Michael Albers
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dürr, Sie können hier erzählen, was Sie wollen; es glaubt Ihnen ohnehin niemand mehr im Lande.
Nicht nur Sie, sondern auch der Ministerpräsident und Herr Staatssekretär Ripke haben auf allen Veranstaltungen erzählt, man sei bemüht, einen Konsens herbeizuführen; man wolle auch mit der Opposition und den Initiativen zusammenarbeiten. Fakt ist: Es wurden weder von den Initiativen noch von der Opposition irgendwelche Forderungen aufgenommen.
Sie haben nach wie vor die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Betreiber aufgenommen, was bedeutet, dass sie sich aus Ihrem Gesetzentwurf herausrechnen können. Damit verhindern Sie in Niedersachsen eine Erdverkabelung, zumal Sie auch keine Vollverkabelung, sondern nur Teilverkabelung zulassen. Angesichts dessen kann jeder Betreiber sagen, dies sei sinnlos und vor allem zu teuer.
Meine Damen und Herren, wenn Sie dieses Gesetz hier so beschließen, dann machen Sie sich zu
Gehilfen von E.ON und Co., nicht aber der Menschen vor Ort. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Konrath, man war sich in der Tat einig. Insofern verstehen wir nicht, wie es zu einem solchen Beschlussvorschlag kommen kann.
Meine Damen und Herren, die reichen Länder sind in erster Linie dafür verantwortlich, dass Kinder in
den ärmeren Ländern durch harte und unmenschliche Arbeit ausgebeutet werden.
Auf diese einfache und zugleich unmissverständliche Formel lassen sich die aktuelle Situation und der Hintergrund des Antrags der Grünen zusammenfassen. Etwa 200 Millionen Kinder werden auch in 2007 weltweit durch Kinderarbeit ausgebeutet. Kinderarbeit wird in erster Linie als Thema im Zusammenhang mit den Entwicklungsländern diskutiert. Wir als Gesellschaft haben uns lange, nein, zu lange, darüber beschwert, dass es in etlichen Ländern Kinderarbeit gibt, uns allzu häufig davon distanziert und zu wenig nach den Hintergründen gefragt. Mittlerweile ist es ein offenes Geheimnis, dass es in erster Linie Auftraggeber aus den sogenannten reichen und zivilisierten Staaten sind, die aufgrund von günstigeren Angeboten Kinderarbeit zumindest indirekt fördern. Zu oft gilt immer noch die Devise: Das günstigste Angebot zählt. Wie es erreicht werden kann, ist nicht von Bedeutung. Kurz gesagt: Wir verurteilen die ausbeuterische Kinderarbeit, machen uns jedoch häufig keine Gedanken darüber, welche Verantwortung wir indirekt oder gar direkt dafür tragen. Im Rahmen von Weltmarkt und Globalisierung hat das Land Niedersachsen sehr wohl seine Bedeutung, wenn es um Ausschreibungen oder darum geht, direkt Aufträge zu vergeben.
Kommen wir nun zum Unterschied zwischen Reden und Handeln: CDU und FDP - das haben wir hier gerade erlebt - sprechen gerne darüber, dass etwas gegen die schlimme Kinderarbeit gemacht werden muss. So unterstützten Sie, Frau Konrath, auf einer Diskussionsveranstaltung am 12. November den Antrag der Grünen, und zwar mit deutlichen Worten.
Sie machten ebenfalls deutlich, dass auch in Niedersachsen möglich sein muss, was in Bayern beschlossen wurde. Wie recht sie doch haben, Frau Konrath. Ich gehe jetzt davon aus, nachdem Sie das öffentlich so deutlich gemacht haben, dass Sie dem Antrag der Grünen zustimmen werden. Der Antrag der Grünen ist nämlich deckungsgleich mit der Entschließung, die der Bayerische Landtag mit den Stimmen der CSU annähernd einstimmig fasste.
Doch was erleben wir wahrscheinlich heute? - Wir erleben die leibhaftige Wulffsche Politik:
in Veranstaltungen den Menschen alles versprechen und im Landtag anders entscheiden.
Während sich viele andere Bundesländer an die praktische Umsetzung machen, wollen CDU und FDP immer noch prüfen, prüfen und prüfen. Was soll das eigentlich, meine Damen und Herren?
Das kann durchaus als peinlicher Versuch gewertet werden, konkrete Maßnahmen gegen Kinderarbeit zu verzögern.
- Das muss mir in der Tat niemand aufschreiben. Durch solche Prüfaufträge wie der, den Sie hier nun durchprügeln wollen oder werden, wird nicht ein einziges Kind von Kinderarbeit befreit. Nein, meine Damen und Herren von CDU und FDP, die Ausbeutung von Kindern wird in aller Ruhe voranschreiten.
Die Beweggründe der FDP will und kann ich nicht kommentieren. Aber wofür steht eigentlich noch das „C“ bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU? Selbst Ihre bayerischen Kollegen und Kolleginnen haben erkannt, dass aktives Handeln christlicher ist als andauernde Prüfereien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, noch können Sie den blumigen Worten auch Taten folgen lassen. Lassen Sie den nichtssagenden Prüfauftrag in der Schublade und stimmen Sie hier und heute gegen die Ausbeutung von Kindern und somit für ein großes Stück mehr Lebensqualität für die Kinder dieser Welt! - Herzlichen Dank.
Herr Minister Hirche, wenn Sie sagen, das Ganze bereite so viele Probleme: Wie machen es denn andere Bundesländer, und wie bekommt das Bayern hin?
Herr Minister, die Straßenmeistereien sind auch für Bundesstraßen zuständig. Sind Sie da im Kontakt mit dem Bund, und welche Position nimmt der Bund zu Ihren Plänen ein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klare, ich finde es ganz schlimm, wie Sie hier vorgehen. Es ist unmöglich, aus einer Besuchergruppe zu berichten, und das auch noch komplett falsch. Ich will Ihnen nur eines sehr deutlich sagen: Ich habe jetzt ein paar Mal erlebt, dass Sie in Besuchergruppen versuchen, die Kinder und Jugendlichen gegeneinander auszuspielen
- Moment! -, und zwar ganz gezielt. In einer Besuchergruppe fragten Sie: Wollt ihr Schülerinnen und Schüler denn mit - wörtlich gesagt! - lernbehinderten Sonderschülern zusammensitzen? - So fangen Sie in Besuchergruppen an!
