, Sie bekommen jetzt eine Lehrstunde in Sachen Geschäftsordnung, indem ich Ihnen sage, dass Ihre Redezeit längst vorbei ist.

- - - bei Ihnen in guten Händen ist, müssen Sie erst noch antreten. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Albers. Bitte schön, Herr Albers, Sie haben das Wort!

(Norbert Böhlke [CDU]: Sag mal et- was Neues, Herr Kollege!)

Herr Böhlke, extra für Sie.

(Heinz Rolfes [CDU]: Versprechen Sie nicht zu viel! - Christian Dürr [FDP]: Sie können auch zu uns allen reden!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Landtag hat das Jahr 2006 einstimmig zum „Jahr der Jugend“ erklärt. Die Landesregierung hat dieses Jahr jedoch zum Trauerjahr der niedersächsischen Kinder und Jugendlichen gemacht.

(Beifall bei der SPD - Astrid Vockert [CDU]: Zu einem erfolgreichen Jahr, Herr Kollege Albers!)

Es sollte ein Jahr werden, in dem sich das Handeln dieses Landtages an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert und in dem gezielt die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen diskutiert und Ansätze zur Verbesserung gefunden werden sollten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nörgeln, nörgeln!)

- Herr Althusmann, im Moment nörgeln Sie.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein!)

Doch genau das Gegenteil ist passiert. Für die Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen hat die Landesregierung Wulff und die zuständige Ministerin wie ein Abbruchunternehmen gewirkt.

(Astrid Vockert [CDU]: Sie waren wohl im Ausland!)

Dieser Landesregierung geht es anscheinend beim Thema Kinder- und Jugendhilfe mehr um Sonntagsreden und um Schönwetterpolitik als um die Hilfe und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen.

(Beifall bei der SPD - Astrid Vockert [CDU]: Das ist falsch!)

Während die sehr positive Arbeit der Jugendverbände von der Landesregierung 2006 wie eine Monstranz nach vorne getragen wurde, hat sie im Hintergrund begonnen, diese bestens funktionierenden Strukturen zu zerschlagen.

(Astrid Vockert [CDU]: Auch falsch!)

Sehr geehrte Damen und Herren, unter dem Deckmäntelchen der Föderalismusreform hat diese CDU/FDP-Regierung das Landesjugendamt und den Landesjugendhilfeausschuss mit einem Federstrich abgeschafft. Das, Herr Wulff und Frau Ross-Luttmann, stellte den ersten Schlag ins Gesicht aller Beteiligten in der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen dar.

(Astrid Vockert [CDU]: Er wiederholt nur seine übliche Rede!)

Meine Damen und Herren, wir fordern mit unserem Antrag nichts mehr, als dass sich das Land seiner Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen

stellt, und das nicht nur in Sonntagsreden. Es sollte auch endlich wieder entsprechend handeln.