Herr Klare, ich finde, es ist ein Unding, wie Sie öffentlich argumentieren, wie Sie versuchen, ein Bildungskonzept zu zerreden, und wie Sie auf Kosten der Schülerinnen und Schüler Politik machen, die an Förderschulen untergebracht sind und in der Tat Förderbedarf haben. Ich finde, Sie sind ein ganz schlimmer Finger.
So kennt man Sie, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Erst einmal, Frau Meißner: Meine Kollegin hat nicht gesagt, die Gesellschaft zieht sich zurück und man müsse selbstständig sein; vielmehr hat sie gesagt, es besteht der Trend bzw. wir befürchten, dass es so ist. Das ist der eine Punkt.
Das Zweite. Was wir von Ihnen gehört haben, hilft uns in keiner Weise weiter und hilft schon gar nicht den Drogenabhängigen oder denen, die gefährdet sind. Was wir gehört haben, ist Eigenlob für das gewesen, was eigentlich so gut wie gar nicht passiert ist. Ich meine, wir müssen hier endlich tätig werden und dürfen nicht nur Sonntagsreden halten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die niedersächsischen Zahlen benutzt, also keine Zahlen, die wir selber erfunden hätten.
Große Teile der ländlichen Regionen in Niedersachsen sind aus Sicht der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung wahre Notstandsgebiete. In der Theorie scheinen die Zahlen sehr gut zu sein, aber leider eben nur in der Theorie. Die Praxis sieht allzu häufig wie folgt aus: Bei akutem Bedarf liegt die nächste sinnvolle therapeutische Versorgungsmöglichkeit in manchen Teilen Niedersachsens über 40 km vom Wohnort entfernt. Nicht selten gibt es Wartezeiten von über einem halben Jahr. Für eine so fortschrittliche Gesellschaft ist das ein Skandal.
Häufig werden aufgrund der unzureichenden psychiatrischen Versorgung in der Not der betroffenen Kinder und Eltern zunächst Beratungsstellen um Hilfe gebeten. Unsere Beratungsstellen sind jedoch nicht auf Behandlung ausgelegt und daher in den meisten Fällen mit dem Hilferuf völlig überfordert. Dies führt in einigen Regionen Niedersachsens auch bei Beratungsstellen zu Wartezeiten von über einem halben Jahr.
Sehr geehrte Frau Meißner, es bringt nichts, den Zustand nur zu bedauern oder sogar in einigen Teilen schönzureden. Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen endlich eine anständige Versorgung, die zeitnah zur Verfügung steht, damit nicht erst dann behandelt werden kann, wenn sich die Störungen bereits verfestigt haben. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos und Frau Meißner, das waren zwar schöne, nette Worte, aber komplett an der Realität vorbei.
Aus der Antwort der Landesregierung ergibt sich, dass sicherlich Erkenntnisdefizite vorhanden sind. Aber vor allen Dingen gibt es in Niedersachsen Handlungsdefizite dieser Landesregierung bei dem Thema Kinderarmut.
Kommen wir zum Sachstand: In einem Artikel der Neuen Presse mussten wir vorgestern lesen, dass die Kinderarmut in Niedersachsen im letzten Jahr erneut gestiegen ist. Herr Ministerpräsident Wulff, unter Ihrer Regierung ist die Anzahl armer Kinder unter 15 Jahren in Niedersachsen allein im letzten Jahr um 10,9 % auf über 201 000 gestiegen. Diese Zahl ist schon ein gesellschaftlicher Skandal für sich.
Spätestens mit dieser Zahl muss doch jeder und jedem in der CDU und der FDP aufgefallen sein, dass Armut kein Einzelfall und auch kein Schicksalsschlag ist. Unterversorgung ist kein individuelles Schicksal von Kindern, das in erster Linie von den Eltern abhängt. Insbesondere in Niedersachsen sind es oft die strukturellen Rahmenbedingungen, die geradezu verhindern, dass Kinder unter günstigeren Lebensbedingungen aufwachsen.
Besonders betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden sowie aus Familien mit Migrationshintergrund.
Bei unserer ersten Anfrage zu diesem Thema ging es uns u. a. um die soziale Einbindung und die Bildungschancen.
Hierzu musste die Landesregierung in ihrer Antwort bereits eingestehen, dass in Niedersachsen die Zukunftschancen für Kinder aus armen Familien wesentlich - ich wiederhole: wesentlich schlechter als für die aus wohlhabenden Familien sind.
Danke. - Trotz dieser Erkenntnis zeigt sich diese Landesregierung beratungsresistent.
Meine Damen und Herren, folgende Schlüsse müssen aus der Antwort dieser Landesregierung gezogen werden:
Erstens. Kinder aus ärmeren Familien weisen mehr Defizite im gesundheitlichen Bereich auf als Kinder aus eher wohlhabenden Familien.
Zweitens. Familien mit sogenanntem niedrigen Sozialstatus nehmen die Vorsorgeuntersuchungen für die Kinder erschreckend viel weniger wahr als Familien mit höherem Sozialstatus.
Drittens. Auch bei den Risikofaktoren wie Drogenkonsum etc. sind Kinder aus ärmeren Familien und mit Migrationshintergrund wesentlich stärker gefährdet als Kinder aus wohlhabenden Familien.
Die meisten dieser Erkenntnisse und Trends sind bereits länger bekannt. Diese Landesregierung scheint jedoch sämtliche Sachverhalte, die nicht nur die Sonnenseite des Lebens aufzeigen, zu verdrängen. So haben wir es auch heute wieder erlebt. Es sind schöne, nette Worte gesprochen worden, zwar kaum zur Sache, aber in Niedersachsen läuft ja alles. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Diese Landesregierung verniedlicht wie bei der Rede von Herrn Busemann die Probleme und die gesundheitlichen Gefährdungen der Familien aus prekären sozialen Verhältnissen und begründet damit auch noch ihre Untätigkeit. Herr Ministerpräsident Wulff, Sie haben weder ein Konzept noch eine Strategie, um Kindern in Armut zu helfen.
Der Herr Ministerpräsident wandelt lieber auf der sonnigen Seite des Lebens, meine Damen und Herren. Statt selbst effektiv tätig zu werden, feiern Sie sich für Projekte der Vorgängerregierung, z. B. das Hebammenprojekt.
- Eben, ganz genau.
- Das ist ja aus unserer Regierungszeit.
Wenn Sie in der Antwort auf die Große Anfrage auch noch die von allen Seiten - ich wiederhole auch das: von allen Seiten - kritisierte und völlig ineffektive Fitnesslandkarte als präventive Maßnahme erwähnen, so hat das schon einen tragischen Charakter.
Das PRINT-Nachfolgeprojekt NiKo haben Sie dermaßen schlecht ausgestattet, dass sehr viele Träger NiKo gar nicht erst beantragen oder sogar ihre Anträge zurückziehen.
Ihr in der Antwort auf die Anfrage als sehr dicht und hochwertig bezeichnetes Auffangnetz zur Therapie und zur Eingliederungshilfe erweist sich in der Realität als eher lückenhaft und teilweise unkoordiniert.
Diese Landesregierung kann bei positiven Maßnahmen leider nur auf Projekte der freien Träger und der Krankenkassen verweisen.
Kurz gesagt: Obwohl wir mittlerweile von über 200 000 armen Kindern sprechen, war diese CDU/FDP-Landesregierung leider und zum Schaden der Kinder in den letzten vier Jahren untätig oder ineffektiv. Gerade im Bereich der gesundheitlichen Prävention und der Vorsorge bei Kindern gibt es in Niedersachsen unglaublich viele Defizite.
Doch was folgt daraus, meine werten Damen und Herren? - Diese Landesregierung muss endlich aufhören, Kinder und Jugendliche nur in Sonntagsreden zu erwähnen. Wir brauchen in Niedersachsen keine aktionistischen Projekte wie die Fitnesslandkarte. Wir brauchen eine langfristige Strategie, die sicherlich nicht die Armut von Kindern komplett verhindert, die aber die Auswirkungen von Armut bei Kindern enorm abmildern kann.
Wir müssen bei Kindern viel eher mit der Gesundheitsvorsorge beginnen. Das Hebammenprojekt muss daher wirklich flächendeckend ausgebaut und finanziell ausgestattet werden, und zwar von der Landesebene. Wir brauchen z. B. bereits in den Kindertagesstätten verbindliche Vorsorgeuntersuchungen und kontinuierliche Überprüfungen der Gesundheit. Niedersachsen muss auch die Maßnahmen im präventiven Bereich erheblich verstärken.
Effektiv können wir den Kindern nur mit landesweiten Gesundheitsprogrammen helfen, die den Aspekt der sozialen Benachteiligung im Fokus haben.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Meine Damen und Herren, wir brauchen endlich die Fortschreibung des Landesarmutsberichts und, darauf aufbauend, einen Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Armut, Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder, der die Vorsorge einschließt und der regional umgesetzt werden kann. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben von der Ministerin des Häufigeren die Begriffe Vernetzung und Konferenz gehört. Konferenzen bringen den Kindern nichts. Frau Ministerin, von Vernetzung hat auch Ihre Vorgängerin schon gesprochen. In einer der ersten Reden Ihrer Vorgängerin hat diese einen Schwerpunkt bei der Kinder- und Jugendhilfe bzw. dem Kinderschutz gesetzt. Jetzt sind drei Jahre vergangen und die Landesregierung hat so gut wie nichts getan. Sie verweist immer auf die kommunale Ebene.
Sie hätten aber die Chance gehabt, etwas zu tun. Deswegen frage ich Sie: Warum gibt es immer noch kein effektives Frühwarnsystem, in das Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten, aber auch die Sozialdienste und die Jugendämter eingebunden sind?
Herr Böhlke, extra für Sie.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Landtag hat das Jahr 2006 einstimmig zum „Jahr der Jugend“ erklärt. Die Landesregierung hat dieses Jahr jedoch zum Trauerjahr der niedersächsischen Kinder und Jugendlichen gemacht.
Es sollte ein Jahr werden, in dem sich das Handeln dieses Landtages an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert und in dem gezielt die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen diskutiert und Ansätze zur Verbesserung gefunden werden sollten.
- Herr Althusmann, im Moment nörgeln Sie.
Doch genau das Gegenteil ist passiert. Für die Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen hat die Landesregierung Wulff und die zuständige Ministerin wie ein Abbruchunternehmen gewirkt.
Dieser Landesregierung geht es anscheinend beim Thema Kinder- und Jugendhilfe mehr um Sonntagsreden und um Schönwetterpolitik als um die Hilfe und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen.
Während die sehr positive Arbeit der Jugendverbände von der Landesregierung 2006 wie eine Monstranz nach vorne getragen wurde, hat sie im Hintergrund begonnen, diese bestens funktionierenden Strukturen zu zerschlagen.
Sehr geehrte Damen und Herren, unter dem Deckmäntelchen der Föderalismusreform hat diese CDU/FDP-Regierung das Landesjugendamt und den Landesjugendhilfeausschuss mit einem Federstrich abgeschafft. Das, Herr Wulff und Frau Ross-Luttmann, stellte den ersten Schlag ins Gesicht aller Beteiligten in der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen dar.
Meine Damen und Herren, wir fordern mit unserem Antrag nichts mehr, als dass sich das Land seiner Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen
stellt, und das nicht nur in Sonntagsreden. Es sollte auch endlich wieder entsprechend handeln.
Doch mit dem Beschluss des Haushaltsbegleitgesetzes haben Sie, die Mehrheit von CDU und FDP in diesem Parlament, die überlebenswichtige Einheit in der Kinder- und Jugendhilfe auf Landesebene zu Grabe getragen. Bezeichnend für diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen CDU und FDP ist es, wie diese Entscheidung zustande kam. Bei der Einbringung unseres Antrages sprachen Frau Siebert, aber auch die Jugendministerin Frau Ross-Luttmann davon, dass ihnen eine Beteiligung der Träger in der Jugendhilfe besonders wichtig sei. In der Realität jedoch wurden diese Gruppen in keinster Weise beteiligt. Zu allem Hohn kommt noch, dass die Träger, die ihr Beteiligungsrecht ausüben wollten, von der Ministerin mit Beschwichtigungsbriefen abgespeist wurden. Proteste und Mahnungen von Praktikern und Fachleuten hat diese Ministerin plump in den Wind geschlagen,
frei nach dem Motto: Es wird schon nicht so schlimm werden. Einer von der SPD und von den Grünen beantragten Anhörung im Ausschuss haben Sie sich zudem komplett verweigert.
Dies, meine Damen und Herren, ist der zweite Schlag - ein Schlag ins Gesicht der Träger der Jugendhilfe und Jugendarbeit in Niedersachsen. Wie sich die CDU vorstellt, in Zukunft die Beteiligung der Jugendlichen bzw. die Beteiligung der Träger zu erreichen, haben wir auf einer Diskussionsveranstaltung mit der Sportjugend erlebt. Dort wurde die Frage gestellt: Wie können wir unsere Interessen gegenüber der Landespolitik in Zukunft äußern? - Daraufhin ein CDU-Abgeordneter: „Ich werde ein Gespräch mit unserer Fraktionsspitze organisieren und gehe davon aus, dass die Anregungen gerne aufgenommen werden.“
So sieht also die neue Beteiligungsstruktur aus, wie sie sich die CDU denkt! Statt bei neutralen Stellen und bei dem neutralen Jugendhilfeausschuss müssen die Interessenvertretungen der Kinder und Jugendlichen jetzt beim CDU-Vorstand vorsprechen. Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, meine Damen und Herren!
- Sie waren ja leider nicht dabei, Herr Böhlke.
Bedenklich finde ich es auch, dass sich dieses Parlament mit der Entscheidung im Dezember das Heft des Handelns im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik hat aus der Hand nehmen lassen. Die Landesregierung kann nun nach Gusto entscheiden, von welcher Landesbehörde welcher Aufgabenbereich der Kinder- und Jugendhilfe bearbeitet wird.
Dies ist der dritte Schlag, nämlich gegen die Abgeordneten des Landtages, die im Sinne der Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen Niedersachsens auch künftig mitgestalten wollen.
Meine Damen und Herren, für die Entscheidung, die funktionierenden Strukturen auf Landesebene zu zerstören, wurden seitens der Landesregierung, aber auch der Mehrheitsfraktionen CDU und FDP gebetsmühlenartig nur folgende Argumente genannt. Das erste Argument hat die FDP ja schon ziemlich schnell in der Presse bekannt gegeben. Für sie geht es um mögliche Einsparungen und um Kommunalisierung.
Aber der zweite Punkt, der von der CDU vorgetragen wurde, ist immer das Gleiche, nämlich dass die Förderalismusreform Veränderungen in diesem Bereich zulässt. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, es mag ja sein, dass die Einigung über die Föderalismusreform unsinnige und gefährliche Beschlüsse von Landtagen ermöglicht. Man muss sie jedoch nicht in der Konsequenz ausführen, wie Sie es tun.
Weder aus der Runde der betroffenen Kinder und Jugendlichen noch der Träger der Jugendhilfe noch aus der Wissenschaft haben Sie nur eine einzige Zustimmung erhalten. Das ist auch logisch, weil es keine positiven Auswirkungen auf die Struktur der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen gibt.
Auch große Teile der Fachwelt gehen davon aus, dass es dieser Landesregierung lediglich um drei Dinge geht: erstens um Absenkung der Standards im Kinder- und Jugendhilfebereich,
zweitens um die faktische Aufhebung der Beteiligungsrechte von Trägern in der Jugendhilfe,
und drittens geht es Ihnen mittelfristig - da können Sie mir sicherlich zustimmen - nur um die Kommunalisierung der Kinder- und Jugendhilfe, d. h. Sie wollen sich dieser Aufgabe entledigen.
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben jetzt gesagt: Das ist alles falsch. Wenn Sie nur einem dieser drei Argumente wirklich ernsthaft und glaubhaft widersprechen wollen, weil sie falsch sind, dann müssen Sie unserem Antrag zustimmen. - Herzlichen Dank.
Herr Böhlke, ich mag Sie ja auch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was wir eben gehört haben, ist nichts anderes als weiße Salbe für die Betroffenen. Sie hat jedoch verheerende Wirkungen. Sie haben - das wurde hier noch einmal deutlich gemacht - faktisch Angst vor einer Anhörung. Sie wollen die Betroffenen nicht beteiligen. Das haben wir im Ausschuss gemerkt, und das haben wir heute auch in Ihren Reden gehört. Es hieß: Wir geben keinen Menschen verloren, und deswegen lösen wir das Landesjugendamt auf. - Das ist ein komischer Zusammenhang, den Frau Siebert hier hergestellt hat.
In den Ausführungen der Ministerin war von einer Weiterentwicklung die Rede. Wenn eine Zerschlagung von Strukturen für diese Landesregierung eine Weiterentwicklung bedeutet, dann aber schönen Dank!
Nun noch eine Anmerkung zu den Ausführungen von Herrn Dürr. Sie empfinden die Einbindung der Ehrenamtlichen als toll. Es gibt bereits einen Landesbeirat für die ehrenamtliche Schiene.
Ich will noch einen weiteren Punkt erwähnen. Wir haben vorhin im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendschutz gehört, dass es der Ministerin um eine bessere Vernetzung geht. Mit der Zerschlagung des Landesjugendamtes und der Zerschlagung des Jugendhilfeausschusses haben Sie eine der Hauptquellen der Vernetzung der Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen stillgelegt. Sie zerschlagen Vernetzung und sprechen in Sonntagsreden dann davon, wie wichtig Vernetzung sei.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Situation vieler Familien in Niedersachsen ist weitaus prekärer, als es diese Landesregierung wahrhaben will.
Herr Ministerpräsident Wulff ist bei diesem für die Regierung doch so wichtigen Thema leider nicht da. Frau Ministerin, beim Thema Kinderarmut lässt diese Regierung keine Strategie erkennen. Anders gesagt: Sie sind völlig konzeptlos, weil Sie die Realität einfach nicht sehen.
Es kommt sogar noch viel schlimmer: Die Politik dieser Landesregierung Wulff verschärft die Situation armer Kinder und Familien.
- Nur zwei Beispiele, weil Sie so nachfragen, Herr Böhlke: Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit haben CDU und FDP die Lernmittelfreiheit und die Hausaufgabenhilfe ersatzlos gestrichen. Gerade diese Aktion trifft vor allem die armen Kinder und Familien.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Böhlke, gerade in Niedersachsen sind Kinder ein Armutsrisiko. Für Familien ergibt sich sehr häufig
ein Teufelskreis: je mehr Kinder, desto größer die Gefahr, in Armut zu leben. Ganz besonders davon betroffen sind die Alleinerziehenden. Frau Ministerin, bisher haben wir noch nichts davon gehört, welche effektiven Maßnahmen die Landesregierung für Alleinerziehende vorsieht.
Meine Damen und Herren, Kinder aus armen Familien leiden vor allem an Benachteiligungen in der sozialen Integration, bei der Bildung und bei der Gesundheit. Kinder, die in Armut aufwachsen, haben erheblich schlechtere Startchancen in das Leben als Kinder aus nicht armen Familien. Je schlechter die Startchancen sind, desto größer ist die Gefahr, dass sie aus dieser Armut nicht wieder herauskommen. Das fängt bei den Betreuungsmöglichkeiten für die unter Dreijährigen an und geht bis hin zu einem kaum zu tragenden Beitrag etwa für Sportvereine, was ebenfalls soziale Integration verhindert. Kommt das Kind in Niedersachsen in die Schule, trifft es auf das dreigliedrige Schulsystem, das wie kein anderes eine soziale Selektion betreibt.
Für arme Kinder gibt es keine Chancengleichheit in der Bildung, vor allen Dingen nicht für arme Familien.
- Herr Böhlke, es ist schon traurig, dass Sie zum Thema Kinderarmut solche Beiträge liefern.
Die meisten Betroffenen haben nicht die Kraft, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Hier sind wir als Parlamentarier gefragt, hier ist vor allen Dingen die Regierung gefragt. Wir müssen Kindern bessere Startchancen geben. Dazu haben wir jedenfalls bisher von dieser Ministerin noch nichts gehört.
Ich will Ihnen nur ein paar Beispiele nennen. Aus der Sicht der SPD muss die Landesregierung endlich in der Realität ankommen und mit der Sonnen
scheinpolitik aufhören, die sie ewig betreibt. Ferner müssen endlich die Betreuungsmöglichkeiten für die unter Dreijährigen erheblich verbessert werden, anstatt nur darüber zu reden.
Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass jedes Kind, ob aus einer armen Familie oder nicht, eine Kindertagesstätte besuchen kann. Das heißt konkret nichts anderes, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, als dass wir endlich Schritt für Schritt die Beitragsfreiheit für den Besuch von Kindertagesstätten einführen müssen.
Die Hinwendung des niedersächsischen Schulsystems weg von der sozialen Auslese hin zu einer wirklichen Chancengleichheit ist wichtig. Die Hilfe für Kinder und Jugendliche, aber auch für Familien darf nicht weiter zum Sparschwein der Landesregierung gemacht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beantwortung unserer Fragen bzw. die Nichtbeantwortung einiger Fragen zeigt, dass wir eine regelmäßige Sozialberichterstattung brauchen.
Wir haben auch über Kinder- und Jugendschutz geredet. Wenn Sie endlich konsequent damit beginnen, die Kinderarmut zu bekämpfen, dann leisten Sie einen sehr großen Beitrag für den Kinderund Jugendschutz.
Wir alle, meine Damen und Herren, können einen Beitrag dazu leisten, dass Kinder nicht mehr als Armutsrisiko, sondern als Bereicherung für Familien, aber auch für die Gesellschaft angesehen werden. Lassen Sie uns nicht bloß darüber reden, sondern handeln Sie endlich! - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Albrecht, hier ist deutlich geworden, dass zumindest ein Teil der Abgeordneten in keinster Weise kapiert hat, worum es bei dem Problem Kinderarmut wirklich geht. Überhaupt nicht!
Es ist faktisch nachgewiesen, dass Kinder aus ärmeren Familien Probleme im Bereich Bildung haben. Es ist nachgewiesen, dass Kinder aus ärmeren Familien auch seltener Kindertagesstätten besuchen.
- Oh doch!
- Fragen Sie doch mal die Leute.
- Ganz genau. Ins wahre Leben sollten Sie einmal eintreten.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, genau diese Realitätsverschiebung ist Ihr Problem.
Deswegen reden Sie zwar über gute Maßnahmen, handeln aber genau anders herum. Das ist traurig für die Kinder.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es ist schon bezeichnend: Wenn wir über die Bildung armer Kinder reden, bringen Sie grundsätzlich das Hauptschulthema. Es ist schon bezeichnend, dass für Sie dann immer nur die Hauptschule infrage kommt. Ich will Ihnen und Herrn Albrecht einmal aufzeigen, wie denn die Realität aussieht. Das eine ist ja Ihr Wunschdenken und Ihre Ideologie, aber die Realität sieht einmal wieder ganz anders aus.
Ich möchte Ihnen etwas zur Chancengleichheit und zur Nutzung von Einrichtungen sagen.
In ganz Deutschland kommen im gegliederten Schulsystem 12 % der Kinder aus armen Familien aufs Gymnasium. Bei sogenannten nicht armen Kindern, bei denen also erheblich mehr Geld im Haushalt zur Verfügung steht, ist dieser Anteil dreimal so hoch, also 36 %. Das hat Ursachen. Das fängt im Kindergarten an. Das hört mit der Dreigliedrigkeit und insbesondere mit der sozialen Selektion im Rahmen Ihres Schulsystems auf. Nehmen Sie das endlich einmal als Fakt zur Kenntnis und bauen Sie hier nicht irgendwelche Luftschlösser auf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bis zum heutigen Tag ist die Diskussion über den Amoklauf vom Innenminister immer nur rein populistisch geführt worden. Heute haben wir als zweite Variante die von der Sozialministerin angesprochene Variante der „weißen Salbe" - ich möchte sie einmal so nennen - hinzubekommen. Sie hat ja dargelegt, was man alles machen müsste, um solchen Aggressionen von Jugendlichen Herr zu werden bzw. um hier Prävention zu betreiben.
Wir diskutieren hier im Parlament bereits seit längerem über Killerspiele und über Amokläufe.
Aber bisher ist seitens der Landesregierung nichts unternommen worden. Es kann doch nun wirklich nicht sein,
dass das Einzige, was Sie in diesem Bereich - gerade nach Ihrer Rede hier und nach den Antworten - in die Wege geleitet haben, ein Projekt ist, zu dem Sie sagen, Sie bilden für 60 000 Euro Medienberater aus.
Da es nicht die einzige Maßnahme sein kann, weil Prävention für Sie ja schon seit Jahren so wichtig ist, frage ich Sie: Welche Maßnahme hat die Landesregierung noch in petto? Wo werden Jugendliche und vor allen Dingen Eltern in der Medienkompetenz gestärkt? - 60 000 Euro sind ja viel zu wenig.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns über Killerspiele unterhalten. Aber man weiß, dass Ursache von aggressivem Verhalten - übrigens auch von Amokläufen - zu mehr als 95 % die Lebenssituation der Jugendlichen ist, und zwar die Hilflosigkeit und die Perspektivlosigkeit. Wenn man also wirklich wirksam arbeiten will, muss man an diese Ursache herangehen.
Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, und wie schlagen sie sich im Haushalt nieder, um die Lebenssituation von Jugendlichen, aber auch von Familien in Niedersachsen zu verbessern, insbesondere um der Perspektivlosigkeit von Jugendlichen entgegenzuwirken?
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt die Axt an die Wurzeln der Jugendhilfelandschaft in Niedersachsen.
Die Regierungsfraktionen, bestehend aus CDU und FDP, schauen tatenlos zu oder bejubeln die geplante Zerschlagung von funktionierenden Strukturen in der Jugendhilfe auch noch. So lässt sich die derzeitige Situation in zwei Sätzen zusammenfassen.
- Ich erkläre es Ihnen der Reihe nach.
Niedersachsen hatte bis 2003 eine einheitliche und von Verantwortung geprägte Jugendhilfelandschaft. Sie zeichnete sich vor allem durch eine vorbildliche Zusammenarbeit aller Beteiligten aus. Nur so konnte der sehr hohe Qualitätsstandard in der Jugendhilfe gewahrt werden.
Grundlage dieser Zusammenarbeit und des Zusammenspiels zwischen Politik, freien und öffentlichen Trägern war es auch, dass eine funktionierende Jugendhilfe für Niedersachsen oberste Priorität hatte, übrigens auch hier im Parlament. Doch dann, meine Damen und Herren von CDU und FDP, kamen Sie.
Sie kamen und hatten nichts Besseres zu tun, als nach den Strukturen zu greifen und sie kaputt zu machen. Sofort nach Regierungsantritt begannen Sie mit der Trennung von Zuständigkeiten und mit Kürzungen in der Jugendarbeit. Streichungen beim Mädchenprogramm, die Kürzungen bei den Jugendfreizeiten und der Wegfall des Verdienstausfalls für Ehrenamtliche sollen nur Beispiele sein. Die Position der freien Träger wurde unter dem Deckmäntelchen einer Stärkung der kommunalen Verantwortung geschwächt und die Leistungsfähigkeit des Landesjugendamts durch Personalabbau ausgehöhlt. Diese Landesregierung hat im Jugendetat die stärksten Kürzungen aller Landesregierungen vorgenommen, die es jemals in Niedersachsen gegeben hat. Ich hätte nun gern den Herrn Ministerpräsidenten Wulff angesprochen.
Nun sage ich es der Frau Ministerin: Es ist ein trauriger Höhepunkt Ihrer Amtszeit.
Doch die bisherigen Eingriffe scheinen Ihnen nicht auszureichen. Es stehe keine „Revolution im Kinder- und Jugendhilfebereich“ bevor, sondern lediglich ein „Optimierungsprozess“ mit dem Ziel, Bewährtes zu erhalten und Neues zu gestalten. Ich zitiere:
„Zu dem Bewährten gehört für uns auf beiden Ebenen die Beteiligung der freien Träger und der Jugendverbände.“
„Durch sie erfolgt in den Jugendhilfeausschüssen immer wieder der Austausch zwischen Politikern, Verwaltungsfachkräften und Experten aus der praktischen Tätigkeit der Jugendhilfe. Diese partnerschaftliche und ertragreiche Zusammenarbeit stellen wir auf keinen Fall infrage. Wir wollen sie nicht aufs Spiel setzen.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann man gar nicht besser beschreiben. Dies wurde von Frau Siebert, der jugendpolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion, in der Plenarsitzung vom 14. September gesagt. Es sind sehr schöne Worte; die Realität sieht aber leider etwas anders aus.
Mit der geplanten Änderung des Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz, kurz AG KJHG, setzt die Landesregierung die Partnerschaft mit den freien Trägern nicht nur aufs Spiel. Sie ignoriert die Partner und kündigt die erfolgreiche Zusammenarbeit auf.
Die von Frau Ministerin Ross-Luttmann gern als verlässlich gewürdigten Partner werden ohne jede Beteiligung zur Seite geschoben.
Das, meine Damen und Herren, ist also Ihre Optimierung! Sie schwächen bewährte Strukturen, reduzieren den fachlichen Auftrag des Jugendamts auf sogenannte Vollzugsaufgaben und degradie
ren die freien Träger der Jugendhilfe zu Erfüllungsgehilfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, was Sie vorhaben, bedeutet nichts anderes als den Beginn der Zerschlagung von noch funktionierenden Jugendhilfestrukturen in Niedersachsen.
Bisher bekannten sich Landtag und Landesregierung eindeutig zu ihrer Verantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe. Nun will sich die Niedersächsische Landesregierung durch die geplante Gesetzesänderung dieser Verantwortung klammheimlich entziehen. So sollen laut Kabinettsbeschluss die Aufgaben nicht mehr gebündelt in einer Behörde oder Abteilung erledigt werden. Durch die geplante Änderung des Ausführungsgesetzes soll die Landesregierung einen Freibrief für die Verlagerung von Aufgaben - übrigens auch von Teilaufgaben in verschiedene Ressorts, aber letztlich auch auf die kommunale Ebene bekommen.
Die wahren Gründe der geplanten Änderungen lassen sich leicht finden.
Erstens. Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, wollen sich der Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen entledigen.
Zweitens. Sie wollen durch Dezentralisierung von Aufgaben die Einheitlichkeit in der Jugendhilfe zerstören.
Drittens. Durch die Abschaffung des Jugendhilfeausschusses, der durch ein zahnloses Gremium ersetzt werden soll, führen Sie das Recht der Träger auf Mitwirkung in der Jugendhilfe ad absurdum.
Viertens. Letztlich geht es Ihnen, meine Damen und Herren, doch reinweg um die Absenkung, wenn nicht um die Abschaffung der Standards im Jugendhilfebereich.
Dabei sind fünftens Ihr Hauptangriffpunkt die Standards im Kindertagesstättenbereich, was Sie
mit dem Modellkommunengesetz bereits deutlich gemacht haben.
Sechstens. Sie wollen anscheinend auch die Jugendhilfestrukturen auf kommunaler Ebene angreifen. Denn wenn das Land das Landesjugendamt und den Landesjugendhilfeausschuss abschafft, wird das auch Vorbildcharakter für die Landkreise und kreisfreien Städte haben. Entsprechende Begehrlichkeiten sind bereits jetzt erkennbar.
Das Ganze ist nichts anderes als der schleichende Beginn der Kommunalisierung der Jugendhilfe. Das werden wir Ihnen, meine Damen und Herren von FDP und CDU, nicht durchgehen lassen.
Wir wollen keine Abhängigkeit der Jugendhilfe vom Wohlwollen oder von der Kassenlage der Kommunen.
Wir wollen, dass jedes Kind und jeder Jugendliche die gleichen Jugendhilfeleistungen erhalten kann, egal ob in Aurich, Bruchhausen-Vilsen oder Göttingen.
Frau Ministerin - der Herr Ministerpräsident ist ja nicht da -, entweder Sie wissen nicht, was Sie mit Ihrer geplanten Gesetzesänderung anrichten, oder Sie legen vorsätzlich Hand an die Kinder- und Jugendhilfelandschaft Niedersachsens, um sich dieser Strukturen zu entledigen.
Eines von beidem: Entweder man weiß es nicht besser, oder man macht es gezielt.
Meine Damen und Herren, dass diese Landesregierung Wulff trotz schöner Reden kein Segen für die Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen wird, ließ bereits der bisherige Umgang erkennen. Dass Sie jedoch so dreist sind, meine Damen und Herren von der Landesregierung, solche Einschnitte auch noch im Jahr der Jugend, das Sie selber ge
fordert und beschlossen haben, vorzunehmen, das hätte Ihnen keiner zugetraut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahr der Jugend in Niedersachsen wird immer mehr zum Trauerjahr der Jugend.
Doch es ist nicht nur erschreckend, was Sie vorhaben, sondern auch, wie Sie es machen. Statt klar und deutlich zu sagen, was Sie wollen, wollen Sie das normale parlamentarische Verfahren aushebeln und über ein so genanntes Haushaltsbegleitgesetz gehen. Klammheimlich und ohne die für Sie lästigen Ausschussberatungen und vor allen Dingen ohne die Auseinandersetzungen mit den Trägern wollen Sie einen Schleichweg über das Haushaltsbegleitgesetz gehen.
Dieses Parlament hat bis heute keinen Änderungsantrag zur Beratung bekommen. Wo und wann, frage ich Sie, werden denn die freien Träger, die alleine 70 % der Jugendhilfeeinrichtungen stellen, beteiligt? - Gerade diese in der Jugendhilfe tätigen freien Träger, die laut geltendem Recht einen Rechtsanspruch haben, wollen Sie gezielt umgehen. Solch ein Vorgehen mag ja formal möglich sein. Der Volksmund nennt es aber feige und arglistig.
Logisch ist es allerdings schon, dass Sie keine öffentlichen Auseinandersetzungen wollen und vor allen Dingen keine Beteiligung der betroffenen Träger. Nachdem Sie eine Beteiligung der Träger in Niedersachsen per Haushaltsbegleitgesetz ausschließen wollen, besitzen Sie dennoch die Dreistigkeit, der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege mit Schreiben vom 16. Oktober wie folgt zu antworten - ich zitiere die Frau Ministerin -:
„Besonders möchte ich betonen, dass die Landesregierung weiterhin großen Wert auf die Beteiligung der Verbände und der freien Träger legt, die uns nach wie vor als kompetente und
verlässliche Partner zur Seite stehen sollen.“
Das, meine Damen und Herren, ist der Gipfel der Verhöhnung ehemaliger Partner in der Jugendhilfe.
Wir reden hier nicht über irgendeine Gesetzesänderung. Wir reden hier darüber, dass ein Kabinettsbeschluss die Axt an die Wurzeln der Jugendhilfe in Niedersachsen legt.
Es geht um mehr als um einen reinen Verwaltungsakt.
Aber wenn sich die Landesregierung anscheinend langsam aus ihrer Verantwortung für die Kinderund Jugendhilfe stehlen will, muss dieses Parlament, muss auch jeder einzelne Abgeordnete sich vor die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen stellen.
Darum fordern wir in unserem Antrag - lesen Sie ihn genau! - nichts anderes, als dass wir uns zu unserer Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen bekennen.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass die Angebote in der Jugendhilfe auch weiterhin bedarfsgerecht für jedes Kind und für jeden Jugendlichen in Niedersachsen angeboten werden und nicht der Beliebigkeit anheimfallen. Wir wollen keine Hilfen verweigern, einsparen oder abwerten, wenn deswegen ein Kind oder ein Jugendlicher aufgegeben wird. Das kann und darf sich ein Land wie Niedersachsen nicht leisten.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass die Qualitätsstandards in den Kindertagesstätten und in der Jugendarbeit gewahrt bleiben!
Nein, im Moment nicht.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass das Land der Anwalt der Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen bleibt und seiner Wächterrolle im Bereich der Jugendhilfe weiterhin gerecht wird! Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass das Recht der freien Träger auf Beteiligung weiterhin respektiert und weiterentwickelt wird!
Daher sollten wir uns erstens in den Ausschussberatungen klar zur Verantwortung des Landes für die Jugendhilfe bekennen.
Zweitens sollten wir nicht nur reden, sondern dieses Bekenntnis auch durch Beschlüsse den Kindern, den Jugendlichen, den Familien und den Trägern gegenüber deutlich machen.
Daher sollten wir als zuständiges Parlament uns diese Aufgabe drittens nicht aus der Hand nehmen lassen.
Meine Damen und Herren, die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen brauchen eine gut funktionierende Jugendhilfe. Eine gut funktionierende Jugendhilfe braucht klare, verlässliche Strukturen. Klare und verlässliche Strukturen brauchen eine verantwortungsvolle Politik. Kurz gesagt: Niedersachsens Kinder und Jugendliche brauchen ein Landesparlament, das sich auch in diesen Tagen seiner Verantwortung stellt.
Mit den Worten „eine Beerdigung schlechter dritter Klasse“ kommentierte der Vorsitzende des paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Niedersachsen, Günter Famulla, am 30. Oktober in der tageszeitung die geplante Auflösung des Landesjugend
amtes und vor allem den gleichzeitig geplanten Eingriff der Landesregierung in die Jugendhilfe. Lassen Sie diese Worte keine Tatsache werden!
Ich freue mich auf konstruktive Ausschussberatungen
und würde mich freuen, wenn an den Beratungen auch die freien Träger beteiligt würden. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Siebert, aber auch Herr Dürr und die Ministerin haben zu allem gesprochen, aber nicht zum Kabinettsbeschluss.
Das ist schon merkwürdig. Das waren wieder trockene, saubere und schöne Worte für die Jugendhilfe. Wir haben gehört, wie toll alles ist. Die Realität aber sieht anders aus. Wir hatten bisher eine funktionierende Jugendhilfe. Wenn der Landtag dem Kabinettsbeschluss folgt - darauf bezieht sich unser Antrag -, dann werden Tür und Tor dafür geöffnet, Aufgaben zu dezentralisieren und zu zersplittern. Damit wird - ich möchte noch einmal deutlich sagen: es geht nicht um eine Behörde, sondern um die Einheitlichkeit der Aufgabenwahrnehmung - die Aufgabenwahrnehmung zersplittert, und das Funktionieren der Jugendhilfe gerät in Gefahr.
Nichts anderes haben wir gesagt. Insofern wundert es mich sehr, dass hier auf den Landtagswahlkampf aufmerksam gemacht wird. Ich finde es traurig, dass dann, wenn wir uns über Fachthemen wie Kinder- und Jugendarbeit, aber auch Jugendhilfe unterhalten, eine Forderung der Opposition als Forderung im Rahmen des Landtagswahlkampfes dargestellt wird. Damit sollten wir ein bisschen vorsichtig sein.
Eines kann ich Ihnen sagen: Das Landesjugendamt hat in der Tat schon in der letzten Zeit unglaublich viel Aufgabenkritik betrieben usw. usf. Im gesamten Jugendhilfebereich ist es in Niedersachsen zu Umstrukturierung und zu Effizienzsteigerung gekommen. Wir haben sowohl von Frau Siebert als auch von Ihnen, Herr Dürr, oder der Ministerin gehört, es soll effektiver und optimiert werden. Es gab nicht ein Beispiel dafür, nicht ein einziges.
Wenn es wirklich zum Wohle der Kinder und Jugendlichen wäre, warum versuchen Sie es denn über den Schleichweg Haushaltsbegleitgesetz? Warum gehen Sie nicht offen ran, meine Damen und Herren?
Frau Ministerin, der Kollege Helberg hat nach der Qualifikation gefragt. Ihre Antworten sind bisher so, dass man meinen könnte, dass Sie gewisse Fragen nicht verstehen. Ich will es noch einmal sehr deutlich sagen.
Ich wollte damit nur sagen: Wenn wir die Antworten hinterher im Protokoll lesen - Herr Böhlke, das werden Sie sicherlich auch noch einmal irgendwann lesen - -
- - -, dann werden wir merken, dass die Antworten mehr Ausflüchte sind und mehr grob als direkte Antworten. Insofern möchte ich die Frage noch einmal sehr konkret stellen: Welchen Einfluss hat das Land auf die Auswahl und die Qualifikation der Bediensteten?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe wurde ja in zweifacher Weise in den kommunalen Finanzausgleich des Landes einge
griffen - einmal juristisch, indem in § 7 auf das BSHG Bezug genommen wird, das es ja so nicht mehr gibt, und einmal materiell, weil die Berechnungsgrundlage für die Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben wesentlich auf den Soziallasten der Kreise basiert. Diese wurden jedoch durch Bundesgesetz drastisch reduziert.
Vor dem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Wann wird sie einen Gesetzentwurf zur Änderung des niedersächsischen Finanzausgleichsgesetzes einbringen, der auch den Anforderungen der Niedersächsischen Verfassung entspricht?
Herr Präsident! Herr Minister, zum Stand der Dinge. Wer aus dem produzierenden Gewerbe bzw. aus der Industrie kommt, der weiß, dass dort bereits vor zehn Jahren Sicherungen auf Laufbändern, auf Beförderungsstraßen dergestalt eingebaut worden sind, dass der zuständige Maschinenführer dort, wo eine Stelle quasi verstopft oder blockiert ist, nicht nur eine Meldung kriegt - schon gar nicht mit einer grünen Lampe, sondern wenn, dann mit einer roten und mit einem akustischen Signal -; vielmehr muss er dann noch zusätzlich quittieren. Das heißt, er muss bestätigen: Jawohl, ich habe die Blockierung mitbekommen. Trotzdem gebe ich die Strecke bzw. das Produkt - egal, welches - frei; es darf weiterlaufen. Diesen Zustand gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren in der Wirtschaft. Jetzt frage ich: Gibt es diese Sicherungsmaßnahmen in diesem wichtigen Bereich wie der Personenbeförderung beim Transrapid auch, und wurde dagegen verstoßen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Siebert, nach dem, was Sie mit den Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen vorhaben, möchte ich Ihnen nicht am Herzen liegen. Herzlichen Dank!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Niedersachsen kürzt mal wieder bei den Kurzen.
Auf diese einfache - -
Nein. Ich glaube, der dritte Satz würde zu einem Ordnungsruf führen, und den möchte ich jetzt nicht haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf diese kurze Formel lassen sich die Hauptargumente von CDU und FDP bezüglich der Abschaffung des Landesjugendamtes leider zusammenfassen. Ohne sich auch nur ansatzweise inhaltlich mit den Folgen einer möglichen Abschaffung auseinanderzusetzen, jagen - selbstverständlich in der Sommerpause - beide Fraktionen Pressemitteilungen zur Abschaffung des Landesjugendamtes heraus.
- Wunderbar. Schade, Herr McAllister ist nicht da, verehrte CDU.
Die CDU war nicht so ehrlich wie die FDP; denn die FDP hat wirklich auch den Grund benannt. Sie nannte als Grund wörtlich „Einsparungen im Bereich der Kinder und Jugendlichen“.
Sie wollen durch die Abschaffung des Landesjugendamtes reinweg Stellen und damit Kosten im Kinder- und Jugendbereich einsparen. Ich kann Ihnen die Pressemitteilung dazu zeigen.
Wie sicherlich wir alle wissen, ist damit auch der Jugendhilfeausschuss des Landes gemeint. Das heißt, er würde auch abgeschafft.
Herr Ministerpräsident Wulff wohnt der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt leider nicht bei.
Es ist Niedersachsen zum Glück nicht gelungen, das Kinder- und Jugendhilfegesetz in die Landeszuständigkeit zu verlagern, um es nach und nach aushöhlen zu können. Doch kaum gibt es eine
Neuregelung zum Föderalismus, versuchen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, sich aus der Verantwortung für Kinder und Jugendliche zu stehlen. Um nichts anderes geht es in dieser Diskussion.